04 Die Gilde Innos'


Aus dem Tagebuch eines Stadtwächters zu Zeiten der Großen Pest

Die spinnen doch! Wie sollen wir den Menschen helfen? Wir werden doch selber krank! Haben die überhaupt Ahnung von irgendetwas oder sitzen die sich nur ihre Hintern platt in ihren warmen, weichen Sesseln?
Nein, ich werde nicht mehr dahin zurückgehen. Nie wieder. Nicht heute, nicht morgen. Nicht solange die Menschen Blut spucken und überseht sind mit dunklen Flecken und Beulen, die einem die Nackenhaare zu Berge stehen lassen. Nicht mit mir!

Und keiner hat etwas geahnt vor ein paar Wochen! Nicht einmal die ach so schlauen Feuermagier. Niemand.

Alles war so ruhig. Katenspielen fanden in der Bastion statt, Übungskämpfe wurden zur Belustigung mancher auf dem Übungsplatz ausgetragen und gar einer der unsrigen zum Ritter erhoben! Und nur das Gerücht, das scheinbar jemand auf der Suche nach Sumpfkraut war, hat, wenn überhaupt, einige von uns auf Trab gehalten. Aber selbst das war doch normal. Es gibt immer Spinner, die nicht mit ihrem Leben fertig werden und dieses Teufelszeug brauchen. Pfui, Innos sollte sie strafen!

Aber wir hätten es besser wissen sollen.

Erst diese seltsamen Gestalten, die vom Schiff in die Stadt kamen und von denen eine Dame vorzutäuschen versuchte, ihr Gedächtnis verloren zu haben. Ach was! Taktik! Die hat bestimmt mit all dem hier zu tun!
Und dann erst diese Fanatiker, allen voran dieser alte Knacker und sein blökendes Schaf. Wie mir das auf die Nerven gegangen ist! Überall hat das Mistviech hingeschissen. Ob der jetzt auch unter den Kranken weilt? Oder hat er schon ins Gras gebissen?

Jetzt ist das Hafenviertel dicht. Menschen husten, Menschen winden sich vor Schmerzen. Die Barbiere sind überfordert, die Heiler zu wenige. Von überall her dringen über die Mauern des Hafenviertels die quälenden Schreie der Kranken, die wütenden Rufe. Und die Menschen stehen wütend vor den Toren des Hafenviertels, verlangen nach draußen, verlangen nach Freiheit. Wollen weg von – ja, wie nennen sie es nun? Weg von der Strafe Innos! Ob der alte Mann seine Fingerchen da im Spiel hat?

Aber wir lassen sie nicht raus. Keinen von ihnen. Und wenn es nach mir ginge, dann würden auch die Heiler da drin bleiben. Was für eine Gefahr sie sind. Oder wie kommt es sonst, dass der Kerker auch unter Quarantäne steht? Und auch ein paar andere Bewohner der Stadt eigenartig blass sind? Überträger der Seuche. Vermaledeite Helfer.

Innos steh uns bei, dass die Pest nur im Hafenviertel wütet! Nimm den Abschaum, die Sünder unter uns und reinige sie! Bring sie ihrer gerechten Strafe zu und lass uns, deine treuen Diener, verschont bleiben von dieser Grausamkeit! Lass die Heiler, allen voran unsere Oberste Feuermagierin, ein Mittel finden für all diejenigen, die rechtschaffen sind und nur durch das frevelhafte Verhalten anderer an dieser Krankheit leiden müssen.

Und bring sie stattdessen zu unseren Feinden und bringe sie darnieder!

[…]

Sie wollen die Mauern erklimmen. Wollen das Tor stürmen. Wollen uns alle dem Tode weihen. Feiglinge, Nichtsnutze, Abschaum. Nun muss ich doch hin, nun kann ich nicht ‚Nein‘ sagen.

Möge Innos sie durch mein Schwert richten, sie alle, die alle anderen in Gefahr bringen!

Für Innos!

(-- Florence)