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07 Fossilien aus der Kreidezeit

Erneut traf ich auf meinen Reisen auf ein Urgestein, fast könnte man sagen, er hat Reiche aufsteigen und wieder untergehen sehen. Die Rede ist von Ferox, oder sollte man lieber sagen Lord Ferox, Paladin des Königs und Streiter Innos'?

Bote: Willkommen. Zuerst die traditionelle Frage danach, wie du vor vielen Jahren – es war im Januar 2004 – ins Rollenspiel gefunden hast. Erzähl mal!

Ferox: Ich bin nie ein großer Spieler gewesen, habe zu Beginn meiner Computerkarriere mal in die Command-and-Conquer-Reihe geschaut, in die älteren Tomb-Raider- und die ein oder anderen Konsolen-Spiele, hauptsächlich des Super Nintendo; hat mich alles insgesamt wenig interessiert und ich kann auch voller Stolz behaupten, nie gut gewesen zu sein. Somit habe ich meistens zugesehen, wie mein Bruder oder meine Mutter spielten, das Spielfilmhafte hat mir daran gefallen und der gewisse Einfluss, den ich dann selbst doch irgendwie hatte.

Gothic ist das erste Computerspiel gewesen, das ich alleine meistern konnte. – Ich schreibe „Computerspiel“ und „alleine“, weil ich zuvor den SNES- und Rollenspiel-Klassiker Secret of Mana mit Hilfe meines Bruders beenden konnte. – Mein Weg führte mich dabei über den Umweg des zweiten Teils, den ich erst nur bis zur Hälfte spielen konnte; bis zum Zeitpunkt, als die Suchenden auftauchten, glaube ich. Es wurde mir dann – mangels Erfahrung, schätze ich – zu schwierig und ich beschloss, auch zum besseren Verständnis der Story, den ersten Teil zu erwerben. Der riss mich mit. Die Geschichte erfasste mich. Ich fühlte mich zuhause. Ich fühlte die große Wendung der Geschichte in der Mitte und so weiter und so weiter, alle Leser dürften wissen und nachempfinden können, was ich meine.

Ja, und irgendwann während dieses Prozesses, haben mein Bruder ich (der natürlich auch zu spielen begonnen hatte) uns im Forum angemeldet: ich zunächst unter dem von mir damals als äußerst witzig und cool empfundenen Namen „Real_Gothicer“. Beteiligt in der Gothic-Diskussion an allerlei Fragen zu Göttern, Gegenständen, Quests, dem Universum und der ganzen Story, führte es uns beide schnell zum Rollenspiel.

Natürlich wusste ich erst nicht so recht, worum es ging, ich hab ein wenig mitgelesen, die Regeln studiert – und wollte mich dem schwierigen Namenswechsel unterziehen (damals bei Gamesweb nur unter starken Auflagen möglich), um einen fürs Rollenspiel passenden Charakter zu erschaffen. Sir Iwein hat mich sofort angeschrieben und mich bei der Findung unterstützt (zunächst unter Gelächter, weil mein erster im Forum vorgeschlagener Name „Jonny Qn“ gewesen ist). Schnell bei Latein angekommen, hat er ein gutes Stück dazu beigetragen und mich letztlich auch zu „Ferox“ bewegt. Die sonstigen Alternativen hab ich leider nicht mehr im Kopf.

Das erste, was ich im Rollenspiel gelesen habe, war vorher die Hochzeit von Hummelchen und Gorr – einer der schönsten Threads meiner Erinnerung und sicherlich etwas, das mich mir zur Anmeldung bewegt hat.

Bote: Das Rollenspiel war für dich also die Möglichkeit, noch tiefer in das Gothic-Universum einzutauchen? Weshalb hast du dich damals für die Gilde Innos' entschieden? (Oder hieß sie damals Garde Innos?) Und wie waren deine ersten Schritte? Hast du einigermaßen einen Durchblick im Rollenspiel gehabt, hat dich jemand unterstützt?

Ferox: Ich weiß nicht, ob es das damals meine Intention gewesen ist, rückblickend sehr wahrscheinlich zu einem großen Teil. Wo man sich zuhause fühlt, möchte man auch mehr erleben, als eine vorgegebene Geschichte bietet. Rollenspiel an sich als Fazination wurde ebenfalls geweckt, das zwanglose Miteinander; Schreiben auch, also: ich nenne es mal literarisches Schaffen. Zum anderen habe ich sicherlich eine Gemeinschaft gesucht, die mir die Realität nicht bieten konnte. Ich komme vom Dorf und mit den Gleichaltrigen dort habe ich mich nicht verstanden. Immer in die Stadt zu den Schulfreunden zu fahren, war in der Woche zu aufwändig, weil natürlich der letzte Bus so gegen 19 Uhr fuhr.

Meine Entscheidung für, damals, die Garde Innos‘ ist im Wesentlichen durch die freundliche (obgleich zuerst etwas herablassend wirkende) Aufnahme durch Sir Iwein geprägt. Der Anfang in Khorinis/Stadt war dadurch schnell besiegelt, weil er mir stark geholfen hat. Ich hab da auch einiges gelesen, unter anderem eine sehr atmosphärische Beförderung von Teufelslama zum Waffenknecht im Adanos-Schrein der Stadt (Waffenknecht ist ja bekanntlich der schönste Rang, das hab ich damals instinktiv gewusst; deshalb wurde der in allen neuen Rangsystem bei uns auch beibehalten).

Die ersten zwei Wochen der Bürgerzeit sind ein Loch; die erste Aufgabe, meine ersten beiden Posts, an die ich mich erinnere, handelten von Vanilleschoten, die ich für Ormus besorgen sollte, der darauf einen Vanillepudding für das nahende Sumpffest hergestellt hat.

Bei dem ich dann auch war, viel Feierei, die wirklich Spaß gemacht hat. Da hab ich mit Hundder im Tempel gequatscht; war cool. – In der Garde selbst lief alles sehr eigendynamisch. Es gab Ausbilder und Hauptmann, Uncle-Bin und Iwein, die zu der Zeit eine Expedition zur Burg im Minental durchgeführt haben und uns drei Neuen (Typhus und noch einer) dort die ersten Schritte gezeigt haben. Sie haben sich immer gestritten und gehasst, weil Uncle neidisch auf Iweins höheren Rang war – auch unglaublich coole Geschichten dabei. In der Burg dann, am Lagerfeuer, hab ich Lady Samantha/Sammy/Mylanaa kennengelernt, mit der ich wirklich viel gepostet habe, sie hat mir auch Einhand beigebracht – meine erste Lehre.

In dieser Zeit habe ich witzigerweise auch meinen ersten Metal gehört. In völliger Faszination gegenüber Blind Guardian, hab ich einige Lieder rauf und runter gehört und immer beim Posten. Sie erinnern mich heute noch stark an die ersten Posts in der Minentalfeste am Lagerfeuer. Romantisch, von Orks umzingelt, am Lagerfeuer – toll.

In Gesellschaft und Bekanntschaft dieser schon lange Spielenden (Longbow war auch dabei), fiel der Einstieg sehr leicht; es kam zufällig noch ne große Ork-Belagerung der Stadt, bei der alle Gilden zusammengearbeitet haben – geil. Ging eine oder zwei Wochen mit täglich bestimmt hunderten Posts. So eine Aktion hilft stark dabei, einen frequenten Postrhythmus in den Lebensalltag einzubinden und das Rollenspiel kennenzulernen.

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