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Rollenspiel nach Fall der Barriere
Quests
[GM] Das dritte Amulett
| 12.03.2004 23:54 | #1 |
| Isabell |
[GM] Das dritte Amulett
..................... Das dritte Amulett
.....................
.......................................Prolog
Bisherige Chars und Organisationen.
Fürst Rociel Pergamo:
Er, der das Blut eines Dämonen in sich trägt, er, der das Blut eines Menschen in sich trägt, er, der die Seele eines Seraphim in sich trägt, er, der eine verbotene, verachtete, gehasste Liebe führt, er, der Innos treu ergeben, er, der nur erschaffen wurde um zu sterben. Der Schicksalsbote hat nur eine Aufgabe, auferlegt vom höchsten, schönsten und prächtigsten aller Götter. SIEBEN Amulette gilt es zu finden, dann erst soll sich zeigen, wo der Gral von Thyremien liegt. Ihn zu zerstören, dass ist seine Aufgabe, die noch im Verborgenen liegt. Dieses mächtige Artefakt, das niemals mehr in die Hände von einem Lebewesen kommen darf.
Fürstin Isabell Pergamo:
Auch sie ist ein Dämonenkind, verbindet dasselbe Schicksal wie ihr Bruder. Zusammen waren sie einst ein wunderschönes Paar, bis man sie zum Zweck dieser Aufgabe auseinander riss, in der Hoffnung, dass der Frevel nie bemerkt werden sollte. Nun kämpft sie Seite an Seite mit Rociel, ebenfalls für das eine Ziel. Die Schicksalsrichterin ist an der Seite des Boten, um das Gleichgewicht der Macht zu halten, ungeschützt vor eigenen Schwankungen. Ihr Ziel ist es mit ihrem Bruder zurück in die Welt ihrer Brüder und Schwestern zu kehren und Assiah den Rücken zu kehren.
Pator und Tarugie:
Pator, der männliche und Targuie, die weibliche, sind die beiden Seraphim, die über Rociel und Isabell wachen. Sie bereiten die Bestimmung vom Vater vor, damit alles nach Plan läuft. Doch von ihrer Stelle aus können sie nicht viel tun, da für alle Seraphim ein Verbot in Assiah herrscht. Sie können die Welt nicht betreten. Die beiden haben jedoch eine hohe Stellung und sind nicht zufällig für diese Arbeit eingeteilt, da sie einst Freunde von Rociel und Isabell waren.
Priester Tolban:
Ein alter, greiser Innospriester, dem man die Macht nicht ansieht. Er ist das Verbindungsglied zwischen Pator und Tarugie und Rociel und Isabell. Als Cherubim hat er erstaunliche Fähigkeiten, in Verbindung mit seinen Kräften als Innosmagier besitzt er mächtige Magie. Doch seine wahre Macht liegt darin, dass er der Wächter der Bibliothek von Gorthar ist, jahrelang das Amulett für Rociel bewacht hat und ganz nebenbei sehr, sehr lange schon lebt.
Für Rociel ist er ein Meister und der junge Mann sieht ihn als sein Mentor.
Prix:
Prix ist ein Freund von Rociel, der bisher nur eine kleine Rolle spielte. Er ist ein Meisterjäger und versteht es auf die Jagd in den Wäldern von Gorthar. Von ihm hat Rociel viel gelernt und lange bei ihm gelebt. Er ist ein treuer Freund.
Ra:
Auch er spielt keine Rolle im Kampf um die Amulette, doch ist er Rociel ans Herz gewachsen. Einst war er ein Bandit, der ihn angriff, doch sie nahmen ihn in ihre Obhut und seitdem lernt er bei Prix alles, was man zum jagen wissen muss.
Kryliyx:
Ein niederer Gedankendämon, der Isabell zwei Jahre lang unter seinem Willen hielt und sie zu seiner Sklavin degradierte. Er trug das zweite Amulett, das sich inzwischen im Besitz von Rociel befindet. Er wurde damals getötet…
Rexx:
Ein sprechender Schädel, der, gespalten, auf seiner Brustseite der Rüstung genäht ist. Er war einst untot. Er beherrscht die Sprache der Menschen und die Sprache der Dämonen und Untoten. Er besitzt noch Teile seiner schwarzen Magie, ist aber ohne Körper machtlos. Ob er seinen Träger akzeptiert, oder finstere Pläne gegen Rociel schmiedet, das kann man nicht so genau sagen, denn er spricht ziemlich wenig und eine telepathische Kommunikation hat ihm Rociel, wegen der heftigen Schmerzen, untersagt.
Der Gelirkas Orden:
Der Gelirkas Orden trat erst seit kurzem auf den Plan. Dreht man das Wort um, so erhält man das Wort Sakrileg und genau das ist es auch in den Augen der Jäger. Sie versuchen mit allen Mitteln Rociel und Isabell zu töten, da es in ihren Augen ein Sakrileg ist, was sie betreiben unter den Augen Innos. Der Orden tritt meistens sehr dezent auf, keine Zeugen, selten sind mehr als zwei Mitglieder dabei die Pläne auszuführen. Doch der Orden umfasst knapp hundert Anhänger, darunter mächtige Nekromanten. Ihr Erkennungszeichen ist eine schwarze Rose, was auf den Anführer des Ordens zurückgeht.
Die schwarze Rose:
Eine unbekannte Gestalt, Führer des Gelirkas Ordens. Niemand kennt ihn, nie hat ihn jemand gesehen. Seine Befehle, ausgeführt vom Leiter der Sekte. Doch hinter dem Gesicht des Unbekannten verbirgt sich mehr als nur ein Mensch…ein alter Bekannter der Geschwister, der viel tiefere Pläne als der Orden verfolgt.
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| 12.03.2004 23:59 | #2 |
| Todesfürst |
kleine Zusammenfassung
Das erste Amulett bekam er friedfertig und ohne Kampf, nachdem er die Bibliothek in Gorthar, tief unter der Erde und nach dem Herausknobeln eines tödlichen Rätsels, gefunden hatte. Es hieße damals, es war seine Bestimmung, dass ausgerechnet er dieses lange verschollene Bauwerk fand, das Amulett des Wissens wäre ihm bestimmt. Doch gleichzeitig erhielt er auch den Auftrag nach den anderen sechs zu suchen, die im Laufe der Zeit verschollen waren. An die unmöglichsten Orte sollen die Relikte gelangt sein. Er las Bücher über sie, in denen beschrieben wurde, was die Amulette sind. Nämlich die Herzen von Sieben gefallenen Männern und Frauen, die sich in Zeiten des Untergangs der Menschheit für eben jene geopfert haben. Die Eigenschaften Güte, Weisheit, Geschicklichkeit, Kraft, Kreativität, Ruhe und Schlechtigkeit. Diese werden in den Amuletten symbolisiert. Doch sie wurden zu einer Zeit erschaffen, als Innos den Menschen mit Hilfe der Seelen der Sieben und einem einfachen Kelch einen der mächtigsten Relikte hinterließ, die je ein Gott erschuf und den Menschen schenkte. Die Legende um den Gral von Thyremien war geboren. Nach dem Einsatz des Grals, der tausende in den Tod stürzte, verschwand er, die Amulette blieben zurück und waren der einzige Weg, um den Gral wiederzuerlangen.
Nur wer alle Sieben Amulette beisammen hat, kann den Ort seines Aufenthaltes erkennen.
So wurde er bestimmt eben jene Sieben zu suchen, die sich überall auf der Welt befinden konnten, doch es war anzunehmen, dass sich die Nachfahren der Innospriester, die nach der Katastrophe noch überlebten und die Sieben unter sich aufteilten und zerstritten, noch lange in Gorthar oder Umgebung aufhielten und so die guten Stücke nicht allzu weit weg sind.
Das zweite Amulett konnte er dann nicht mehr ganz so friedlich bekommen, doch auch wenn es schwierig war, der ganzen Gefolgschaft des niederen Gedankendämons zu widerstehen und am Ende ihn niederzustrecken, schaffte er dies. Dabei rettete er auch die – damals noch unbekannte – Isabell aus den Klauen des Dämons und befreite so seine Schwester, wie sich später herausstellte.
Nun soll die Geschichte um ein weiteres Kapitel vervollständigt werde...
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| 13.03.2004 00:03 | #3 |
| Isabell |
In der Dunkelheit, da hausen sie.
Verachtet, Verbrannt, Verbannt
Schwärzeste Kammern sind ihr Zuhaus.
Gefürchtet, Geächtet, Gehasst
Leben verloren, doch Dasein nie.
Süchtig, Sorglos, Selbstsicher
Warten nur, hoffen, wollen heraus.
Gierig, Grotesk, Geisteslos
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| 13.03.2004 22:40 | #4 |
| Todesfürst |
Die Flamme, die aus dem orange-roten Stein kam leuchtete ihnen erst mal den Weg. Es war schwierig voran zu kommen und aufrecht gehen konnten sie auch nicht. Gebückt, mehr schlecht als Recht ging es weiter durch den engen Gang. Rociel konnte sich noch gut daran erinnern, wie er hier das erste Mal eingestiegen war. Sein Gedächtnis ließ ihn auch wieder die Personen einfallen, die hier einst hausten und das vielleicht immer noch taten. Damals konnte er nur knapp entkommen, heute jedoch ging er hier selbstbewusst entlang. Hinter ihnen hörten sie immer wieder schummrige Laute, als ob jemand gegen Metall hämmern würde und der Schall daraus unheimliche Laute fabrizierte, doch so was konnte sie nicht schrecken. Sie hielten immer wieder kleine Pausen und sahen sich um, doch der Weg war klar vorgegeben. Es war ein linearer Gang, sie hatten gar keine Möglichkeit sich zwischen verschiedenen Kreuzungen eine aussuchen zu können. Durch die absolute Finsternis, die ihren Weg zierte, wirkte das Fackellicht alles andere als beruhigend, sondern eher aggressiv und unbeugsam. Die Schatten, die durch das Licht geworfen wurden, bildeten richtige Figuren und Wesen, die nur in Erinnerung entstanden. Die Wände waren alle aus sehr einfachem Stein gehauen, vermutlich derselbe Stein, aus dem auch das Haus war. Er war bewusst nicht in Richtung Luke gelaufen, die ihnen Eintritt in das Haus gebracht hätte, sondern hatte sich für die andere Richtung entschieden, da er sich hier den Eingang zu einer möglichen Kanalisation erhoffte. Doch für lange Zeit sah es nicht wirklich danach aus, als ob sie diesen wirklich finden könnten. Immer noch dröhnte es weit in der Ferne, unglaubliche Enge herrschte auch in dem dünnen Gang. Doch er blieb monoton und dunkel. Ab und zu nahmen sie Kurven, aber keine schönen, runden, sondern wenn, dann bog sich der Gang um radikale neunzig Grad, nur um wieder gradlinig zu verlaufen. Es kostete ganz schön Kraft in der gebückten Haltung zu gehen und schon bald schmerzte sein Rücken, da er ja dieses Gewicht des Rucksacks zu tragen hatte. Es war ein übles Ziehen, das da von seinen Schultern über die Oberarme ging. Dennoch biss er einfach auf die Zähne, was man ihm zum Glück nicht ansah als Leiter, und machte weiter. Besser gesagt, er kroch weiter. In der einen Hand hielt er die Fackel, die er so justiert hatte, dass die Größe der Feuerflamme nur wenige Zentimeter und schon gar nicht den ganzen Meter betrug, in der anderen hielt er die Hand seiner Schwester, damit sie sich ja nicht verlieren. Das war zwar in diesem Gang unmöglich, aber das war ja nicht so wichtig.
Viel wichtiger für sie beide war es, als sie, nach der x-ten Biegung, endlich etwas anderes außer diesen hämmernden und klingenden Geräuschen hörten. Es klang fast ein wenig nach Wasser…
Tatsächlich endete der Gang kurz darauf, sie standen kurzerhand vor einer Wand aus mehreren massiven Steinen, doch viel interessanter war die Tatsache, dass dort, wo sich sonst immer nur die linke Mauer befand, ein kleines, dünnes und sehr, sehr altes, deswegen auch rostiges Gitter in die Mauer geschlagen wurde. Es ersetzte den steinernen Teil sozusagen. Die Öffnung war zum Glück groß genug, dass ein Mensch hindurchpasste. Doch zuerst einmal mussten sie das Gitter aushebeln. Eine wahrlich dankbare Aufgabe, er brauchte nur etwas kraftvoll an den Stäben zu rütteln, da bröckelten schon erste Steinstücke aus den Ankerungen. Sie waren porös und brüchig, so drehte er seinen Körper nur etwas in dem Gang herum und stieß dreimal kraftvoll gegen einen der Eisenstäbe. Schon nach den ersten Stößen hatte sich das Ding gelöst, doch erst beim dritten Male wollte es endgültig große Stücke der brüchigen Mauer mit sich reißen. Polternd und mit einem hellen Klang viel das gute Stück auf den steinernen Boden auf der anderen Seite, die ungefähr vier Meter tiefer lag, als der Gang in dem sie noch immer steckten.
Zuerst sah Rociel durch die nun vergrößerte Öffnung hinab. Die Höhe war in Ordnung, da würden sie sich nicht wehtun und sich auch nichts brechen, wenn sie vernünftig herunter kamen. Doch natürlich interessierte ihn, wo oder ob da Wasser war. Es floss tatsächlich eine Wasserquelle, aber sie hatte einen vollkommen anderen Verlauf als der Boden, die Steinplatten da unten waren jedenfalls alles andere als nass und so brauchten sie auch keine feuchten Überraschungen fürchten.
Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, krabbelte er unter der Öffnung durch und hielt sich an den letzten festen Steinstücken fest. Erst als er auf dem kleinen Sims stand und wieder richtig stehen konnte, machte er sich auf nach unten zu gelangen. Doch er sprang nicht aus den vier Metern aus dem Stand, sondern ging noch einmal in die Hocke, lehnte rückwärts seinen Körper zum Abgrund, bis er nur noch mit beiden Händen am Sims hing und so schon die Differenz auf etwas mehr wie zwei Meter gesunken war. So konnte er sich einfach runterplumpsen lassen, wo er nach kurzem Flug landete. Die Stiefel dämpften den Aufprall, denn er wieder gebückt erlebte. Dabei wirbelten sie ganz schön Staub auf, den er eiligst verjagte. Seine Schwester hatte weniger Skrupel aus der Höhe zu springen, mit beiden Beinen landete sie grazil auf der größten Steinplatte, ging aber auch in die Hocke, um den Aufprall zu mildern.
Da waren sie also, nur wo waren sie hier eigentlich? Einen guten Ansatz gab es nicht, doch es sah ganz gut nach Kanalisation aus, der Geruch jedenfalls ließ schon fast keine Zweifel mehr offen.
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| 13.03.2004 23:25 | #5 |
| Isabell |
Es hatte sich einiges getan, was ihren Bewegungsradius anging, für Isabell war es eine wahre Genugtuung endlich wieder freistehen zu können und auch ausreichend Platz zu haben. Die Fläche war gut fünf Meter breit und mindestens genauso hoch, also hatten sie allen Platz der Welt. Die ganze Anlage jedoch wirkte mehr wie Katakomben in ihren Augen. Die sprudelnde und plätschernde Quelle war dreckiges Abwasser. Es war richtig braun und unappetitlich, sorgte ebenfalls für den strengen Geruch hier unten. Zum Glück fiel es in einen tieferen Schacht, der unter ihnen verlief. So waren ihre Stiefel erst mal auf trockenen, staubtrockenen Steinplatten. Die ganze Anlage wirkte sehr alt, die meisten Steine wirkten genauso brüchig wie die beim Gitter. An den Stellen, an denen das Abwasser entlang lief hatte sich grüner Schimmelpilz festgesetzt und verhinderte ein näher kommen. Die Luft war sehr stickig und Staubpartikel flogen zusätzlich durch die Luft, während sie erneut mit der Fackel versuchten ihren Weg zu finden. Ihr Bruder erhöhte die Intensität der Flamme, so dass sie einen größeren Sichtradius zur Verfügung hatten. Vor ihnen lag ein modriger Gang, der wieder einen linearen Ablauf hatte, zumindest zu Beginn. Das hämmernde Geräusch wurde hier unten noch intensiver, sie fühlten sich beobachtet. Doch noch war niemand zu sehen, ihr Eindringen war unbemerkt geblieben. Über ihnen musste sich die Stadt befinden, vielleicht gingen sie ja gerade unterhalb des Marktplatzes spazieren. Dennoch war der Ausflug nicht unbedingt gut. Besonders der Geruch machte ihren Atemwegen schwer zu schaffen, er war zwar nicht ätzend oder giftig, aber sehr intensiv und machte das Atem sehr schwierig. Zum Glück wurde es mit der Zeit angenehmer, da aus Luftritzen in den brüchigen Felsen Luft hinein kam.Sie gingen eng beisammen, wollten sich in dieser Dunkelheit nicht verlieren. Die junge Frau versuchte mögliche Gefahren schon im Vorfeld zu hören und konzentrierte sich deshalb auf die Geräusche, die durch ein vielfaches Echo sehr gut wiedergegeben wurden und noch hunderte von Metern weit zu hören waren. In der Dunkelheit waren die Augen so gut wie nutzlos und der Schein des Lichts schimmerte nur wenige Meter vor ihnen. Sie erkannten Wände und dicke Steinquader, die zum Bau dieser Anlagen verwendet wurden, doch mehr blieb dem Auge verborgen.
Schon nach kurzer Zeit gelangten sie zu einem Rondell, an der sich die Wege kreuzten, doch noch bevor sie eine Entscheidung treffen konnten, blickten sie dem Bewacher dieser Stätte ins Auge. Eine große Statue hatte sich in der Mitte des Rundbogens breit gemacht, doch von ihr ging keine Gefahr aus. Sie leuchteten mit der Fackel zu ihr und erblickten die Gestalt einer verwüsteten Kreatur, kein Mensch, kein Tier. Was sie wohl darstellen sollte? Es blieb ungeklärt, ihre Gedanken beschäftigten sich nicht lange damit. Es führten sechs Wege von dem Rundbogen weg. Aus einem kamen sie. Der, der parallel zu ihrem lag war vermauert. Zwei weitere Gänge ebenfalls. Übrig blieben zwei Gänge. Sie leuchteten zu dem linken, doch schon nach wenigen Schritten erblickten sie das Gitter dahinter. Ein Weg war dahinter ganz klar zu erkennen, doch dieses Gitter war riesig, so groß wie auch der Gang und es war stabil. Die Gitterstäbe wirkten alt, aber nicht verrostet. Das Eisen war noch immer stabil. Unknackbar. Blieb nur ein möglicher Weg, der wiederum parallel zu dem des Gitters lag. Er war der einzige Gang, der nicht zugemauert oder durch ein Gitter verschlossen wurde.
Sie sahen sich nur kurz an, das Gesicht ihres Bruders wirkte unheimlich unter dem Licht der Fackel, dann waren sie sich einig. Lass uns diesen Weg wählen, sagte sie voller Selbstvertrauen und so gingen sie dort entlang. Die Fackel zogen sie hinter sich her, mit ihnen verschwand auch das Licht aus dem Rondell, doch unbemerkt blieben die Gäste, die dort auf sie lauerten, sie regten sich schon, ihre knochigen Fingerkuppen bildeten Bewegungen, aber noch war das Licht nicht ganz fort, noch war es nicht soweit…
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| 14.03.2004 12:17 | #6 |
| Todesfürst |
In dem Gang herrschte die Dunkelheit vor, alles andere schien darin unterzugehen, wie ein Sog wurde alles hineingerissen. Ihr Atem war ruhig, sein Puls blieb normal und auch sein Herzschlag war kühl wie noch die Temperatur in Teljarsfeld. Ihre Stiefel hallten auf dem Boden, das Wasser nahm einen anderen Lauf und hatte sie alleine gelassen. Ein Klacken ertönte immer, wenn sie auf dem Boden traten, dann schwiegen sie, bis zum nächsten Schritt. Der Gang war nicht sehr lang, nur vier Meter brauchten sie durch ihn hindurch gehen, dann standen sie in dem kleinen, quadratischen Raum. Eine weitere Statue stand dort in der Mitte, auch sie hatte eine Fratze als Gesicht, war nicht zu erkennen, nicht zu identifizieren. Ihre Arme waren waagerecht ausgestreckt, die langen Fingerkuppen mit den spitzen Nägeln hingen voneinander entfernt, wollten nach etwas greifen. Doch die rechte Hand lag oben, die linke schien richtig zu liegen. Rociel sah sich diese Statue lange an, während seine Schwester den engen Raum erkundete. Es schien, als hätten sie hier eine Sackgasse gefunden, doch dann wäre das schon ein herber Rückschlag gewesen, denn einen anderen Weg gab es nicht mehr, trotz sechs anfänglichen Alternativen. Aber dieser Götze ließ den Fürsten nicht mehr los. Er stellte sich in die unmöglichsten Positionen, um diese Statue zu verstehen, er wollte wissen, was sie darstellen sollte, denn wieso stellte man so eine Fratze in einen engen quadratischen Raum, nur um sie hier verschimmeln zu lassen. In der Tat, der Stein, aus dem die Statue war, hatte schon grünen Schimmelpilz angesetzt, obwohl Wasser nicht in der Nähe schien. Vielleicht lag es am feuchten Klima, das hier überall vorherrschte. Er konnte es nicht genau sagen, doch merkwürdig war es allemal. In seiner Verzweiflung über sein eigenes Unwissen bat er dann Isabell ihm zu helfen.
Sag mal, hast du eine Idee, was das hier darstellen könnte? Seine Schwester schien nachzudenken, das lodernde Licht der größer gewordenen Fackel ließ ihr Gesicht verbrennen, im Schein der Flamme wirkte ihr Wimpernschlag unheimlich groß und magisch, doch viel mehr interessierten ihn ihre Gedanken. Ich muss dich enttäuschen Bruderherz, das Gesicht ist so entstellt, dass es alles Mögliche sein könnte. Auch der Ober- und Unterkörper ergibt keinen Sinn. Einzig und alleine Arme und Beine scheinen die eines Menschen. Der eine Arm zeigt nach links, der andere fällt ein wenig ab. Plötzlich kam Rociel eine Idee, wie aus den Weiten der Dunkelheit, als ob sie den ganzen Weg nur für ihn gereist wäre. Das ist es, du bist genial. Während Isabell ihr Gesicht verwundert verzog, schwang er geschwind zu der Mauer, auf die die Hand zeigte. Da es aber hunderte von kleinen Steinen darin gab, hier unterschied sie sich von allen anderen, musste er noch einmal zurück. Dieses Detail, sie hatten es übersehen, doch dank ihr hatte er neue Ideen. Neue Pläne. Hoffen wir mal, dass es klappt. Halt bitte die Fackel, genau neben den Arm, so dass ich ihn sehen kann. Immer noch verwundert, überreichte er seiner Schwester den Griff des hölzernen Astes, danach schwang er zurück zu der Mauer. Nun konnte er sehen, wo und auf welcher Höhe die Finger hinzeigten und er orientierte sich auch auf der Mauer danach. Er versuchte die morsche Stelle zu finden, doch er fand etwas ganz anderes.
Plötzlich, eher durch Zufall, kam seine rechte Hand auf einen Stein, dessen Bindung längst nur noch Schein war. Angemalt hatten sie ihn. Der Stein gab unter dem Druck nach und wurde nach hinten gezogen. Dort hörte man ein mahlendes Geräusch und dann ließ er den Stein los, der, als ob nichts geschehen wäre, zurück in seine Ausgangslage fuhr. Doch noch immer war dieses mahlende Geräusch zu hören. Er war ein wenig zurückgeschreckt und stand nun wieder eng bei Isabell, da er etwas Angst bekommen hatte. Das Mahlen zog sich durch den ganzen, kleinen Raum und auf einmal begann der Götze neben ihr zu glühen. Vor wenigen Sekunden noch ein lebloser Stein, glühte das Ding nun feuerrot. Nach nur fünf, oder sechs Sekunden schien es, als ob es gleich zerrissen würde, doch stattdessen erkaltete die Farbe wieder zu einem angenehmen Gelb. Sie sahen wie gebannt auf das Schauspiel, in einiger Entfernung wohlgemerkt. Rociel hatte schon so was wie Ehrfurcht, denn er wusste nicht, was passieren würde. Doch die Statue blieb einige Zeit so gelb, bis dann auf einmal der Prozess fortgeführt wurde. Aus den beiden Augen schoss ein unglaublicher heller, gelber Lichtstrahl, der durch den Gang jagte und genau in die Augen des anderen Götzen traf. In einem Lichtblitz, in dem sie beide ihre Augen schließen mussten, da es einfach zu grell in dieser dunklen Tristesse wurde, entlud sich die Energie, doch ein Knall, oder ein Poltern, darauf warteten sie vergeblich. Es geschah geräuschlos und doch wurden für eine Zehntelsekunde die gesamten Katakomben in Licht getaucht.
Als sie ihre Augen wieder öffneten, da war alles wie zuvor, das Fackellicht schien auf eine steinerne, schimmlige Statue, der Raum war dunkel und stank. Doch dieser Effekt, dieser Mechanismus war nicht umsonst, denn es dauerte wiederum nur einen kurzen Augenblick, da setzte er sich fort, dieses Mal jedoch durch ein unangenehmeres Schauspiel. Sie hörten das Geräusch von brechenden Mauern, als ob jemand auf Stein schlug und ihn aufriss, so als ob man in einer Steinwüste mit Steinen warf. Das Klicken und Klacken, das Bröckeln und Splittern. Stein musste kaputt gegangen sein. Sie warteten, aber nichts passierte mehr, alles blieb ruhig, eine Minute, zwei…
Ich hab da ein ganz übles Gefühl flüsterte der Fürst seiner Schwester zu. Aber lass uns mal schauen, was da eben passiert ist. Er übernahm wieder die Fackel und gemeinsam gingen sie dann den vier Meter langen Gang zurück aus dem quadratischen Raum. Doch seine zweite Hand war nun auf dem Schwertgriff, er fürchtete etwas…
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| 14.03.2004 16:09 | #7 |
| Isabell |
Noch immer hatte sie ein Zucken im linken Auge, der helle Lichtstrahl war so überraschend gewesen, dass sie die Augen nicht rechtzeitig schließen konnte. Doch sehen konnte sie natürlich trotzdem und was sie sah, war überhaupt nicht gut. Sie waren gemeinsam aus dem etwas schmaleren, circa vier Meter langen Gang gekommen, als sie schon die Geräusche hörten. Ein gurgelndes Ächzen, ein polterndes Schreien. Schlurfende Schritte, die sich auf dem Boden bewegten. Sofort blickten sie sich um, jeder nahm eine andere Richtung ins Visier. Die Fackel war ihre einzige Lichtquelle, doch wenigstens hatten sie überhaupt Licht. Aus den beiden zugemauerten Gängen war etwas heraus gebrochen, etwas hatte die steinernen Mauern zerstört. Sie hörten die Geräusche ganz nah bei sich und in ihren Gedanken kreisten verschiedenste Gedanken. Sie kamen näher. Langsam und beständig. Wie viele es waren, das wussten sie nicht. Doch es konnten nicht viele gewesen sein. Gemeinsam standen sie bei der Statue, sie sah ihren Bruder, wie er die Fackel an sie lehnte. Ein paar Feuerflammen bleckten nun an den Stein, doch das schien diesem nichts auszumachen. Sie hatten wenigstens beide ihre Hände frei. Dann verstummten die Geräusche kurz. Stille herrschte. Doch wie aus dem Nichts traten sie heraus. Zwei bleiche Gestalten in menschlicher Größe, sofort klirrten drei Klingen, sie surrten aus den Scheiden und attackierten die vermeintlichen Feinde, diese wichen geschickt aus, konnten jedoch nichts mehr darauf erwidern.
Mit einem gezielten Schlag brachen die Rippen ihres Gegners, im schummrigen Licht lange Zeit nicht auszumachen. Doch schon nur noch mit einem Arm und wackligem Gleichgewicht war das Knochenmännchen nicht bereit aufzugeben, doch ein geschickter Block ließ den Angriff lächerlich wirken, gezielt holten beide Schwerter aus, so wie es auch erst vorgestern geübt wurde, trafen beide an den Schulterplatten ein. Das knochige Gebilde fiel zusammen, ganz viele kleine Knochen lösten sich, auch der Kopf bekam davon etwas ab, die Schultern wurden geradezu durchbrochen, so dass er zu Boden fiel, genau wie die anderen Kleinstteile. Zuerst einmal sah sie zu Rociel, doch auch hier war kurz zuvor ein Poltern zu hören gewesen, nun lehnte ihr Bruder lässig an der Statue, hielt sich das Schwert über die Schulter und spielte mit einer Strähne seines Haares, immer noch kaum zu erkennen, waren schon geringe Distanzen ein Spiel aus Schatten, Schatten und einer Prise Licht. Erst als jeglicher Kampfeslärm verstummt war, sah sie sich um. Knochenmänner? Skelette? Es waren wirklich Skelette gewesen, doch sie hatten keine Waffen bei sich. Nichts. Mit den bloßen Händen wollten sie sie töten. Ein wenig lächerlich, vielleicht erklärte das auch die gespielte Arroganz von Rociel, doch sie konnte sich dem nicht verweigern, ein bisschen zumindest.
Nun lagen die beiden Knochenhaufen auf dem Boden neben der Statue, es schien Ruhe zu walten und sie steckten die kaum beanspruchten Klingen wieder weg.Was meinst du, was war das? fragte sie mit weniger leiser Stimme. Skelette, hehe... Ja schon gut, ich weiß was du meinst. Ich weiß nicht, was es war, aber es war verdammt schwach. Ich dachte, nach dem Anfang könnte man mehr erwarten, so etwas nennt sich Skelett, pah. Aber wir müssen trotzdem vorsichtig bleiben, vielleicht war das erst der Anfang.
Isabell nickte nachdenklich, während sie sich die Fackel schnappte und auf "ihren" Toten leuchtete. Der Schädel sah wirklich grausig aus, davor hatte selbst sie Angst, dabei hatten sie ja ein ähnlich grausiges Stück jeden Tag als Begleiter, aber sie hatte sich daran mehr gewöhnt, als an so einen abgetrennten Schädel, auch wenn er an einem längst toten Körper hing. Doch von diesem Knochenmann ging keine Gefahr mehr aus. Doch die junge Frau interessierte sich auch, woher diese beiden gekommen waren und so suchte sie den Gang auf, den sie vor gar nicht langer Zeit noch vermauert gesehen hatten. Und tatsächlich, als sie dorthin kam, leuchtete ihr die Fackel eine zerstörte Mauer, die einzelnen Steinsplitter lagen noch auf dem Boden. Wenn sie daran dachte, dass sie nur wenige Zentimeter von diesem Skelett entfernt war, ohne Ahnung, da grauste es ihr. Doch nicht mal für solche Überlegungen blieb lange Zeit, denn mit einem Mal erwartete sie eine Überraschung. Der Gang ging nicht lange weiter, sondern gerade mal einen halben Meter nach innen. Diese Erkenntnis, dass diese Mauer nur einen winzig kleinen Hohlraum mit dem Knochendiener verbarg war die eine, doch sie entdeckte noch etwas ganz anderes. An der wirklich letzten Wand war ein Schalter angebracht, nicht versteckt wie der erste, sondern ganz offensichtlich und aus Holz. Sie überlegte nicht lange, sondern betätigte das Ding, sie zog am Holzkeil, der sich daraufhin senkte und einen mechanischen Mechanismus auslöste.
