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04 Schatzkästchen

Von Suzuran, 01.10.2010

Sie wusste es, spürte es...wie aber war es möglich? Er war kein Mitglied des Waldvolkes, er war kein Druide und besaß doch einen der mächtigsten Steine, die um des Gleichgewichts willen existierten?
Wie konnte er an die Macht gelangen, die nach ihrem Wissen nur von der Natur vergeben wurde, wenn ein Machtgefüge nicht im Gleichgewicht war? Wer war dieser Meister, dass er dazu befähigt war einem Nicht-Druiden diese Macht zu übertragen? Sie verstand nicht, wollte am liebsten Ornlu fragen, kannte sie doch nur von ihm, wusste sie doch nur durch ihn von der Existenz solcher Steine.
"Ich kenne diese Verbindung...ein starker Bund, ich sehe ihn...er existiert zwischen euch Beiden und er ist mächtig. Vielleicht auf eine andere Art und Weise, wie es bei uns im Waldvolk der Fall ist..."

"Wie vollbrachte er dieses Ritual?..."

Fasziniert blickte sie in den kleinen Gegenstand in seinen Händen, davon war sie selbst noch weit entfernt...war sie überhaupt fähig jemals so eine Macht übertragen zu bekommen?
Zumindest war dieser Bund ähnlich dem ihren, sie gehörten der gleichen Seite an, das war spürbar...spürbar an Ihnen die mehr und mehr tobten, die sich angezogen fühlte von jenem Löwen und doch vielleicht mächtiger waren, als er. Keine Abstoßung wie es beim Hetzer der Fall war, reine Neugierde und das Wissen darüber, dass man der selben Gruppe angehörte...


Von Maris, 01.10.2010

Bei Shakyor - Die Wahl des eigenen Schicksals

Druidische Magie! Maris wusste nicht, ob er vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zu kriegen oder sich darüber freuen sollte, dass seine Vermutung in die richtige Richtung gegangen war. In die rechte Richtung, aber die Ausmaße hatte er nicht abschätzen können. Ein Bund der Seelen? Sie bewegten sich auf zu fremdem Terrain für ihn, als dass er sich noch wohl fühlen konnte. Denn er ahnte, dass Suzuran nicht ohne Grund hier war. Shakyor hatte davon gesprochen, dass er an dem selben Punkt wie er gewesen war, als das Ritual durchgeführt wurde. Er würde sich entscheiden müssen, ob er für diese Bürde bereit war.
"Ich weiß, dass es unüblich ist, dass ein Mann wie ich im Besitz dieses Schatzes ist.", sagte Shakyor und ließ den Stein wieder unter seiner Kluft verschwinden, "doch es war damals essenziell. Mein Mentor legte sich schon bald nieder, um Eins zu werden mit der Natur, doch seine Aufgabe war noch nicht vollendet. Ich als sein Schüler - wenngleich auch nicht auf den Pfaden der Magie, zu der ich nie einen Zugang gefunden hatte - sollte sein Erbe antreten, doch es blieb nicht die Zeit, mich einzuweisen in sämtliche Konsequenzen, die solch eine Aufgabe mit sich brachte. So wurde ich zum bloßen Hüter des Steines, auf dass er nicht in die falschen Hände geriet."

