04 Die Gilde Innos'

Verlust eines Gefangenen

Interview mit Redlef Cast' Amare, Kerkermeister in Thorniara
Bote: Wie hoch schätzt Ihr die Sicherheit des Ker- kers in Thorniara ein?

Redlef: Für einfache Gauner sicher ausreichend, jedoch mangelhaft für Magier. Meine Gespräche mit Experten haben ergeben, dass man Magiern die Hände fixieren müsste, um sie am zaubern zu hindern, da sie dann keine „magischen Gesten“ mehr machen könnten.

Bote: Was wäre denn notwendig, um auch Magier sicher dort zu verwahren?

Redlef: Auf jeden Fall braucht der Kerker feste Handschellen, die die Arme des Delinquenten unbeweglich an der Wand fixieren, Auch über eiserne Handschuhe ist nachgedacht worden. Idealerweise wünsche ich mir ein Siegel oder ähnliches, welches auf magische oder klerikale Weise die Kräfte der Magier blockiert. Eventuell gibt es auch einen Stoff, der den Magiern von Natur aus das Zaubern erschwert? Notwendig ist ebenfalls Geld (vom Orden), um die nötigen Umbaumaßnahmen in Gang zu setzen.

Bote: Da ist also weitere Forschung nötig. Eventuell in Zusammenarbeit mit den Feuer- magiern?

Redlef: Eine Zusammenarbeit ist gern gesehen, jedoch scheint der Verwaltungsapparat im Tempel- viertel nur träge zu laufen. Außerdem schätze ich den Willen zur Zusammenarbeit eher schlecht ein, da mir alle Magier im Zusammenhang mit meinen Kerkerangelegenheiten nur wenig entgegen gekommen sind. Es wird wohl darauf hinauslaufen, das ich selber Nachforschungen machen muss, oder jemanden finden muss, den ich schicken kann. Sollte in der Bibliothek der Magier nichts zu finden sein, kann auch gern geforscht werden. Räumlichkeiten werden dafür gern im Kerker zur Verfügung gestellt.

Bote: Habt Ihr irgendeine Antwort auf Euer Gesuch einer Audienz, Noxus' Entfernung aus dem Kerker betreffend, erhalten?

Redlef: Der Feuermagier Lopadas kam selbst vorbei. Er entschied, Noxus mitzunehmen. Das war natürlich nicht in meinem Sinne, da der Gefangene nicht in eine sichere Tempelzelle oder Ähnliches verlegt wurde, sondern der Tempelvorsteher mit ihm die Stadt verließ. Entsprechende Beschwerden beim zuständigen Stadtrichter und auch beim Tempel blieben anscheinend unbeachtet. Besonders der Richter hat den Gefangenen nicht als Gefahr eingestuft.

Bote: Vielen Dank für das aufschlußreiche Interview.
Leider ist dies nicht anders zu beschreiben. Denn der Gefangene, um den es hier geht, ein Schwarzmagier höchst- vermutlich, ist nicht etwa ganz profan geflohen. Eine Flucht aus dem sicheren Kerker Thorniaras wäre auch äußerst unmöglich ge- wesen. So wurde zwar in der älteren Vergangen- heit viel über die leichte Überwindbarkeit der Kerkerzellen der Stadt Khorinis gespottet und selbst in der Reichs- hauptstadt soll schon so mancher aus dem Kerker entwichen sein. Das ist natürlich durchaus be- dauerlich und das Reich ist sich bewußt, daß es die hohen Ansprüche, die seine Bürger berech- tigterweise an die Sicherheit der Gefäng- nisse stellen, nicht in vollem Umfang gewährleistet. Doch ist aus gutunter- richteten Quellen dem Boten zugetragen worden, daß in Kürze ein Investitionsprogramm aufgesetzt werden soll, das sich um die Verbesserung der Kerkersicherheit bemühen wird. Vor allem soll sich laut der anonymen Quelle der Einhaltung der aktuellen technischen Regeln bezüglich der Verwahrsicherheit gewidmet werden. So sind nicht nur Sicherheitstüren, die mit Nordmarer Eisen in Zollstärke beschlagen sein sollen, geplant, sondern auch extradicke Gitterstäbe aus zweifach gehärtetem Stahl. Mit handelsüblichen Feilen nicht innerhalb von zwölf Stunden durchfeilbar. Und zwölf Stunden dauert bekanntlich eine Wachschicht.