Schon wieder hörte man ein Malmen, das durch die Halle um das Rondell ging, doch dieses Mal passierte nichts, noch nicht. Denn Isabell kombinierte schnell und simpel, wenn nämlich hier ein Schalter war…so musste auf der anderen Seite auch einer sein. Rociel wunderte sich natürlich über die Geräusche, doch da ja nichts passierte wartete er im Dunkeln, oder fast Dunkeln, geduldig. Was hast du da ausgelöst? fragte er nervös, sie verstand seine Aufregung, hatte sie ja schon gemerkt, dass er Schalter nicht sonderlich mochte. Noch habe ich gar nichts ausgelöst, aber warte es mal ab, gleich passiert hier was. Die misstrauischen Blicke und stotternden Fragewörtern nach ihrer Zuversicht in der Stimme zum trotz, huschte sie mitsamt dem Lichtball in den zweiten Gang. Diese Gänge, beide, waren sehr schmal, boten gerade mal Platz für eine Person, doch das war ja nicht entscheidend. Entscheidend war, dass ihre Theorie, ganz zu ihrer Freudenstimmung, korrekt war. Auch hier befand sich, parallel zum ersten Gang, ein Schalter in der Wand, ebenfalls dieselbe Konstruktion. Bis zum Zeitpunkt, an dem sie den hölzernen Keil in der Hand hatte, war sie sich ihrer Sache sicher, doch auf einmal kamen daran kurzzeitig Bedenken. Doch dann gab sie sich und ihrer Hand einen Ruck und drückte den Keil hinunter. Wieder mahlten die Wände und Isabell machte sich auf, schleunigst aus dem schmalen Gang herauszukommen…
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| 14.03.2004 20:23 | #8 |
| Todesfürst |
Was hat sie denn jetzt schon wieder vor? In den Gedanken des Mannes kreiste sich alles, er war ein wenig verwirrt von alldem, was seine Schwester da tat, doch wenigstens schien es zu funktionieren, was sie vorhatte. Eben noch war da dieses Klacken im Raum, jetzt ertönte ein zweites davon. Vermutlich hatte Isabell irgendetwas in Gang gesetzt. Doch dieser Mechanismus schien rasen schnell durch unterirdische Räder zu gehen, noch eben hörte er das Klacken und Knirschen eines Hebels, dann das unruhige Rumoren und schon kurze Momente später klirrte Metall zur Seite. Als das hohle, metallene Geräusch verstummte kam auch seine Schwester aus dem Gang gelaufen, sie wirkte ein wenig gehetzt, doch er wollte sich nicht wirklich auf die Eindrücke verlassen, die er anhand der Gesichtsmimik ausmachte, denn diese war bei diesen katastrophalen Lichtverhältnissen wirklich so gut wie unkenntlich.
Rociel wusste genau, woher das Geräusch gekommen war und sofort nahm er Isabell, obwohl er eigentlich nur die Fackel wollte und schob sie leicht in Richtung dem Gitter, aber sie hatte schon verstanden und ging dann selbst dorthin. Und tatsächlich, das Gitter, das noch vor wenigen Minuten den Weg versperrt hatte, es war nun weg, hatte sich in den Boden gefahren, wo anscheinend winzig kleine Ritzen dafür waren und natürlich auch ein Mechanismus, denn anders wäre es überhaupt nicht möglich gewesen. Wenigstens war dies endlich mal eine positive Nachricht, so konnten sie ihren Weg fortsetzen und hatten nebenbei noch alle sechs Wege überprüft. Du…du hast es geschafft. Super, ich denke, jetzt können wir weiter.
Ganz anders präsentierte sich ihr weiterer Weg. Es wurde viel…anders eben. Zunächst gingen sie die gewohnten Wege entlang, Stein, wie sie ihn schon kannten, feste, große Quader. Der Geruch lag immer in der Luft, nur war er mal intensiver, mal nicht. Wasser hörten sie schon lange nicht mehr, doch der Gang machte auch hier eine Biegung. Sie war schön rund, gar nicht so abgehackt wie die bisherigen Gänge und als die dann das Ende der Biegung erreicht hatten, staunten sie nicht schlecht. Sie kamen auf einem Podest heraus, das durch Metallstäbe abgesichert war und von dem links eine Treppe nach unten führte. Ja sie standen leicht erhöht, das hieß, sie standen circa zehn Meter über der eigentlichen Fläche. Ein riesengroßes Feld, ein Meer aus Gängen und Treppen, aus riesigen Felsbrocken und fließendem Wasser. Sie konnten erstaunlich weit sehen und das lag daran, dass sie überall Fackeln brannten. Die Luft roch nach verbranntem Öl, alle halbe Meter war eine Fackel in die Wand gehauen. Die eisernen Halterungen wie Anker im Stein, darin hunderte Fackelstäbe, die diesem riesigen Areal, das sie lange nicht voll überblicken konnten, da es zahlreiche Nebengänge und weitergehende Gänge hatte, ein Aussehen verlieh.
Sein Mund war für Sekunden aufgerissen, das Staunen nahm seinen Lauf, dann aber schluckte er einmal kräftig und sah rätselnd zu seiner Flammensäule. Es war an der Zeit sie zu löschen. Mit einem Tuch erlosch die Flamme und er steckte den Ast mitsamt dem Feuerstein zurück in den ledernen Beutel. Die Helligkeit war nicht überragend und reichte nicht an echtes Licht heran, zudem gab es duzende Stellen, die immer noch im Dunkeln lagen, doch es war hell genug, dass er seine eigenen Hände erkennen konnte und auch Isabell, die nur wenige Meter von ihm stand. Hinter ihnen befand sich mit Kreide ein Zeichen, eine Bezeichnung für die vergitterte Stelle, die die Gorthaner diesem Gang gegeben hatten, doch es war nur einer von vielen. Sie hatten vor ihren Augen einen großen Teil der richtigen Kanalisation der Riesenstadt, doch wie viele Teile waren versperrt, wie viele unerreichbar? Und vor allem, was hielt sich hier unten alles auf? Das herauszufinden war nun ihr Ziel, doch Rociel fühlte, wie sein Körper langsam nach etwas Ruhe bedurfte und so bat er Isabell um eine Pause. Er wollte nicht schlafen, aber ein wenig ruhen und etwas zu sich nehmen. Ist schon in Ordnung, eine Pause wird uns beiden gut tun.
Sie lehnten sich an die Wand und ließen ihre Blicke über das große Areal schweifen, von dem man nur die oberen Flächen sah. Sie hatten da eine ganze Menge zu tun, nicht mal Gorthar an der Oberfläche konnte man an einem Tag erkunden, wie sollte es da mit einer Kanalisation aussehen? Zum ersten Mal seit ihrer Abreise hatte Rociel die Chance den Inhalt ihres Proviantrucksackes genauer zu untersuchen und er fand darin eine gute Auswahl von Speisen. Er war froh, dass sie endlich mal nicht nur auf die ewigen Fleisch- und Trockenzwiebackkomponenten zurückgreifen mussten. Doch wie auch sonst immer waren es nicht viel Vorräte, da auch irgendwann der Rucksack gefüllt, eine Schmerzgrenze erreicht war und man nie wusste, wie lange ihre Reise dauern würde. An Trank bot sich nur Wasser an, das aber reichlich, war es doch so wichtig. Denn hier unten würden sie kein sauberes Wasser bekommen, so viel stand fest.
Seinen Knochen und seinem Körper tat es gut, dass er mal nicht das Gewicht von gut fünfunddreißig Pfund auf dem Rücken hatte und auch sein Oberkörper wurde entlastet, da die Rüstung im angewinkelten Sitzen nicht sehr schwer war. Alles in allem war er schon ganz zufrieden mit den ersten Schritten hier unten. Sie hatten sich ganz gut an die Bedingungen gewohnt und diese zwei Hampelmänner von eben war er gerne bereit zu vergessen, aber von zu viel Euphorie wollte er nichts wissen, denn es würde schlimmer werden, viel schlimmer. Er war sich sicher, er fühlte es sogar, dass das Amulett, das sie zu finden gedachten, einen Besitzer hatte und alleine durch diese Macht würde es kein schöner Kampf werden. Aber er war zuversichtlich, sie waren stark und sie sollten es schaffen, jawohl, nichts und niemand mehr, die letzten Hürden waren nun gefallen, er würde keine unerwarteten Schicksalspendel mehr zulassen.
Komm, lass uns weitergehen, die Zeit ist gegen uns, diese Kanalisation ist zu groß, als das wir uns lange Pausen leisten könnten.
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| 14.03.2004 21:21 | #9 |
| Isabell |
Ihre Verschnaufpause war kurz, doch gerade für Isabell war es gut, dass sie einige Minuten vom Gewicht des Rucksackes befreit war. Zwar hatte ihr der Priester weniger Kilo eingepackt, dafür umso mehr unhandliches, sperriges Zeug wie die Wasserkrüge und sogar ein Seil! Wofür sie das allerdings hier unten brauchen sollten, das blieb ihr ein Rätsel. Aber vielleicht würden sie ja in Kürze eine Lösung dafür erhalten.
Die Treppe, die als einziger weiterer Weg zur Verfügung stand, war lange, mindestens hundert Stufen ging sie hinab, aber nie führte sie in eine schwarze Unbekannte, sondern immer zu gut einsichtbaren Gängen. Als sie endlich unten angekommen waren, konnten sie die Plattform noch gut erkennen, nur ihre Sicht unten hatte sich drastisch geändert. Von Übersichtlichkeit war keine Spur mehr, stattdessen waren sie wieder auf dem Boden einer vollkommen unübersichtlichen Kanalisation gelandet. Isabell spürte schon seit langem kein Luftzug mehr, kein Wunder, waren sie doch von Wind und Wetter erst mal abgeschnitten und eine reale Chance, dass sich das bald ändern sollte, die gab es auch nicht. Ein wenig sehnte sie sich ja schon nach dem schönen Sternenhimmel, der jetzt bestimmt über der Stadt lag, daran glaubte sie ganz fest. Im Moment schien ihnen keine Gefahr zu drohen und Rociel war bei Erkundungen wie dieser ja sowieso immer hellwach und achtete selbst darauf, wenn eine Maus ein Stück Brot fallen ließ, so wurde sie ein wenig unaufmerksam und schweifte an die Natur da draußen. Bestimmt wäre es jetzt schön gewesen, am Meer zu sitzen, irgendwo ganz weit weg von allen Leuten die nur stören würden, sie hätten das Rauschen des Meeres in den Ohren gehabt und auf einer flachen Klippe ihre Beine im salzigen Meereswasser baumeln lassen. Die letzten, heimkehrenden Möwen hätten wild gekreischt und ihnen etwas zu essen abgerungen, ehe auch sie schwiegen und wieder dem Meer die Oberhoheit übergaben. Der Mond hätte sie angelächelt, mit einem großen breiten Grinsen, als ob er Gute Nacht, ihr Zwei sagen wollte. Vielleicht hätte sie ja noch ein wenig auf der Harfe gespielt, ein sehr, sehr langsames Lied, das die ganze Träge dieser Nacht eingefangen hätte. Links oder rechts Isabell? Wenn sie noch etwas sagen wollten, hätten sie geflüstert, die Worte sanft in das Ohr des Anderen gehaucht, so dass man sich wünschte, das Meer wäre schneller und würde sie einfach wegschnappen, doch eigentlich war sie sicher, dass es nichts mehr zu sagen gegeben hätte. Sie wären nur dagelegen, auf ihrer einsamen Klippe vor den Toren von Gorthar, sie wäre mit Sicherheit an seiner linken Schulter gelegen, denn sein rechter Arm war immer stark belastet und so wollte sie ihm nicht weh tun. Aber andererseits hätte sie daran wohl überhaupt nicht gedacht, in so einer Situation. Und bestimmt hätten sie sich auch gek… Hallo! Schwesterherz? Aufwachen? Wo schwebst du denn schon wieder? Wir sind doch nicht hier, um zu träumen, es ist gefährlich hier unten. Also, links oder rechts? Wie aus einem Traum gerissen, und das war es ja eigentlich auch, schien eine zweite Augenschicht zu sehen und sie sah nur Rociel, wie er nicht auf einer Klippe lag und ihre Arme festhielt, sondern nur mit seinen Armen wild vor ihrem Gesicht rumfuchtelte und auf zwei Dinge zu zeigen schien. Noch immer hatte sie ihre Überlegung bezüglich seiner Schultern im Kopf und so sagte sie nur leise. Links, ganz sicher links. Erst als sie wieder etwas beisammen war erkannte sie, dass ihr Bruder auf zwei Gänge gedeutet hatte, da sie wohl wieder an einer Abzweigung standen. Hm? Auf einmal so sicher? Na ja, du hast hier unten das Glückshändchen, dann gehen wir eben links. Sie wollte etwas darauf erwidern, doch ihr fiel nichts Gescheites ein und so ließ sie ihre Worte im Halse förmlich stecken und ging wieder hinter Rociel her. So was durfte nicht noch einmal passieren, mahnte sie sich streng und hielt die Augen nun selbst wieder offen.
Sie nahmen also den linken Gang und der führte sie nur wieder an unzähligen Verzweigungen vorbei. Meistens führten sie zu Abflussgittern, aus denen richtig übles Wasser herauskam, manchmal aber auch zu Gittern, aus denen gar nichts raus kam, da sie einfach nur einen weiteren Gang versperrten und manchmal waren auch keine Fackeln mehr in der Ferne und so konnten sie nicht sehen, wohin sie führten. Doch der breite Gang, den sie nahmen, er führte noch lange nicht an ein Ziel.
Isabell hatte nach ihrem kurzen Traum ein richtig schlechtes Gewissen und so wollte sie nun besonders gut aufpassen, das spiegelte sich auch in ihrem Gehör, mit dem sie jetzt auf ihre Umgebung achtete. Nachdem der breite Gang eine Biegung gemacht hatte, veränderte sich auch das Geräuschfeld. Sie hörten wieder Wasser fallen, doch sehr laut und nicht leise plätschernd wie seit Betreten dieser riesigen Fläche. Auf einmal blitzen rote Punkte vor ihnen auf, die Augen von vielen Tieren dachte sie sofort. Auch ihr Bruder hatte es gesehen und zückte sofort sein Schwert. Die Punkte kamen näher, erst ein leises, dann ein lautes Quieken war zu hören. Die Punkte näherten sich rasend schnell und dann tauchten sie auf die Ratten. Im ersten Moment schiene es hunderte zu sein, aber es waren nur gut zwei Duzend. Sie schienen ein großes, verständliches Interesse an ihrem Proviant zu haben, doch an den sollten sie nicht kommen. Die Ratten legten ein äußerst aggressives Verhalten an den Tag und griffen sie an, doch ihr Bruder hatte schon drei der kleinen Tiere erlegt, als sie erst in den Kampf eingriff. Die Ratten waren raffiniert, kletterten sie doch wieselflink auch an kleinen Hohlräumen und Simsen entlang, doch das half nichts, denn sie wehrten sich nicht nur mit den Schwertern, auch mit Tritten wurden unliebsame Viecher weggeschleudert. Die Wucht des Trittes überlebten die meisten nicht und da Isabell gegen faustgroße Ratten keine Verteidigungshand brauchte, kämpfte sie mit beiden Schwertern, was das Töten – einen Kampf konnte man das ja nicht nennen – äußerst vorantrieb. Diese kleine Auseinandersetzung war schon nach drei Minuten vorbei, danach zierten viele tote Rattenkörper den Boden vor ihnen, doch schon als Rociel etwas sagen wollte, kam die Verstärkung. Puh, mein schönes Schwert, sieh dir das an, voller Rat…….Iiiiiiieeekkkkkk. Der Schrei ging durch Mark und Bein, aber wohl eher, weil es so laut war. Da näherten sich schon weitere glühende Augenpaare. Sofort brachten sie sich in Position und konnten erkennen, wie fünf weitere Ratten ankamen, doch das schienen wohl dann die Eltern zu sein, jedenfalls waren diese Viecher größer als die Ratten noch eben und zwar deutlich. Sie erreichten die Größe eines Scavengers und die Zähne waren nicht von schlechten Eltern. Das graue Fell war erheblich zerzaust und hatte teilweise tiefe Einschnitte und die schnurrigen Barthaare waren kaum mehr vorhanden. Ihr Ringelschwanz war schmutzig und teilweise verwundet. Isabell dachte nur kurz: Riesenratten.
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| 14.03.2004 22:06 | #10 |
| Todesfürst |
Schon wieder? In seinem Kopf fiel das schöne Kartenhaus zusammen, diese Hektik mochte dem konzentrierten Mann nicht ganz behagen, aber er nahm es gelassen. Riesenratten? Wollte ihn die Kanalisation für dumm verkaufen? Wenn die Kanalisation ein eigenes Ich wäre, dann wäre der Fürst jetzt wirklich enttäuscht gewesen, doch es war ja nur ein Stück Land, ein Stück Untergrund, mehr nicht. Also konnte man davon ausgehen, dass es alles ganz natürlich war. Die Ratten hatten einfach Hunger gehabt. Und sie hatten sie so schändlich getötet, nur weil sie sich nichts wegessen lassen wollten. Und jetzt kamen ja bloß die großen Brüder, um die toten Kameraden zu rächen. Nein, sie waren wirklich Unmenschen. Dabei waren sie ja gar keine Menschen. Ein breites Grinsen huschte über seine Lippen, dann wandte er sich zu seiner Schwester, die zufällig im selben Moment auch herübersah. Während die Rattenaugen größer wurden und ihre Körper sich blitzschnell näherten, lächelte er sie an. Ein schönes Lächeln, das in dieser Zeit nicht mehr normal war und das erst Recht vor einem Kampf unangebracht war, doch er lächelte, einige Sekunden sogar. Doch irgendwann verzog sich das Gesicht dann rasch und änderte sich noch in der Drehung. Da waren sie nämlich, ihre potenziellen Feinde. Rociel hatte keine Angst vor ihnen, doch er hatte zweierlei Arten von Respekt. Einerseits einen ganz sachlichen Respekt und zwar vor ihren spitzen Zähnen, die er besonders deswegen fürchtete, weil sie als Überträger von zahlreichen hochgiftigen Krankheiten dienen konnten und zum anderen hatte er eine Art Respekt, weil sie Tiere waren. Er liebte die Tiere, sicherlich gehörten Ratten nicht unbedingt zu den Lebewesen, die er liebte, aber auch sie besaßen das natürliche Verhältnismuster wie alle Tiere dieser Welt. Sie waren wild und unberechenbar, man konnte nie sicher sagen, was sie tun würden.
Sein Schwert fiel mit ihm in die Drehung und ließ den Biss einer Ratte im Nichts verschwinden, während sie noch nachfasste kam er fast spielend leicht aus der Drehung hervor und seine Klinge machte Bekanntschaft mit dem Kiefer der Ratte. Die vorderen, gefährlichen Beißzähne fielen splitternd ab und blitzschnell setzte seine Klinge nach und durchbohrte den Hals der taumelnden Ratte. Die nächsten kamen sofort, doch inzwischen hatte sich Isabell endlich mal gelöst und kämpfte nun ebenfalls diesen lächerlichen Kampf. Eigentlich wollte er das auch so, doch andererseits war er auch wieder wütend, denn so würde nur wieder mehr zum Putzen bleiben, in Gedanken sah er seine Hand schon wieder bei einem Tuch. Doch noch war der Kampf nicht vorbei, doch entschieden war er trotzdem schon. Sein zweiter Schlag war ein Meisterschlag, gleich zwei der grauen Mistviecher konnte er mit einer schnellen Links-Rechtsbewegung schwer verletzen und anfällig machen. Selbst den Luxus eines Sprunges leistete er sich, über die beiden blutenden Gegner hinüber. Er landete fest auf dem Boden und zuerst fiel das Schwert in den Rücken der ersten Ratte, dann ließ er es gewitzt in die Luft gleiten, vollführte eine Drehung, fing das gute Stück sicher auf und stieß die Klinge nach vorne, wobei ihm Isabell zuvorkam und einige Sekunden später schon für den endgültigen Tod der Ratte gesorgt hatte, da sie wohl mit ihren zwei Graubündeln noch weniger Probleme hatte.
Manchmal, da fühlte er die toten Seelen, wie sie aus den Körpern glitten und neben seinen Ohren und seinem restlichen Körper vorbei, in Richtung Himmel schwebten, so auch heute wieder. Ihm war dieses Gefühl unheimlich, denn besonders spürte er es dann, wenn viele Lebewesen ihr Leben aushauchten, doch er konnte es nie loswerden oder ignorieren.
Nach dem Kampf drehte er noch zwei Mal umher, wobei er das Schwert elegant um die Hände kreisen ließ. Er war noch so in dem Rhythmus des Kampfes, dass er wie bei einer Sinfonie weiterschweben und tanzen wollte, doch er beherrschte sich und blieb dann stehen. Hier! Er warf seiner Schwester einen Tuchfetzen zu, den er aus dem Allesbeutel gekramt hatte, einen für sie, einen für ihn. Gemeinsam rieben sie dann ihre blutigen Klingen sauber, doch sie hatten Glück, dieses Mal war es weniger schlimm ausgefallen, als sonst. Die Ratten hätten sie eben besser mal gemieden, doch hinterher war man immer schlauer, das war eine Erkenntnis für die grauen Tiere, die leider zu spät kam. Dann endlich konnten sie weiter, hatten sie doch noch viel vor sich. Nach diesem Adrenalinstoß wollte er erstrecht weitersehen. Diese Kanalisation schien spannender zu sein, als man unter dem trägen und langweiligen Anstrich erst vermutete. Sag mal Schwester, hab ich dir eigentlich schon erzählt, dass ich Ratten nicht ausstehen kann?...
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| 15.03.2004 18:04 | #11 |
| Isabell |
Viele Gänge waren sie gegangen, mal in der Dunkelheit, mal neben hell leuchtenden Feuerschein vorbei. Doch diese Kanalisation blieb rätselhaft. Immer mal wieder trafen sie auf weitere Ratten, doch diese griffen sie nicht mehr an, sondern flohen geradewegs in die kleinen Nischen, die überall an den Wänden versteckt waren. Mal kleiner, mal größer, mal gab es auch riesige Löcher, da die Mauer eingestürzt war oder zumindest grobe Risse aufwies. Fast war es so, als ob die Ratten wüssten, dass ihnen ein schlechtes Schicksal drohte, wenn sie ihrer guten Nase und dem Hunger nachgaben. Als ob sie noch immer riechen konnten, das Blut ihrer Artgenossen an ihren Schwertern klebte. Zumindest der Geruch mochte noch daran kleben. Die Wasserläufe waren ebenso seltsam wie der Rest dieser Kanalisation, mal liefen kleine Kanäle an ihnen vorbei, gefüllt mit braunem, dreckigen und äußerst übel riechenden Wasser, mal fiel dasselbe Wasser aus dicken Rohren irgendwo in die Tiefe. Doch nur selten sah man das Wasser wirklich hautnah, selbst hören konnte man es eher weniger oft. Doch der Geruch, der sich hier eingelebt hatte, er war fast über die gesamte Anlage zu riechen. Sie fragte sich, wie hier überhaupt Atemluft reinkommen konnte, aber sicherlich gab es Atemlöcher oder offene Schächte. Wenigstens hatte sich ihre Nase an diesen Gestank gewöhnt und nahm ihn jetzt nicht mehr ganz so intensiv war.
Immer wieder kamen sie an versperrten Gittern vorbei, sahen Fackeln und auch Gänge, doch die Monotonie hier unten, die ließ sich beim besten Willen nicht leugnen. Das was sie suchten war jedenfalls noch nicht darunter und fast schien es so, als ob es unmöglich wäre hier unten einen Spiegel zu finden, denn hier war alles so verdreckt, dass ein Spiegel wohl eher unauffällig bleiben würde. Wer sollte die glänzende Oberfläche schon sauber halten? Doch bestimmt waren diese Überlegungen zu simpel, bestimmt steckte dabei mehr dahinter. Jedenfalls war sie noch zuversichtlich. Doch gab es hier unten wahrlich nicht oft Abwechslungen, da dachte Isabell jetzt noch gerne an das Spottlied, dass Rociel noch vor wenigen Minuten gesungen hatte. Nun, es war ein würdevoller Abschluss zu seinem Vortrag über Ratten, eines wusste sie jetzt wieder, was ihr bis dato neu war. Ihr kleiner Bruder hatte Angst vor Ratten. Nur eine weitere Kleinigkeit, die sie verband, zwar hatte sie nicht direkt Angst vor Ratten, doch sie konnte diese kleinen Biester, erstrecht nicht wenn sie größer waren, ausstehen. Sie waren ihr zuwider und das Quieken klang schrecklich. Aber wenigstens war für einige Sekunden mal was los, als er in der stark schallenden Kanalisation die Reime an die Wände schlug und sich keine Ratte mehr an sie traute. Hm, wahrscheinlich meiden die Ratten uns nicht, weil wir den Blutgeruch an uns haben, sondern weil mein Bruder so einen miserablen Sopran hat, dachte sie spöttisch, aber eigentlich hatte ihr das kleine Gedicht ehrlich gefallen. Noch immer hatte sie die Melodie im Ohr, wie er es gesungen hatte und das war lange Zeit das einzige, was passierte.
Die Ratten, die lieben den reichen Fraß
Die Ratten, die leben im kühlen Nass
Die Ratten, die haben die schwarze Pest
Die Ratten, die geben dir den Rest
Die Ratten, die lieben die Dunkelheit
Die Ratten, die leben in unsrer Zeit
Die Ratten, die lieben den ganzen Dreck
Die Ratten, die essen gern Speck
Die Ratten, die singen die Melodie
Die Ratten, die klettern dir bis zum Knie
Die Ratten, die streiten sich um den Rest
Die Ratten,
Die Ratten,
Die Rattennnnnnn haben die Pee-eest.
Doch auch der Untergrund blieb nicht für ewig still und leise, es sollte sich noch einiges tun. Es waren die spitzen Ohren von Rociel, die es zuerst gehört hatten, doch schon rasch hatte auch sie die forsche Männerstimme wahrgenommen. Sie stammte nicht von ihnen, war dunkel und rau und klang sogar weit entfernt, als ob man neben der Person an einem Tisch saß. Ganz klar, hier unten war jemand. Schnell hatten sie die ungefähre Richtung der Personen lokalisiert und näherten sich nun langsam dem Klang. Lange blieb es nicht bei einer Stimme, denn noch andere meldeten sich zu Wort. Je näher sie kamen, desto mehr konnten sie hören und auch verstehen. Sie waren vorsichtig, denn sie wollten nicht entdeckt werden, wer wusste schon, wer sich hier unten – außer Ratten – alles aufhielt.
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| 15.03.2004 20:36 | #12 |
| Todesfürst |
Rociel hatte in diesen Minuten echt einen Mordsstress am Hals, denn nachdem er nach wie vor auf jede Bewegung achtete, damit sie auf keinen Fall irgendetwas „überraschend“ begegneten und alles kontrolliert lief, musste er sich jetzt anscheinend auch mit Menschen auseinandersetzen. Es waren ganz eindeutig menschliche Stimmen und es waren mindestens drei Stimmen verschiedene. Eigentlich waren Menschen das letzte, was er hier unten vermutet hatte, doch andererseits waren sie noch immer nur wenige Meter unter Gorthar, wieso sollten sich hier keine Menschen aufhalten? Die Frage war nur, was wollten diese Menschen hier? Eigentlich ging ihn das ja nichts an, doch einmal aufgeflammt war sein Drang nach Wissen nicht mehr zu löschen. Es war nicht mal die reine Neugierde, denn eigentlich kümmerte ihn nicht, auf wen er da eventuell stoßen würde, es war mehr das Verlangen zu wissen, dass diese Typen ihnen nicht in die Quere kommen konnten. Zum Glück gab es hier überall Mauern und eben dunkle Ecken, auf die keine Fackel schien und so konnten sie sich fast lautlos nähern. Isabell hatte es da viel leichter, wie eine Feder glitt sie über die Steine, während er behäbig versuchte ja auf keine Kieselsteine zu treten. Lautlos kamen sie näher, unbemerkt von den Stimmen. Als sie endlich nah genug waren, konnten sie erste Wortfetzen verstehen, später dann sogar alles. Ein Blick an der Seitenwand entlang verriet ihnen, dass die Typen in einem toten Winkel standen, man konnte es zwar nicht ganz genau sehen, aber er ging davon aus, dass es einer war, so standen sie äußerst ungünstig. Aber in Kontakt wollte er auf keinen Fall mit den Menschen kommen, das Beste war es, zunächst einmal nur zu lauschen und dann immer noch in Ruhe zu entscheiden, was man tun konnte.
Also noch mal von vorne. Timm, Lars und Udo, ihr drei lenkt die Milizen ab. Udo, du bringst das Bier mit, aber in Massen, schließlich sollen die Milizen schön schlafen. Wir beide, Karl und ich, kümmern uns dann um die Taverne. Später stößt ihr beide dann zu uns, aber bis dahin sollte alles gelaufen sein. Zuerst einmal nehmen wir den Wirt in Gewahrsam, er muss es ja nicht unbedingt mitbekommen, was da alles abläuft. Und dann kümmern wir uns um diesen Saukerl. Eine ordentliche Abreibung wird der bekommen. Schnappt der mir doch einfach meine Nichte weg. Aber das soll er mir büßen, nur weil er der Sohn eines Soldaten ist, kann er sich nicht alles erlauben. Der Kerl wird eiskalt abgemurkst. Das ganze übernehme ich, der wird seine Strafe von mir höchstpersönlich bekommen. Und denkt dran, es darf keine Zeugen geben, den Wirt schlagen wir nieder, aber andere Zeugen sollten nicht da sein.
Wenn er dann endlich tot ist, dieser Mistkerl, dann gehen wir alle zu mir und feiern erst mal ne Rund. Spätestens nach zwei Wochen wird man ihn vergessen haben, schließlich sterben täglich Leute in Gorthar. Das Gold bekommt ihr dann bei mir zuhause. Also, habt ihr alles verstanden?