Aufmerksam betrachtete der Blondschopf die Regungen im Gesicht des Hüters der Wüste. Er sah bedauern. War Shakyor etwa der Meinung, er hatte versagt? War deshalb - aufgrund all dieser Ereignisse - der Streiter der Wüste zu einem Eremiten geworden, der zunächst weiter für die Nomaden kämpfte, schließlich aber gänzlich ein Leben in der Natur an der Seite seines Gefährten vorzog? Maris' Bild vom Löwen, wie er genannt wurde, wandelte sich schlagartig, wurde weitaus vielschichtiger, als es das je zuvor gewesen war. Seine Geschichte war von Kampf und von Niederlagen geprägt, wie es schien, und nun war Maris so, als wirkte er müde. Shakyor hob wieder die Stimme:
"Das Ritual war der Schlüssel, Maris. Es liegt ein Grund darin, dass ausgerechnet ein Mitglied der Bruderschaft an deiner Seite steht. Wie genau es funktioniert, weiß ich nicht, ich kann nicht mehr sagen, als dass unsere Seelen derart miteinander verknüpft wurden, dass ich fühle, was er fühlt, dass ich zuweilen denke, was er denkt, dass wir Eins sind. Es ist nun der Punkt für euch beide gekommen, an dem eine Entscheidung getroffen werden muss. Fühlt ihr euch bereit für diesen Schritt, für die Konsequenzen, die daraus resultieren?"

Nervös wandte sich Maris ab, erhob sich, durchmaß die Höhle. Es ging alles so schnell. Wie war er nur in all das hinein geraten, was ihn auf seinem Weg zum Hüter erwartete? Hatte ihn je jemand gefragt, ob er all das wollte? Shakyor tat es nun. Doch Maris wusste, dass ihm letztlich keine Wahl blieb. Zu viele Augen waren auf ihn gerichtet, zu viele Erwartungen wurden in seinen Weg gesteckt. Die Entscheidung war schon längst getroffen.
"Ich mache es. Suzuran, denkst du, dass du zu so etwas fähig bist?"


Von Suzuran, 01.10.2010

Nie hätte Suzuran geglaubt, dass die Reise nach Al Shedim solche Auswirkungen auf ihr Leben haben würde. Sie wurde in mehr hineingezogen, als sie sich hätte ausmalen können, war dies aber nicht genau das was sie wollte? Mehr Erfahrung...eine Prüfung, die schon fast schicksalhaft genau in einem Moment in ihr Leben hineinplatzte in dem sie mehr über ihre Magie erfuhr. Hatten die beiden Pantherinnen genau für jenen Moment ihre Magie verändert? Die Wahrnehmung verstärkt und sie sensibler für ihre Mitmenschen, für Gleichgesinnte gemacht?
Die Bänder vor ihren Augen schienen dies zu bestätigen. Immernoch greifbar flatterten sie vor ihren Augen zwischen Shakyor und seinem Löwen...lockend, wo sie auf die Neugierde der jungen Frau warteten, die fast dabei war diesem Experiment zuzustimmen. War sie dazu in der Lage? Würde es Auswirkungen auf ihre Macht haben?...ein Verlust oder Gewinn? Mehr Gefahr, die vielleicht für Maris bestand...
Einen kurzen Moment war Suzuran erstarrt, wirkte vielleicht in sich gekehrt, während die Gedanken kreisten und sie nicht fähig war zu antworten.

"Aber...moment. Hast du es dir gut überlegt Maris? Shakyor kann dir die Auswirkungen dieser Entscheidung nicht mit aller Genauigkeit vorhersagen. Du weißt nicht auf was du dich einlässt...Solch große Veränderungen können Auswirkungen auf dein Leben haben, die du dir in deinen Träumen nicht wünschst...zu was ich in der Lage bin oder nicht, spielt keine Rolle. Ich zweifle nicht an meinen Fähigkeiten..."
Jenen letzten Satz sprach sie mit solch Leichtigkeit, dass man schier meinen konnte sie hatte die jahrelange Erfahrung der Druiden in sich vereint. Von den innerlichen Zweifeln bekamen die Beiden in diesem Moment nichts mit...ob sie sich übernahm oder nicht, würde die Zukunft zeigen.

