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07 Fossilien aus der Kreidezeit

Bote: Du spricht den Lehrmeister an. Nicht nur mit Lina hast du Lehrmeistererfahrungen, sondern auch mit Ferox selbst. Wie hast du das Lehrmeistersystem empfunden? Ist es eher umständlich und hindert Leute am Schreiben oder ist es grundsätzlich ganz gut, wenn Skills nur über das direkte Posten mit anderen erworben werden? Wo siehst du die Stärken und Schwächen des Lehrmeistersystems? Und gab es besondere Schüler und Geschichten, bei denen dir die Lehren in Erinnerung geblieben sind?

Ferox: Klar, Ferox war auch Lehrmeister. Für Einhand- und Zweihandkampf.

Das System hatte früher den großen Nutzen, dass es Leute irgendwie als Spezialisten ausgewiesen hat. Lehrmeister für die Grundskills – Bogen, Einhand, Schleichen – waren Anlaufstelle für quasi alle Neulinge. Meiner Ansicht nach mussten daher besonders gute und aktive Schreiber diese Posten füllen, womit sie auch eine auszeichnende Funktion hatten. Ganz im Gegenteil habe ich nie geglaubt, dass es das Schreiben behindert, sondern war der Meinung, dass neuen Mitspielern damit, weniger als der Skill direkt, hauptsächlich indirekt das Schreiben und die Umgangsformen, das richtige Maß bei Kämpfen/ Aktionen im RPG gelehrt wurden. Lehrmeister waren dafür ungemein wichtig, weil sie die Routine hatten und das nötige Maß kannten – und wenigstens gefühlt mehr als andere.

Heutzutage finde ich das System überholt. Weniger Chars insgesamt, weniger Neulinge und alle sehr verteilt, nicht mehr in den Hauptsitzen der Gilden ansässig: das benötigt ein freieres Prinzip der Lehre. Die Skillinhaber sind überschaubar, jeder sollte lehren dürfen, wo er gerade ist. – Aber ich halte daran fest, dass man sich Skills möglichst nicht selbst beibringen, sondern sie gelehrt bekommen soll. Denkanstöße erhält man am besten im gemeinsamen Spiel, so auch Post- und Anwendungsideen. Außerdem halte ich daran fest, dass wir hier hauptsächlich Rollenspiel betreiben und keine Romane schreiben – das Miteinander steht also ganz oben.

Zu den besonderen Schülern: ich erinnere mich stark an Medin, dem ich Zweihandkampf beigebracht habe. Das enthält bei mir auch immer ein großes Stück Philosophie des Kampfes. Wann sollte man kämpfen, wann darf man, wann darf man nicht. Medins Lehre war ziemlich intensiv und hat auch bestimmt ein Jahr gedauert. Ansonsten Sheyra – Lümmels ZA –, der ich Einhand beigebracht habe; das war ne herzzerreißende Sache wie bei allem, was er geschrieben hat. Derzeit bringe ich ja Olirie das Heilen bei, leider meine erste Erfahrung als Heillehrmeisterin; falls er sich noch nicht von Lina abgwandt hat und das hier liest, weiß er hoffentlich, dass ich ihn nicht vergessen habe. – Große Geschichten kann ich da nicht beisteuern, Ferox ist eher der Mann fürs Handfeste als das Großartige. Ich muss auch gestehen, dass ich häufiger Schüler als Lehrer gewesen bin.

Bote: Wenn ich deine Antwort richtig verstehe, findest du schon, daß es wichtig ist, über Lehrmeister die einzelnen Skills anderen beizubringen, schon allein, um das gemeinsame Schreiben, was ja die Funktionsweise des Rollenspiels sein soll, zu zeigen. Andererseits findest du, daß diese Skillvermittlung nicht mehr an bestimmte User, die einen Lehrmeisterposten inne haben, gebunden werden soll, sondern jeder mit bestimmten Fähigkeiten diese auch weitergeben können soll. Hältst du denn eine Überprüfung der Lehren durch die Moderation oder auch eine andere Seite für notwendig, damit bestimmte Standards eingehalten werden? Oder vertraust eher du auf das Können und das Engagement jedes Einzelnen?