Ein Raunen ging durch die Kanalisation, da sie alle gleichzeitig Jawohl schrieen. Das war ja ein ganz schön heikles Stück, fünf Männer planten da mal eben einen eiskalten Mord an irgendeinem Soldatensohn, weil der sich die Nichte von einem der Männer, vermutlich der Anführer und Auftraggeber, geschnappt hatte. Klang wie irgendeine schlechte Geschichte, aber sie hatten es ja selbst gehört. Nun hörten sie Schritte, schwere Stiefel, die in eine Richtung verschwanden. Sie kauerten sich gegen ihre Wand, der tote Winkel und der Schatten schützten sie, doch anstatt den Gang zu nehmen, der von ihnen wegführte, kamen die Männer direkt den parallelen Weg auf sie zu. Die Situation spitzte sich in dem Moment zu, als einer dieser Idioten – der Typ sah ziemlich kräftig aus – zu ihnen schaute, war es ein Reflex, eine Ahnung oder bloß Zufall? Jedenfalls blickte er ihnen genau ins Gesicht, wobei sie aber ein Feld aus schwarzem Nebel umgab. Der Fürst presste die Hand seiner Schwester enger an die seinige, hatte er doch in diesem Moment wirklich Schweißperlen auf der Stirn. Er fürchtete sich entdeckt zu werden, er wollte nicht gegen diese Pfeifen kämpfen, denn der Einsatz seiner Blankwaffen wäre dabei unvermeidlich gewesen, da er kein guter Faust- und Beinkämpfer war. Doch er wollte keine Waffen gegen Menschen einsetzen, er wollte keine Menschen töten… noch nicht…hahahahahaha….
Der Mann starrte sie mehrere Sekunden an, man mochte meinen, er hatte sie erkannt und fragte sich nun, wie er diesen beiden kauernden Figuren entgegentrat. Wenn er nur ein wenig nachgedacht hätte, wäre ihm wohl der Gedanke gekommen, dass sie ihn und die anderen belauscht hatten und so eine riesige Gefahr darstellten. Doch anscheinend war der Typ blind und ihre Tarnung genau richtig. Grml, diese verdammte Dunkelheit, erst hat sich da noch was bewegt und jetzt ist da nur noch ein schwarzes Loch. Blöde Ratten. Kommt mir bloß nicht zu Nahe. Rociel konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen, doch weiterhin blieb er so still, dass sich selbst sein Atem kaum mehr zeigte. Dann endlich schien der Mann zu gehen, er zündete sich einen Stängel an, eine Erfindung, die er noch in Erinnerung aus dem Sumpf hatte. Das Glühen dieses rauchenden Dinges erfüllte die Luft, dann endlich verschwand er mit einem Kopfschütteln.Noch lange verharrten sie, schweigend in ihrer Ecke, erst nach ein paar Minuten lösten sie sich wieder. Es war totenstill, kein Wort, kein Geräusch, kein Nichts. Der Geruch des Stängels war zu ihnen gedrungen, es roch würzig und mild, aber nicht sehr stark. Rociel fiel ein Stein von Herzen, als sie ein paar Meter weiter in zwei Biegungen wieder verschwunden waren, erst da verspürte er auch die Lust seiner Schwester einen Kuss zu geben. Nur so…
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| 15.03.2004 22:47 | #13 |
| Isabell |
Isabell erwiderte den Kuss und ließ einen weiteren folgen, doch sie wussten sich zu beherrschen und ließen schnell wieder voneinander. Gemeinsam rannten sie dann noch ein kurzes Stück, kreuzten die Wege und versuchten möglichst Sackgassen zu meiden, bis sie sich endlich sicher fühlten und nur noch langsam weitergingen. Das war ja ganz schön interessant gewesen, was diese Männer da vorhatten. Eigentlich hätten sie sie aufhalten müssen, im Sinne dieses möglicherweise unschuldigen Soldatensohnes, einen möglichen Mord zu verhindern wäre sicherlich nicht unehrenhaft gewesen und möglicherweise auch sehr einträglich für ihre Geldbörse, doch sie konnten beim besten Willen nicht in diese Geschicke eingreifen. Das ging sie nichts an, Gorthar war zwar kaum ein paar Meter entfernt, aber doch hatten sie nicht mehr wirklich viel mit der Stadt gemein. Sie waren keine guten Bürger Gorthars, was wohl daran lag, dass sie niemals zu dieser Stadt gehört haben. Wenn sie überhaupt Bürger einer Stadt waren, dann war es bei ihr Drakia und bei ihrem Bruder Khorinis. Aber sie waren ja nicht nur schlechte Stadtbewohner, auch schlechte Menschen.
Isabell grinste ihren Bruder an, doch war es gar nicht an ihn gerichtet. Sie musste nur schmunzelt darüber nachdenken, was sie da gerade gedacht hatte. Menschen? Menschen wie wir? Oder Menschen wie die Anderen? Sicherlich war es eine Entscheidung gegen das moralisch Richtige, aber was kümmerte sie denn die Moral? Was kümmerte sie denn, was mit einem Gorthaner geschah?
Die junge Frau nahm einen Schluck aus dem handlichen Wasserkrug an ihrem Gürtel und verstöpselte ihn wieder. Noch immer waren sie in dieser verdammten Kanalisation, kein Spiegel weit und breit in Sicht und langsam wurde es Zeit für eine weitere Pause, vielleicht auch mal mit ein paar Stunden Schlaf. Doch noch schien es nicht so weit zu sein, sie verließ sich da ganz auf ihren Bruder, der sicher die richtige Zeit finden würde. Eben, als sie in dieser finsteren Ecke gekauert waren, da hatte sie seine Angst richtig gespürt. Sogar sehen und riechen konnte man sie. Nur hören nicht, denn kein Geräusch war da zu hören. Sie spürte so was ganz selten bei ihm, Angst. Ein Gefühl, dass ihnen so fremd war, da alle Ängste verschwunden waren, wenn sie zusammen waren. Die einzige Angst hatte sie vor der Einsamkeit, keine Angst vorm Kampf gegen fremde Menschen oder unbekannte Kreaturen und Geschöpfe. Nicht mal der Tod konnte ihr mehr Angst machen.
Ein weiteres Mal schweifte ihr Blick zu den Mauern, die mit ihren langweiligen Quadern schon so bekannt waren, dass sie es beinahe nicht mehr ertragen konnte. Genau wie der Boden, auf dem ihre Stiefel nun verhallten, im Gleichritt, Ton auf Ton, liefen sie die lange Leiter des dumpfen Klanges auf und ab. Obwohl diese Kanalisation so langweilig war, konnte man ihr immer wieder einige seltene Eindrücke abgewinnen. Wenn man hier länger lebte, dann wäre es sicher nicht schwer sich wohl zu fühlen, aber für sie war das nichts. Immer wieder durch ein Rattenquieken aufgeschreckt, die ständige Angst vor Leuten wie die, die sie eben belauscht hatten, das tropfende Wasser, das sogar von der feuchten Decke in Form von kleinen Tropfen fiel, der zumutende Gestank, oder sollte man eher höflich Geruch sagen? Mal gab es Risse in einer Wand, mal Rohre, mal Gitter und mal Wasser. Mal Schimmelpilz, mal Zeichen, jeder neue Gang besaß so eine Kerbe, die wohl Zahlen symbolisierten. Sie waren alt und schon beinahe abgetragen, doch irgendwie konnte man sie lesen. Das alles war in der Kanalisation Alltag und sie hatten jetzt Stunden nichts mehr anderes gesehen. Diese Suche nach dem Spiegel. Dem magischen Spiegel. Wo konnte dieses verdammte Teil nur sein? Diese Kanalisation war riesig und bestimmt lag so etwas wertvolles nicht einfach so rum, das hätte man doch bestimmt schon längst entdeckt…Wärst du einverstanden, wenn wir bald unser Lager aufschlagen? Ich weiß zwar nicht, ob es jetzt Nacht ist, aber mein Körper sehnt sich nach Ruhe. Isabell nickte. Meiner ja auch, ich habe nur darauf gewartet. Sie lächelten beide, als ob sie sich danach gesehnt hätten und so war es ja auch.
Ein von vielen toten Winken sollte ihr Lager sein, eine Fackel brannte dort milde, bot ihnen die ganze Zeit über Licht. Außerdem war es trocken und das war sehr wichtig. Es war nicht schön hier eine Nacht oder ein paar ruhende Stunden zu verbringen, denn sie hatte ein wenig die Befürchtung, dass noch mehr Leute hier in diesen Kanälen rumtanzen könnten, aber wer ging schon freiwillig in die stinkende Hölle? Außerdem besaß Isabell inzwischen ein großes Vertrauen in die magischen Eigenschaften von Rociels Amulett und so wurde ihre Furcht gemildert. Sie nahmen viel Speis und Trank. Man war das wieder ein lustiges Beispiel dafür, dass Männer einfach nicht essen konnten. Die ganze Zeit spielte Rociel mit dem geschnittenen Apfel, den Rest mal großzügig ausgeblendet. Oft konnten sie hier ja nicht lachen, aber da konnten sie es einmal. Ihre Rüstung hätte sie gerne ausgezogen, aber da Rociel seine auch anließ, machte sie es ihm nach. Wahrscheinlich war es schon richtig so, trotz des Amulettes war es wohl besser einen gewissen Schutz anzubehalten, obwohl dieser auch nicht wirklich viel brachte, wenn man im Schlaf überfallen wurde. Irgendwann war es dann soweit. Sie lehnten sich gemeinsam gegen eine Wand, wobei ihre Köpfe aneinander lagen, wie schon zu Beginn der Zeit ihres Wissens voneinander hielten sie sich die Hände, es tat einfach gut dieses Gefühl von Sicherheit zu spüren. Man konnte es schwer beschreiben, was dieses Händehalten bedeutete, doch es war sehr wichtig für sie.
Ihre Waffen lagen griffbereit neben ihnen, die Fackel gab wenig Geräusche von sich, ihre Augen schlossen sich nach einem letzten Kuss und die ermüdeten Knochen fingen an ihre Arbeit einzustellen. Alles wurde leichter und schwerer zugleich. Der Körper wurde ruhig und der Atem regelmäßiger. Sie glitten gemeinsam ins Reich der Träume, dort, wo sie so selten ankamen, denn meist wurden sie auf ihrem Weg in ein schwarzes Loch gesogen.
Wer träumt, dem wachsen Flügel.
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| 16.03.2004 16:40 | #14 |
| Todesfürst |
Am nächsten Tage des Herrn, Innos höchstpersönlich, ging es unverdrossen weiter. Doch kein Lichtschein der Sonne ward ihnen Gnade zuteil, sondern nur der Schein der Fackel, unter der sie noch eingeschlafen waren. Süße Träume hatte ihm die Nacht beschert, so schön, dass es schwer war aufzuwachen und sich wieder in diesem stinkenden, dunklen Loch wieder zu finden. Doch nach einem kleinen, ausgedehnten Frühstück ging es weiter. Sie hatten keine Zeit zu verlieren und es war selten so, aber hier wollte er wirklich nicht trödeln, denn es war kein schöner Ort, um zu verweilen. Geschultert die Rucksäcke, angelegt die Waffen und schon setzte sich das kleine Duo in Bewegung. Die nächsten Stunden waren die Langeweile pur, absolut nichts zeigte sich in diesen Gängen. Man mochte meinen, dass man im Kreise lief, da jede Ecke, jeder Gang der anderen glich. Sie sahen so gleich aus, alles dasselbe, dieselbe Farbe, derselbe Aufbau, selbst die Steinquader hatten oft dieselbe Größe und über allem hing derselbe Geruch. Es war zum verrückt werden und Rociel hatte Mühe sich seine Verzweiflung nicht anmerken zu lassen. Er dachte an die Worte von seinem Meister, die noch immer durch seinen Kopf zu schweben schienen, wie er wieder so selbstsicher an sie geglaubt hatte. Aber langsam konnte man echt schwergläubig werden, denn von einem Spiegel war in diesen verdammten Gängen nichts zu sehen. Er wünschte sich endlich Ergebnisse, er wollte nicht mehr hier unten sein, die Natur begann über ihnen ihre Flügel auszubreiten, ihre Samenkörner auszustreuen und ihre Knospen zu entfalten und sie saßen hier unten und verpassten den ganzen Frühling. Dort oben roch die Luft wenigstens nach süßen Blüten und bald würde auch der Flieder seinen Duft wieder über das Land schicken. Bienen würden durch die Lüfte ziehen und Vögel würden aus ihren Reisen zurückkehren, das ein oder andere Tier erwachte schon jetzt aus dem ewigen Winterschlaf und der Wald würde wieder grünen. Ja, die schönen Laubbäume setzten wieder Äste voller grüner Blätter an, sie würden den Wald in hundert verschiedene grüne Töne tauchen. Es würde wieder Leben herrschen, es würde wieder wärmer werden und die Natur bot einem viel Angenehmes zum leben. Rociel freute sich mit verzerrter Miene auf das erste Bad an einem schönen Waldsee. Es war sicherlich nicht leicht so etwas in Gorthar zu finden, doch bestimmt gab es das auch. Irgendeinen einsamen See, der – wenigstens für ein paar Stunden – nur ihnen gehören sollte. Keiner der sie stören sollte, nur die Tiere als stille Beobachter, verzaubern sollten die Vögel mit ihren lieblichen, hellen Stimmen den Ort. Das Wasser wäre bestimmt total klar und spiegelte sich auf der Oberfläche und zeigte ihre Gesichter, bis sie in das Wasser eintauchen würden. Um das Ufer einzelne Walderdbeeren und vielleicht noch etwas grünem Moos…
Für kurze Zeit schwebte auch er kurz in einer anderen Welt, zum Glück unbemerkt von Isabell, die einzuschlafen drohte, doch als er an die spiegelnde Oberfläche dachte, unter der kleine Fische schwammen, biss er sich absichtlich auf die Zunge, da er diese Sinnlosigkeit nicht ertragen konnte. Verdammt, wo ist dieser verdammte Spiegel. Zeig dich endlich, du verfluchtes Teil! Seine Gedanken mochten fluchen, doch sein Gesicht blieb beinahe unbewegt, da es nun wieder über die Ecken und Winkel tastete und alles absuchte, das nach einem Spiegel aussehen könnte. Es konnte doch nicht sein, dass sie erst jeden Winkel, jede Zahl die an einem Gang stand, auswendig kennen mussten. Sollten sie etwa mehrere Wochen hier unten umhersuchen? Mal ganz davon abgesehen, dass ihr Proviant nie solange reichen würde, würde er das garantiert niemals aushalten und Isabell musste es einfach ähnlich gehen. Man musste kein Prophet sein, um dies sehen zu können. Noch heute wollte er dieses Ding finden, doch die Chancen dazu standen schlecht.
Als sie in einen weiteren Gang einbogen, hörten sie nach langer Zeit einmal wieder ein Geräusch. Er hörte es erst sehr spät, da er nicht mehr ganz so aufmerksam war und seine ganze Konzentration dieses Mal auf die sonst so nutzlosen Augen gerichtet hatte. Er hatte da eine starke Trennung zwischen den Sinnen, denn sein Gehör war ihm meistens wichtiger, als die Augen, zumindest war es unbestritten, dass man mit Augen weniger hier unten anfangen konnte. Doch egal, jedenfalls wurden sie mit diesem neuen Geräusch konfrontiert und blieben kurz stehen. Hörst du das auch?, fragte er flüsternd zu Isabell. Ja, hört sich irgendwie nach einem Schmatzen an… Dann war es auf einmal still, urplötzlich und ohne irgendeinen äußeren, erkennbaren Grund. Und jetzt ist es auf einmal weg. Irgendwie war diese Erkenntnis unnötig, denn das konnte Isabell wohl selber hören, doch diese plötzliche Stille machte ihn misstrauisch. Instinktiv umklammerte er seinen Schwertgriff und ging ein paar Schritte in die Dunkelheit hinein, es lag wieder mal in einem Gang mit vielen toten und stockdunklen Winkeln.
Auf einmal spürte er einen Luftzug in dem Gang, einen ungewöhnlichen Luftzug, der sicher nicht vom großen Wind ausging, denn er war auch nur kurz und drang nicht durch eine Ritze. Es klang, als ob Holz aus Holz gezogen würde, er hatte dieses Geräusch in den letzten Tagen bei ihren Trainingsübungen oft gehört. Irgendetwas war da, nur was…
Rociel ging genau im richtigen Moment zurück in den größeren Lichtschein, als eine Keule neben ihm vorbeiging, sofort war er bereit und auch die Schwerter von Isabell tanzten den Tanz mit. Die Gegner machten sich keine großen Mühen im Verborgenen zu bleiben, sie kamen sofort aus der Dunkelheit heraus. Es waren kleine, garstige Kobolde, die nur aus Knochen bestanden. Er hatte so was noch nie gesehen, doch für die nähere Betrachtung blieb nicht viel Zeit, denn ihre Keulen, die mit Nägeln zersetzt waren, kamen bedrohlich nahe, obwohl sie keine sehr große Schlagweite hatten. Ein kurzes Kichern kam aus seinen Munde, als er wieder in Kampfeslust verfiel, spielend zerriss es die Keule eines dieser Kobolde, die einen seltsamen Ton von sich gaben und sein Körper konnte dem Druck einer wirbelnden Klinge zwischen den Rippen nicht aushalten und zerfiel. Doch noch nahm die Verstärkung keinen Abriss, so hieß es weiterhin ernst zu bleiben und nicht in den Leichtsinn zu verfallen. Nachdem der erste Gegner "gesprengt" war, die Knochen riss es weit auseinander, orientierte er sich zu Isabell, an dessen Seite er jetzt weiterkämpfte.
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| 16.03.2004 18:28 | #15 |
| Isabell |
Diese kleinen Mistviecher waren ganz schön schnell und vor allem, ganz schön nervig. Isabell wollte jedenfalls keine Bekanntschaft mit ihren bespickten Keulen machen, denn das würde mit Sicherheit ganz schön weh tun, deshalb hielt sie die Viecher am Anfang erst mal auf Abstand, in dem sie beide Schwerter zur Verteidigung gegen diese blitzschnellen Knochenwesen einsetzte. Doch als Rociel an ihre Seite kam, da war die Deckung so gut wie gedeckt, denn wenn ihr Bruder und sie kämpften, dann hatte das meistens einen ziemlich genauen Ablauf, denn sie mit der Zeit kennen gelernt hatte, aber der noch bestimmt ab und zu eine Überraschung erleben würde. Jedenfalls war Rociel ein sehr taktischer Kämpfer, dem sie es sogar zutraute, dass er während eines Kampfes ganze Feldpläne mit Zügen und Schlagkombinationen durchging. Dabei blieb er allerdings immer für eine spontane Überraschung gut, die aber sowieso zu seinen Plänen gehörte. Sie kämpfte allerdings lieber nach ganz anderen Methoden, nämlich wild und aggressiv. Deswegen war sie sicher weder besser noch schlechter, aber eben anders, doch gerade jetzt, wo es nicht ganz so wild war, blieb ihr die Zeit das zu bemerken und nachdem Rociel zu ihr getreten war, konnte sie viel leichter angreifen.
Sofort fiel einer ihrer Krummsäbel gegen die Schädeldecke, oder zumindest das was man noch als Schädeldecke bezeichnen konnte. Der Kopf baumelte daraufhin und der Körper gab wieder krachend nach. Sie fragte sich, welche Bezeichnung diese Knochenmännchen hatten, oder ob es dafür überhaupt eine Bezeichnung gab, jedenfalls waren sie äußerst schnell aber unbeholfen in ihren Schlägen. Auch diese Nagelkeulen waren nicht wirklich gefährlich, wenn man sie nicht nah genug ranließ. Jedenfalls war es nicht die Gefahr, die sie erst noch erwartet hatten, nachdem diese Wesen so schnell und plötzlich aus einem schwarzen Loch gestürmt waren.
Ein weiteres Mal donnerte eines ihrer Schwerter gegen den losen Oberkörper eines dieser Viecher und ließ den Körper vollends bersten, dann flog ein Stück einer Keule heran und traf einen ihrer Gegner direkt in den Rippen, der Knochige taumelte und hatte so keine Chance auf eine Abwehr ihres Schlages in den Halsbereich. Sie sah ungläubig zu Rociel, der ihren Blick wohl erwartet hatte und zwinkerte, ehe er einem weiteren Knochentänzer die Beine vom Körper wegriss und dem Ding den Rest gab. Scheinbar war er für dieses fliegende Stück Holz verantwortlich. Das war mal wieder typisch für ihren Bruder. Doch egal wo sie diese kleinen Viecher trafen, wirkliche Treffer waren selten geplant. Die rein aus Knochen bestehenden, Wesen reichten ihnen gerade mal bis zum Knie und so war es schwer da gezielte Treffer anzubringen. Doch der Kampf dauerte nicht mehr lange an, eines nach dem Anderen fiel in dem circa drei Meter breiten Gang, sie hatten keine Chance den wirbelnden Schwertstreichen auszuweichen, immer mehr Knochen barsten und stapelten sich in dem Gang. Doch dann endlich hörte der Nachschub auf, drei Stück von den Mistviechern hatte sie erlegt, Rociel mindestens auch, da kam das letzte heraus gekrochen und gemeinsam schlugen sie mit drei Schwertern in Stichform durch den Knochenkörper, was diesen auch zur Aufgabe seines wohl mehr oder minder tollen Lebens zwang. Dann war der Spuk vorbei und Ruhe kehrte ein.
Verdammt, was war das? Kennst du diese Viecher, haben sie einen Namen? Ein ganzes Meer aus Fragen brandete auf ihren Bruder ein, doch dieser schien genauso ratlos wie sie auch. Nein, aber es waren sicherlich keine Tiere. Aber auch keine Menschen. Tja, du weißt, was das heißt. Am Anfang kam sie nicht drauf, aber dann dämmerte es. Beliars Kreaturen? Er nickte nur kurz, ehe er sein Schwert mit einem Tuch von möglichen Verunreinigungen säuberte. Das hielt sie nicht für nötig und ließ die Tharek’Ils so in die Scheiden zurückfahren. Lass uns mal nachsehen, von wo die kamen. Hoffentlich sind da nicht noch mehr. Sie atmete kurz auf und marschierte geradeaus weiter, während Rociel langsam nachkam. Na ja, hat doch Spaß gemacht. Na ja, Spaß nicht direkt, aber es war mal eine Abwechslung gegenüber dieser Langeweile hier unten. Alles was wir finden sind seltsame Wesen und den Müll einer Kanalisation, aber keinen Spiegel, verdammt.
Isabell schritt weiter und bemerkte einen fauligen Geruch in der Luft, der immer stärker wurde, je näher sie kamen. Ob es Glück oder Pech war, dass über dem Ort des Geschehens mal wieder eine Fackel auftauchte sei dahingestellt, jedenfalls konnte sie es sehen. Der Grund für das Schmatzen. An der Wand standen zwei Fässer und ein paar Balken Holz, doch auf diesen Balken lagen zwei tote Ratten, die Großen, total ausgeweidet. Die Innereien lagen teilweise auf dem Boden und das Blut floss in Strömen und wirkte nicht besonders alt. Eher frisch gezapft. Langsam wurde ihr der Anblick zu widerwärtig, die ausgerissenen Augen, die gebrochenen Zähne. Die Viecher waren gerade dabei die Ratte abzuhäuten. Und über allem dieser bestialische Gestank, der nun wirklich nichts mehr mit irgendeiner Kanalisation zu tun hatte, sondern schlimmste Geruchsbelästigung und ein Verbrechen gegen ihre schöne Nase war. Uuuaaargghhhh, ist das ekelhaft. Jetzt bin ich froh, dass wir diese kranken Knochendinger erledigt haben. So was kann sich echt nur Beliar selbst ausdenken, du hast Recht. Komm Bruder, lass uns schnell verschwinden, hier ist garantiert kein Spiegel.
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| 16.03.2004 20:06 | #16 |
| Todesfürst |
Zu einem winzigen Grinsen hatte sich seine Mimik gebracht, wie in einem Schneesturm stehend nahm er dieses Bild war. Ein wirklich schöner Hintergrund, wenn man eine Ode an den Tod richten wollte. Es berührte ihn eigentlich kaum, er hatte diese Rattenmistviecher nie leiden können und so war der Tod von ihnen nicht sonderlich bewegend für ihn, höchstens ihr Zustand, oder sollte man sagen, ihr Aussehen, war nicht gerade appetitlich. Essen wollte er in dieser Gesellschaft wahrlich nicht. Komischerweise spürte er einen sanften Druck in der Magengegend und ein Aufstoßen von bitterer Gallenflüssigkeit, was ihn aber nur zu einem Lächeln und dem Ausspuken jener brachte. Ganz verroht bin ich also doch noch nicht, dachte er leise in sich hinein. In der Tat, vor ein paar Jahren hätte ihn dieser Anblick wohl sehr mitgenommen, auch wenn es nur Ratten waren, schien der Anblick unglaublich grausam zu sein, doch es ließ ihn einfach kalt. Frostig kalt. Eiskalt.
Mit eiligen Schritten versuchte er seiner Schwester zu folgen und wieder Anschluss zu finden, war sie doch schon sehr weit gegangen. Sein Grinsen, sein Lächeln, sie waren einmal, so schnell konnte es sich ändern. Er war wieder in die Suche vertieft, nach diesem einen verdammten Spiegel. Er hatte überhaupt keine Vorstellung, wie groß dieser Spiegel war, doch normale Spiegelwerke waren nicht sonderlich groß. Vielleicht einen Meter hoch, vielleicht auch zwei. Er wusste es nicht wirklich. Die Kanalisation hatte währenddessen ein wenig ihr Gesicht verändert, besaß nun mehr Details in ihrer Trostlosigkeit. Mit Kisten und Fässern in die Bedeutungslosigkeit. So stellte er sich die Eindrücke vor, die er vernahm. Hier musste irgendwann mal etwas gelagert sein, vielleicht war es der Nachschub für irgendetwas. Doch selbst wenn sie neugierig auf den Inhalt von Kisten und Fässern gewesen wären, es war nicht nötig. Denn sie waren alle gesprungen, das Holz war angenagt und gesplittert, große Löcher prangerten da. Einen Inhalt gab es nicht, außer eventuell das eine oder andere Rattennest. So blieb es einfach bei der Feststellung, dass sie jetzt neben kargen Wänden, Schimmelpilz, Fackeln, Wasser, Gestank, Ratten, Idioten, Feinden und sogar Rissen einige geberstete Fässer und Kisten hatten. Und dann waren da ja noch die Gitter, Rohre und neuerdings auch einige, sehr lange, hölzerne, natürlich morsche, Querbalken. Oder waren es Längsbalken? Eigentlich war es ihm egal, nur war das, was sie hier so hatten, nicht unbedingt eine Fülle von Dingen. Er brauchte nur eine einzige Minute in den Wald gehen, egal zu welcher Jahreszeit, und er hatte überall wunderbare Eindrücke, an denen er Tage zehren konnte. Der einzige Lichtblick hier unten war seine Schwester, sie war das einzige, was es sich lohnte anzusehen, weswegen er auch leicht versetzt zu ihr lief, wovon sie aber nichts mitbekam. Eine Zweitbeschäftigung war, neben dem obligatorischen „Such-den-Spiegel“ Schauen, eines seiner Lieblingsbeschäftigungen, von denen er komischerweise gar keine Ahnung hatte. Er versuchte die Holzart, dieser Fässer, Kisten und Quer- oder Längsbalken zu bestimmen. Eigentlich kannte er sehr viele Holzarten, nur hatte er nicht wirklich Ahnung, wie man diese auch bestimmen konnte. So blieb es beim heiteren Raten und nebenbei dachte er wieder an den Wald, wo all diese schönen Bäume wuchsen. Zum Glück betrieb er diese sinnlose Beschäftigung nur für sich, denn es wäre ihm schon peinlich gewesen, wenn jemand von diesem Schwachsinn Wind bekommen hätte, selbst Isabell nicht, aber jeder hatte eben seine Macken.
Doch den Luxus konnte sich der junge Fürst auch leisen, denn viel zu sehen gab es nicht mehr seit dem Angriff der Killer-Krieger, wie er diese Knochenwesen bezeichnete. Vielleicht sollte er Priester Tolban nach ihnen befragen, er wusste bestimmt, was das war. Jedenfalls fühlte er sich nicht schlecht, diese Viecher, mit Hilfe seiner Schwester, erledigt zu haben. Es waren ganz bestimmt irgendwelche Wesen, die Beliar geschickt hatte, denn es gab keine Wesen unter Innos Gnade, die nur aus Knochen bestanden. Das war ein Markenzeichen des Feindes.
Doch so viele Gedanken machte er sich auch nicht mehr darüber. Die Konflikte zwischen ihm und Beliar, bzw. seinen Anhängern waren lange vorbei. Es spielte keine Rolle mehr. Es gab auch keinen Grund mehr, denn ihre Positionen waren klar festgelegt. Kurzzeitig war er einmal ins Wanken geraten, verführt vom eigenen Geist, doch das war ein Fehler, den er bereut hatte, gebüßt und gesühnt. Es gab keinen Grund mehr darüber zu diskutieren. So schritten sie weiter, immer noch auf der Suche nach dem offenkundigen Begin ihres Abenteuers, gesegnet mit Langeweile und ewig gleichen Farbenspielen. Wieso konnte man den Spiegel nicht im Schlaf finden. Was rede ich da eigentlich, langsam werd ich ja verrückt…
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| 16.03.2004 21:34 | #17 |
| Isabell |
Trotz all den seltsamen Vorkommnissen in den letzten Momenten war es doch ein alles andere als aufregender Tag gewesen und die junge Frau fragte sich nicht zum ersten Mal, ob ihre Suche überhaupt eine Aussicht auf Erfolg hatte. Doch sie wollte den Worten des Priesters glauben, der sie sicher nicht einfach so, ohne gewisse Ahnungen hierher geschickt hatte. Allerdings war es mittlerweile wirklich einmal an der Zeit, denn ihre blieb nicht stehen, genauso wenig wie ihre Geduld allmählich sank. Die Motivation war einfach nicht mehr so da. Sicherlich war diese ganze Kanalisation motivationsarm und würde nie so schön sein, wie die freie Natur, doch die Öde war wirklich mittlerweile grenzenlos. Die paar Widersacher, auf die sie bis jetzt gestoßen waren, wirkten so unnormal normal. Man kannte sie nicht, aber sie schienen dennoch in diese Welt hier unter Tage gut zu passen. Da hatte ihr diese Kammer, in der sie anfangs festsaßen, noch am besten gefallen. Am liebsten wäre es ihr allerdings gewesen, wenn sie die Suche hätten oben weiterführen können. Irgendwie eben, nur weg von diesen Gängen. Es stank ihr einfach gewaltig, dazu war ja zumindest der Geruch passend, der es mit dem stinken immer wieder allzu deutlich meinte, aber selbst das war kein wirklicher Ersatz für die verschenkte Zeit. Aber da mussten sie durch, irgendwie, solange Rociel seinen Mut nicht verlor, solange wollte sie das auch nicht und weiterhin an seiner Seite weitersuchen. Mit einem kleinen Lächeln, das an sie selber gerichtet war, machte sich Isabell wieder Mut und begann mit einer neuen Ablenkung. Sie dachte sich ein paar Worte der Dichtkunst aus. Als sie die Fetzen und Wörter in ihrem Kopf einigermaßen klar geordnet hatte, sprach sie das aus, was noch eben in ihrem Hirne kreiste.