"...allerdings ist es dein Wunsch und du wirst die Konsequenzen dafür tragen, wenn euer Band etwas verändert. Wenn dich Marik nicht mehr aus den Augen lassen wird, die Natur ein Auge auf euch wirft und sich seine Verhaltensweise gegenüber anderen verändern wird...alles kann passieren, du weißt nicht zu was solche ein Tier fähig ist, wenn es seine Bindung gefährdet sieht. Einen Feind in deiner Frau oder deinen Kindern sieht, falls einer von Ihnen eine falsche Bewegung tätigt...es ist deine Entscheidung und deine Verantwortung. Mache mich nicht dafür verantwortlich wenn etwas schief geht, versprich mir dies und ich helfe dir."


Von Maris, 02.10.2010

"Es ist meine Entscheidung, also trage ich auch die Konsequenzen.", bestätigte Maris mit bestimmtem Ton. Er war sich der Risiken bewusst, doch er musste all das angehen, wenn er wachsen und die Rolle einnehmen wollte, die ihm bestimmt war. Ein Knoten schien sich in seinen Eingeweiden zu bilden, ihm wurde heiß zumute. Aniron und die Kinder gefährden? Was, wenn er seine Familie mit dieser Entscheidung zerstörte? Aber hatte er wirklich das Recht, die Erwartungen aller zu zerstören und sich einfach abzuwenden? Sein Weg zum Hüter wäre abgebrochen, sein Ruf zerstört. Wem würde er dann noch ins Gesicht sehen können?
Nein, er musste das Risiko eingehen. Und wenn Mariks und seine Seele dann wirklich verbunden waren, würde sich ein Weg ergeben.

"In Ordnung, ich bin bereit dafür. Es muss sein."
Ein Blick zu Shakyor, der kaum sichtbar nickte. Es war eine Prüfung des Vertrauens, die der Löwe ihm auferlegt hatte. Seine schwerste bislang, so viel stand fest.
Marik trat an seine Seite, ragte dem stehenden Maris bis an die Brust. Er schien zu wissen, dass etwas Bedeutsames mit ihnen geschehen würde.
"Leite mich und sag mir, was ich tun muss. Ich vertraue euch, dass alles gut gehen wird."


