Zur Überraschung vieler Gothic-Fans kündigte JoWooD im April 2008 ein Add-On namens »Forsaken Gods« zu Gothic 3 an, welches im Herbst 2008 erscheinen sollte. Es sollte das erste Gothicspiel ohne Federführung Piranha Bytes werden. Der neue Entwickler blieb vorerst ein Geheimnis. Die Wünsche der Community sollten aber Beachtung und Vorrang haben.
Das Add-On musste einerseits einen nahtlosen Übergang von Gothic 3 zu Gothic 4 schaffen, aber andererseits auch eine erste Wiedergutmachung für das Bugdebakel Gothic 3 werden. Wie sich später herausstellen sollte, wurde die Wiedergutmachung etwas anders wahrgenommen.
Die Reaktionen im Forum über diese Ankündigung hatten die volle Bandbreite – von großen Enthusiasmus bis hin zu sehr zurückhaltenden und warnenden Meinungen.
Da das Add-On nur einen englischen Titel besaß, wurde seitens JoWooD in den Gothic-Foren von JoWooD und World of Gothic eine deutsche Namenswahl gestartet. Kurze Zeit später konnte die Community dann über den wahren Titel abstimmen. Der »Sieger« hieß am Ende »Götterdämmerung«.
Auf der Games Convention 2008 wurde dann von JoWooD endlich der
Entwickler von Götterdämmerung genannt. Ebenso wurde bekannt, dass Spellbound dem neuen Entwickler Vorgaben für das Storyende machte, so dass das Ende des Add-Ons und der Anfang von ArcaniA logisch zusammenpassten.
Die Fans diskutierten derweilen über das Für und Wider eines indischen Entwicklers. Die kritischen Stimmen mehrten sich schon zu diesem Zeitpunkt.
Die Testzeit für das Add-On würde laut JoWooD
dreimal so lange wie die von Gothic 3 sein. Diese Äußerung wurde zwei Monate vor Release des Add-Ons getätigt. Da frage ich mich heutzutage, ob Gothic 3 damals überhaupt getestet worden ist.
Aber zurück zum eigentlichen Geschehen. Johann Ertl begann das »
Tagebuch des namenlosen Helden« und beschrieb darin den Anfang des Add-Ons. Es war eine willkommene Abwechslung und macht Lust auf mehr.
Dann war es soweit und es ging in die letzte Phase. Je 20 User aus der Community von JoWooD und World of Gothic durften
Götterdämmerung testen. Sie sollten noch Fehler finden und außerdem beurteilen, wie sie das Spiel finden. 4 Wochen später
bekam Götterdämmerung den Goldstatus, wobei außer den Beta-Testern niemand wusste, ob das Spiel nun noch Bugs enthielt oder nicht. Ihre Meinungen zum
Test und zum
Spiel konnten sie erst nach Release kundtun und diese waren dann für alle sehr ernüchternd gewesen.
Der Release von Götterdämmerung ging wie bei Gothic 3 mit einem Releasepatch einher. Piranha Bytes distanzierte sich von diesem Spiel mit einer
öffentlichen Stellungnahme. Es sollte niemand auf den Gedanken kommen, dass PB damit zu tun hätte - zu Recht. Denn das Spiel beinhaltete Bugs über Bugs, ein schlimmerer Zustand als zum Gothic 3 Release.
JoWooD äußerte sich zu diesem neuerlichen Debakel und schob eine Teilschuld auf die Community ab -
»...Die Community und wir wollten das Spiel noch in diesem Jahr fertig gestellt sehen...".
Das ist in meinen Augen schon ein starkes Stück, der Community Schuld aufzuladen, die außer dem Beta-Test ansonsten nicht groß etwas machen konnte und selbst der Beta-Test war eine Farce. Manche
Antworten JoWooDs muten einfach an, als ob sie nur eine Ausrede für das Versagen sind.
Selbst Trine, der indische Entwickler für Götterdämmerung, gab
Probleme bei der Entwicklung zu.
In meinen Augen war die Entwicklungszeit für das Add-On viel zu kurz gewesen. Die Probleme, die Trine mit dem Spiel hatte bzw. eine von JoWooDs Antworten, zeigten aber auch, dass es nicht einfach ist, sich in fremden Code einzuarbeiten. Dies kann ich aus meiner Erfahrung als CPT-Mitglied nur bestätigen.
Als krönenden Abschluss erhielt die Gothic-Community den Sonderpreis für die
dümmste Game-Fan-Community. In meinen Augen absolut nicht fair.
Um nicht noch die Wertungen der Spielzeitschriften und deren Meinungen zu Götterdämmerung zu verschweigen, hier ein Ausschnitt aus diversen Magazinen:
Gamestar 71%, Fazit
»Daniel Matschijewsky: Unglaublich, dass Jowood schon wieder ein Rollenspiel derart unfertig auf den Markt bringt! Selbst wenn Götterdämmung fehlerfrei wäre (was noch ein ganzes Stück Arbeit ist), kommt das Spiel nicht an aktuelle Genre-Konkurrenten heran – dafür ist die Bedienung zu unintuitiv, die KI zu miserabel und das Kampfsystem zu sehr Glückssache. Zumindest die Quests und die vernünftig erzählte Handlung haben die Entwickler gut hinbekommen – für Serienfans die ausschlaggebenden Inhalte.«
4players 20%, Ausschnitt Fazit
»Es ist einfach unglaublich: Ist man bei JoWooD überhaupt noch lernfähig? Erst lässt man die Community das durchlöcherte Hauptspiel flicken, dann bringt man zwei Jahre nach der Katastrophe namens Gothic 3 erneut eine verbuggte Erweiterung auf den Markt? Und schiebt tatsächlich einen Patch hinterher? Und das, obwohl die Beta-Tester aufgrund der hohen Fehlerdichte vor einer Veröffentlichung warnten! Der Spieler gewöhnt sich an alles, oder was? Schon in den ersten zwei Spielstunden findet man so viele Inkonsequenzen und Grafikfehler, dass man im besten Fall von einer frühen Alphafassung oder einer ambitionierten Modifikation reden kann - von den Abstürzen und bösen Rucklern ganz zu schweigen....«
GameCaptain 58%, Fazit
»Aus Fehlern wird man klug“ heißt der alte Spruch – JoWooD hat das aber anscheinend noch nicht kapiert und macht munter weiter mit der gescheiterten Veröffentlichungspolitik. Götterdämmerung zeigt gute Ansätze bei den Quests, die aber von den unzähligen Bugs im Keim erstickt werden.
Und sogar ohne die riesige Patzer-Menge wäre das Addon noch kein wirklich gelungenes Spiel, etwa durch den unspektakulären Einstieg. So kann man selbst zum relativ günstigen Preis keine Kaufempfehlung aussprechen. Rückschritte im Vergleich zum sowieso schon Bug-geplagten Hauptspiel hätten nun wirklich nicht sein dürfen.«
1UP.com D- (= Schulnote 4-)
»A terrible RPG in every way, Gothic 3: Forsaken Gods must be what it sounds like when doves cry.«