Allein, Allein, Allein
Der Dunkelheit kein Schein
Unter der Erde sollen sie sein
Hier unten im unteren Grund
So dunkelt, ein finsterer Schlund
Drum halte ich besser den Mund
Sie stockte plötzlich und ließ ab von den anderen Worten. Irgendwie gefiel ihr das Stück nicht mehr. Lange Zeit herrschte ein großes Schweigen, selbst ihre Stiefel klackten nicht mehr, da sie stehen geblieben waren. Rociel sagte lange kein Wort, als ob er nichts gehört hatte, aber das hatte er bestimmt. Isabell lehnte sich gegen eine karge Wand, rau und ohne Pracht. Nicht weit von ihnen entfernt schenkte eine der vielen Fackeln einen hellen Schein, erhellte ihre Gesichter. Noch immer tanzte das Licht auf den Konturen, kein ausgeglichener Lichteinfall. Sie mochte in Ruhe in sich kehren und tat das auch. Rociel stand gedankenverloren daneben und hatte ihr den Rücken zugedreht. Es war schön und unheimlich zugleich, denn hier versiegten auch die letzten Töne von Wasser und Ratten. Eine eiserne, in sich gekehrte Ruhe. So schön…
Deine Gedanken kreisen so rund
Warum tust du hier nicht kund?
Willst mir doch etwas sagen
Soll ich die Worte jagen?
Oh Schwester, schenk mir doch ein Lied
Die Melodie soll spüren jedes Glied
Möchte dir erzählen zu deiner Freud
Die Geschichte einer jungen Jungfernbräut.
Isabell sah ihn mit großen Augen an? Ein Lied sollte sie spielen? Hier unten? Zuerst zweifelte sie, aber nachdem ihr Bruder sie mit einigen Küssen überzeugen konnte, legte sie die Harfe in ihre Hand und versuchte ein Lied zu spielen, dass hier unten nicht ganz so schaurig klang, wie die meisten Lieder wohl klingen würden. Für sie war eine Harfe immer vom Wind abhängig, von den lauschenden Bäumen oder den begleitenden Meereswellen, in einer beinahe toten Kanalisation zu spielen, das war für sie fast undenkbar, aber er hatte es ja so gewollt, also erklangen bald helle, ruhige, schnelle und langsame Töne des klimpernden Instrumentes durch den Gang, auf dem sie ihre so monotone Reise gestoppt hatten. Schon nach den ersten Klängen ging es ihr besser, die Musik gab ihr soviel zurück von dem, was sie in letzter Zeit verloren hatte. Es war so viel mehr als nur Töne, die ihre Ohren vernahmen, es waren Ideen, Bilder, Phantasien und Erinnerungen. Und ihr Bruder hielt sein Wort, er erzählte ihr die Geschichte, die er angekündigt hatte.
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| 17.03.2004 15:53 | #18 |
| Todesfürst |
......
Die Jungfrau – I
In einer einsamen, stillen Nacht
Da hat sie ihn einfach umgebracht
Vergiftet mit einem grünen Trank
Schenkte sie ihm als letzten Dank…
Sie stahl sein Gold und auch das Schwert
Für den Tod des Mannes, das war es ihr wert
Sie floh von dannen in den Wald
Dort war es düster und auch kalt…
Die Jungfrau blieb nicht lang allein
Bald stand sie schon an einem Schrein
Dem Walde geweiht aus Blättern und Laub
Geheilt wurden Leute, ob stumm oder taub…
Sie weinte ganz laut, sie sollte bitten
Hatte sich mit den Göttern zerstritten
Gesehen die Buße, geglaubt die Sühn
So ward sie belohnt für ihre Müh’n
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada,
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada.
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| 17.03.2004 17:09 | #19 |
| Isabell |
Mit großen Augen hatte sie ihre Melodie vorgespielt und war fast gewillt dem Künstler ein wenig Gold zum Lohn zu geben, wenn es nicht ihr eigener Bruder wäre. Das Lied war schön, mit der Zeit hatte die Harfe auch einen schönen Ton bekommen, die schlechten Umstände hier unten waren bald vergessen. Doch ein Kuss war ein schöner Ersatz, so fand sie. In der Tat hatte Rociel Recht gehabt, das Lied war wirklich erheiternd und die schlechte Laune war für ein paar Momente verschwunden, während die Wörter und Verse, die Strophen und länge ertönten, lag die Kanalisation still und starr, wie ein zugefrorener See im tiefsten Winter. Wer jemals an so einem See gestanden hatte, der wusste wie leise es dort war. Da war alles erfroren unter einer dicken Schicht aus weißem Eis und Schnee, kaum mehr Tiere waren zu hören und selbst der Wind war so langsam, dass man meinen wollte, dass ihn die kalte Luft lähmte. Hast du die Verse irgendwo aufgeschrieben, oder sind die gerade erst neu erdacht worden? Ihr Bruder schüttelte den Kopf. Nein, die hab ich mir einfach kurz ausgedacht. Es war ja auch nicht so lang, dass man es sich nicht merken könnte. Hat es dir denn wenigstens ein bisschen gefallen? Isabell lächelte und runzelte die Stirn, das war wieder typisch für diesen Vielfraß, er konnte einfach nicht genug bekommen. Ein zweiter Kuss folgte auf den ersten, ehe sie ihm mit einem breiten Lächeln eine Antwort schenkte. Natürlich hat es mir gefallen du Idiot. Ich hoffe doch, du hast davon noch mehr auf Lager. Auf jeden Fall solltest du diese ersten Worte mal aufschreiben. Du vergisst sie doch bestimmt, dafür kenn ich dich zu gut. So was merkst du dir doch nie! Ihr Bruder holte Pergament und einen schwarzen Stift heraus und schrieb die Worte auf. Ich hab meine Gedanken eben die ganze Zeit bei dir, da kann ich mir keine losen Worte merken, die durch die Lüfte in meinem Kopfe schwirren. Aber in einer Kanalisation hab ich noch nie etwas geschrieben, liegt wohl daran, dass ich zum ersten Mal in einer bin. Aber wenn ich so viel Erfolg habe, dann werde ich mich hier wohl häuslich machen, morgens bis abends arbeite ich hier unten an einem Schreibtisch und abends komm ich dann hoch zum Abendessen und Schlafen. Ich glaube, so stehen mir alle Tore offen, bald werden sie mich zu Hofe laden. Isabell lachte und das war auch gut so, war hier unten doch schon so lange nicht mehr herzlich gelacht worden, überhaupt, sie sorgten für richtiges Leben in den Gängen. Der Nachteil war natürlich, dass man das Lachen auch über weite Strecken hören konnte… Oh man, was du dir immer zusammen spinnst. Ich frag mich, woher du diesen ganzen Blödsinn nimmst, hihihi. Danach legte er den Stift und sein Pergamentblatt zur Seite, dessen Titel Die Jungfrau – I hieß und einen weiteren Teil in Aussicht stellte. Kurze Zeit umarmten sie sich und ließen ihre Köpfe eng aneinander baumeln, aber dann flüsterte er ihr ins Ohr. Komm, wir müssen weiter. Isabell seufzte, eigentlich wollte sie nicht weg, war es doch im Moment so schön und ein weiteres Suchen würde nur wieder so uninteressant, aber ihr Bruder war hart und unnachgiebig. So legte sie ihre Harfe wieder zurück in den Rucksack und machte sich bereit weiterzugehen.
Ihr Weg führte sie schnell in einen weiteren Gang, der nur wieder in einem zweiten Gang führte. Die Gänge waren nicht oft verzweigt, hatten aber unzählige Nebengänge und Abbiegungen. Die Gitter sahen sie von der Seite an, feste Eisenwindungen, aber meistens doch nur altes Eisen, das man mühelos hätte zertrümmern können, doch gebracht hätte es gar nichts. Isabell war wieder viel motivierter und musste dafür nicht mal die ganze Zeit an ihre kleine Pause denken, jetzt war wieder das Jagdfieber in ihr ausgebrochen, sie wollten nun endlich diesen Spiegel finden, koste es was es wolle, es galt keine Zeit zu verschwenden. Nach einiger Zeit kamen sie wieder nach langer Zeit an eine Abzweigung, wo sogar drei Gänge zu ihrem Leitwesen fortführten. Nun hatten sie die Wahl. Doch diese war stark eingeschränkt, denn es galt zwischen drei verschiedenen Möglichkeiten zu entscheiden, von denen möglicherweise eine die richtige, die wichtige war, möglicherweise aber auch alle drei auf dasselbe hinausliefen. Die Entscheidung dauerte ein wenig. Ihr Bruder sah nachdenklich aus, hielt sich den linken Zeigefinger an das Kinn und tippte darauf. Eigentlich wusste sie gar nicht, wie sie dabei nachdenken sollte, denn es gab nichts, aber wirklich gar nichts, nicht mal den Hauch eines Nichts, den sie als logischen Ansatz hätten verwenden könnten. Also konnte man es als Glücksspiel sehen, eine Chance von eins zu drei. Ihr werdet an der richtigen Stelle einsteigen… Ein Murmeln drang aus dem halbgeschlossenen Munde ihres Bruders, komische Silben, die zu einem Grummeln verworfen wurden.
I: Was meinst du?
R: Ich dachte nur gerade an die Worte von Meister Tolban. Wir werden an der richtigen Stelle einsteigen, hatte er gesagt. Ich bin mir unschlüssig, ob wir nicht was übersehen haben. Und auch diese drei Gänge hier. Sie sehen aus, wie ein Rätsel. Sie mögen unscheinbar sein und doch könnte es mehr als nur eine einfache Wahl zwischen drei Wegen sein. Du siehst sie doch auch. Lass uns mal ein paar Schritte zurückgehen…
I: Und jetzt?
R: Eins, links von uns, zwei, in der Mitte, drei, rechts von uns. In Ordnung?I: Ja!
R: Also, die drei die scheidet aus. Es gibt nichts, was wir mit der drei verbinden oder?
I: Hm, ich weiß nicht…ich denke nicht.
R: Hm, bleiben noch die Mitte oder der linke Gang. Wir müssen uns an den Zahlen orientieren. Mit was verbinden wir uns? Ist es die eins, weil wir beide das eine suchen, weil wir beide das eine sind, von einem Blut abstammen, eins geworden sind, eins für den Sieg, den Sieger, die Siegerin steht? Der Erste ist immer der Mächtigste, der Stärkste, der Klügste, der Schönste, der Schnellste. Aber ist es wirklich die Eins? Ich meine nicht…
Die goldene Mitte ist meine Wahl.
I: Wir sind zu zweit. Unsere Körper sind zwei. Unsere Liebe ist zu zweit. Wir leben zu zweit. Und ist es Zufall, dass du bereits zwei Amulette hast?R: Heißt das, du bist auch der Meinung, wir sollten den mittleren Gang nehmen? I: Ich glaube das, an was du glaubst. Und wenn du der Meinung bist, dass diese Gänge für die drei Zahlen stehen, dann wird es die Zwei sein, da bin ich mir sicher.
R: Dann lass uns den mittleren Gang nehmen. Ich denke das ist es, was Meister Tolban gemeint hat, wir müssen uns auf unsere Gefühle verlassen und keiner Logik nachgehen.
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| 17.03.2004 19:10 | #20 |
| Todesfürst |
Und so war ihre Entscheidung also gefallen. Sie wollten den mittleren Gang nehmen. Er hatte es im Gefühl, dass dies eine richtige Entscheidung darstellen würde, ganz bestimmt sogar. Es konnte gar nicht anders sein. Wenn sie sich auf ihre Gefühle verließen, dann kam das Richtige dabei heraus, da war er sich sicher. Doch in den ersten Minuten tat sich nichts sonderliches, er notierte sich nur in seinem Gedächtnis: Selbe Steinquader wie zuvor. Kein anderer Geruch, immer noch unangenehm, eine Ratte huschte vorbei, Wände haben auffallend viele Risse, Fackeln regelmäßig, alle fünf Meter, keine Veränderung des Bodes, scheint nicht hohl zu sein, Weg lange geradeaus, dann eine Links- und eine Rechtskurve. Beide waren quadratisch. Scheinen jetzt auf demselben Gang zu sein wie zuvor zu sein, nur mit Umwegen. Stimmung erwartungsfroh. Und eben auf jenem gradlinigen Gang waren sie jetzt. Er war extrem eng, man konnte es direkt sehen und nicht nur denken. Auf zwei schmale Meter war die Breite in dem immer noch fünf Meter hohen Gang gesunken. Sie passten gut nebeneinander, aber neben ihnen war nur noch wenig Luft. Die Fackeln hatten so eine viel intensivere Wirkung. Auf einmal schreckten sie beide auf, denn sie vernahmen etwas äußerst ungewöhnliches. Das hieß, so ungewöhnlich war es gar nicht. Knochen! Da lagen ein paar Knochen in einer Ecke, zwischen ihnen lag ein Schwert und ein paar rostige Behälter. Glassplitter lagen daneben und sonst war da nichts. Das Skelett schien aber nicht mehr ganz zu sein, zumindest war kein Kopf zu erkennen und so wirklich menschlich wirkte auch der Rest nicht. Sie ließen es einfach liegen - was sollten sie schon mit einem Skelett anfangen - und gingen weiter. Der Gang schien immer enger zu werden, doch dieses Mal täuschte sich seine Wahrnehmung, die zwei Meter wurden konstant gehalten, bis sie dann an eine Abbiegung kamen. Die Abbiegung ging ganze zwei Schritte, dann war Schluss. Sie standen vor einer Wand. Eine Sackgasse? Hatten sie tatsächlich den falschen Weg gewählt?
Nein, denn dieses Mal machten es sich bestimmte Personen einfach zu leicht. Isabell deutete auf die Stelle in der Mauer und er nickte, hatte er es doch auch schon gesehen. Da gab es doch eine Mauer, die so gar nicht wie eine Mauer aussah. Der Mörtel sah noch richtig frisch aus, doch das war eine Täuschung, sah er doch schon Jahrzehnte so aus. Doch er war viel zu dünn benutzt worden. Außerdem fiel noch etwas Weiteres auf. Die Mauer war mit dünnen Rissen übersät. Schon auf ihrem Weg hatte er das bemerkt, dass hier einiges brüchig erschien und etwas verbergen könnte, doch nun war es ziemlich offensichtlich. Dahinter befand sich etwas. Was, das wollten sie herausbekommen. Er blinzelte zu seiner Schwester und bat sie ein paar Schritte nach hinten zu gehen, dann nahm er die wenigen Schritte Anlauf und ließ mit voller Wucht seinen rechten Fuß dagegen prallen, doch mal abgesehen davon, dass danach sein Zeh wehtat, passierte nichts, bis auf ein Ruckeln. Kein einziger Stein wollte sich bewegen. Verdammt, was ist das? Isabell kam wieder zurück und schüttelte den Kopf. Danach zog sie frech wie sie war, ohne zu fragen einen seiner Dolche aus seinem Gürtel. Das brachte ihn nur wieder auf die Idee, dass er endlich die Schnallen in seinen Stiefeln erneuern lassen musste. Doch er wollte dazu nichts sagen und sah zu seiner Schwester. Diese machte sich mit diesem dünnen Dolch an der Mauer zu schaffen und kratzte den Mörtel aus den Ritzen. Sie entfernte nur eine winzige Stelle, aber es reichte, dass sie auf die andere Seite sehen konnten. Es war nur eine geringe Schicht gewesen und doch hatte sie dem Aufprall standgehalten. Warum blieb ihm immer noch ein Rätsel. So du Held, du darfst noch mal. Aber diesmal auf die eine Stelle zielen ja? Hämisch grinsend steckte sie den Dolch wieder dorthin zurück, wo er bis eben noch lag, dann ging sie wieder zu ihrer alten Position. In Ordnung, wie du meinst. Er hatte darauf nichts zu kontern und so nahm er ein zweites Mal Anlauf und trat auf der Stelle auf, an der das feine Licht herein schien. Krachend fielen gleich beim Aufkommen die ersten Backsteine heraus, fielen polternd zu Boden und machten ein großes Loch frei. Andere Steine blieben lose oder zumindest wackelnd in der Mauer liegen. Auch sie warfen sie hinunter, damit sich das Loch vergrößerte. Zuerst wollte Rociel sofort durchkriechen, doch das ließ er tunlichst, als er merkte, wie tief es runter ging. Eine Kammer war zu sehen, seltsame Stücke lagen dort herum, auch dort brannten Fackeln, doch es ging mehr als zehn Meter hinunter und es stand weit und breit keine Leiter. Nur auf der anderen Seite war eine Treppe, nur blöderweise war die eben ein paar Meter zuviel entfernt, ein Sprung hätte ins Bodenlose geführt. Rociel ging zurück und ließ seiner Schwester den Blick durch die Wand genießen. Hast du eine Idee. Bis jetzt ist dir doch immer noch was eingefallen. Verdammt, es muss doch einen Weg geben. Wenn ich nur wüsste was...
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| 17.03.2004 20:29 | #21 |
| Isabell |
Lange sah Isabell nachdenklich über den Spalt. Es gab keinen noch so kleinen Sims, an dem sie bis zur anderen Seite gelangt wären. Es gab da nur diesen kleinen Balkon, von dem dann die Treppe weiterführte, doch der war mindestens sechs, sieben Meter entfernt, ein Sprung war dabei unmöglich. Sie begutachtete aufmerksam den Raum, der durch zahlreiche Fackeln ausreichend beleuchtet wurde, doch eine Lösung mochte ihr nicht einfallen, da konnte sie noch so lange rumschauen. Sie überlegte, wie sie es anstellen konnten, doch im Moment war ihr Kopf scheinbar blockiert. Ich hab keine Ahnung, tut mir leid. Natürlich waren sie beide wieder ziemlich bedient, denn nachdem sie sich für diesen und keinen anderen Weg entschieden hatten, wollten sie natürlich weiter. Die Entdeckung dieser Kammer da unten, die war sensationell, schließlich war sie absichtlich vermauert, denn diese Mauer war noch nicht ursprünglich da gewesen, doch jetzt stockten sie. Wurden durch diesen Mist aufgehalten. Schon in Ordnung, was hältst du davon, wenn wir eine kleine Pause machen und uns stärken? Eine wirklich gute Idee, die natürlich ihre Zustimmung fand. So setzten sie sich gegenüber auf den Boden und kramten in ihren Proviantsäcken nach etwas zu essen. Isabell nahm sich nur einen Apfel, dazu trank sie reichlich Wasser. Sie hatte keinen sonderlichen Appetit, während sich Rociel ein dickes Schinkenbrot schmierte. Nachdem sie sich eine zeitlang stumm angesehen hatten und ein wenig in Gedanken schwelgten, stand ihr Bruder auf, scheinbar wollte er zurück. Isabell wollte gerade ihren Rucksack verschnüren und ebenfalls gehen, da fiel ihr etwas auf. Spätestens da musste der Gedanke, der Blitz, der Geistesblitz gekommen sein. Sie kramte etwas in dem Rucksack, um ihrer Idee nachzugehen und zog dann das Seil hervor. Das war es! Die Idee! Hey Bruderherz, ich hab es. Verwirrt blickte er sich um. Was hast du? Die Idee? Sie nickte zustimmend. Ja, sieh her. Weißt du was das ist? Ein wenig überrumpelt stotterte er: Ein Seil? Wieder nickte sie, leicht höhnisch grinsend. Ja du schlauer Junge, das ist ein Seil. Und dieses Seil hat uns dein genialer Priester eingepackt. Und weißt du auch, was man mit einem Seil machen kann? Ihr Bruder musste sich wie auf der Folterbank vorkommen, lauter stupider Fragen ausgesetzt zu sein, doch er nahm es mit Fassung, zumindest brachte die Fragerei ihn aus dieser nicht heraus. Mit einem Seil kann man klettern…ahhhh jetzt versteh ich endlich, was du eigentlich von mir willst. Das…das ist genial. Natürlich. Wenn wir nicht auf die andere Seite kommen… - …klettern wir einfach die zehn Meter runter, du hast es erfasst. Das einzige Problem ist, dass wir eine feste Stelle finden müssen. Viele gibt es nicht davon. Das einzige was sich anbietet ist die Mauer. In der Tat gab es nicht wirklich viele Stellen, an denen sie ein Seil anbringen konnten, doch in der Not war man erfinderisch, sie waren da eher filigran. Diesmal habe ich eine Idee. Pass auf! Ihr Bruder ging zu der eingekrachten Mauer und warf alles lose hinunter, bis ein halbwegs stabiles Mauerstück noch dastand, zumindest die kümmerlichen Reste. Er machte nun das gleiche wie sie noch eben, er entfernte den Mörtel an einer winzigen Stelle, so dass nur ein winziges Loch, mit nur wenigen Zentimetern Durchmesser entstand. Durch dieses passte das Seil gerade so durch, natürlich an der Seite, wo es auch herunterfallen sollte. Isabell passte währenddessen auf das Seil auf, hielt immer mindestens ein Teil, damit es bloß nicht herunterfiel, denn das wäre das definitive Ende gewesen. Bald schon war ein dreifach geschnürter, präzise gewobener Knoten auf der hinteren Seite der Mauer, so dass das Seil unmöglich fallen konnte. Es gab nur noch zwei Möglichkeiten, entweder die Mauer stürzte, logischerweise mit dem Seil, bei dem Gewicht das auf ihr lastete ein, oder es hielt sie. Da sie einige Stücke des Seiles für Knoten und die Windungen opfern mussten, baumelte es zwei Meter über dem Boden, doch das war ja noch zu ertragen, ein Sprung aus dieser Höhe war sicherlich kein Beinbruch. Doch alles kam nun darauf an, wie belastbar die Mauer war und wo die Druckgrenze lag. Willst du zuerst oder soll ich?, fragte sie mit verwirrtem Blick, doch ihr Bruder zeigte schon in seiner Körpersprache, dass er gehen wollte. Lass mich als Ersten runter. Ich glaube, ich wiege etwas mehr. Das könnte ein Vorteil sein. Natürlich war jede Erklärung fadenscheinig, denn sie hätte genauso gut sagen können, gerade weil sie leichter war, wäre es besser als erstes zu gehen. Doch es war ihr eigentlich Recht, dass er zuerst gehen wollte. Sie riss sich nicht drum. Zehn Meter Höhe, das war ganz schön viel Holz. Es gab eine Schmerzgrenze, ab dieser war es ungefährlich bis kaum gefährlich, aber wenn das Seil bei sieben oder sechs Metern reißen würde, dann wäre das überhaupt kein Trost. Ich bin noch am überlegen. Was machen wir mit den Rüstungen. Sie bringen ziemlich viel Gewicht drauf, können aber bei einem Sturz lebensrettend sein…aber ich werde es riskieren, ich zieh meine Rüstung aus. Das spart Gewicht. Rociel zog den edlen Panzer aus und schon sah man ihm wieder an, dass er nicht in hohen Gewichtsklassen mitspielte, aber deswegen liebte sie ihn ja auch, ganz sicher nicht nur, aber bestimmt auch deswegen.
Dann war es soweit, die Veranstaltung, das Spektakel konnte beginnen. Wie ein Spießrutenlauf, so kam es ihr vor, aber was tat man nicht alles für ein winziges Artefakt, das nicht mal da unten lag. Das Seil baumelte unten und Rociel heftete sich an den Stein und baumelte kopfüber. Mit einer Hand hielt sie ihn noch, solange, bis er beide Hände um das Seil hatte. Danach begab sie sich sofort auf ihren Posten, der sehr stressig war. Mit einem Auge blickte sie auf die Mauer, mit einem auf ihren Bruder und mit den Händen hielt sie das Seil fest. Das konnte unter Umständen auch einen Sturz verhindern, fragte sich nur, ob sie es überhaupt halten konnte. Sie hoffte nicht, dass es soweit kommen würde. Schon nach wenigen Sekunden begann die Mauer zu stöhnen und Isabell dachte nur "Das geht nicht gut", was sie mehrmals vor sich hin murmelte, doch erstaunlicherweise hielt die Mauer. Es dauerte nicht lange, bis Rociel die Fünf-Meter-Marke erreicht hatte, denn an einem Seil nach unten zu kommen war wesentlich leichter, als nach oben zu klettern. Doch noch war er nicht sicher unten und das Seil in ihren Händen vibrierte weiterhin stark.
Dann endlich war es geschafft, zwei Meter über dem Boden, hatte er das Ende des Seiles erreicht, hängte sich mit den Händen an den letzten Stumpf des Seiles, das im übrigen aus Hanf geflochten wurde und sprang. Ohne Probleme beobachtete sie, wie er sich sicher auf dem Boden abrollte und wieder aufstand. Geschwind rannte er dann die Stufen der steinernen Treppe hinauf und trat auf den Balkon. Sie konnten sich beide sehen, beider auf selber Höhe, nur lagen sechs, sieben Meter zwischen ihnen. Es hält. Jetzt bist du dran, warte noch, ich komme wieder runter. Erneut lief er hinunter und war dann wieder so klein dort unten, wo sie auch gerne schon wäre. In Ordnung, wirf erst mal meine Rüstung runter. Aber sei bitte vorsichtig mit dem guten Stück und wirf es am besten langsam runter. Sie konnte nur über die Aussage von Rociel staunen, denn das verwunderte sie sehr. Werfen? Bist du des Wahnsinns Bruder? Diese Rüstungen würden dich erschlagen. Nene, warte mal lieber auf deine geniale Schwester. Dann zog sie das Seil wieder hoch, bis es endlich wieder oben war. Sie band das zweite Ende mit der Rüstung zusammen, ließ es erst durch eine Armöffnung und dann überkreuz durch die andere Öffnung gehen. Zu allem kam ein großer Knoten, der die paar Sekunden halten sollte. Pass auf, eine Sendung per Luftfracht! Sie ließ das Seil ein zweites Mal vorsichtig fallen mitsamt der Rüstung. Auch dieses Mal hielt es, nur eines hatte sie nicht bedacht, das Seil stoppte zwei Meter über dem Boden und leider, obwohl eigentlich zum Glück, war ihr Bruder nur knapp unter dieser Marke gewachsen. Doch auch hier sollten eine Idee und das Glück weiterhelfen. Denn auch in dem Raum standen Kisten und eine dieser morschen, gesplitterten Kisten zog Rociel unter das baumelnde Seil. Sie hatten Glück, denn das Holz hielt. Mit den sicherlich gut achtzig Zentimetern reichte er bis zu dem Seil und konnte seine Rüstung abnehmen. Was ist mit dir, nimmst du die Rüstung oder nicht? Wenn nicht, dann lass sie gleich runter, solange diese Holzwurmwohnung noch hält. Isabell wusste nicht so recht, sie hatte Ashisou gerade erst bekommen und sollte sich schon wieder von ihr trennen? Aber nein, sie gab nach und entledigte sich der weißen Edelrüstung und band sie an das Seil, ehe sie den schon fast zum Ritual gewordenen Vorgang wiederholten. Alles ging glatt, nun kam es nur noch auf das eine einzige Mal an. Rociel stand unten, hatte die gefährliche Kiste weggestellt und wartete unten auf ihre Ankunft. Leider hatte sie niemanden mehr, der nun das Seil oben hielt, sie würden es auch nicht mehr mitnehmen können, doch über den Rückweg machten sie sich weniger Gedanken als über den Weg nach unten. Sie kletterte vorsichtig über den schmalen Sims, der nur vorne stand und ein Teil dieses Balkons war und hielt sich mit beiden Händen am Seil fest. Sie atmete tief durch, die Anspannung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben, noch war über ihr alles ruhig, doch schon nach zwei Metern begann es oben zu knacken. Zuerst lösten sich einzelne Kiesel, doch dann zerrte das Seil immer heftiger an den Steinen. Dadurch das niemand mehr hielt war die Reibewirkung unglaublich hoch und die wacklige Mauer wurde richtig festgeschnürt, dadurch brach sie nun und obwohl die junge Frau unglaublich schnell, flink und so leicht wie möglich kletterte, stürzte die Mauer, mitsamt des Seiles ein. Vier Meter über dem Boden spürte sie keinen Widerstand mehr und fiel. Ins Bodenlose…
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| 17.03.2004 21:29 | #22 |
| Todesfürst |
Oh verdammt. Nein! In seinem Kopf spielte nur ein schlechtes Spiel, das war doch alles nicht wahr was er da sah. Seine Schwester konnte gar nicht fallen. Wieso hielt diese bescheuerte Mauer nicht. Beliars Fluch oder was traf sie da? Die Steinbrocken fielen hinunter, mal kleinere mal größere Stücke, doch nicht nur sie fielen, auch Isabell fiel und das sah nicht wirklich gut aus. Du wirst nicht fallen, niemals., sprach es still in seinem Kopf. Es blieb nicht viel Zeit zu reagieren, Sekunden entschieden, aber er war zum Glück schon seit ihrem Abstieg unter dem Seil gestanden. Es waren vier Meter. Nur vier Meter oder ganze vier Meter war bloß die Frage.