Von Suzuran, 02.10.2010

„Berühre ihn…es ist die Bedingung! …“
„Ich muss ihn berühren…meine letzte Bedingung, bitte.“, hatte Suz Shakyor entgegen geflüstert.
„…dann werde ich alles tun was in meiner Macht steht…“
„Berühre ihn…deine Macht wird größer werden…du dummes Ding, hättest du uns nicht würdest du in dein Verderben rennen.“
Langsam spreizte Suz ihre Finger, die sie dem Druidenstein entgegenstreckte…Shakyor hatte sie nur mit verwirrtem Blick angesehen, hatte seinen Schatz dann aber doch noch einmal für einen kurzen Moment freigelegt.
Die Berührung ließ sie zurückschrecken, blitzartig hatte sich Magie aufgebäumt, war innerhalb Sekunden durch ihren Körper gerast, ehe ihr schwarz vor Augen wurde.
Ein ferner Nebel schien sie mit unverständlichen Worten zu umschleiern, dumpfe Klänge verstopften Ohren, beißender Rauch schlug ihr entgegen ließ die Augen tränen, brachte sie für einen Moment zum Weinen, ehe die Umgebung so schlagartig wieder an Klarheit gewann, dass sie schier umkippte.
Langsam öffneten sich die geschlossenen Augen, sie blinzelten das Schwarz einfach weg, ehe die Sicht frei wurde auf einen Berg der voll mit Wissen den wahren Weg zeigte.
„Wir müssen gehen…“, murmelte sie, ließ keine Zeit für Fragen oder Misstrauen. Was da aus ihr sprach, war das nach außen gekehrte Innere…diejenigen die sich endlich in den Vordergrund drängen konnten, weil sie mehr wussten als Suzuran selbst, weil sie die Quelle ihre magischen Fähgkeiten waren und einzig und allein über das Wissen verfügten, dass sie für das Ritual benötigte. Mehr Macht war der nette Nebeneffekt, der das listige Panthergespann zu Höchstformen antrieb.
Geschmeidig schien ihr Gang, es war der einer Raubkatze, der sie aus der Höhle führte…sie spürte die Magie hoch zwischen den Felsen, sah die Formation, das Ziel der kleinen Wanderung vor ihrem inneren Auge. Das Maris als Anhängsel hinter ihr herlief schien dabei fast in Vergessenheit zu geraten, das der Nomade ihr nicht traute war nicht ihr Problem. Man strebte nach mehr Macht, man musste sie nur in jenem Steinkreis aktivieren, den die Beiden zwischen Fels und Gestein erahnten. Uralte Magie gespeichert in sechs Findlingen, die Geschichten alter Druiden, das Wissen der Natur, das darin verborgen lag.
Man war angekommen. Im Dunkeln lag jener Steinkreis zwischen Felsen geschützt als geheimes Denkmal druidischer Existenz.
„Begebt euch in die Mitte“, sprach die Braunhaarige, ehe sie sich selbst an einen der Findlinge begab, ihn umfasste, lockte und mit blauen Fäden nach und nach umhüllte. Reine Magie lag in der Luft, als sie das druidische Wort, das ihr Ornlu gelehrt hatte, in die Nacht aussprach, sich das Innere gänzlich nach außen drängte und Suzuran nur noch stille Beobachterin der beiden Pantherinnen wurde.
„Echuio…“, flüsterte sie weiter in die Nacht,als die beiden aus ihr heraustraten. Sich nach langer Zeit wieder sichtbar präsentierte, wie Geisterwesen von unfassbarer Schönheit, Geschmeidigkeit und Stärke, die begannen sich zu umkreisen. Die eine weiß wie Schnee mit den funkelnden Augen dem Monde gleich, die andere mit der Schwärze der Nacht und der List in den Augen, die die andere nicht besaß. Beide waren sie gierig nach mehr Macht, sahen das Ritual als Bereicherung für sich an…wer wurde bei diesem Duell gewinnen?
Nach und nach aktivierte Suz mit dem Gang von Findling zu Findling den Steinkreis, weckte alte Geister, ließ Mächte frei und lauschte dabei dem Fauchen der beiden Raubkatzen.
Kalter Wind erhob sich, wo die Natur noch nicht war, trat sie in diesem Moment umso mehr zwischen den Gesteinslücken hervor. Gräser, grünes Gewächs, das die kahle Wüstengegend zumindest an diesem Ort zu einer grünen Quelle werden ließ. Alte Mächte die flüsterten, der Wind der sein stilles Lied säuselte, der Boden der leicht zitternd das Auftauchen der alten Runen auf den Findlingen ankündigte, die dort leuchtend glimmend ihre Energien freigaben.

Blaue und weiße Fäden durchzogen den magischen Kreis hüllten für Suzuran sichtbar, für andere unsichtbar Maris und Marik ein.
„Er braucht den Stein…ich brauche den Stein…“, fauchte es leise aber bestimmt in Suzurans Ohr.
„Du brauchst ihn nicht, meine Macht größer…er soll ihn halten, anderst ist das Band nicht zu schaffen…sag es ihm…Vertraue mir!“
Vertraue mir!“

„Mir…mir…mir…“ Immer wieder hallten die Stimmen nach, bestimmten Suzurans handeln, die letztendlich folgte und zu Shakyor und Maris sprach, während zwischen den beiden Schattenwesen ein Kampf ausbrach.
„Er benötigt den Stein…er muss in den Kreis, sonst ist es nicht möglich. Blickt euch an…seit euch sicher, wer ihr seid, was ihr wollt…“
Ihre Augen glänzten, fasziniert schier dämonisch blickte sie den Stein an, hinter dessen Hülle so viel Macht verborgen lag. „Echuio!“, erklang es erneut aus ihrem Munde. Eine heftige Erschütterung, die alles in ein magisches Blau tauchen ließ. Die Fäden ihrer Magie dienten als Verbindung, hüllten weiter Maris und Marik ein, während Suzuran mehr und mehr Kraft aus dem Stein gewann, die Verbindung stärkte und die beiden entfernten Seelen miteinander verband.
Herzzereißend hallten die Schreie der Katzen durch die Nacht, riefen nach der Macht die dort freiwurde, kämpften gegeneinander um sie. Pranken schlugen, wie Wirbelwinde tanzten sie durch die Nacht…sichtbar nur für jene in deren Körper sie existierten.