Nun, all das ist höchst erfreulich zu vernehmen, wie mir der geneigte Leser sicher zustimmen wird. Doch bei dem eingangs schon skizzierten Fall werden diese Maßnahmen nicht helfen. Denn einerseits ist die Sicherheit des Thorniarischen Kerkers die höchste im ganzen Reich. Dazu siehe auch unser Interview mit dem Kerkermeister Thorniaras, dem ehrenwerten Weibel Redlef. Und zum anderen ist der gesuchte Gefangene auch gar nicht ausgebrochen, sondern wurde auf Befehl und nach Maßgabe der Feuermagier aus seiner Zelle, in der er wohl verwahrt war, entnommen und hinweggeführt. Dies geschah in voller Absicht und in Begleitung eines der erwähnten Feuermagier – Innos möge sie segnen. Doch fällt es dem Volke und auch dem Vertreter des Boten schwer, den tieferen Sinn dahinter zu verstehen. Handelt es sich doch um einen Schwarzmagier, so man den Gerüchten Glauben schenken darf. Und wie man weiß, werden Gerüchte, so sie nur allgemein als Wahrheit angesehen werden, in der Tat in guter alter Rechtstradition zu ebendieser. Nun wurde also dieser Schwarzmagier mitsamt dem ihn begleitenden Feuermagier in Tooshoo weit im Süden Argaans gesehen, wo sich ungeheure Ereignisse zutrugen. Magie wurde angewandt, in irgendeiner Weise sind auch die Bewohner Tooshoos, ungebärdiges Volk, das sowohl die Hoheit Myrtanas als auch die Setarrifs ablehnt, darin verstrickt gewesen. Augenzeugen würden wohl mehr Einzelheiten zu erzählen wissen.

Letztendlich ist nun der Schwarzmagier flüchtig, seiner Ketten ledig und ließ den Feuermagier in Tooshoo zurück. In welcher Gestalt wird er wiederkehren? Unser Phantombildzeichner hat einige der schrecklichsten Möglichkeiten skizziert. Wie tief ist die Sicherheit in den Reichen gesunken, wenn selbst unter den Augen der Vertreter der Ordnung und des Rechts solche Verbrechen geschehen können? Müssen nun alle Bürger des Nachts zittern in der Angst, die Ankunft eines rachsüchtigen Schwarzmagiers zu erwarten, der ihre Familie in Werkzeuge des Bösen verwandelt? Schon ist von ersten Unmutsbekundungen auf dem Markt zu hören. Die Unzufriedenheit des Volkes beschränkt sich bis jetzt zum Glück nur auf aufrührerische Reden, Taten sind noch nicht erfolgt. Es ist nach Ansicht des Boten dennoch dringend geboten, dem entgegen zu steuern, um die Ordnung im Reich aufrecht zu erhalten! Überflüssig, zu erwähnen, daß jedweder Hinweis auf den Verbleib des genannten Schwarzmagiers dankbar von jedem Mitglied des Ordens entgegen genommen wird.