Isabell fiel, direkt in seine Arme, so war es zwar, aber eben doch nicht ganz. Die Bezeichnung ganze vier Meter war die richtige gewesen. Sie fiel geradezu sanft in seine Arme, doch der Druck des Falles war zu groß, man konnte einen Menschen, so leicht er auch war, nicht wie einen Rucksack oder einen noch kleineren Gegenstand auffangen. Er taumelte nach hinten, mit voller Wucht und nicht einfach im Ausrutschen oder im kontrollierten Fall, sondern mit voller Wucht riss es ihn nach hinten. Schmerzhaft prallte der junge Fürst mit dem Hinterkopf auf dem Steinboden auf, fuhr reflexartig hoch und kam ein zweites Mal, allerdings stark abgeschwächt auf dem Steinboden auf. Dort blieb er für einige Sekunden liegen, bewusstlos und ohne Augenlicht, eine schwarze Ohnmacht hatte ihn erfüllt, doch das Schicksal meinte es gut mit ihm, es war nur eine Sekundenohnmacht. Noch im selben Moment wie seine Schwester kam er wieder zu sich. Isabell hatte auf seinem Oberkörper, unter dem er nach wie vor nur das dünne, schwarze Samthemd trug, eine fast schon unverschämt weiche Landung gehabt, war sogar mit dem Kopf beim Aufprall nur auf sein Amulett, anstatt gegen sein Kinn gestoßen. So kam sie nur leicht benommen wieder hoch, während ihn heftige Kopfschmerzen plagten. Oh man, wer hämmert denn da so laut? Ahhh, macht den Hammer weg von meinem Kopf, ohhhh…hey Schwester. Alles gut? Weiche Landung gehabt. Alles noch dran? Isabell sah ziemlich fertig aus, fast ein wenig geschockt, aber es schien nur eine momentane Entrückung gewesen zu sein. Mir geht es gut, aber was ist mir dir, du bist doch total heftig auf dem Boden aufgeschlagen. Rociel stöhnte zwar noch immer, doch selbst das Hämmern wurde etwas besser, als er sich über den Hinterkopf strich. Dabei spürte er eine warme, nasse Flüssigkeit auf seinen Händen. Als er die Hand wieder nach vorne hielt, klebte rotes Blut daran. Richtiges, echtes Blut. Fassungslos sahen sie kurzzeitig beide auf die blutigen Finger. Der junge Fürst kam gar nicht mehr dazu etwas zu sagen, sah nur auf das Blut, was er schon so lange nicht mehr gesehen hatte, doch Isabell wachte als Erste aus der Trance aus und kümmerte sich mit Hilfe eines Tuches um seinen Hinterkopf. Es war alles rot, das Blut hatte schon viele Haare benetzt und gefärbt, doch es schien keine ernsthafte Blutung zu sein. Eine Platzwunde am Hinterkopf lautete die Diagnose von Isabell, die selbst ein Laie hätte fallen können. Eine ernste Sache, aber es hätte weitaus schlimmer kommen können. Du bist verletzt. Ruh dich aus und trink etwas. Wir sollten lieber umkehren. Er konnte Isabell gut verstehen, diese Vernunftader konnte er gut verstehen, aber eine Umkehr kam nicht mehr in Frage. Nein, es geht schon wieder, wir machen weiter. Und eine Umkehr ist sowieso nicht mehr möglich. Zumindest wäre sie mit äußerst vielen Schwierigkeiten verb… Er stockte mitten im Satz. Rociel stand blitzschnell auf, so, wie man es normalerweise nicht von einem Kranken erwarten konnte. Seine Wunde war inzwischen so gut wie möglich von Isabell versorgt worden, doch er brauchte keine Pause. Er war nach dem kurzen Aussetzer wieder voll einsatzfähig und fühlte sich bereit das Abenteuer weiter zu bestehen. Innerlich dankte er Innos in einem kurzen Gebet, dass sie das überstanden hatten, nie hätte er sich verziehen, wenn Isabell unglücklich gefallen wäre…da war eine kleine Kopfverletzung sein geringstes Problem. Doch jetzt stockte er nicht deswegen, nein, er hatte etwas gehört. Ein Geräusch… Was ist? Warum stehst du mit deiner Verletzung auf? Rociel legte den Finger auf die Lippen, was Ruhe bedeutete, eiserne Ruhe, Schweigen. Flüstern. Pssst. Lass meine Verletzung eine Wunde sein, hörst du das nicht? Da. Aus dem Gang. Stimmen. Geräusche. Ich höre sie. Ein Kratzen. Ein Schaben. Irgendetwas ist da. Es war der einzige Gang, es sah ähnlich der Konstruktion aus, die sie schon kannten. Wie ein zweites Stockwerk der Kanalisation. Doch diese Geräusche gehörten nicht dazu. Ja, jetzt höre ich auch was. Aber nur sehr, sehr leise. Bist du sicher, dass es keine Ratten sind? Natürlich war er sich sicher und schüttelte langsam zweimal den Kopf. Ganz sicher sogar. Das sind keine Ratten. Hörst du nicht? Ein Stöhnen, ein Keuchen. Ein Husten. Das…oh nein… - Was ist? – Ich habe da ein ganz übles Gefühl. Schnell, zieh deine Rüstung an, schnell. Ich auch. In höchster Eile drehte er sich zu seiner Rüstung und legte sie hektisch, aber kontrolliert an, so dass sie wieder seinen Körper zierte und den hageren Mann stattlich pompös aussehen ließ. Doch viel wichtiger war es, dass er so geschützt war. Genau wie Isabell auch. Was glaubst du denn, was ist da? Rociel zuckte nur mit den Schultern. Keine Ahnung, ich weiß es nicht. Aber es wird nichts Gutes. Siehst du mein Amulett. Ach nein, ich vergaß ja, man sieht nichts. Es glüht. Es brennt sich mir in den Hals. Das bedeutet höchste Gefahr für uns. Aber wir müssen da rein, wir haben keine Wahl. Rociels Mine änderte sich blitzartig, als er die Situation endlich verstanden hatte. Er griff sich noch einmal an den Hinterkopf und leckte das rote Blut von den Händen zurück in den Mund. Bist du bereit, es diesen Wesen zu zeigen? Isabell grinste, auch sie hatte keine Angst mehr vor so etwas. Das Training hatte wahrlich gefruchtet, er war stolz auf sich und seine Schwester. Wenn du meinst, dass wir da drin jemanden vermöbeln sollen, dann werden wir das tun.
Er nickte halb, dann betraten sie den Raum, der erst mal einen kleinen Schock auslöste. Neben zwei großen Säulen, die in der Mitte standen und an denen vier Fackeln brannten, lagen links und rechts jeweils drei Särge, an denen es nun immer lauter pochte. Irgendetwas schlug von innen gegen die geschlossenen Holzbehälter. Sie brauchten nicht zu warten, sie brauchten nicht lange rätseln. Die Gestalten zeigten sich. Mit einem lauten Stöhnen und Krachen splitterten sechs morsche Holzsärge auf, empor gestiegen kamen sechs grausam entstellte Menschenkörper, die alle nur ein Wort keuchten. Bluuuuttttttttt.
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| 17.03.2004 22:29 | #23 |
| Isabell |
Jetzt war es also wirklich perfekt. Sie waren im absoluten Irrenhaus gelandet. Diese halb menschlich aussehenden Körper waren wohl echt der Gipfel von Ekel, dass sie am liebsten gar nicht hierher gekommen wäre. Doch so blieb nichts anderes übrig, als zu kämpfen. Dabei hatten sie aber einen entschiedenen Vorteil. Die Körper lagen noch in ihren Särgen und hatten nur einen kleinen Teil ihrer hölzernen Ruhestätte aufgebrochen. Außerdem bewegten sie sich sehr langsam, während sie immer wieder das Wort Blut auskeuchten, was wohl eine Anspielung auf das geflossene Blut von ihrem Bruder war. Ihre Stimmen klangen allesamt hohl und ihre Stimmbänder zerrissen, doch für solche Beobachtung blieb kaum Zeit, denn der Tanz der Klingen hatte begonnen. Sie einigten sich jeweils auf eine Seite, ein kurzer Blickkontakt genügte. Dann schwang sie sich auf die rechte Seite und zückte ihr Schwert. Besser gesagt, beide Klingen. Sie donnerten in die Brust des noch halb liegenden Toten und ließen ihn sofort zurückfallen. Der nächste hatte sich schon fast befreit, doch auch dem erging es schlecht, hatte er doch keine Waffe sich zu verteidigen und so schlug sie mit voller Wucht zu. Ihr Krummschwert glitt durch seinen Oberkörper und durchfuhr dabei das matschige Fleisch, das so schwarz war, dass man es kaum mehr erkennen konnte. Sie ließ eine Klinge im Körper stecken, da sie die Gestalt vollkommen reaktionsunfähig machte und holte dann mit der linken Hand aus, um im Halsbereich zuzuschlagen. Als der Kopf vom Körper getrennt war, musste sie eilig wieder die zweite Klinge aus dem leblosen Körper ziehen, da der dritte jetzt aus dem Sarg geklettert war und auf sie zu schlurfte. Das ganze lief so unglaublich langsam ab, dass sie sich kurz wunderte, doch dann lief sie auf dieses tote Wrack zu, das mit ausgestreckten Händen wohl am liebsten an den Hals der quicklebendigen Frau wollte, um sie zu Tode zu würgen, doch ein Kontakt mit diesem gestorbenen Fleisch wollte sie vermeiden und so nutzte sie ihren Vorteil der Reichweite und rammte dem Toten beide Klingen in den Magen. Die Gestalt taumelte – wieder mit komischen, schrecklichen Geräuschen - nach hinten, doch Isabell kümmerte sich nicht drum, sprang auf einen der gesplitterten Särge, nutzte den Schwung und sprang von dort wieder zurück zu dem einstigen Bewohner. Mit einem Tritt in die Magengrube ließ sie den Gegner ächzend zu Boden taumeln ehe sie die Schwerter wieder raus zog. Alle drei schienen erledigt und die junge Frau schaute zufrieden zu ihrem Bruder, der ebenfalls beschäftigt war. Allerdings hatte er noch alle drei Toten auf dem Hals. Doch gerade in dem Moment, wo sie schon zu ihm laufen wollte, sah er zufällig zu ihr, hatte aber natürlich einen anderen, besseren Blickwinkel. Schwester, hinter dir! Nach den Worten richtend drehte sie sich um, wo einen Meter vor ihr wieder so ein Monster auftauchte. Sie sah geistesgegenwärtig zu der Stelle, an der sie den ersten dieser Wesen gefällt hatte, da klebte nur noch eine schwarze Flüssigkeit. Sie verstand, dieser Tote war anscheinend wieder aufgestanden, doch zuerst einmal musste sie ausweichen. Mit den Armen taumelnd rettete sie sich nach hinten, während die Arme des schwarzen Toten, dessen einst so menschliches Gesicht mittlerweile ohne Konturen war und nur noch leere, schwarze Augenhöhlen zeigte, gierig nach ihnen griff. Ein murmelndes, stöhnendes Geräusch drang aus dem Mund, der lange schon kein Gebiss mehr hatte und jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Doch noch etwas anderes jagte und zwar ihre Schwerter den Tod. Dieses Mal machte sie keine Kompromisse, eins, zwei, drei, vier, fünf Schläge trafen die Gestalt am ganzen Körper, danach riss sie den Arm herum und schlitzte über das kaum vorstellbare Gesicht. Sofort fuhr sie herum und jagte dem Wesen wieder eines der Schwerter in die Magengrube, was wieder für enorme Lähmung sorgte, wahrscheinlich aufgrund der Wucht des Eintrittes, in das faule Fleisch. So hatte sie genug Zeit auszuholen und das tat sie auch. Ein weiterer Schädel, der einst einem Menschen gehört haben muss, landete wie ein Ball im Korb, im Sargdeckel, der tote Rest war jetzt noch ein Stückchen lebloser und blieb ohne Kopf stehen. Isabell ertrug diesen Anblick nicht und versetzte der kopflosen Leiche einen Tritt, diese fiel daraufhin um und blieb für immer und ewig dort liegen.
Kurz schnaufte sie durch, doch in dem Moment als sie sich umdrehte blickte sie in das Gesicht eines weiteren Gesichtslosen, so nah hatte sie diese noch nie gesehen und es war wirklich schrecklich, nicht nur der Anblick, sondern auch die Tatsache, dass es so nah war, die Fingerkuppen, die verfaulten, befanden sich in Griffweite und sie sah sich schon einer Berührung ausgesetzt, als sie ein kurzes Geräusch vernahm, dass so klang, wie wenn Stahl durch faules Fleisch stieß. Einen Schritt zurücktreten bitte. Die fast schon gewohnte Stimme klang in dem Moment so fremd, doch Isabell wich trotzdem einen Schritt nach hinten, auf einmal durchzuckte glänzendes Metall die Stelle, wo eben noch der Kopf war und auch dieser Tote wurde zum Kopflosen degradiert. Der Körper fiel sackend zusammen und da wo eben noch eine schwarze Horrorgestalt stand, kam ihr ein sehr vertrauter Mensch in den Blick. Wie hast du das denn gemacht? Eben noch so…und jetzt so. Rociel lächelte milde. So kannte sie ihn.[/i] Nun erst so, dann so, dann wieder so und jetzt so. Eigentlich ganz einfach. Nein, ich habe Vertrauen in mein Schwert, in meinen Körper und meine Seele. Aber das diese Mistviecher nur tot bleiben, wenn man ihr verfaultes Gehirn abhackt, das hätte ich auch nicht für möglich gehalten. Das ist ja wie in einem Horrorkabinett. Man, wer außer Beliar, lässt sich solche kranken Sachen einfallen. Widerlich. Bist du in Ordnung?[/i] Ihr Bruder strich ihr einige zerzauste und wohl auch verschwitzte Haarsträhnen aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, ehe er wieder zwei Putzlappen für ihre Schwerter zückte. Hm, mir geht es immer noch gut. Aber langsam geht das an die Substanz. – Dann lass uns erst mal eine große Pause machen. Wir gehen zurück in den Raum… Er deutete dabei auf den Raum, von dem sie gekommen waren wo auch das Seil noch lag. …und dann werden wir mal schauen. Ich denke nicht, dass uns hinter dieser morschen Holztür etwas Besseres erwartet. Vielleicht wird es unsere letzte Pause werden.
Einigkeit herrschte meistens, wenn es um Pausenentscheidungen ging, so auch hier. Sie verzogen sich bis auf den Balkon, der auf der intakten Seite. Der war zwar eng und klein, aber verdammt sicher, hier angegriffen zu werden war sinnlos, jeder Angreifer würde scheitern, außerdem gab es diese zum Glück erst mal nicht, oder besser gesagt nicht mehr. Die Nerven lagen nicht unbedingt blank, aber Ruhe war jetzt das, was sie am meisten brauchten und Innos meinte es gut mit ihnen, sie bekamen Ruhe, Geräusche von Ratten, Wasser oder auferstandenen Toten gab es erst mal nicht. Sie konnten sich ein wenig ausruhen…
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| 18.03.2004 19:41 | #24 |
| Todesfürst |
Bei allen Göttern, er wünschte sich endlich diesen verdammten Spiegel herbei. Wenn ihr Weg hier nicht bald Erfolg haben würde, dann gab es selbst für sie Probleme. Über den Proviant machte er sich noch keine Gedanken, das war kein Thema und auch ihren Schlaf hätten sie sicher bekommen, doch selbst Rociel war angespannt wie noch nie. Wenn sie erst mal diesen Spiegel gefunden hätten, dann wäre der Weg sicher weniger schlimm, doch bis dahin. Es waren ja nicht mal diese ganzen komischen Gestalten, denen sie begegnet waren. Lebende Skelette, flinke Knochenkobolde, stinkende, auferstandene Tote oder selbst diese Riesenratten, alles war nicht normal und doch akzeptabel. Wenn da nur nicht diese Angst vor dem Versagen wäre. Diese schleichende Wahnsinn, der sich in seinem Kopf festsetzte und wie eine Krankheit langsam in Richtung Kopf-Gehirn lief. Die Dunkelheit war nicht schön und verstärkte den Eindruck noch viel mehr. Eigentlich kannte er diese Situation ja, war er doch auch bei der ersten Suche sehr oft verzweifelt gewesen, da sich die Wege und Möglichkeiten nicht immer ganz klar vor ihm abzeichneten, doch wenigstens war er jetzt nicht alleine. Es war sehr schwer, wohl unmöglich zu beschreiben, wie wichtig seine Schwester in diesen Zeiten war. Sie waren ein gutes Duo, jeder half dem Anderen wo es ging, doch nicht einmal die aktive Hilfe war so wichtig, der passiven Hilfe kam noch viel mehr Bedeutung zu. So fand er es einfach nur unheimlich beruhigend eine Deckung an seiner Seite zu haben und nicht blindlings in eine Falle zu laufen, aber auch wenn er in ihre tiefen, braun-roten Augen sah, gab es ihm so viel Kraft und Hoffnung zugleich. Rociel fühlte sich danach so befreiter, so entspannter. Wie ein Zauber, der sich um sein kleines, verliebtes Herz legte und leise dort sang. Sein Innerstes war glücklich so, wollte nichts anderes, doch natürlich musste er auch seine Blicke über den Horizont werfen und einsehen, dass sie in einer verdammten Situation waren. Momentan sah es bescheiden aus, wenn man extrem gutgläubig war, eigentlich hatten sie bisher erreicht: Gar nichts. Dafür gegeben hatten sie: Zahlreiche Kämpfe, mehrere Stunden, sicherlich den ein oder anderen Nerv und Teile der Zuversicht. Eine schlechte Rechnung, sie machten nur Verlust. Es war ja auch bei weitem nicht so, dass sie sich nicht bemühten. Aber sie standen eben nicht knapp vor einem Ziel, vor einem Abschluss des Ganzen, sondern immer noch am Anfang. Eigentlich begann das wahre Abenteuer ja erst, wenn sie diesen Spiegel gefunden hätten. Rociel überlegte angestrengt, was sie da wohl erwarten würde. Allerlei Feind oder allerlei Freund. Er konnte sich das letztere eigentlich nicht vorstellen. Schließlich kamen sie ja auch nicht, um gemütlich einen Plausch zu halten, sondern etwas lange Gestohlenes wiederzuholen. Angst hatte er aber keine, denn die hatte er lange schon abgelegt. Doch Respekt hatte er. Was immer sie da erwarten sollte, er würde es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das durfte er gar nicht. Es war ihm untersagt.
Doch die Zeit sah alles andere als rosig aus, was ihn nachdenklich machte. Er hatte tiefe Sorgenfalten im Gesicht und mochte nicht so wirklich lächeln. Es war schwierig, sehr…
Währenddessen hatten sie sich abgelöst. Nach erneuter Essensgelegenheit massierte er nun den Rücken von Isabell. Es war eine schöne Beschäftigung, jedenfalls gab es Schlimmeres als den Rücken einer gottgleichen Schönheit zu massieren, nur leider war er zu sehr in seinen Gedanken versunken, als das er diese Ehre wirklich hätte genießen können. Schwere lag in der Luft, es war, als ob man reines Eisen, anstatt reine Luft einatmete. Wenigstens was das anging hatten sie eine leichte Verbesserung hinter sich. Zwar war noch immer ein gewisser Ansatz eines Geruches zu vernehmen, doch ganz so extrem wie noch zwischen den Kanalgängen war es nicht mehr. Auch die Frage, zu was diese Anlage hier gehörte, tauchte in seinen Gedanken auf, doch bisher hatte er noch kaum eine Antwort auf dieses untere Stockwerk. Er konnte sich keinen direkten Zusammenhang darauf machen, denn inzwischen müssten sie wirklich sehr tief unter Gorthar sein und ob das der Sinn war hier unten noch ein weiteres Gangsystem zu bauen, das wollte er zumindest in Frage stellen. Aber sie wollten es rausbekommen und zwar noch heute.
Langsam und träge ließ er seine Hände von Isabell ab, bis er schließlich ganz aufhörte und versuchte wieder ein wenig aus den Gedanken herauszukommen. Eigentlich war alles erörtert, offene Fragen gab es noch, doch die würde es immer geben und waren nicht mehr so schlimm. Er hatte sich längst damit abgefunden und achtete nun viel mehr auf die Gefühle von Personen, von den Zuständen in der unmittelbaren Umgebung und auf kleine Nebensächlichkeiten, die eigentlich relativ unbedeutend waren. Irgendwie mussten sie wieder los. Irgendwie… Sie hatten es gut, vielleicht zu gut. Hier auf dem engen Platz, wo ihre Füße über dem Sims lagen oder ziemlich überkreuzt waren. Sie hatten Zeit und Muse sich auszuruhen, ihren Überlegungen nachzugehen, ein wenig zu nicken, etwas zu essen, Ruhe zu verspüren. Irgendwie hatte Rociel es im Blut, dass sich das ändern würde, wenn sie die Türe öffnen würden, doch es half nichts, sie mussten es tun, sie mussten jetzt weiter, sie mussten aufstehen…
Isabell hatte Haare wie ein Seraphim, er liebte es in ihren langen, wirren Haaren zu schlafen oder einfach nur ihren Duft zu schnuppern. Heute waren die Haare schwarz, so schwarz wie auch er. Es roch nach reifen Waldbeeren, doch wurde es noch immer von dem Gestank der Kanalisation übertroffen. Sanft strich er dennoch durch sie, wie bei einem Spielzeug, er wollte nicht, das es kaputt ging, er wollte es beschützen…
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| 18.03.2004 23:02 | #25 |
| Isabell |
Quer durch die Zeit reisten ihre Gedanken, durch so vieles und noch viel mehr. In den sicher zwei, drei, vielleicht auch vier Stunden, in denen sie hier ruhten, hatte sie viel Zeit gehabt nachzudenken, wobei das Zeitgefühl ein wenig verloren ging. Manchmal sah sie auch ganz normal durch den Raum und ließ ihre Gedanken zurück, aber besonders in der Zeit, wo sie ihr Bruder massierte, sah sie fast nur mit offenen Augen ins Leere, dachte aber an ganz andere Dinge als die Wand vor ihr. Wahrscheinlich ging es ihm auch so, aber so waren sie halt. Irgendwie selten uneinig. Aber es wäre wirklich nicht auszuhalten gewesen, wenn er jetzt über irgendeine belanglose Sache geredet hätte, wahrscheinlich wäre sie dann ausgerastet. Aber so war ihr Bruder nicht, still und in sich gekehrt, ja, das war er. Manchmal ein wenig kindisch, aber nie unverschämt oder gar lästig. So hatte sie Gelegenheit an die Zukunft zu denken. Was hinter ihnen lag, dass hatte sie inzwischen abgehakt, brachte sowieso nichts mehr, sich darüber aufzuregen. So wollte sie viel lieber wissen, was sie noch hier unten erwarten würde. Ein bisschen Angst hatte sie, aber nicht viel. Vor allem hatte sie eine gewisse Panik davor, dass sie hier unten nichts finden würden. Einfach nur sinnlos hier hergekommen wären und mit leeren Händen wieder abziehen müssten. Überhaupt, wie wollten sie wieder auf die andere Seite kommen? Sechs, sieben Meter springen? Na klar, sie hatten ja auch riesige Muskelbänder. Oder sollten sie sich eine Brücke bauen? Vielleicht…
Es war schön wieder so sanft geweckt zu werden, es war schon so was wie dämmernder Schlaf, der sie überkommen hatte. Doch weniger schön war es, dass sie wieder los sollten. Eigentlich gefiel es ihnen hier ja ganz gut. Sie wäre gerne noch länger geblieben.
Irgendwann, mehrere Minuten nachdem sie wieder intensiv und aktiv gegen die hässliche Wand geschaut hatte, drehte sie sich zum ersten Mal seit langem wieder um. Es war schön Rociel wieder ins Gesicht schauen zu können und es tat gut sich in seiner Rüstung auf der Innenseite zu verkriechen und dort auszuharren. Lustlos blickte sie drein, sie wollte nicht gehen, nicht jetzt und eigentlich auch nicht heute. Ungewissheit lag hinter der Tür, die im Raum der sechs Särge stand. Hier war es so schön ruhig und friedlich. Aber nein, hier wollte sie eigentlich gar nicht bleiben. Zwar war es sicher besser, als das, was da noch vor ihnen lag, aber sie wollte so schnell wie möglich raus hier. Damit sie irgendwo in der Natur liegen konnten und dort den Frühling genießen. Deswegen stützte sie sich auch wieder ab und stand auf. Ein unmissverständliches Zeichen, natürlich. Du willst also gehen ja? Isabell nickte und nahm den Rucksack wieder auf die Schultern. Ja, ich möchte nicht länger hier unten bleiben. Es ist schon schwer genug die Gedanken an den blühenden Wald zu verdrängen, nun will ich mich bloß nicht noch baumeln lassen. Auch Rociel stand auf und schnappte sich seinen Proviantbeutel, danach verließen sie den Balkon wieder und stiegen die Treppe hinab.
Die beiden hatten keine Mühe zurück in den Raum mit den Särgen zu kommen. Dort war alles wie zuvor. Die toten Körper lagen, enthauptet, auf dem Boden oder an den anderen Standorten, wo sie gefallen waren, es stank nach dem Geruch von verfaultem Fleisch. Eine morsche Holztür versperrte den weiteren Weg, doch ihr Schloss war nahezu lächerlich zu knacken. Ein Schwerthieb von einem ihrer Krummschwerter genügte und schon war das rostige Stück gesprengt. Die Tür konnte geöffnet werden.
Sie taten es, nachdem sie sich noch einmal lange angesehen hatten. Was würde sie dahinter erwarten? Gefahren? Mit Sicherheit! Aber würde es Lichtquellen geben, was lauerte womöglich auf sie? War es nur ein weiterer Teil von unzähligen Gängen? Gab es dahinter überhaupt noch etwas? Spannung stieg in die ohnehin aufgeladene Atmosphäre, Spannung in ihren Köpfen. Wahrscheinlich dachte sich jeder seinen eigenen Teil, doch Isabell war hochkonzentriert bei der Sache. Sie war bereit ihr Schwert zu ziehen und damit auch vernünftig zu kämpfen. Nun regierte wieder der ernsthafte, der hochkonzentrierte Teil ihres Ichs. Kein Schlendrian mehr, sondern Augen, die bereit waren zu töten.
Knarrend öffnete sich die Tür, unheimliches Ächzen der Angeln, doch in dem Raum, der vor ihnen lag, war nichts zu sehen. Fackeln links und rechts, schenkten Licht, doch ein ungewöhnlicher, blau schimmernder Nebel drang aus dem Raum zu ihnen. Bald schon hatte er sich auch im Raum der sechs Särge verteilt, doch er schien nicht giftig zu sein, zumindest war davon nichts zu merken. So betraten sie diesen Raum erst nach längerer Beobachtung. Es war ein sehr dunkel gehaltener Gang, der ihnen entgegentrat. Rociel holte daraufhin seine eigene, viel größere Fackel heraus und entzündete sie, so hatten sie mehr Licht. Es standen zwar Fackeln dort, doch ihr Licht wirkte ungewöhnlich matt und kühl, als ob sie gar nicht brennen sollten…
Was nur wartete hier? Schon von weitem sah sie die erste Abzweigung. Doch wohin sollte sie führen?...
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| 19.03.2004 20:22 | #26 |
| Todesfürst |
Für ihn war es ein schlechter Beginn, zumindest empfand er es als schlecht. Er konnte es nicht ausstehen, wenn einem nicht sofort Tatsachen präsentiert wurden, denn das zeugte nur von einer gewissen Intelligenz. Dieses Versteckspiel konnte er nicht leiden und diesen Nebel erstrecht nicht. Es war ein unheimlicher Nebel, der zwar nur wenige Zentimeter über dem Boden schwebte, dafür aber ihre Füße komplett verhüllte. Er mochte so was ganz und gar nicht, nein, wirklich nicht. Zudem waren ihre Lichtquellen erbärmlich. Einfach nur eine Farce waren die Fackeln, die dort standen und loderten. Was nützte ihnen eine Fackel, wenn sie kaum Licht spendete? Jetzt hatten sie zwar Licht, aber er hatte eine Hand voll. Die Außenwände ähnelten überhaupt nicht mehr dem bekannten Bild der Kanalisation, keine schweren Quader mehr, erstrecht keine dünnen Backsteine. Eine solide Wand, ohne Risse lag links und rechts von ihnen. Sie war verziert mit reichen Zeichen, der Putz lag zwar noch gut, aber stark verstaubt da. Überhaupt wirkte hier alles verdammt alt. Seine Fackel zeigte ihnen eine Menge mehr Details, als sie es ohne sie gesehen hätten. Da waren Spinnenweben, so groß wie ganze Menschen, in denen sich zahlreiches Getier befand, aber auch einfach nur sehr viel Staub verfangen hatte. Alte Fackeln lagen noch auf den Böden und Reste von Knochen entdeckten sie immer wieder im sandigen Untergrund. Nur der Hauptpfad war aus sehr großen Steinplatten gemacht. Der erste Pfad war allerdings nicht lang, schon nach wenigen Metern erreichten sie eine erste Abzweigung. Als sie nichts ahnend durch sie gingen, hörten sie knackende Geräusche, es klang fast wie…Knochen! Doch es war nur ein sehr kurzes, leises Geräusch, deswegen schenkte Rociel dem keine weitere Bedeutung. Der zweite Gang sah auch nicht sonderlich lang aus, doch die Wände hatten sich verändert. Sie waren jetzt näher an ihnen, der Weg wurde sehr schmal, bis er nur noch einen Meter breit war. Die Decke bildete dabei keine Ausnahme, sie senkte sich von fünf auf drei Meter hinab. Es war sehr eng, ein echtes Gefühl von Gefangenschaft entstand. Doch das schlimmste für den Jäger des Amulettes war es, dass noch immer nichts passiert war. Gänge konnten aufgebaut sein, wie sie wollten, aber Bewacher, Feinde oder wer auch immer, sie waren nicht so beständig und nichts denkend. Sie suchte er begierig, doch sie zeigten sich nicht. Doch es gab sie ganz sicher, niemand konnte ihm mehr weismachen, dass hier keine Wächter auf sie lauerten. Nicht nach dieser „rein zufälligen“ Begegnung mit auferstandenen Toten, die aus ihren Särgen gekrochen kamen.
Sie gingen weiter, die zehn Meter bis zur nächsten Wand, die das Ende eines Pfades markierte. Zwei Wege führten von ihr, wie schon gewohnt, links und rechts. Eigentlich war es egal, welchen sie wählten, denn wo sollte eine Wahrscheinlichkeit schon höher sein, aber dennoch bat er seine Schwester um die Entscheidung. Sie hatte dabei einfach mehr Glück, Verstand, Talent. Doch die Entscheidung war ihm wirklich vollkommen egal, seine Nerven waren in einer Mischung zwischen Langeweile und Anspannung gefangen, wobei die Anspannung aber häufiger die Oberhand gewann. Dabei war er schon lange nicht mehr so strategisch, wie er es eigentlich sein wollte, sondern viel mehr erwartungsfroh. Irgendwann musste es einfach mal passieren, sie mussten diesen Spiegel finden. Daran glaubte er ganz fest, es geschah alles in Innos Sinn und wenn Innos nicht wollte, dass sie den Spiegel fanden, dann war das eben so. Hm. Ich bin für rechts. Ja, ich denke der rechte wird es dieses Mal sein. Damit war wohl alles gesagt. Dann geht’s nach rechts. Sie bogen in den rechten Gang ein und hofften dort ein Stückchen ihrem Ziel näher zu kommen. Doch die Ruhe, die bis dahin herrschte, sie sollte ein jähes Ende haben. Sie waren noch nicht mal sehr weit gegangen, da drangen Schreie aus den Wänden. Sie hatten es beide gehört und sahen sich besorgt um, nach hinten, nach vorne und auch nach links und rechts. Aber aus den Wänden konnten die Schreie ja schlecht kommen. So liefen sie schneller den langen Gang hinunter, nun begleitet von ständigen Geräuschwechseln. Mal waren Schreie zu hören. Es waren absurde Schreie, sie klangen wie von Kindern und doch zu wahnsinnig dafür. Es gab ein Stöhnen, Ächzen und Jammern, gepaart mit Keuchen und Husten. Es klang aber nicht wie jemand, der krank war, sondern wie jemand, der mehr Sorgen als das hatte. Der diese Geräusche eventuell auch absichtlich einsetzte. Erinnerungen an den Raum mit den Särgen wurden wach, dort drangen auch solche und ähnliche Geräusche ins Freie. Dieses Irreale von lebenden Toten und auferstandenen Verstorbenen, sie war grausig und alles andere als schön, doch keinesfalls ein Grund zum Schreien und Davonlaufen. Wenn Verstorbene aus dem Jenseits wirklich zurückkamen und meinten sie angreifen zu müssen, dann musste man sie erneut töten, ein ganz normaler Prozess eben. Für ihn waren diese Kreaturen auch keine Menschen mehr, so verfault, verrottet und verunstaltet wie sie aussahen. Aber er gab ohne Stolz zu verlieren zu, dass er diese Wesen doch für Furcht einflössend hielt, aber wer würde diese anderen Kreaturen auch schon als normal empfinden. Ihre Hässlichkeit und ihre Art und Weise waren eben unzumutbar und er hätte auf diese Erfahrung gerne verzichtet, aber jetzt mussten sie wieder an das denken, was vor ihnen lag. Und das waren Stimmen, die genauso klangen, so war er sich sicher. Und noch etwas lag vor ihnen. Der Gang war nämlich viel, viel länger als alle anderen bisher, doch seltsamerweise sah man an seinem offensichtlichen Ende ein Licht brennen, das deutlich heller war als die kümmerlich scheinenden Wandfackeln.