Von Maris, 03.10.2010

Shakyors Prüfung - Das Ritual

Was ging hier nur vor sich?
Es war, als hätte sich mit einem Schlag eine vollkommen andere Welt aufgetan - als hätte Suzuran ein Portal in die Domäne aufgestoßen, die ihrem Volk Macht verlieh. Gebannt von der Magie, die selbst für Shakyor und ihn spürbar war, waren sie alle, Tier wie Mensch, aus der Höhle getreten und der Druidin gefolgt, die sie durch die nächtliche Umgebung bis hin zu einem Steinkreis geführt hatte, den er normalerweise niemals wahrgenommen hätte.
"Also trägt er doch eine Bedeutung in sich...", murmelte Shakyor, doch Maris konnte ihm keine Aufmerksamkeit schenken, so gebannt war er von diesem Schauspiel. Sie bat Maris und Marik und die Mitte des Kreises, bevor sie begann, nach und nach einen der sechs Steine nach dem anderen abzuschreiten.

Suzuran berührte den ersten der Steine.
"Echuio..."
Plötzlich erbebten die Steine um sie herum, und ein mulmiges Gefühl bemächtigte sich seiner. Grell leuchtend tat sich ein merkwürdiges Zeichen auf, und für einen Moment meinte Maris, das Bildnis eines Geiers darauf erkennen zu können.
Schließlich schritt sie weiter zum nächsten Stein, berührte ihn und flüsterte erneut dieses fremdartige Wort.
Eine Welle der Energie durchströmte Maris, ein gewaltiges Kribbeln aus den Tiefen seines Körpers. Er hatte dieses Gefühl nur einmal zuvor erlebt - als alle Magier aus dem Kreis des Wassers ihre Kräfte gebündelt hatten, um das Wasser aus Al Shedim zurück zu treiben. Diesmal jedoch war es anders, viel direkter. Es war, als tobte ein Kampf in ihm, als versuchte etwas ihn zu zerdrücken und auseinander zu reißen zugleich. Ihm wurde heiß, und erneut erblickte er das Symbol eines Tieres vor sich. Der Leib eines Krokodils.

"Echuio..."
Mit dem dritten Stein wurde das Pulsieren nur noch größer, es schien, als versuchten die erneut aufbebenden Steine, die Kräfte auf ihre Seite zu ziehen, die um ihn herum schwebten. Eine Schlange leuchtete auf.
Ohne Unterlass trat Suzuran an den vierten der Sechs heran, berührte ihn und sprach das Wort. Diese Kräfte, die ihn durchdrangen... Es war kaum auszuhalten, dieses Pulsieren und Vibrieren! Maris schaute erstaunt auf, als er das Zeichen der Akazie erblickte. Unweigerlich musste er an die Brosche denken, die Jaffar ihm dereinst geschenkt hatte. Damals, vor dem Angriff. Vor dem Sandsturm...
Lass dich nicht ablenken!, mahnte er sich selbst. Leicht gesagt, doch ihm war so sehr danach zumute, abzudriften... zu erschöpfend war diese gewaltige Kraft, mit der er hier konfrontiert wurde!

