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6 Verseschmiede

Lee (Dumak)

Auf hohen Turmes Zinne ∙ einst König Rhobar stand
Die Stirne furchten Falten ∙ als er sah übers Land.
Zum Führer seines Heeres ∙ hub er zu sprechen an
und richtete die Worte ∙ an seinen treuen Mann:

›Mein Reich, das ist zerrissen ∙ seit allzulanger Zeit.
Schon Feinde sich einschiffen ∙ und es ist nicht mehr weit
mit meiner Königsherrschaft, ∙ die Feinde sind zu stark.‹
Des Königs Seufzer trafen ∙ den Recken bis ins Mark.

›Darum nimm deine Brünne ∙ und gehe nun zum Heer
Sollst deine Mannen leiten. ∙ Nimm Schwert dir, Helm und Speer.‹
Sogleich der tapf’re Hüne ∙ den Helm setzt’ auf sein Haupt
und sagte dann: ›Ich reite, ∙ wenn ihr es mir erlaubt.‹

So zog er denn von dannen ∙ in eine blut’ge Schlacht
und siegt’ nach langem Kampfe, ∙ den er nicht hat entfacht.
Das Streitroß schweißbehangen, ∙ die Nüstern voller Dampf
kam er zurück gegangen ∙ als Sieger aus dem Kampf.

Das Schicksal ihm nun reichte ∙ den Kelch des Niedergangs.
Er trank ihn bis zur Neige: ∙ ein Opfer seines Rangs.
Am Königshofe Neider, ∙ sie planten den Verrat,
gedung’ne Mörder führten ∙ aus die verruchte Tat.

So wurde er gefangen ∙ als grad er kam zurück,
das sie ihn nicht gleich hingen, ∙ das war sein großes Glück.
Von Häschern eingekerkert ∙ er wußte nicht den Grund.
Ins Loche sie ihn zwangen, ∙ gleich einem räudig Hund.

Er saß an manchen Tagen ∙ in dämmrig Dunkelheit
durch Neidlings falsche Lügen ∙ in Kerkereinsamkeit.
Bis das mit einem Schlage ∙ auffunkelt Tageslicht,
sein Ohr mußt es ertragen, ∙ was nun der Richter spricht.

›Hart sollt ich dich bestrafen ∙ an Leben und an Leib.
Ein Diener dich gesehen ∙ bei unsres Königs Weib.
Die hohe Frau gemordet, ∙ ein gräßlich Bild sich bot,
vom Blut rot deine Hände, ∙ verdient hast du den Tod.‹

›Zur magischen Barriere ∙ verurteil’ ich dich nun,
das bis zu deiner Bahre, ∙ du niemals mehr kannst ruh’n.
In tiefen Schächten schlagen ∙ sollst du das magisch Erz,
auf daß dies Urteil ehre ∙ des Königs gütig Herz.‹

Solch niedere Intrigen ∙ die brachten so den Held,
an den heranzuragen ∙ an Mut in dieser Welt,
an ungezählten Siegen ∙ des Adels feige Brut
nie jemals konnte wagen, ∙ in der Minen Glut.

Sein Wunsch nach künft’ger Freiheit, ∙ der ward zu seinem Gral
und oft er nachgesonnen: ∙ wie flüchten aus dem Tal?
Doch ungezählte Wochen ∙ blieb er gefangen lang,
es wurde nicht gebrochen ∙ der Zauberkräfte Bann.

Doch blieb er seinen Zielen ∙ ergeben fest und treu,
auch Söldner für ihn kämpften ∙ so tapfer wie der Leu.
Die Freiheit sie erstrebten ∙ nicht minder sie an Zahl.
Die Treue sie ihm schworen ∙ das sollt’ sein ihre Wahl.

Die Stirn er hat geboten ∙ der Erzbaronen Macht,
daß sie nur noch mit Wachen ∙ ruhig schliefen in der Nacht.
Ein kleines Stück von Freiheit ∙ schuf er mit harter Hand,
die Wachsamkeit der Söldner ∙ der Stärke Unterpfand.

Selbst Magier für ihn stritten ∙ verfolgten einen Plan,
das Erz, das wurd gesammelt ∙ zu Bergen es getan.
Mit magisch Formelwerken ∙ durchbrechen wollten sie
die Mauern der Barriere, ∙ doch gelang es nie.

Als die ersehnte Freiheit ∙ dann eines Tages kam
- ein Wunder schien es allen, ∙ denn es war wundersam -
hat ihn und seine Mannen ∙ das Tal nicht mehr gesehn.
Bei Onar er seitdem sitzt. ∙ Sag Lee, was soll geschehn?

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