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| 19.03.2004 21:34 | #27 |
| Isabell |
Circa zehn Minuten waren sie schon in dem verengten Gang und es machte jetzt schon einen bedrückenden Eindruck. Wenn die Wände nur ein klein wenig zusammenfahren würden, dann wäre es um sie geschehen, doch zum Glück ging das nicht, was Isabell sehr beruhigte, oder auch nicht. Sie hatte sich eine ganz eigene Meinung auf diese Anlage hier gebildet. Zwar war das bestimmt kein weiterer Teil der Kanalisation von Gorthar mehr, doch was war es dann? Es half ihnen in keinerlei Weise, wenn sie hier irgendeine geheime Katakombenanlage erforschten. Sie wollten keinen Schatz finden, nicht mit Gold beschenkt werden oder irgendwelche legendären Gegenstände finden, ihr einziges Anliegen galt diesem verflixten Spiegel. Die Hoffnung war zwar wieder da, doch für wie lange noch war die Frage. Zudem machte ihnen diese unglaubliche Größe zu schaffen. Ein Bauer hatte ihr einst die Geschichte erzählt, wonach ihm mal eine Stecknadel in einen Heuhaufen gefallen sei. Doch er war so ärgerlich darüber, dass er sie tatsächlich gesucht und nach drei Tagen, an denen es zum Glück nicht regnete, endlich gefunden hatte. Diese Suche schien so lächerlich zu sein, einen Heuhafen nach einer einzigen, unwichtigen Stecknadel zu durchsuchen, doch selbst das hätte sie jetzt mit Freuden gern gemacht. Alles schien leichter als in diesem riesigen System aus Gängen und Abzweigungen, Biegungen und Schleichpfaden einen kleinen Spiegel zu finden. Es war wirklich eine größere Suche, als nach der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Doch Isabell motivierte sich immer wieder selber, hatte sich geschworen nicht aufzugeben. Noch einmal wollte sie nicht erst von Rociel motiviert werden. Auf Dauer hingen einem diese dunklen Gänge einfach den Hals heraus, vor allem wenn man eine solch großartige Alternative in der freien Natur hatte, doch da mussten sie jetzt eben durch, Kneifen galt auf jeden Fall nicht, das ganze wurde jetzt durchgezogen, auf jeden Fall.
Beunruhigend wirkten dabei nur die plötzlich eintretenden Geräusche und erst Recht die ungewöhnlichen Erinnerungen. Isabell glaubte, dass sie sich wirklich in einer Krypta oder so was befanden, denn hier schien es geradezu von Toten zu wimmeln. Dass sie auch diese Geräusche mit den Toten in Verbindung brachte, das behielt sie vorerst mal für sich. Doch die schauerlichen Geräusche klangen genau wie von den Sargspinnern und so hatte sie einen berechtigten Anlass an ihre Theorie zu glauben. Allerdings war dieses Abenteuer auch sehr lehrreich. Es stellte sich zwar die Frage, ob dieses Wissen jemanden etwas nutzte, aber für sie war es dennoch etwas Neues, denn auferstandene Tote, das hätte sie nicht für möglich gehalten. So was war abartig und nicht die Dinge, die sich das gemeine Volk immer wieder so gerne vor Augen führte. Traurig aber wahr…
Sie schritten weiter in dem Gang entlang, kamen Meter um Meter dem geheimnisvollen Licht näher, dass sich manchmal sogar zu entfernen drohte, also kleiner wurde, doch vielleicht lag es auch an ihrer Fackel, die sie als Gegenlicht benutzten. Als sie endlich da waren, wurden die Geräusche lauter. Jetzt hörte man es ganz deutlich, selbst ein tauber Mensch hätte diese Geräusche bemerkt, denn es war mehr als nur ein Klang, es war zugleich ein Luftzug und ein Zittern der Knochen. Das, was sie als Fackel gesehen hatten, das war eine Schüssel, in dem glimmende Kohlen lagen. Isabell fragte sich nicht zum ersten Mal, wie es gelang, dass hier alles immer so wunderbar funktionierte, wenn sich nicht jemand darum kümmerte und dieser Jemand würde ihnen dann zwangsläufig auch begegnen. Und so war es dann schließlich auch. Das Erstaunliche und gleichzeitig auch Unlogische war, dass der Gang wieder einen radikalen Schnitt nahm und weiter verlief, das dumme an der ganzen Sache war nur, dass sie jetzt denselben Weg wieder zurückgingen, nur auf einer neuen Bahn. Die ganze Zeit hatte sie nur eine ungefähr einen Meter dicke Wand von dem zweiten Weg getrennt. Die Schüssel mit den brennenden Kohlen war dabei so was wie ein Wendepunkt. Doch selbstverständlich gingen sie nicht den ganzen Weg wieder zurück, das wäre ja der blanke Wahnsinn gewesen. Nein, von wegen, ihre „Gastgeber“, die Stimmen die selbst durch Wände drangen, sie machten sich eindrucksvoll bemerkbar. Ungefähr die Hälfte des Weges hatten sie zurückgelegt und dann kamen sie zu einer Stelle, die für den weiteren Verlauf ihres Weges sehr wichtig sein sollte. Sie hatten sie schon von weitem erkannt, was einfach daran lag, dass wieder das Feuer von weiteren Kohleschüsseln brannte. Doch nicht eine alleine, zwei sogar standen an diesem Durchgang. Er besaß keine Tür, nur ein Steinbogen machte einen Eingang deutlich. Die Wände wirkten geschliffen, waren jedenfalls sehr glatt, wieder waren diese seltsamen Symbole daran zu sehen. Sie wirkten wie eine Sprache, aber sie hatte keine Ahnung welche. Doch es bedeutete sicherlich nichts gutes, da war sie sich sicher. Die Wände bestanden zudem nun aus einem anderen Material. Mit einem Schlag änderte sich die komplette Architektur, kleine, enge, quadratische Gänge wichen großen Deckenwölbungen, Säulen aus schwarzem Marmor und selbst die Wände waren in dezenter, nie vergänglicher, schwarzer Farbe gehalten. Es war so, als ob sie jetzt das heiligste dieser Gänge betraten. Es gab nur diesen einen Weg, denn was sie nicht wussten war, dass selbst wenn sie den linken Gang vorhin gewählt hätten, sie trotzdem hierher gekommen wären, nur eben von der anderen Seite. Diese Anlage war nicht wie die Kanalisation, sie gehörte auch gar nicht zu diesem Gebilde, sie war vollkommen eigenständig und hatte auch einen ganz anderen Sinn.
Isabell staunte große Löcher in die Luft, doch instinktiv griff sie nach den Griffen ihrer Schwerter und zog diese unbemerkt heraus. Rociel signalisierte das natürlich, doch noch tat er es ihr nicht nach, vielleicht auch, weil er die Fackel trug. Nichts desto trotz spürte sie Gefahr im Anzug, eine ungewöhnliche Luft war hier. Die Lage war mehr als nur angespannt. Einen großen, wenn nicht den einzigen Anteil daran trugen die Stimmen daran. Sie wurden lauter und immer intensiver, als ob sie direkt in ihre Herzen gehen sollten. Das Röcheln klang unheimlich nahe, als ob hinter ihnen jemand erwürgt würde, das Stöhnen klang so unendlich langsam, so träge und die Schreie waren sicherlich keine glücklichen Schreie. Wie Gespinste in ihrem Kopf kreisten sie durch die Luft, nahmen eine personifizierte Gestalt an und mochten sichtbar werden. Nicht als Geräusche, sondern als unsichtbare Begleiter, Seelen gefallener Körper. Sie alle hatten hier ihr Heim, nur zu verständlich, warum ausgerechnet hier. Denn ansonsten wirkte ihre neue Umgebung neutral, wenn nicht so dunkel wäre es fast schon angenehm hier zu sein. Doch nicht lange dauerte der hell erleuchtete Weg, zwei weitere Kohleschüsseln markierten eine Tür. Vergittert war eine Luke darin, doch man blickte durch sie hindurch und konnte nichts sehen. Sie war verriegelt, doch der Riegel lag ihnen und war rasch verschoben. Ein weiteres Mal öffnete sich eine hölzerne Tür, während die ewig ungeölten Angeln ächzten…
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| 20.03.2004 16:34 | #28 |
| Todesfürst |
Genug war es, als sie die Tür öffneten, stürmte etwas an ihnen vorbei, ein schauriges Lachen erklang und ließ ihn kurzzeitig erzittern. Dahin waren die eher traurigen und schaurigen Klänge, ein diabolisches Lachen zog mit dem Luftzug an ihnen vorüber. Doch mehr als ein Luftzug war es nicht, es gab sich gar nichts zu erkennen und auch die schon gewohnten Geräusche kehrten in seine Gehörgänge zurück. So sah er misstrauisch zu Isabell, wie er es oft tat, wenn er Entscheidungen nicht alleine fällen wollte, oder vielleicht auch konnte. Sie nickte und signalisierte Zustimmung und so nickte auch er und ging zusammen mit ihr durch den Rahmen der Tür. Fackeln gab es nun nicht mehr und auch keine Kohleschüsseln, nur seine Fackel spendete noch Licht. Selbst der Luftzug hatte sie nicht löschen können, doch das war wohl auch nicht möglich. Zuerst fiel ihm überhaupt nichts auf, doch dann bemerkte er die Wände. Es war ein schauriges Bild das sich ihnen bot, denn die Wände waren blutverschmiert. Einzelne Ornamente schienen noch richtig nass, als ob das Blut noch frisch gewesen wäre. Und nun sahen sie auch die dünnen Knochen im Sand des Bodes liegen. Steinplatten waren nun gänzlich verschwunden und wieder wurde es dünner, was die Dunkelheit so gerne verschleiert hätte. Es wirkte wie eine riesengroße Falle und Rociel vermochte es sogar zu riechen, dass hier etwas nicht stimmte, doch noch immer wurde nicht mit offenen Karten gespielt, Dunkelheit war das herrschende Element. Schatten schlenderten daher, hauptsächlich ihre aber auch andere Dinge spiegelten sich darin. Wie ein lautloser Dieb folgte ihnen das schwarze Abbild ihres Körpers, ohne die Fähigkeit zu verschwinden. Doch andere Schatten konnten verschwinden und das blitzschnell. Ein Rätsel blieben diese Geräusche, sie mochten einfach nicht verschwinden. Die ganze Zeit sehnte er sich nach der Armee, die diese Worte ausstieß, doch sie wollten einfach nicht kommen. Wieder wirkte es, als ob die Wände selbst schreien und stöhnen würden. Dabei waren diese Geräusche richtig akustisch bemerkbar, keine Einbildungen in ihrem Kopf konnten so laut durch die Ohren kommen. Es musste etwas weltliches, etwas reales sein, keine Geister und Gespinste, wie man es sich vielleicht gewünscht hätte.
Doch auch der Gang gab keinen Anlass zur Freude, denn neben den blutverschmierten Wänden und den Knochen, die ihnen mit der Zeit immer häufiger begegneten, fühlte er auch noch etwas anderes, ihm wurde unwohl. Schon zehn Minuten hielten sie sich in dem Gang auf, der vor Schwärze nur so triefte und die Luft wurde dünner. Sie roch nun immer mehr nach Tod und schnürte ihm den Atem ab. Es wurde schwerer zu atmen und auch die Temperaturen stiegen drastisch. Schon bald hatte er dicke, vereinzelte Schweißtropfen auf der Stirne kullern, die er sich von Zeit zu Zeit abwischte. Wie in einem großen Ofen kam er sich vor, als ob der Gang nun befeuert würde. Doch bei einem Feuer wäre Licht zu sehen, doch sie sahen kein Licht, überhaupt kein Licht. Nur das Feuer ihrer Fackel, das sicherlich auch zu der Hitze beitrug, aber unmöglich alleine dafür verantwortlich sein konnte.
Plötzlich fing sein Amulett am Halse an ebenfalls Wärme abzugeben, erst dachte er, es hätte sich erwärmt, genau wie sein restlicher Körper, aber dann verwarf er diesen Gedanken wieder und blieb abrupt stehen. Was hast du?, fragte Isabell mit schwacher Stimme, im Flüstern und ebenfalls Schweißperlen auf den Lippen. Rociel wusste selbst nicht so genau, was er hatte, aber seine Instinkte waren auf Hochtouren im Einsatz. Sie witterten was. Andere Menschen hätten es vielleicht überhört, aber nicht er, kein Dämon. Dieses Geräusch…geh zwei Schritte hinter mir hörst du? Ich brauche eine zuverlässige Deckung. Isabell tat wie ihr geheißen und blieb mit leichtem Abstand hinter ihm, während sie genauso weitergingen, wie bisher. Doch er blieb weiter konzentriert und hielt die Fackel fest in Händen. Doch er wechselte sie in die linke Hand, mit der rechten blieb er in der Nähe seines Gürtels. Er spürte etwas und dazu brauchte er eventuell schnell eine Waffe und nichts konnte er in dieser Situation schneller ziehen, wie einen Dolch. Dieses Geräusch, was er vernommen hatte. Es klang näher als die anderen, viel näher, wenn nicht gar…neben ihnen…
Sie gingen weiter, der Gang blieb heiß, bald schon schwitzte jede Pore seines Körpers, seine Haut ölte sich mit der natürlichen Flüssigkeit ein und wurde glitschiger, doch gleichzeitig fiel es ihm so auch schwerer einen festen Griff zu behalten. Sie machten ein paar geordnete Pausen, in denen immer einer abwechselnd etwas trinken konnte, denn Wasser war sehr wichtig für den Körper. Doch Sorge machte ihm nur die Länge dieses Ganges. Sie waren schon viel zu lange hier drin gewesen. Er hoffte, dass es sich lohnen würde. Oh Innos, belohne uns mit dem Ziel, für unsere Mühen, für unser Gedeihen. In dunklen Zeiten wie diesen hoffen wir, dass unsere Mühe nicht umsonst sein wird. Schenke uns dein göttliches Licht, schenke uns ein Ziel. Seine stillen Gebete waren tiefgründig und fromm, aber sie konnten nur selten kommen, da ihm dieses Gefühl der Verfolgung jede Konzentration raubte. Und so war es schon fast eine Erleichterung, als das Amulett begann stärker zu glühen, so sehr, dass es sich in seinen Hals bohrte und dort brennenden Schmerz hinterließ. Ein Zeichen, dass ihnen Gefahr drohte. Kein gutes Zeichen, aber für ihn war es die Bestätigung, dass er keine Geister sah und sich nicht von dem Chaos hier anstecken ließ. Nun ging er schneller, fast schon rannte er, sie hatten nun keine Zeit mehr zu verlieren, die Zeit war gegen sie, irgendjemand oder irgendetwas lauerte hier auf sie und sie waren zu blind es zu sehen.
Nach ein paar Minuten blieb er wieder stehen, sein Körper war inzwischen nass und sehnte sich wieder nach Wasser, ihre Koordination funktionierte gut, denn seine Schwester blieb immer ein paar Schritte hinter ihm. Nun – nur für einen Moment – stoppte er, um etwas zu trinken. Während bei ihm noch alles glatt ging, passierte es dann. Immer noch glühte das Amulett, da hörte er einen kurzen Schrei, Isabell wollte gerade den Krug an ihre Lippen bringen, da wurde sie daran gehindert. Zuerst konnte er nichts sehen, doch dann merkte er in seiner Präzision, wie sich zwei Hände an Isabells Beinen befanden und sie nach unten zogen. Hände? Unter ihnen? Rociel war schockiert und seine Schwester noch viel mehr, doch so schnell ließen sie sich nicht aus der Fassung bringen. Sofort war er bei ihr und versuchte sie von den grauen Händen zu befreien, doch diese saßen so fest, dass es unmöglich schien. So ließ er sich etwas anderes einfallen. Halt mal! Mit lässigem Befehl warf er seiner Schwester die Fackel zu, wobei die Flammen gefährlich nahe kamen, mit seiner freien Hand griff er dann in den Sandboden und spürte sofort, wie tief es doch dort herunter ging. Seine Hand wühlte hektisch herum, fand etwas Festes und er zog es hoch, doch es war nur der Totenkopf eines Menschen. Angewidert und geschockt war er das Ding in eine Ecke und versuchte es noch einmal. Währenddessen war seine Schwester schon bis zu den Knien im Boden, auch ihr gelang es nicht die Hände zu lösen. Sein zweiter Griff landete auch erst nichts Gescheites, obwohl es eigentlich etwas hätte geben müssen, aber dann endlich verspürte er etwas, etwas kaltes, pulsierendes. Mit einem Ruck zog der Fürst das Etwas hoch, mit Hilfe all seiner Kraft und der energischen Hilfe von Isabell konnte er das Etwas hinaufbefördern und mit ihm Isabells Beine. Zum Vorschein kamen erst die mageren, verfaulten Hände, doch dann auch der Kopf und zuletzt der Ansatz eines Halses, an dem sich nun die Hand von Rociel befand. Als der Kopf des Verfaulten aus dem Sand kam, bewegten sich die verfaulten Zähne und ein Luftstoß drang ihm entgegen, doch gleichzeitig hatte der Fürst schon nach einem seiner Dolche gegriffen und versenkte ihn zwischen den Augen. Die Wucht war so groß, dass es den Schädel geradezu zerfetzte und verfaulte Hautstücke durch die Gegend flogen. Gleichzeitig spürte man, wie der Rest des Körpers absackte und die Arme ihre energische Sturheit aufgaben. Schnell befreite sich seine Schwester, mitsamt seiner Hilfe, von dem Ekel erregenden Fleisch und gemeinsam schütteten sie eiligst Wasser auf die Stellen, wo sie das Fleisch berührt hatten. Isabell hatte ja ihre Wolfspelzhose, aber seine Hände waren nicht geschützt. Sie rieben sich so schnell es ging ein, in der Hoffnung, nichts abbekommen zu haben, doch gleichzeitig glühte das Amulett noch immer. DAS machte ihm Sorgen, große Sorgen.
Sie waren gerade mal eine Minute damit fertig, da begann sich der Gang zu biegen, mal nach links, mal nach rechts. Zumindest mochte es sich so anfühlen. Der Sand, der eben noch um sie war, floss ab. Und das hatte einen guten Grund. Die Bewohner waren nun erwacht. Dieser eine Verfaulte, der war nämlich nur ein kleiner, zu schneller Teil eines Ganzen. Eine seine Vermutung war richtig gewesen, das war eine Falle gewesen. Denn unter dem Sand lauerten mehrere dieser Kreaturen, um Ahnungslose, die wohl alle Jahrhunderte mal vorbeikamen, zu verspeisen. Doch sie hatten die Rechnung ohne sie gemacht. Rociel war jetzt nämlich stocksauer, was sich nicht wirklich mit seiner Körpertemperatur vertragen wollte. Er glühte förmlich, drohte sich zu entzünden. Jetzt reicht es mir aber! Verdammt noch mal, was seid ihr für Miststücke! Sein Dolch, der diese eklige Flüssigkeit noch anhaften hatte, flog durch die Luft, direkt zwischen den Augen eines weiteren Verfaulten, der taumelte, flog nach hinten und blieb liegen. Doch das war sicher nicht alles und so zog er nun sein Schwert, das seit langer Zeit mal wieder kreischend aus der Scheide kam. Ein mehr als eindeutiges Zeichen.
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| 21.03.2004 11:25 | #29 |
| Isabell |
Kleine Tropfen. Ganz kleine. Und ganze große. In den nassen Händen lagen ihre Klingen, sie spielte ein wenig damit, um sie fest in der Hand zu behalten, den Schweiß so schnell wie möglich loszuwerden, doch dies gelang nicht ganz. Wenigstens waren die Griffe der Krummschwerter mit einem dünnen Leder verbunden, so saugte es sich ein bisschen an sie. Doch sie fürchtete nicht die Schwerter zu verlieren, sie fürchtete mehr diese Situation. Die Fackel war nun keine große Hilfe mehr, gab sie trotz ihrer guten Flamme doch nur noch mäßiges Licht. Es waren einfach zu viele. Sie standen alle um sie, dieses Gefühl, als diese tote Hand um ihre Beine lag, es war schaurig. Sie fühlte sich total unwohl und die Kraft, die sie in den Sand ziehen wollte, sie war unheimlich mächtig. Zum Glück musste sie es nicht ertragen eine echte Berührung zu spüren, doch noch immer fror ihr Körper an den beiden Stellen. Als ob man ihr dort die Wärme aus dem Körper ziehen wollte.
Sie wirkten unmenschlich mächtig in diesen Sekunden, diese verfaulten Wesen. Ihr Stöhnen und Keuchen war betäubend, die Luft verwandelte sich schier in schwarzen Ruß. Es brannte, es knisterte, unheilige Magie lag über ihren Köpfen. Und doch kamen nach wie vor andere Geräusche aus anderen Teilen dieser Katakomben. Ein Begräbnis für unheiliges Fleisch, Beliars Wesen? Sie kannte sich nicht halb so gut aus wie ihr Bruder, was die Götter anging, doch das tote Körper wieder leben, das konnte nur das Werk des einen Gottes sein. Beliar selbst. Tote Körper, einst menschlichen Ursprungs, sie konnten nicht leben, sie durften nicht leben. Welch böser Zauber hielt sie noch in dieser unwürdigen Form und merkten ihre Seelen überhaupt noch etwas? Soviel schwirrte in ihrem Kopf herum, sie hatte so viele Gefühle und Zuckungen in dem Moment, als sich die Erde öffnete und die Toten aufstanden. Erwacht aus einem endlosen Schlaf, nur darauf erpicht das Fleisch der Lebenden zu essen. Wie lange hatten sie das schon nicht mehr getan? Und brauchten diese Wesen überhaupt Fleisch? War nicht das Töten alleine ihre Bestimmung? Ihr Schicksal? Ihre Aufgabe?
Isabell sah zu ihrem Bruder, dessen Kopf glutrot hinter der Fackel schwarz schimmernd wirkte. Noch nie hatte sie ihn so wütend gesehen. Wütend über sich, oder über die Situation? Selbst durch ihre Blutverbindung konnte sie nur spüren, wie aufgeregt er war und wie er etwas Besonderes fühlte. Doch mehr mochte sie nicht von ihm zu erkennen. Viel Zeit blieb jedoch nicht, um sich alles in Ruhe anzusehen, denn die Gefahr kam näher. Diese Wesen waren langsam, doch sie kamen. Mit ausgestreckten Armen wollten sie ihre vermeintlichen Opfer kriegen. Isabell wusste, dass sie zwar nicht schnell waren, aber eine unheimliche Kraft besaßen und wahrscheinlich eine Berührung ihrer verfaulten Haut auch sonst noch unangenehme Folgen haben könnte. So blieben ihnen nicht viele Möglichkeiten. Eingesperrt in einen engen Gang, keine Flucht wurde mehr geboten. Von beiden Seiten waren die Toten auferstanden, so blieb nur noch ein Mittel. Sie mussten ihre Chance im Kampf suchen.
Was gedenkst du zu tun? Ihr Bruder verzog keine Mine, im Schutze des Schattens sah sie nur, wie sich sein Mund langsam bewegte und die Anweisungen wie militärische Befehle aus seinem Mund kamen. Doch sein diabolisches Antlitz, gepaart mit dem verrückten Kichern, das kannte sie nicht und sie mochte es auch nicht wirklich. Hehehehe, wir werden diesen Kreaturen zeigen, was wir von ihnen halten. Beliar hat sich aber etwas Feines ausgedacht, hehehehe. Wenn dieser ganze Aufwand umsonst sein sollte, so werde ich keine weiteren Störungen zulassen. Wir sind nicht hierher gekommen, um uns besiegen zu lassen. Wir sind hergekommen, um zu siegen! Hehehehe… kommt, kommt nur ihr Bastarde. Wolltet meine Schwester haben hm? Wolltet eure unheiligen Hände an sie legen hm? Wolltet ihr wehtun hm? Dafür, werdet ihr bezahlen. Niemand geht so mit ihr um, niemand!
Mit einem Mal hörte sein Kichern auf und unerwartet drehte er seinen Kopf zu ihr, hielt die Fackel so, dass sie in seine nassen Augen sehen konnte. Isabell sah, wie ihrem Bruder mehrere Tränen über die Augen gelaufen sein mussten und wie sie nun glasig schimmerten. Sie wunderte sich sehr und war für einen Moment total geschockt, ehe sie ihm selbst jetzt noch die Hand reichte, in der eines ihrer Schwerter lag. Auch sein Schwertarm legte sich auf ihre und ihre Klingen überkreuzten sich. Als ob sie Hand in Hand wären, bildeten sie eine Einheit, während das Keuchen nun bei ihnen war. Zusammen sind wir unbesiegbar, versprach sie ihm. Zusammen sind wir unbesiegbar, wiederholte er flüsternd. Dann sprang sie auf, die Verfaulten traten urplötzlich aus dem Schatten und streckten ihre gierigen Finger nach ihrem Fleisch aus…
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| 21.03.2004 12:31 | #30 |
| Todesfürst |
Heiß. So heiß wie das Feuer der sieben Höllen. So heiß, dass es fürchterlich schmerzte. In seinem Herzen flammte die Glut, ein immer wiederkehrender Wind heizte sie von neuem an. Sein Schwert war durstig, oh ja, aber Blut würde es heute nicht bekommen, sondern nur das stinkende Fleisch dieser einstigen Menschen. Nun waren sie da und er konnte sie nicht mehr ertragen, ihr Geruch war Sünde und ihr Röcheln war Rache. Es reichte. Niemand hatte das Recht, so mit ihnen umzugehen, dabei fühlten sie sich als ganz normale Feinde. Vielleicht sogar als Bewohner dieser Stätte oder als Wächter von irgendetwas, aber was zu viel war, das war einfach zu viel. Diese Brut stank ihm jetzt gehörig und er wollte ihre schlurfenden Schritte zum Erstarren bringen, er wollte, dass ihre Körper endlich Ruhe finden würden. Wer weiß, vielleicht waren es sogar mal herzensgute Menschen, die dank Beliar zu solchen Monstern wurden. Aber nein, Innos würde sich um sie kümmern, in seinem Reich würde sie das Paradies erwarten und sie würden als gefallene Schäfchen wieder auferstehen. Doch zunächst musste ihre jetzige Form vernichtet werden!
Sein Schwert fuhr nach vorne, mit einem gewaltigen Schlag, donnerte ein Schädel durch die Gegend, ließ Hautteile reißen und den Körper matt umfallen, sofort war ein Zweiter bei ihm und musste mit der Qual der Flammen leben. Rociels Fackel hatte sich in das Gesicht des Gesichtslosen gebohrt, nun brannte erst sein Gesicht, dann sein Oberkörper. Es stank bestialisch, das alte Fleisch wurde gebraten, die letzten Flüssigkeiten kochten. Rociel sah sich das nicht lange an, mit einem Ruck schleuderte es den Körper nach hinten, als lebende Fackel fiel er zu Boden und blieb liegen. Danach kehrte er blitzschnell zurück in das aufgerissene Loch zwischen ihnen, Seite an Seite kämpfte er dann mit seiner Schwester in dem engen Gang. Zu zweit ging die Arbeit fiel leichter, wie Fliegen fielen die Verfaulten vor ihnen. Dauernd brachen ihre Schwerter in die Körper ein und während Isabell diese beschäftige, sorgte Rociel dafür, dass die Kreaturen kopflos wurden. Sie hatten aus Fehlern gelernt. Doch die Flut wollte nicht stoppen, es schien den ganzen Gang diese Dinger zu geben. So hatten sie einiges an Arbeit. Die aufgerissene Lücke wurde schnell gefühlt, von seiner Seite drangen immer mehr Feinde zu ihnen. Ihre beiden Fronten waren kaum haltbar, da sich eine immer mehr lichtete und die andere immer größer wurde. Bald schon hörte er das Röcheln hinter ihnen nah wie nie, im selben Augenblick drang sein Schwert durch den schwarzen Hals eines Verfaulten, während die Fackel seinen Kopf entzündete. Mit einem Mal fuhr sein Schwert nach hinten, sein Körper drehte sich mit. Ein markerschütterndes Geräusch drang durch seine Ohren in seinen Kopf, wie die einwandfreie Klinge sich an der schwarzen Stirn festbiss. Der Griff begann zu glühen, oder besser gesagt, das Amulett begann zu glühen. Er erinnerte sich, es war das Amulett von Almira, genannt „die Weise“. Warum er ausgerechnet das Amulett der Weisheit auf seine Klinge bannen ließ, das war ihm schon lange ein Rätsel, aber er hatte sich damals vorgenommen nicht zwei Amulette um den Hals zu tragen aber dennoch sollten sie immer in seiner Nähe sein. Jetzt war das egal, denn von dem Amulett ging eine deutlich zu spürende Macht aus, ein warmes, aber doch liebliches Glühen. Noch immer steckte die Klinge in der schwarzen Stirn des Verfaulten, der sich nicht mehr rührte und aus dem Grund des Glühens traute er sich nicht die Klinge herauszuziehen, dabei kamen weitere Tote auf ihn zu. Auch zu Isabell wollte er und so war dieses Verharren total untypisch und sinnlos. Doch für einige wenige Momente vermochte er die Macht des Amulettes zu sehen, wie das Herz in dem Stück Metall bebte, wie es scheinbar immer noch am Leben war. Alleine das Amulett war ein mächtiger Gegenstand und diese Macht bekamen die Verfaulten nun am eigenen Leib zu spüren. Ein Donnern, das durch die Enge des Ganges und dem Echo noch verstärkt wurde, zerriss es den Schädel in tausend Einzelteile, wie in einer freien Bahn flogen sie neben seinem Kopf umher und als die Klinge wieder zum Vorschein kam, sah er das Züngeln eines roten Blitzes daran, der im selben Augenblick verschwand, als ob er nie da gewesen wäre. Auch ein paar Andere hatte die Wucht des Donners getroffen, sie waren für Sekunden betäubt und so hatte er leichtes Spiel ihre Köpfe vom Körper zu schlagen. Doch noch war keine Schlacht gewonnen. Der Ansturm war grausam und unfassbar, ein Meer, das gegen sie brandete, ein nimmermüder Strom aus totem Fleisch.