Ferox: Eigentlich ja. Da es aber immer Ausnahmen gibt und gab, die ein extremes Powerplay zeigen, halte ich eine gewisse Regulierung für richtig. Die Skills sollen ja außerdem nicht „verwässern“, sonst kann irgendwann jeder in kürzester Zeit alles und die Balance wird gefährdet, was auch das Gleichheitsgefühl oder das Gefühl, grundsätzlich gleich behandelt zu werden, stört.

Es muss keine strenge Regulierung sein, keine Überprüfung der Prüfungsleistung oder ein Curriculum; ich finde, wie es jetzt gehandhabt wird, sehr gut: dass die Ratserlaubnis angefragt wird, ob eine bestimmte Person einen Skill lehren darf. Gefällt mir. Und scheint auch zu funktionieren.

Bote: Kommen wir noch einmal zurück zu Lina. Du sagtest ja, daß du die Notwendigkeit von Quests nicht in jedem Fall gegeben findest, da im normalen Rollenspiel genug Möglichkeiten für interessante Geschichten vorhanden sind. Trotzdem hast du mit Lina immerhin an drei Quests teilgenommen. „Die zwölf Pforten Beliars“ von Trilo, „Im Auge des Jägers“ von Superluemmel und „Der Stein der Macht“ von Fargas Ferrigan. Was hat dich denn damals davon überzeugt, doch an diesen Quests teilzunehmen? Waren sie in irgendeiner Weise Ausnahmen? Oder gab es irgendetwas, was dich daran besonders interessiert hat?

Ferox: Ich wusste, dass du darauf zu sprechen kommen würdest!

Tatsächlich habe ich mit Lina noch an einer vierten Quest, nämlich „Eulenwinter“ von Ray teilgenommen. Da habe ich eine Ausnahme gemacht, weil quasi alle, mit denen Lina zu tun gehabt hat, auf dieser Quest waren. Ray war ihr ein guter Freund und es bot sich an, ihn zu begleiten. Allerdings weiß ich nicht mehr viel vom Inhalt, was wohl dafür spricht, dass es keine gute Ausnahme war.

An Fargas Ferrigans Quest hat Lina aus ähnlichen Gründen teilgenommen, sie waren damals ein Paar. Der weitere Grund war, dass es um Druiden ging und Lina vorher und unabhängig davon in einem Hain in Gorthar ein altes Artefakt, den Druidenstab, an sich gebunden hat. Ihre Rolle war dadurch hauptsächlich bestimmt. Wenn ich mich recht entsinne, ist auch Sly dabei gewesen, der sich auf dem Weg zum gildenlosen Druiden befunden hatte. Das hat damals alles zusammengepasst, weil Druiden ja sonst im Khorinis-RPG eigentlich nicht vorgesehen waren.

Superluemmels Quest hat sich einfach so ergeben. Sie spielte auf Gorthar und wir reisten gerade alle durch Gorthar (es muss zeitlich in der Nähe dieser Druidenstab-Sache gewesen sein). Sly ist mitgekommen und Lina wollte nicht alleine zurück. Am Ort hat die Quest gar nichts geändert, nur die Gegner sind nicht dem übrigen RPG entsprungen. Damals dachte ich auch, dass man bei einer Quest von Lümmel unbedingt dabei gewesen sein muss. Ich hatte Recht, war wirklich spannend.
An Trilos Quest erinnere ich mich nicht.

Zusammenfassend kann ich das nur darauf zurückführen, dass ich mit einem Doppelmaß gemessen habe. Für Lina galten andere Dinge als für Ferox. Sie hatte auch keine Pflichten in der Realität; es waren alles Gründe der Geschichtenkonstanz, die mich zu diesen Quest verleitet haben.

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