Nachrichten aus Nordmar

Ein junger Adlatus, der sich über ein Jahr im Kloster der Feuermagier im Nordwesten von Nordmar aufgehalten hat, um dort seinen Studien nachzugehen, ist in Thorniara eingetroffen. Dieses Ereignis wurde als so bedeutsam erachtet, daß der Adlatus, Iolaus mit Namen, sogar von der obersten Feuermagierin empfangen wurde, die – wie bekannt ist – für gewöhnlich keine Zeit für profane Dinge verschwendet. Leider war keiner weiter zugegen während der Audienz, so daß nur vage Beschreibungen ihres Inhaltes überliefert wurden. Es scheint so, als sei von einer Trollinvasion in Nordmar die Rede gewesen. Vielleicht wird das Reich ja ein Heer von Gotha oder Faring aussenden, um der Trollgefahr mit der entsprechenden Antwort zu begegnen. Vermutlich wurden auch noch einige Geheimnisse, altes, verschollenes Wissen über die Magie und Magier der Vorzeit ausgetauscht. Doch leider dämpften die dicken Teppiche an den Wänden die Lautstärke so stark, daß uns nur sehr wenige Bruchstücke, die keinen Sinn zu ergeben scheinen, berichtet werden konnten.
Kommentar
Die Entwicklung in Stewark zeigt, wie ernst es das Reich meint mit der Einbindung seiner Gebiete. Ein Wirtschaftsraum, der seinen Bewohnern den Zugang zu Märkten auf dem Festland und verschiedenen Inseln ermöglicht – und das ohne Zollgebühren – ist ein attraktives Argument. Denn letztendlich sind es doch oft wirtschaftliche Gründe, die die Menschen davon überzeugen, sich auf eine Seite zu stellen. Der Krieg auf Argaan ist nicht nur ein Kampf zweier Heere, er ist auch ein Krieg der Überzeugungen. Wir sind gespannt, wie die Antwort Setarrifs auf diesen klugen Vorstoß Myrtanas aussieht. Gibt es Erfolgsgeschichten aus dem Königreich Argaan zu berichten? Wie glücklich und zufrieden sind die Menschen unter der Herrschaft Ethorns? Letztendlich entscheiden die Meinungen der Bürger.
Somit ist das Mysterium um die Gedanken und Ziele der obersten Feuermagierin weiterhin Gegenstand der Unterhaltungen auf den Märkten und in den Tavernen.


Stewark seit einem Jahr befreit

Etwa ein Jahr ist es her, daß die Stadt Stewark, südwestlich von Thorniara gelegen, anläßlich einer Orkinvasion von den Streitkräften des Lichts entsetzt und gehalten wurde. Die Dankbarkeit der Einwohner dieses Fleckens ist bis zum heutigen Tag erhalten geblieben. Wenn man weiß, wie sich das Reich seitdem bemüht hat, die Wirtschaft dieser vormaligen Grenzregion zu stärken, ist dies auch kein Wunder. Schließlich ist ein satter Bürger ein zufriedener Bürger. Holzfäller im Bluttalwald sorgen für Bauholz. Dank seiner Bestände an alten Eichen dient der Wald nun auch als Lieferant für die königlichen Werften, in denen die Flotte des Reiches verstärkt wird, um sich in wenigen Jahren wieder auf dem Stand vor dem Orkkrieg zu befinden. Doch nicht nur allein der große Wald mit seinem Holzreichtum wird nun vom Myrtanischen Reich genutzt, nein, auch die fruchtbaren Felder jenseits des Waldes auf der anderen Seite der Hügel, die ihn von der Baronie Stewark trennen. Hier, wo fruchtbarer Boden und günstiges Klima eine wunderbare Allianz eingehen, bringen Bauern ihre reiche Ernte ein, Obstplantagen versorgen die Stadt Thorniara, neue Siedler fanden Land zum leben. Ein Steinbruch sorgt für einen unablässigen Strom an Baumaterial, um Stewark selbst zu verschönern und dessen Befestigungen zu verstärken, als auch um diejenigen Thorniaras zu erhöhen und diese Stadt, leuchtende Fackel myrtanischen Ruhms, weiter auszubauen. Hier zeigt sich die Fürsorge des Reiches für den Lebensunterhalt und die Sicherheit seiner Bürger in seiner besten Art und Weise. Siehe dazu auch unseren Kommentar.

(--Dumak)