Auf einmal kam ein ganz besonderer Feind auf ihn zu. Im Kopf hatte er seinen Dolch stecken und obwohl die Klinge tief in der Kopfhaut steckte, was jeden Sterblichen getötet hätte, war dieses Ding immer noch am Leben. Wütend und verärgert über die Hartnäckigkeit blieb er auf seinem Weg zu Isabell zurück stehen und machte kehrt. Diese jämmerlichen Kreaturen waren erbärmlich, hatten sie noch nicht mal eine Waffe, um ihnen gefährlich nahe zu kommen. Fast spielend tauchte sein Oberkörper nach oben, ehe sich sein Schwert in den Bauch des Verfaulten rammte. Zwei Meter rutschte er nach hinten, ehe Rociel stehen blieb. Ein weiteres dieser Geschöpfe war ihm gefährlich nahe gekommen, nur wenige Zentimeter entfernt war es bereit die gierigen, grauen Finger an seinen Hals zu legen. Blitzschnell griff der Fürst an den Kopf des Feindes vor ihm, zog mit einem Ruck seinen Dolch heraus, wobei er wieder diese schleimige, schwarze Flüssigkeit mitnahm und warf. Aus dem Handgelenk heraus flog der Dolch ohne großen Schwung, doch blieb er an einer schlechten Stelle in der Brust hängen, doch das verschaffte ihm Zeit. Mit einem beherzten zweiten Wurf flog die Fackel hinterher, die sich wie eine brennende Pechschüssel auf den Feind stürzte, währenddessen zog er sein Schwert wieder aus den Rippen, das er nun mit zwei Händen führen konnte. Doch die Lichtquelle, sie war zu Boden gefallen und ließ das ohnehin schon dunkle nun noch ein Stückchen schwärzer erscheinen. Nichts desto trotz führte er Todesodem weiter, das Schwert des Amulettes. Wie gut, dass es nun dunkler war, denn so blieben seinen Augen die Anblicke erspart, doch er fühlte es dennoch. Ein gieriges Schwert labte sich an den Opfern, zwei, drei, dann vier enthauptete Körper blieben zurück, bis er sich auf den brennenden Feuerteufel konzentrierte. Fast mochte man meinen, die Kreatur war in Panik durch den brennenden Körper, aber nein, solche Wesen konnten gar keine Gefühle mehr haben. Blind und ungestüm, aber immer noch in der Hoffnung Rociel zu töten rannte die lebendige Fackel auf ihn zu und das Feuermeer hätte ihm schwere Verbrennungen zugefügt, doch nicht solange er seine Klinge in Händen hielt. Einen Meter vor ihm wurde der Anlauf jäh gestoppt, zuerst rannte der brennende Tote in sein Schwert, danach katapultierte sich sein Kopf in die Höhe und blieb dumpf liegen. Rociel vernahm keine neuen Schritte, es schien, als ob nichts mehr nachkommen sollte, so bückte er sich zu seiner Fackel, die auf dem Boden gegen eine Wand brannte und nahm sie wieder.
Ein unheimliches Bild bot sich ihm, denn der brennende, enthauptete Körper stand noch immer da, als ob sich die Muskeln noch am Leben halten würden. Doch auch sein Dolch steckte noch in dem Fleisch. Beherzt schlug er mit seinem Schwert auf den Griff des Dolches und ließ ihn zu Boden fallen, klirrend sollte er dort erst mal kühlen, so schnell wurde er nicht mehr gebraucht. Stattdessen versetzte er dem Körper einen Tritt gegen die Schienbeine und nun endlich fiel er um und blieb im Staub der Toten endgültig liegen.
Wie ein Wiesel flitzte er dann zu Isabell, die wenigen Meter waren wieder viel zu lange und er fluchte schlimme Worte in seinem Kopf, doch als er endlich da war, schien das alles vergessen. Eine wahre Übermacht stand dort, Isabell hielt sich zwar wacker, doch er bemerkte, wie ihre Schritte nach hinten gingen und ihre Schwerter nicht mehr ausholten. Doch dies war nur eine Momentaufnahme, denn nun waren sie wieder vereint und nachdem die eine Front frei war, war diese Übermacht zum scheitern verurteilt, so war die erste Tat, die er begann, einem Verfaulten das Schwert in die Schulter zu rammen und blitzschnell herauszuziehen, so dass er taumelte und fiel, was die meisten hinter ihm auch zum fallen brachte. Sie mussten einfach ihre Vorteile ausnutzen, die Schnelligkeit und den Weitenvorteil. Dabei wollte er dem Frieden in ihren Rücken nicht trauen, irgendetwas war da bestimmt noch…
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| 21.03.2004 14:52 | #31 |
| Isabell |
Ja, gut das du da bist. Verdammte Tote. Ich krieg sie einfach nicht in den Griff. Es sind zu viele! Ständig kamen neue Feinde aus dem dunklen Gang, er war so lang gewesen, dass Isabell gar nicht dran denken wollte, wie viele es noch sein könnten. Wir müssen einfach nur unsere Vorteile ausnützen, wir haben schon so gut wie gewonnen. Schließlich gilt es diesen Abschaum zurück in den Tod zu schicken, denn dort gehören sie hin. Was danach mit ihnen passiert…ist egal. Ja, er hatte Recht, wenn es nur nicht so heiß gewesen wäre, dann hätte man das alles ja noch einigermaßen ertragen können. Doch an der Gluthitze hatte sich nichts geändert, mit den schnellen Bewegungen hatte sich das nur noch alles gesteigert und alleine die Anspannung hätte schon Scheißperlen auf die Stirn gejagt. Wie gerne hätte sie nur einen Schluck Wasser getrunken, aber hier galt es jede Sekunde da zu sein. Diese toten Körper waren zwar äußerst langsam, aber auch sie kamen voran und eine Begegnung mit dem verfaulten Fleisch wollte sie nicht noch einmal machen, einmal hatte auf jeden Fall gereicht.
Stück um Stück fiel nun vor ihnen, das Blatt hatte sich schlagartig gewendet. Die Toten hatten keine Seele und steuerten immerzu blind auf sie zu, nur mit dem Willen sie zu töten und mit keinem anderen Gedanken beseelt, so war es jetzt besser zu schaffen. Taktische Finesse, davon hatten sie sicherlich noch nie etwas gehört. Die Klänge von fallendem Fleisch waren zu vernehmen, ein ums andere Mal fielen Gliedmaßen zu Boden, abgeschlagen oder abgefallen, was machte das schon für einen Unterschied. Sie wichen nun gemeinsam wieder nach vorne, wenn sich einmal die Klingen trafen, dann nur um erneut auszuholen. Das Klingen war das einzige, was man noch neben dem Raunen der Masse hören konnte. Anfangs war es noch laut, doch langsam aber sicher wurden die Stimmen leiser, immer mehr Köpfe sanken zu Boden und fanden ihr grauenhaftes Ende enthauptet wieder. Doch nur so konnten sie ein für allemal vernichtet werden. Einfach nur die edle Klinge durch ihren schwarzen Körper zu stecken half nicht fiel. Sie fielen um, sie standen wieder auf, sie fielen um, sie standen wieder auf…so konnte man nicht weit kommen, diese Lektion hatten sie schon früh begriffen. Inzwischen waren ihre Haare so verklebt, dass sie richtig schwer wurden, dass das nicht ihre Schuld war, das tröstete sie nur wenig, würde sie hier unten wohl kaum eine Gelegenheit haben dieses Malheur wieder auszugleichen. Auch dies sorgte dafür, das sie nun wieder offensiver kämpfte, sie unterstützten sich einfach gegenseitig und hielten immer wieder einzelne Tote auf, in dem sie die Arme abschlugen und somit ihre totale Hilflosigkeit festlegten. Doch trotz ihrer Überlegenheit blieb es ein seltsamer und hochgefährlicher Kampf. Sie schlugen die Verfaulten zwar immer weiter zurück und machten bald große Schritte nach vorne, wobei sie auch über die endgültig toten und enthaupteten Körper stiegen, doch lange Zeit wirkte der Kampf und ihre Bemühungen sinnlos, da der Strom einfach nicht abreißen wollte.
Doch irgendwann war es soweit und es kam total überraschend. Sie arbeiteten sich immer weiter nach vorne. Gegen das Klingenspiel hatte selbst der Körper einer unheiligen Kreatur keine Chance, wie sollte man sich auch schon schärfsten Stahl entgegenstellen, wenn man nur seinen eigenen Körper besaß. Sie fällten einen nach dem anderen, immer weiter, immer wieder. Das sie dabei zu zwei waren gab zusätzliche Kraft, da man wusste, dass man ein bisschen gesichert ist. Zumindest für sie war es gut, so ließ sie sich ab und an hinter ihren Bruder zurückfallen um kurz Luft zu holen, da ihre Atemwege verklebt waren, der ganze Staub, die ungewöhnlich dünne Luft und die Hitze setzten dem Körper viel mehr zu, als die Anstrengung dieses schon so lange dauernden Kampfes. Aber dann, mit einem Mal war der Strom versiegt. Sie hatten zusammen den letzten Faulenden geknackt, beide Krummschwerter rissen sich in den Oberkörper und den Hals, ließen ihn wie auf dem Serviertablett aussehen und mit einem beherzten Schlag ihres Bruders war der auch enthauptet. Diese grauenhaften Bilder waren schrecklich, denn überall lagen Köpfe und Gliedmassen, doch überhaupt war der Kampf schrecklich. Es würde immer Opfer geben, ein Kampf auf Leben und Tod war kein schöner Anblick, sondern immer mit Grauen verbunden. Die Bilder waren am Anfang noch schwer, besonders im ersten Raum, dort wo die sechs klopfenden Särge standen, aus denen sich dann genau solche Kreaturen befreiten, aber sie hatte sich dran gewöhnt. So richtig dran gewöhnen konnte man sich sicher nie daran, doch es machte ihr nichts mehr aus. Sie sahen den Tod schon häufig genug, da machte dies auch nichts mehr. Sie war nicht abgestumpft, nur wollte sie weiterleben. Nicht für solche Wesen sterben. Nein, nicht so.
Als keine Schritte mehr auf dem Steinboden ertönten, ließ sie die nassen Griffe der Schwerter los und sank zu Boden. Direkt neben einigen Körperteilen, dem unglaublichen Gestank und der schwarzen Flüssigkeit lehnte sie sich gegen eine Wand. Ihre Hände hatten tiefe Furchen durch den energischen Griff bekommen und ihre Haare waren, wie schon geahnt, total verklebt. Ihr Gesicht musste grausam aussehen, abgehetzt und nass, ihre Schultern fühlten sich wie weicher Käse an. Den Kampf hatten sie wohl gewonnen, zumindest schien es so, doch für was? Welchen Preis sollten sie dafür bekommen? Gab es überhaupt eine Belohnung? Noch waren sie in einem dunklen Gang und so schnell würde sich das auch nicht ändern.
Das Wasser, selbst hier unten schmeckte sie es blau und kühl. Auch wenn sie nur eine Flüssigkeit zu sich nahm, die sie nicht sehen konnte, so benetzte sie damit auch ihr Gesicht, ihre Finger, ihre Lippen. Wasser. Das war es, was sie am dringendsten brauchte. Hast du mitgezählt? Ihr Kopf drehte sich langsam zu Rociel, der keine Anstalten machte nur einen Schluck zu trinken und sich nicht einmal setzte. Was gezählt? Die Flamme wurde größer, nun erreichte sie fast einen halben Meter und gab mehr Licht als zuvor. Es waren mindestens zwei Duzend. Eher drei. Wir haben den Spiegel immer noch nicht gefunden. Ich…ich glaube… Isabell erschrak in dem Moment, wo sie wusste, was er fühlte, ihre Augen wurden größer und die Pupillen kleiner. Nein! Ein Schrei. Wir finden ihn. Ganz sicher. Gib mir noch etwas Zeit, ich bin gleich soweit. Wir finden ihn. Denk nicht einmal daran.
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| 21.03.2004 17:54 | #32 |
| Todesfürst |
Pause? Ja eine Pause. Nur eine kleine Pause. Zeit. Was ist schon Zeit. Zeit haben wir doch genug. Alle Zeit dieser Welt. Woher nur hat sie es gewusst? Mein Blut? Nein, sie kann es nicht gespürt haben…oder doch? Ich bin so verwirrt. Wieso wusste sie, was ich sagen wollte. Unglaublich. Aber wahr. Sie ist doch meine Schwester. Konnte sie es wirklich sehen? Aber sie hat ja Recht. Wieso nur. Wieso hat sie mehr Willen als ich? Ist sie stärker? So viel? Wahrscheinlich. Hab ich schon aufgegeben? Nein, ich spüre immer noch meinen Willen und meine Kraft. Wieso übersteht mein schmächtiger Körper das alles? Ich hab doch gar keine Kraft. Oder doch? Wahrscheinlich schon. Diese Auferstandenen, was waren sie? Tote? Leichen? Haftete wirklich ein Beliarzauber auf ihnen? Wahrscheinlich. Oder auch nicht? Verdammt. Es ist alles so komisch. Und seltsam. Und anders. Ich bin so komisch, so seltsam, so anders. Verändert mich diese Welt hier unten? Nein! Nein ich bin mir sicher, es ist der magische Spiegel. Ihn zu finden, das raubt mir den letzten Nerv. Wieso denke ich nur andauernd an ihn. Was er wohl sein mag? Suchen wir wirklich nach einem Spiegel?
Innos? Bist du da? Ich weiß, ich komme immer zu einem schlechten Zeitpunkt, aber du kennst mich ja. Natürlich tust du das. Du weißt sicherlich, in welch prekärer Lage wir sind oder? Ich spüre sie. Die Angst des Versagens. Noch nie war ich so verzweifelt. Mein Meister sagte mir, ich würde den Spiegel finden, irgendwo in der Kanalisation von Gorthar. Aber ich weiß nicht mehr wo. Sind wir hier wirklich richtig? Kann es nicht sein, dass das hier irgendeine geheime Anlage ist, voller Diener deines Bruders? Ich weiß, ich muss sie töten, aber es kostet Kraft und Zeit. Die Suche nach dem Spiegel macht mich fertig. Danach ist unser Abenteuer noch nicht zu Ende nicht wahr? Danach geht es erst richtig los stimmt’s? Aha, ich hab’s geahnt. Ich habe für einige Momente gezweifelt. Zweifel an Meister Tolbans Worten und an dein auferlegtes Ziel gehabt. Aber Isabell, sie hat mich wieder auf den rechten Pfad gebracht. Ich denke, ich werde vielleicht noch öfter zweifeln. Aber ich hoffe dennoch stark zu sein. Ich schwöre die Aufgabe zu meistern, oder mit dem Blut meines Körpers zu bezahlen. Mach dir um uns keine Sorgen, wir sind gut behütet. Die Kraft deiner Magie, sie hilft uns sehr. Die Amulette sind ein wahrer Segen. Und doch scheinen sie das Unheil anzuziehen. Aber wir machen weiter. Ich bete nur, dass wir auf der richtigen Spur sind. Ich hoffe es so sehr, dass wir auch in diesen finsteren Stunden deine Augen über uns haben. Das dein Atem unsere Luft sein wird. Amen…
Uaaarrrgghhhh…..Ahhhhh….Hihihihihi…..Rooooooocccccccchhhhh…..Huuuuuuuuuu…..Hihihihi.
Huch? Was war das? Was stört meine Gebete? Diese Geräusche. Schon wieder? Sie sind noch immer da. Sie kommen aus den Wänden, doch sie kommen auch von diesem Gang aus. Schritte? Ich höre keine Schritte. Es scheint niemand näher zu kommen. Ah, das Amulett glüht nicht mehr. Dann sind wir erst mal sicher. Aber ich denke, das wird nicht ewig so sein. Was wollen sie nur? Schreien sie nach unserem Blut? Nach unserem Fleisch? Oder ist es nur der Wille zu töten, der sie schreien lässt? Irgendwie klingen sie traurig. Ja, jetzt höre ich es auch. Eine Trauer schwebt in ihnen. Sie haben große Angst. Und doch sind sie nur darauf aus zu morden. Es ist ihr einziger Befehl, denn sie jemals bekommen haben. Nie hat man ihnen mehr beigebracht, als zu töten. Nicht einmal hassen können sie. Alle Gefühle hat man ihnen genommen. Die Seelen der toten Verfaulten? Nein, ich glaube nicht, ich denke eher, diese Schreie stecken schon ewig in diesem Gemäuer. Hier schwebt der Tod über alles und jedem. Es ist ein Kreis des Sterbens. Jeder der hierher kommt, scheint dies nicht zu begreifen. Ich frage mich nur, welches Element sich hier wieder findet…es kommt nicht viel in Frage, doch wer weiß, wohin der Spiegel führen wird, wer weiß...
Isabell, Geliebte, du siehst so süß aus, obwohl ich dich kaum sehen kann, lebt dein Bild in mir wie eine Erinnerung. Niemand kann dich so schön malen wie meine Erinnerung. Danke, dass du mich zurückgeholt hast. Ich muss diesen Weg gehen, wir müssen diesen Weg gehen. Du hast etwas sehr schönes gesagt, nur gemeinsam können wir unser Ziel erreichen. Ich weiß nicht, wie es gerade ausgesehen hätte, wenn wir allein und auf uns gestellt gewesen wären. Ich weiß nicht, ob ich jemals hier heruntergekommen wäre, wenn du nicht wärst. Aber ich bin mir sicher, dass ich nicht mehr leben würde. Nicht mehr leben könnte. Erinnerst du dich noch auf unsere Begegnung auf dem Schicksalsberg? Ich wollte dich anfangs fortschicken, dabei hab ich dich schon vorher in mein Herz geschlossen. Ich habe es gewusst, deine Worte waren nur noch einmal die Bestätigung für mein Gehirn, mein Herz weiß es schon seit meiner Geburt. Plag dich nicht weiter, kümmere dich nicht um die Dunkelheit. Bald schon wird das Lernen vorbeigehen. Wir werden nicht mehr länger kämpfen müssen. Versprochen ist schließlich versprochen und ich würde mein Versprechen gerne halten. Bald…
Du musst etwas trinken Bruder. Bitte, trink etwas Wasser und setz dich hin. Iß einen Happen, wir müssen uns stärken. Bitte… Die Stimme seiner Schwester holte ihn zurück, zurück aus seiner Welt von Gedanken und Gefühlen, einer Welt, die jeder Mensch besaß, aber kein Dämon nie besitzen würde. Was meintest du gerade?…
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| 21.03.2004 20:16 | #33 |
| Isabell |
Armer Rociel. Du plagst dich schon wieder stimmt’s? Du musst trotzdem was essen und vor allem trinken. Dein Körper braucht das Wasser, sonst wird er den Strapazen nicht standhalten. Setz dich hin und versuch kurz die Augen zu schließen, wir machen kurz Rast in Ordnung? Was war nur mit ihm los, dass er nicht mehr mal auf ihre Stimme reagierte? Das hieß, reagiert hatte er ja, nur so seltsam. Sie hatte ihn aus Erinnerung gezogen, bestimmt, sie kannte das, wenn man ins Leere starrte und nur noch seine eigene Stimme im Kopf vernahm. Es konnte sehr entspannend sein, meistens zumindest beruhigend, doch schon kleinste Veränderung wie die Stimme einer bekannten Person konnte das schwache Gleichgewicht auseinander reißen. In Ordnung. Machen wir eine Pause. Aber ich will nicht zwischen den Gliedmaßen von anderen Körpern rasten. Lass uns eine Stelle suchen, an denen wir nicht mit dem verfaulten Gestank von verwesendem Fleisch verpestet werden. Ihr Bruder half ihr beim aufstehen, jetzt, ein paar Minuten nach dem Kampf spürte sie, wie schwach ihr Körper war, die Knochen und die Muskeln bauten langsam ab, aber sie konnte noch ganz gut gehen. Aber eine Pause zur Regeneration war mehr als nur nötig geworden. In der Nische zwischen den beiden Fronten gab es einen dünnen Streifen, auf dem keine Körper lagen, dort ließen sie sich nieder. Ein bisschen Luft holen, geringe Mengen trinken, reichlich speisen. Sie mussten auf ihre Wasservorräte achten, sie hatte sie nicht genau beziffert, doch es würde wohl nach spätestens zehn Tagen ausgehen, wenn sie sich nur an ihre normalen Tagesmengen hielten. Aber das taten sie schon lange nicht mehr, oft wurde hier unten einfach vergessen zu trinken, so sparten sie zwar das kostbare Nass, doch ihren Körpern würde das noch einmal zum Verhängnis werden. Proviant dagegen hatten sie genug, fast zuviel wollte man meinen. Doch es war wichtig, besser zu viel als zu wenig. Die Gewichte waren schon fast vergessen, so sehr schmerzten die Schultern bei ihr. Als sie ihren Beutel abnahm, kam es ihr vor, als ob sie keine Schultern mehr hätte, so leicht fühlte es sich an. So war auch jedes Pfund, das sie nur irgendwie wegbekamen und doch nicht sinnlos vergeudete, ein Segen. Isabell schwor, dass sie nach diesem ganzen Mist erst mal nichts mehr an ihre Schultern ranlassen würde, keine schweren Lasten mehr, zumindest ein paar Tage nicht.
Immer noch war die Hitze zu spüren, woher sie kam, es war unbegreiflich, doch so fühlten sie sich nach wie vor wie Scavenger über dem Feuer. Rösten wollte man sie wohl. Immer wieder wischte sie sich den Schweiß aus dem Gesicht, doch es war ein vergeblicher Kampf, die Perlen kamen immer wieder und nahmen feste Bahnen ein, bis sie schließlich tröpfelnd auf dem Boden landeten. Ihre Pause war lange, mindestens eine Stunde lang speisten sie, tranken wenig und atmeten die kostbare Luft. Nebenbei reinigte sie träge ihre Klingen, ganz nach dem ewigen Vorbild von Rociel. Das erste was er gemacht hatte – noch vor dem Essen – war seine Klingen von der schwarzen Soße zu befreien, bevor diese in der Gluthitze trocknete und verkrustete. Es war wirklich bewundernswert, wie er dies immer durchzog. Ihr Bruder der Klingenputzer, welch seltsame Ehre. Doch sie redeten die ganze Zeit kein Wort mehr, ein Schweigen, dass sie nicht deuten mochte, das aber sicherlich nichts Schlechtes zu bedeuten hatte. Aber lange hatten sie ihre Hand gehalten. Jeder eine Hand vom Anderen. Warum sie das taten wusste sie nicht, vielleicht weil man nur eine Hand zum Essen brauchte? Aber nein, sie wusste es ja, es war ja klar warum. Doch dann, eben nach der abgelaufenen Stunde, erhob sich die Rüstung seines Bruders und mit ihr der ganze Körper. Sie war eingedöst, das angenehme Gefühl seiner Hand hatte sie alles um sie herum vergessen lassen, doch jetzt spürte sie das angenehme Gefühl nicht mehr und öffnete die Augen wieder. Ihr Bruder lief in die Dunkelheit, ließ die brennende Fackel zurück bei ihr. Die Stiefel klackten wieder, das erste was ihr auffiel. Eine Minute später kehrte er zurück, ein winziges Detail hatte sich an seiner Rüstung verändert. Er trug nun wieder zwei Dolche. Selbst das hatte sie bemerkt. Sie lächelte ihn an, versuchte irgendwie eine letzte Schönheit aus ihrem geschundenen Körper heraus zutreiben, doch der Erfolg schien zweifelhaft. Sie war nicht mehr schön. Nicht hier in diesen Katakomben. In dieser Hölle des Dreckes, des Staubes und dem verfaulten Fleisch. Allein der Geruch der Kanalisation haftete schon an ihr und hätte ein Bad dringend nötig gemacht, doch der Geruch von diesen Verfaulten war noch um einiges schlimmer. Sehr viel schlimmer. Ich fühle mich besser. Sehr viel besser. Dank dir. Ich habe schon lange nicht mehr an eine Pause gedacht, der Kampf ist einfach an mir vorüber gezogen. Diese Hitze, sie macht mich fertig, doch bin ich nicht in der Lage ihr gegenüberzutreten. Ich weiß nicht, wo wir sind und wo dieser Gang hinführt, ich weiß nicht, ob wir hier in Sicherheit sind und woher diese Stimmen kommen, die noch immer in meinem Ohr spielen. Aber dank dir weiß ich ja jetzt wieder, dass wir nicht aufgeben dürfen. Dieses Mal hast du mir Mut gemacht Schwester. Fühlst du dich bereit weiterzugehen. Ich bin geradezu darauf erpicht zu wissen, wohin dieser Gang führt. Und außerdem bin ich sicher, dass Innos nach wie vor seine Augen auf uns wirft. Uns kann also gar nichts passieren. Der alte Mann hat mich irgendwie lieb gewonnen, auch wenn ich nicht weiß, warum. Wie Rociel mit einem Gott redete, sie musste grinsen, doch sie fühlte sich bereit, es musste ja irgendwie weiter gehen, sie konnten ja nicht ewig hier bleiben.
So schulterten sie erneut ihr immer noch schweres Gepäck und gingen weiter. Erneut war der Schein seiner Fackel das einzige, was man als Lichtquelle bezeichnen konnte und Isabell war froh, dass sie nicht ausgehen konnte, zumindest nicht durch einen scharfen Luftzug oder durch Wasser. Sie gingen auch an der zweiten Front vorbei, dort wo ausschließlich Rociel die Toten gefällt hatte. Es waren nicht ganz so viele, doch dennoch hatte sie Mühe den ganzen schwarzen Körperteilen auszuweichen. Manchmal trat sie mitten in diese weichen Teile, einmal erwischte sie sogar einen Kopf, der faulig wie er war, sofort nachgab. Danach lief sie die ganze Zeit hinter ihrem Bruder und trat nur dorthin, wo auch seine Stiefel hintraten. Dann endlich kamen sie wieder auf den normalen Gang, ohne Tote, doch der Sand blieb auch hier verschwunden, das Klacken der Stiefel dauerte an und hinterließ eine schaurig-regelmäßige Hallung. Die Enge begann wieder an Grauen zu gewinnen, wenn es schon kein verfaultes Fleisch mehr gab, so musste eben anderes herhalten. Wenigstens schien es vorbei zu sein und die Bewohner dieses endlos scheinenden Ganges waren nun tot. Die Falle war wohl ein für alle Mal besiegt.
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| 21.03.2004 21:21 | #34 |
| Todesfürst |
Blut klebte nicht an seinem Körper und auch nicht an seinem Schwert, dennoch kam er sich vor wie ein Schlächter. Er hatte diese ganzen Kreaturen dorthin geschickt, wo sie hoffentlich herkamen und nur die Götter wussten, was nun mit ihnen geschah, er betete inständig für einen schnellen Prozess vor dem Richter, vor den jeder kommt, wenn er verstarb. Doch sie hatten nun ein neues – altes Ziel. Den magischen Spiegel finden und herausbekommen, was es damit auf sich hatte. Ein wenig war er verärgert über seinen Mentor, der sowenig zu dieser Mission gesagt hatte. Irgendwo einen Spiegel finden, irgendwo in der Kanalisation von Gorthar. Das dies eine mehr als nur vage Beschreibung war, schien ihm klar gewesen zu sein. Entweder wusste er tatsächlich nicht mehr, oder er hatte sie absichtlich so unausreichend informiert, aber wieso sollte er das tun, das ergab eigentlich keinen Sinn. Eigentlich… Sinn gab es schon lange nicht mehr, alles war die Menschheit in logisch und unlogisch einteilte, es stimmte nur größtenteils, aber es gab Dinge, da verkannten die Menschen einfach ihren wahren Sinn. Das beste Beispiel waren sie selber. Sie kannten alle keine Bedeutung für das kostbare Gut, wie das eines Menschenleben. Sie wussten gar nicht, wie viel sie schon nach ihrer Geburt besaßen, wenn sie ein reiner Mensch waren, stattdessen opferten sie ihre Körper in zahlreichen Kriegen und schenkten Beliar neue Seelen und bereiteten seinem Herrn große Sorgen. Das sinnlose Töten und die noch viel sinnloseren Kriege mussten endlich aufhören. Die Menschen durften sich nicht mehr bekriegen, sie mussten zusammen gegen die Feinde des Gottes Beliar kämpfen. Gegen die Orks. Doch dieser Krieg war nicht sein Krieg, dieser tobte wo ganz anders. Sein Krieg lebte an Orten wie diesen hier. Dort kämpfte er für sein göttliches Ziel. Er wusste, wie sehr sich bestimmte Personen auf ihn verließen, doch sein einziger Antrieb war die Hoffnung auf das Ende. Er wollte nicht mehr in Gestalt eines Wolfes im Schafspelz weiterleben. Hatte es satt vor anderen Menschen Angst zu haben, die sich früher vor ihm fürchteten. Am liebsten wäre er wieder der kleine Junge von einst, der mal ein großer Milizsoldat werden sollte, später ein ruhmreicher Paladin. Jetzt war er nichts mehr weiter als eine Bestie. Das Blut war unheilig und jeder der es herausfinden würde, würde versuchen ihn zu töten. Es gab kaum mehr eine Chance auf ein echtes Leben. Auf ein Leben in Frieden sowieso nicht. Zumindest nicht mehr in dieser Welt. Aber es gab einen Ort, an dem Frieden herrschte und diesen Ort hatte er sehen dürfen. Man zeigte ihm den Ort seiner Träume in der Hoffnung, dass er dorthin zurückkehren wollte. An einen Ort, an dem Frieden das Oberste Gebot war. An dem es reichlich an allem gab, nur nicht an Menschen. Einen Ort, wo er alleine leben durfte, mit nur einem weiteren Menschen an seiner Seite. Genau dasselbe Ziel wie seine Schwester hatte er. In dem himmlischen Tal, in dem sie auf Wolken schlafen konnten und auf Regenbögen gehen, dort gab es den Frieden, den er sich seit Ausbruch seines inneren Krieges wünschte. Sollte die Menschheit doch zugrunde gehen, er war ein Egoist, er wollte nur sein eigenes Glück und das seiner Schwester. Die Menschheit würde sich sowieso bald ausrotten, da kam es nicht mehr drauf an, ob er sich noch für ihr Wohl einsetzte. Überhaupt bedeuteten ihm die Menschen nichts mehr, schon lange nicht. Seine Gefühle waren für diese Rasse erloschen. Er war ein Halbblut, kein Mensch, kein Dämon und auch kein Tier. Er war ein Sünder, der sich gegen Gesetze auflehnte, die die Menschen erließen und doch tötete er Dämonen noch immer gerne, wenn es denn nur irgendwie zu machen war. Auch wenn der menschliche Teil verloren war, so blieb er den Menschen doch immer ein wenig treu. Es gab die Götter, Innos, Adanos und Beliar. Doch keiner von ihnen würde sich mit den Doktrinen der Menschen, ihrer eigenen Anhänger, anfreunden können. Niemals konnte ein Mensch die Boshaftigkeit und den Hass von Beliar in sich tragen, kein Mensch besaß eine vollkommene Ausgeglichenheit und Neutralität und die Güte und doch die Entschlossenheit von Innos seine Ziele durchzusetzen, sie fehlte wohl jedem Menschen. Feldherren, die gutmütig und stark waren, sie waren selten geworden. Meist nur noch Legenden. Und doch waren die Paladine noch die Menschen, die man bewundern durfte. Die den Menschen hoffentlich ein letztes Mal Mut gaben, so dass die Katastrophe abgewendet werden konnte. Die Menschheit nämlich wurde müde, aber Geschöpfe Beliars schliefen nie. Aber das war jetzt alles so unwichtig, denn Innos war ja bei ihnen. Er las seine Gedanken, sah seine Schritte und hörte seine Stimme. Er war bei ihnen, immer und ewig. Sie brauchten sich nicht zu fürchten…aber…wie sollte man sich fürchten, wenn man dabei war dieses Wort zu vergessen? Wurde Rociel unmenschlicher? Man merkte doch die Unterschiede. Wenn man genau hinsah. Seine Augen sah. Seine Gestik und Mimik beobachtete.