In kurzer Abfolge schritt Suzuran zum fünften und sechsten Stein, berührte beide schnell nacheinander. Ein gewaltiges Beben erfasste die Steine einmal mehr, und zwei ganz ähnliche Symbole leuchteten auf.
"Ein Mensch und ein Ork?"
Keine Zeit, um Fragen zu stellen. Es war, als hätte der Schluss des Kreises die Magie endgültig eingeschlossen. Das Pulsieren nahm schlagartig ein Ende, doch Maris spürte, dass er von Magie durchdrungen wurde. Sie war allgegenwärtig in diesem Steinkreis.
Plötzlich begann der Kreis, aufzuleuchten, und es schien, als lebte die Natur um diesen Ritualplatz herum mit einer Gewalt auf, der wohl nur der Wuchs des Waldes bei Al Shedim gleichkam.

„Er benötigt den Stein… Er muss in den Kreis, sonst ist es nicht möglich.", raunte Suzuran Shakyor entgegen, der einen Moment lang zögerte, die Kette mit dem Stein aber schließlich abstreifte und Maris zuwarf. Er schien den Kreis nicht betreten zu wollen.
Der Stein fühlte sich warm an, eine gewaltige Kraft schien von ihm auszugehen. Was war das nur für eine Kraft, über die diese Druiden verfügten?
"Blickt euch an! Seid euch sicher, wer ihr seid, was ihr wollt…“
Eine erstaunliche Klarheit erfasste Maris in diesem Moment. Er blickte Marik in die großen, mandelförmigen Augen, und der Liger tat es ihm gleich. El Raʾs al-Ġūl, eine Ausgeburt der Unmöglichkeit... und dennoch war er hier, war ein Teil der Natur, und mit der Hilfe des Nomaden würde er das werden...
Worte des alten Lee kamen ihm in den Sinn, so klar, als hätten sie sich frisch in sein Hirn gebrannt. Was war das nur, was geschah mit ihm?

Die Menschen sind stets nur auf ihr eigenes Wohl bedacht, als ob sie isolierte Entitäten wären, die den Mittelpunkt des Seins bildeten, als ob ihr Erfolgsstreben die Welt verbessern würde. Was aber, wenn ich dir sage, dass alles hier, der Sand, die Menschen, die Pflanzen und Tiere, verschiedene Expressionen des selben Seins sind? Wir alle sind Eins, Maris, sind verbunden im Ursprung der Natur, und deshalb gehört es zum Verstehen, einzusehen, dass das Streben nach Besitz und persönlichen Vorteilen vollkommen nichtig ist. Ich sehe einen Baum, berühre seine Triebe, und weiß, dass ich Eins bin mit ihm und doch wieder nicht, dass wir verschiedene Arten eines Seins sind. Und ich bin reicher als der wohlhabendste Händler Varants.

Er sah es, in den Augen des Ligers, den großen, mandelförmigen, schwarzen Spiegeln, hinter denen so viel Unbekanntes verborgen war. Sie waren Eins, waren es immer gewesen. Plötzlich fühlte er sich ergriffen, als ob sein Geist in der Hand eines Anderen läge, und spürte, wie eine Kraft an ihm zog und zerrte. Maris erstarrte, als er nun von etwas anderem berührt wurde. Er spürte Ungewissheit, Angst, aber auch Vertrauen, dieses Ritual durchzustehen.
Fürchte dich nicht, Marik. Wir werden wachsen an dieser Prüfung.
Ihre Bande wurden nicht nur gestärkt, nein. Ihre Schicksale waren mehr und mehr verwoben miteinander, das Einssein gestärkt. Einen Moment lang glaubte er, durch die Augen des Ligers sehen zu können, und spürte, dass es keine Differenzen mehr zwischen ihnen gab.
Erschöpft taumelte Maris zurück, blickte auf den Druidenstein in seiner Hand, aus dem unablässig neue Energie zu strömen schien. Ihm war heiß zumute, ihm ward schwindelig. Wie lang musste er das noch durchstehen?
Halte durch, Maris! Wir müssen es bis zum Ende durchstehen! Wird werden wachsen...

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