Der Gang endete und damit auch die Dunkelheit. Kein Licht am Ende des Ganges, keine Kohleschüssel, oh nein. Noch einmal mussten sie nach links, dann nach rechts, wieder nach links, ein zweites Mal nach rechts. Die Gänge waren jetzt nur noch fünf, sechs Meter lang und machten eine Biegung nach der nächsten. Nun leistete die Fackel riesige Dienste, doch Rociel spürte, dass seit einer schier endlosen Zeit die Stimmen lauter wurden. Immer wieder gab es in seiner unmittelbaren Nähe einen Kontakt mit ähnlich klingenden Wesen, doch die immer wiederkehrende Melodie aus Grauen und Schrecken, sie war nun näher. Ein kleines Lichtchen führte sie nach der fünften Abbiegung dorthin, wo sie hinwollten. Zurück ins Licht. Eigentlich durften sie ja nicht mehr damit rechnen, denn die Wesen die hier lebten, die liebten die Dunkelheit. Doch anscheinend bildete sich hier eine Ausnahme. Als der Lichtschein stärker wurde, löschte er seine Fackel, nach mehreren Stunden Dienst hatte der Feuerstein genug Arbeit geleistet. Die Stimmen klangen nun wirklich unmittelbar nahe, sie wurden lauter, ihr Drang wurde härter, die Töne genauer und schriller. War das das Ende? Bis hierher und kein Zurück? Oder doch bloß ein kleines Stück auf ihrem Weg, wohin auch immer er führen sollte?
Säulen und verwinkelte Mauern gaben nie den richtigen Blick preis, sie jagten um eine Ecke nach der anderen, aber so langsam lichtete sich das Gebiet. Die Säulen wurden weniger. Das Licht drang stärker denn je auf sie. Doch es war nicht grell, sondern veränderte sich, der Schattenwurf veränderte sich. Eine keilförmige Wand, mit dem gröbsten Keil auf sie gerichtet stand noch vor ihnen, sie nahmen den linken Weg und liefen an der spitzen Wand entlang, zwei gerade, große, graue Mauern standen als zusätzliche Abschottung des Lichtes da und für Momente herrschte absolute Dunkelheit und sie konnten sich nur an einem Lichtblinzeln orientieren und dann standen sie da. Stoppend. Rasend. Staunend. Unglaubwürdig wirkte das, was sie sahen, doch es war da. Alles war da. Nichts eine Illusion. Alles echt…
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| 21.03.2004 22:03 | #35 |
| Isabell |
Chaos, was für ein Chaos herrschte bloß nur. Woher kamen zum Beispiel diese Säulen? Diese Art der Architektur kannte sie ja noch gar nicht. Warum standen hier plötzlich Säulen? Solch prachtvolle, architektonische Meisterwerke in einer eher bescheidenen Bleibe wie dieser hier. Doch sie hatte keine Gelegenheit darüber nachzudenken, denn Rociel zog sein Tempo ganz klar an und sie musste ihm irgendwie folgen. Auch die keilförmige Platte und das seltsame Licht ließen sie stutzen, doch der Weg ging unbeirrt weiter. Bis zu dem Punkt, an dem wohl ein Eisschock sie nicht weniger gelähmt hätte, als dieser Anblick. Zu Salzsäulen waren sie nun erstarrt und machten den schönen, echten aus Stein oder Marmor echte Konkurrenz. Aber was löste diesen Schockzustand aus? Nun, es war gelinde gesagt zweierlei. Einerseits der grauenhafte Anblick, der sich ihnen bot und alles bisher Erlebte in den Schatten stellte. Andererseits war es aber auch eine Entdeckung, die sie sofort aufschrieen und ihr Herz eine Menge Ballast abfallen ließ. Denn dieses Horrorkabinett, es war der letzte Raum dieser geheimen Anlage. Seit sie gekommen waren, konnte es nur eine weitere Abzweigung geben, doch es war unwahrscheinlich, dass diese noch weit verzweigt war. Ansonsten hatten sie selten auswählen müssen, wo sie hingehen wollten, ganz anderes noch wie in der "echten" Kanalisation. Doch aus diesem Raum schien oberflächlich kein weiterer Weg mehr zu führen. Stattdessen sagten ihre Augen, dass sie dort einen Spiegel sah. Die glänzende Oberfläche war zwar verstaubt und auch sehr dunkel, doch sie hatte ihn trotzdem gesehen. Es war ein richtiger Spiegel gewesen. Die ungewöhnliche Form war nicht so wichtig und das Drumherum auch nicht, hauptsache das war ein Spiegel. Und bestimmt war es der richtige, so viel Unglück und Pech konnte man gar nicht auf einmal haben.
Doch über diese Entdeckung mochte partout keine Freude aufkommen, nein, wirklich nicht. Der Lähmungszustand hielt nach wie vor an und wollte sich einfach nicht lösen. Was sie sahen? Den blanken Horror sahen sie? Es war wohl nicht mehr ernst zunehmen, aber dennoch löste es bei ihnen tiefe, ängstliche Gefühle aus. Es standen mehrere Särge in dem Raum. Einige lagen, zwei standen aber auch. Aus einem der senkrecht Stehenden hing ein Arm heraus, an den Liegenden bebte der Deckel, wie sie es schon gewohnt waren aus dem ersten Raum. Doch es ging ja noch weiter. Das Beste kam ja erst noch. Ein paar unidentifizierbare Körper liefen durch den Raum, allerdings…ohne Kopf. Sie liefen, obwohl sie keinen Kopf hatten, in den Händen hielten sie zwei Dolche, an denen das verkrustete Blut schimmerte. Doch auch das war nicht das Beste. Das Beste und vielleicht auch Schlimmste waren die drei Skelette. Zwei davon hatten weiße, oder zumindest verweste Knochenfarbe, doch das Skelett, das gelangweilt dastand und sich auf ein verrostetes Schwert lehnte, das war schwarz. Es hatte schwarze Knochen, vom Scheitel bis zum Kopf und es gab noch einen Unterschied zu normalen Skeletten. Der Kopf, er war voller Muskeln, Sehnen, Gefäßen. Dass das Skelett auch ein Stimmband besaß, das bekamen sie noch zu hören.
Das ganze wurde untermalt durch eben jenen Lichtschein, dessen Ursprung nun auch geklärt wurde. Mindestens vierzig, zum Teil riesige, einen Meter hohe Kerzen standen auf den unmöglichsten Orten. Auf Sargdeckeln, an Balken, auf dem Boden, auf Simsen und eine kleinere Kerze war sogar auf der Stelle, an der normalerweise der Kopf war, natürlich bei einem, der zwei Kopflosen. Eines musste man ihnen wirklich lassen, sie waren nicht ideenlos, wie sie die Monotonie besiegen konnten, doch des einen Freud ist des anderen Leid und die Leidenden waren lange Zeit sie. Erstaunlicherweise griffen diese Viecher nicht an, keines von ihnen tat etwas, doch feststand, dass von hier diese Stimmen kamen. Das Gekeuche und Gestöhne kam meistens aus den Särgen, die am Boden lagen und gegen dessen Deckel gehämmert wurde und immer wenn sich die Tür eines senkrecht stehenden Sarges öffnete ertönte ein lautes Kichern, bis sie sich wieder schloss. Die Skelette sagten gar nichts, während die Kopflosen nur durch ihr ewiges Im-Kreise-Laufen auffielen.
An diesen Kreaturen mussten sie also vorbei. Das war ihr letzter Weg, ihre letzte Aufgabe vor dem Spiegel. Rociel war der Erste, der sich von dem Anblick erholte, waren sie doch nur wenige Meter von alldem entfernt und nicht in sicherer Entfernung. Durch sein Flüstern in ihr Ohr brach auch bei Isabell schnell jeder Eispanzer und so schien es soweit zu sein. Das ist echt spitze, Beliar lässt sich wirklich nicht lumpen was? Dieses Mal treten wir ihm aber gehörig in den Hintern. Das wird ihn hoffentlich treffen. Beliar war ihr eigentlich egal, Isabell sah den Spiegel, nur das war, was zählte. Sie hatten ihr Ziel erreicht, mehr oder weniger. Als sie sich auch wieder aus der Starre löste, da fielen auch die ganzen Tonnen der Belastung von ihr. Nun war es also keine Frage mehr ob, sondern nur noch wann. Zum ersten Mal funkelten auch Isabells Klingen nach dem Tod. Siehst du das, was hinter dem Schwarzen steht? DAS ist der Spiegel. Unser Ziel. Rociel machte Adleraugen und erspähte es auch. Meine Güte…du hast Recht. Oh Schwester, ich könnte dich…verschieben wir das lieber. Jetzt bedarf es Anderen, unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Und diese blutlose Truppe, sie wartete bereits. Sie hatten die beiden Fremden noch lange vor ihrer Ankunft gesehen, der Schwarze, ihr Anführer – mehr oder weniger zumindest – erhob sich von seiner Starre und sprach mit einer raunenden Stimme, dass ein kurzer Sturm entstand und ihnen tatsächlich Wind entgegen strömte…doch was er sagte…das klang natürlich schlecht. Schlecht für sie…
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| 22.03.2004 21:42 | #36 |
| Todesfürst |
Da seid ihr ja endlich! Seid unserer gefürchteten Falle entkommen was? Sehr schön, seit Jahrhunderten hat das niemand mehr geschafft. Aber unserer Quote ist nicht schlecht, wir können uns nicht beklagen. Dafür, dass sich hier nur alle paar Jahrzehnte ein paar wagemutige Abenteurer verirren. Noch sind nicht viele Knochen von Menschen bei uns gelandet. Wir jagen deswegen ein paar Tiere. Allerdings könnten wir uns auch am Blute des Herzogs laben. Die Leiter hier, sie führt direkt in die unteren Keller des Schlosses. Hehehehe, aber leider hab ich seit einer langen Zeit Rheuma. Schlimme Sache. Wirklich schlimm. Ich könnte euch da Geschichten erzählen…warum eigentlich nicht, jetzt da ihr einmal hier seid, macht das auch nichts mehr. Entkommen werdet ihr auch keinen Fall, der einzige Fluchtweg ist doch versperrt, oder? Ach egal, ich erzähle euch gerne etwas, denn wenn ihr schon sterben müsst, dann sollt ihr wenigstens nicht dumm sterben. Außerdem macht das einen Menschen bestimmt unheimlich fertig, wenn er weiß, dass er bald sterben muss und keine Chance hat dies zu ändern. Oh ja, ich liebe diese qualvollen Gesichtsauszüge. Ich erkenne auch, wie schön ihr beide seid. Eure Gesichter sind so jung. Eigentlich ist es schade drum, aber wir nehmen alles, das kleinste und das größte Leben. Den Jüngsten und die Älteste. Da kann ich euch leider keine Gnade geben. Aber ihr werdet euren Spaß haben. Später, wenn ihr mal so seid wie diese Kreaturen dort. Ja, das waren einst Menschen. Ihr seid ihnen schon begegnet! Sie bilden die Vorhut, sind aber nicht sehr effektiv. Sie haben nur noch ihren schwachen Körper und hören auf Befehle, die ihnen das töten befielt. Tja, traurig, traurig. Diese armen Menschen, was mussten sie ja auch hier runter kommen. Dabei gibt es hier wirklich nichts zu holen. Keine kostbaren Reliquien, keine Artefakte und auch nicht dieses…hm…wie sagt ihr? Gold, ja Gold gibt’s hier auch nicht. Aber diese Menschen, sie lernen es eben nie. Dumm sind sie und einfältig. Tja, genau wie ihr hm? Warum seid ihr hier unten? Gold? Edelsteine? Artefakte? Was immer es ist, es hat euch nur den Tod gebracht. Merkt euch das.
Aber wo war ich stehen geblieben? Ach ja, ich wollte euch etwas erzählen… Also gut, dann will ich das tun. Wisst ihr, früher war ich mal ein reicher Händler. Ja, da fällt mir auch das Gold wieder ein. Ich besaß Säckeweise davon, nur hat mich all das Gold nicht geschützt. Es war an einem heißen Apriltag, ich hatte gerade wieder eine Fu……………..
Ein lauter Aufschrei ging durch den Raum. Die beiden weißen Skelette schienen erschrocken, zeigten zumindest so eine Haltung, obwohl dieses Gefühl von Schrecken nicht vorhanden sein konnte. Sofort knirschten die Knochen. Stille herrschte. Die Särge schwiegen. Kein Klopfen mehr, kein Pochen, kein Hämmern. Auch die tanzenden Kopflosen erstarrten mit einem Mal. Rociels Schwert war aus seinen Händen geglitten, er hatte sein Schwert geopfert, oder besser gesagt, es hinfort geworfen, damit endlich Ruhe herrschte.
Das Gespräch ist beendet! Großer Meister. Ihr enttäuscht mich, ihr enttäuscht mich alle. Doch eines sei euch gesagt. Große Worte und Arroganz, dies mag nur zum Tode führen. Vielleicht waren die gespuckten Töne des Toten war, vielleicht habt ihr tatsächlich bisher alles getötet. Doch nun ist dies vorbei. Niemand wagt es, die Familie Pergamo so zu beleidigen. Wer uns töten will, der stirbt selbst. Doch er mag mit Ehre sterben, da wir ihm einen gerechten Kampf geben. Doch wer uns nicht mal als Gegner sieht und meint, mich mit langweiligen Reden langweilen zu können, der muss damit rechnen, dass seine Selbstgefälligkeit seine letzte sein wird. Denn uns, uns schlägt niemand. Nicht gestern, nicht heute, nicht morgen. Nicht hier, nicht jetzt. Außerdem habt ihr gelogen, mein schwarzer Feind. Es gibt hier etwas, was ihr nicht erwähnt habt. Der Spiegel hinter eurem Leichnam. Schade, dass jetzt der Kopf dran fehlt. Das ist es, was wir begehren.
Wir werden den toten Seelen gedenken, doch zuerst werden wir unser Mahl abhalten, für die Messe alles vorbereiten. Genug der Worte. Beliarkreaturen! Kämpft, kämpft nun, oder sterbt.
Hier Bruder, nimm mein Schwert. Isabell warf ihm eines ihrer Schwerter zu. Anfangs wirkte es noch so, als ob diese Kreaturen gar nicht mehr leben würden, für immer erstarrt blieben, doch wie auf ein Signal lösten sich die Körper der Verdammten. Mit einem lauten Krachen traten die verfaulten Toten aus ihren Särgen heraus, ohne Kompromisse knackten sie das morsche Holz und ließen Holzsplitter durch die Luft fliegen. Wie ein spitzer Hagelsturm gingen sie prasselnd zu Boden und boten ihren einstigen Bewohnern freies Feld. Die toten Gesichter erhoben sich, schwarze Haut, schwarzes Fleisch. Ein Gesicht voller Leere, mit schwarzen Augenhöhlen und kaum erkennbarer Nase, einem weiten Mund, der in eine schwarze Mundhöhle führte. Die Skelette waren da weniger schlimm, doch auch sie machten sich nun auf, die Arme angewinkelt nach vorne gehalten, kamen sie auf sie zu. Blieben noch die Kopflosen, diese Kreaturen konnte man wohl nicht besiegen, in denen man ihnen den Kopf abschlug. Noch hatte er sich gar keine Gedanken darüber gemacht, wie er sie denn vernichten wollte, aber das würden sie schon nicht herausbekommen. Los!
Er schnellte nach vorne, in der Hand das Schwert seiner Schwester, dass ungewohnt in seiner Hand lag und mit dem er nicht gleich klar kam, doch der Griff stabilisierte sich schnell. Es war ein Schwert… Die Klinge fiel donnernd in die Brust eines Verfaulten und blieb in dessen verwesendem Körper stecken, als er sie wieder herausbekam riss er weite Teile des Oberkörpers mit sich, doch das machte nichts, ganz im Gegenteil. Schnell drehte er sich um, die Klinge war zu schnell für den Körper des langsamen Toten und riss dessen schwarzen Schädel vom Körper, sofort danach fiel die Klinge in seine untere Hand, wo sie optimal lag. Mit wilder Kraft ausholend, schlug er seinen Oberarm nach oben, sein Unterarm fuhr logischerweise mit und zog das Schwert als drittes. Mit unheimlicher Wucht schlug die größere Klingenfläche vom Kinn her ein und schnitt sich fast durch den ganzen Kopf, doch umfallen wollte die Kreatur immer noch nicht. Er hatte keine Zeit mehr, kamen doch schon die schnelleren Skelette bedrohlich nahe, so musste er von dem Stück Fleisch abrücken und die Position wechseln. Er rannte nach hinten, wo die langsamen Toten nicht mitkamen und zog sie alle auf seine Schwester, die nun nur noch eine Klinge hatte, da sie ihm ja die zweite geliehen hatte.
Er stürzte sich über den Boden und schwang sich über einen nun leeren Sarg. Ein zweites Mal noch. Dann lief er direkt neben Isabell her und auch die ganzen Feinde hatten sich auf sie fixiert, da er ja nicht mehr da war. Vielleicht hatten diese Wesen tatsächlich taktisches Denken, doch das ging dann sicher soweit, dass sie dachten, dass er floh. Doch das war nicht der Fall, er wollte nur sein Schwert und so nahm er diesen Hindernislauf gerne in Kauf. Einer der Kopflosen kam ihm bedrohlich nahe, schien er etwas geahnt zu haben, aber wie nur, ohne Augen und Sinne? Rociel hatte keine Ahnung, doch er konnte dem gierigen Arm nur knapp ausweichen, indem er sprang. Blöderweise flog er so direkt über einen der Särge und musste sich vorsichtig abstützten. Dieses eine Mistding machte ihm Sorgen, fiel er doch nicht auf den Trick rein, doch da musste er nun durch. Er war schon fast durch, da spürte er einen Schmerz an seinem Bein, der Kopflose hatte es tatsächlich geschafft ihn zu kriegen. Einen Holzkeil hatte er nach ihm geworfen. Schmerzhaft fest traf das spitze Ding an seinen Oberschenkel und ließ ihn zusammensacken. Nur für eine Sekunde, doch da war es schon zu spät. Auf einmal stand der Körper vor ihm und dem jungen Fürsten blieb nur das Staunen. Stand der Körper nicht eben noch zehn Meter entfernt? Aber er war einen Moment unaufmerksam gewesen. Gerade noch rechzeitig konnte er sich auf die Seite wälzen, als eine Eisenstange auf seinen Kopf zuraste und nun klirrend auf dem Steinboden prallte. Verdammt, woher hatte dieses Ding diese bloß? Er kam sich scheußlich vor, sein ganzer Plan missglückt und Isabell alleine mit dieser Übermacht und nur einem Schwert. Das Schwert…verdammt. In seinem Kopf rumorte es gewaltig, er hatte keine Zeit für diese Spielchen, er musste aufhören zu denken, er musste wieder fühlen.
Ein zweiter Schlag folgte, wieder schlug er knapp daneben. Auch der dritte kam, doch nun war Schluss, die Eisenstange schlug klirrend auf dem Boden auf und riss dabei kleine Steinkiesel auf, doch ehe der Kopflose ein viertes Mal ausholen konnte, hatte sich der Fürst aufgerichtet. In dem Moment, als die Kreatur zum Schlag ausholte, schnellten seine Hände zum Gürtel, sofort hatte er den Griff an einem der Dolche, als die Eisenstange auf ihn zu kam, bildete er ein gekreuztes X mit Schwert und Dolch, dabei kam ihm die Form von Isabells Schwert sehr recht. Die drei Waffen trafen aufeinander und der Druck der Eisenstange war so heftig, dass es ihn zu Boden riss, doch seine rettenden Waffen blieben vor ihm stehen. Wie eine eiserne Verteidigung gaben sie nicht nach und so langsam wurde der Kopflose schwächer. Obwohl er schon in einer denkbar ungünstigen Lage war, gelang es seinem Gegner nicht ihn endgültig zu bezwingen und er wurde immer schwächer. Auch bei ihm ließ die Kraft nach, doch dann ging alles ganz schnell. Die Eisenstange verlor ihren Druck und Rociel wich zur Seite, während er noch quer zu seinem Angreifer lief, platzierte er den Dolch tief im Fleisch an der rechten Seite. Er presste die Klinge so tief, bis nur noch der Griff herausschaute. Gleichzeitig machte er sich davon und sah zu seiner Schwester, die bemüht war die Schar um sie zu lichten und alleine in den drei, vier Sekunden zwei der Toten enthauptete, doch dabei immer weiter zurück wich und fast alle Gegner auf sich hatte. Sie hatten das oft geübt und so war er sich sicher, dass es klappten würde. Denn er hatte keine Verwendung mehr für das Schwert, seine Schwester hingegen umso mehr. Schwester, fang auf. In dem Moment achtete er sehr auf die Lage des Schwertes, auf den Druck des Wurfes, alles selbstverständlich und doch war er nervös wie nichts. Das schöne Stück erlesener Schmiedekunst flog über die Körper der Feindesschar und dann…schnellte ein Arm hinauf und fing die Klinge sicher auf, eine Sekunde später ging ein Klingenwirbel durch die gegnerischen Reihen, die zahlreiche Menschenkadaver traf. Schnell rannte er zu Todesodem und nahm es auf, knapp daneben lag der russschwarze Schädel dieses Dummschwätzers, der einst ein reicher Händler gewesen sein sollte. Er wollte schon zu Isabell eilen, da bemerkte er etwas, was ihm schwitzen ließ. Nach ungefähr, zwanzig, vielleicht dreißig Sekunden, nachdem der Dolch sich in die Seite gebohrt hatte und der Kopflose zusammen gesunken war, hörte er ein schmatzendes Geräusch und er sah es auch. Die Kreatur erhob sich wieder, zog den Dolch heraus und ließ ihn auf den Boden fallen. Außerdem hatte sich auch der zweite der Kopflosen aus dem Pulk um seine Schwester gelöst und stand nun neben seinem Artgenossen. Rociel hätte schwören können, dass er ihr Grinsen gesehen hatte. Auch wenn sie keine Köpfe und so auch keine Gesichter hatten. Sie verhöhnten ihn und spotteten über seine, in ihrem Augen, schwächliche Macht. Doch der Schock blieb nur kurz, er saugte die Leere auf und gab sie in toten Augen zurück, jetzt, wo Isabell erst mal sicher war, kehrte Ruhe in ihm ein, Angst verflog blitzschnell.
Sein Schwert lag in beiden Händen, als er in die Knie sank, doch dieses Mal absichtlich und aus voller Überzeugung. Wir dürfen nicht mit den Augen sehen, wir müssen alle unsere Sinne nutzen. Wer nur mit den Augen kämpft, wird nie ein guter Kämpfer. Du musst lernen, mit allen Sinnen zu kämpfen, nur so wirst du einmal ein guter Kämpfer mein Sohn. Die Worte seines Vaters schwirrten noch immer lebendig in ihm herum, in einem Moment, wo er jederzeit sterben konnte, wo er sich dennoch niederließ um seine Konzentration zu finden.Das Amulett von Wesiphone hatte bis eben geglüht, doch nun tat es das nicht mehr, denn das Amulett kannte die Zukunft, da es in Herzen sehen konnte. Und das Herz von Rociel zeigte ihr, was geschehen war. Stattdessen flackerte das Amulett an der Klinge von Todesodem auf. Nur ganz wenig, wie ein Staubkörnchen, denn noch war nichts geschehen.
Rociel hingegen sah seinen Vater und nickte ihm zu. Seine Anweisungen waren so weise, wieso nur hörte er so wenig auf sie. Er konnte die Kopflosen riechen, Sie rochen neben dem Geruch des Todes auch nach Blut, niemand roch hier nach Blut, nur sie. Er konnte auch ihre Wärme spüren, das Blut in ihnen musste kochen, so heiß strahlten sie nach außen. Er konnte sie hören, er konnte sie lachen hören! Niemand lachte, nur sie lachten und das ohne Gesicht. Das war das Geheimnis dieser Wesen. Sie besaßen durchaus einen Kopf, aber diesen konnte man nicht sehen. Sie waren zu einem gewissen Grad körperlos. Doch man konnte es so leicht hören, wenn man sich konzentrierte.
Rociel stand in einem Raum. Ein Bett. Eine Kanne. Ein Stück Brot. Eine Pfanne. Ein Stück Käse. Zwei Rattenlöcher. Ein Gitter. Eine Gefängniszelle. In der Zelle gab es keine Glocken, doch trotzdem hörte er die Glockenuhr. Sie schlug. Es schlug zwölf. Er wusste, was das bedeutete.
Ding-Dang-Dong. Ding-Dang-Dong.
Dong... Dong... Dong... Dong... Dong... Dong... Dong... Dong... Dong
Meine Kraft ist mein Glauben!
…Dong
Mein Glaube ist Innos!
…Dong
Innos ist ALLES!
…………………Dong
Sein Schwert hatte mit jeder Sekunde ein wenig mehr gestrahlt, das Amulett befand sich beim elften Schlag der Glocke auf dem Höhepunkt der Kraftbündelung. Als die Glocke zum zwölften Male schlug, da waren diese Kreaturen da, sie lachten ihn noch immer aus, aus ihren Gesichtern, die verunstaltet waren, noch schlimmer als bei den Verfaulten, doch sie waren vorhanden, sie waren da.
Rociel schlug beim letzten Schlag die Augen auf, zum ersten Mal seit mehreren Sekunden, doch er brauchte nicht zu sehen, seine Bewegungen waren schneller als seine Augen. Das Schwert strich über den Kopf des ersten Kopflosen, dort wo der Hals endete schlug das Schwert ein und ging hindurch, wie durch Luft flog es hindurch und doch fiel der Körper nach hinten. Es war der, mit der Eisenstange, ausgeholt zum Todesstoß war er nun gestorben, doch das war nun der endgültige Tod, ohne Zurück. Die Stange fiel nach hinten, der Körper donnerte zu Boden, doch noch immer glühte das Schwert, ein Lichtstern schien auf die Klinge, noch immer sah er nicht mit den Augen, er sah mit dem Glauben. So lenkten ihn die Hände direkt in sein Ziel. Wie durch Butter glitt die gerade Klinge linienförmig in den Körper, trat auf der anderen Seite heraus und blieb stecken. Jetzt hörte er kein Lachen mehr, sondern nur noch ein Röcheln. Der Kopflose wendete sich, versuchte zu entkommen, doch die Klinge gab ihm keine Chance. Das Glühen setzte sich in dem Körper fort, es sprang vom Amulett in den Körper, verwandelte den Körper in einen Lichtball. Dann zog er sie heraus, kein Tropfen war mehr zu sehen, kein Staubkorn, kein schwarzer Schleim. Das Licht hatte sein Schwert gereinigt und kam nun unversehrt heraus.
Rociel drehte sich um, hielt einen Moment inne und spürte, wie das heilige Licht, Innos Macht, den Körper dahinsiechen ließ. Er musste schlimme Qualen leiden, so viel stand fest. Doch er wurde auch von all seinen Sünden befreit. Er wurde gereinigt. Für eine Zehntelsekunde wurde der Raum erhellt und nur Rociel hörte den grauenhaften und doch erleichterten Schrei. Das Licht zerfraß den Körper, er wurde zu einhundert Prozent zerstört.
Ahhhhh Ein tiefes Atmen ließ Luft in seine Lungen strömen, er schloss die Augen und hielt inne, doch dann reckten sich die Lider wieder in die Höhe. Noch gab es Seelen, die befriedigt werden wollten und er war zu ihrer Befriedigung da.
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| 22.03.2004 23:09 | #37 |
| Isabell |
Einige Körperteile flogen wieder durch die Luft, jetzt wo sie das zweite Schwert hatte ging alles viel leichter von der Hand. Es war total ungewohnt mit nur einem Schwert zu kämpfen, Isabell hatte dies ewig nicht mehr getan, Zwar waren sowohl die Skelette, als auch die schon bekannten Toten sehr langsam, doch anfangs machte ihr der Kopflose echt Sorgen, da er viel schneller war als die Anderen. Dennoch gelang es ihr immer wieder den ein oder anderen zu besiegen, aber es waren immer noch zu viele gewesen. Wenigstens war die Anzahl hier überschaubar gewesen, so dass sie einen ungefähren Wert hatte, an dem man sich orientieren konnte. Die Kerzen leisteten zwar schwache Arbeit, dafür aber brannten sie beständig. Eine wichtige Lichtquelle, die dennoch unheimlich wirkte. Kohleschüsseln wären ihr durchaus lieber gewesen, doch das ging ja leider nicht.
Der Kampf war ermüdend gewesen, er zerrte sehr an ihren natürlichen Kräften. Ihr Oberarm tat weh und auch ihre Schulter war seit langem ein einziges Wrack, doch die Kondition hielt immer noch gut. Aber die ständigen Kämpfe in letzter Zeit, sie zerrten an ihrem Leib und begannen ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Mürbe machen, lautete die Devise. Das ganze wurde einfach zu viel, trotzdem fiel einer nach dem anderen. Sie hatte die Erschütterung gespürt, die im Körper ihres Bruders vorgegangen war, doch spürte sie diese öfter und war davon nicht mehr überrascht. Als er dann endlich in den Kampf eingriff, war es fast schon vorbei. Trotzdem war es erstaunlich, wie schnell danach doch alles ging. Die drei verfaulten Körper fielen binnen zehn Sekunden unter dem einen Schwert von ihm, ihr Beitrag am Ende bestand nur noch darin einem einsamen Skelett die Rippen zu brechen, aber selbst das gelang nur mehr schlecht als recht, sie war froh, als das weiße Menschenbildnis zusammenklappte und sich klappernd auf dem Boden verteilte. Isabell war müde geworden, der ganze Kampf, er war einer zuviel. Aber am Ende hatten sie es ja doch geschafft, als hätte sie es geahnt. Warum nur wusste sie, dass es wieder gut ausgehen würde. Hatte sie sich von den Worten ihres Bruders anstecken lassen? War es eine innere Überzeugung? Oder konnte man sagen, dass es einfache Regel war? In ihrem Kopf schwirrten Wortfetzen und eigene Gedankenbrücken, sie versuchte die Wörter zu ordnen, dies gelang jedoch nicht. So schleifte sie sich ein paar Meter weg von den Türmen aus schwarzen Fleisch und verstorbenem Leben, das so gar nicht mehr bezeichnet werden durfte und setzte sich auf einen Sarg, neben den Schein einer Fackel. Die Kraft war weg, als ob sie niemals da gewesen wäre. So schwach, jedes einzelne Glied, jeder Muskel gab Schmerzimpulse aus. Keine Spur mehr von Kraft, Stärke und Geschicklichkeit, von Ehrgeiz und Tatendrang. Das einzige was noch da war, war der Wunsch nach einer ruhigen Nacht. Oder einem ruhigen Tag. Jedenfalls wollte sie jetzt schlafen. Ohne essen. Ohne trinken. Ohne lange nachzudenken.
Die junge Frau schleifte die Bänder ihres Rucksackes von ihren Schultern und fühlte mit den Händen ein wenig über die betroffenen Stellen, die schon jetzt schmerzten und ihr noch lange in Erinnerung bleiben würden. Aber es war dennoch richtig so. Sie war immer noch von der ganzen Sache überzeugt, selbst im Angesicht dieser Strapazen. Was sollte sie schon anderes tun? Selbst eine Verletzung hätte daran nichts geändert. Es gab keinen Grund zu zweifeln, es war nur Schwäche, nur eine reine körperliche Angelegenheit und keine geistige. Nur lähmte der schwache Körper auch ihren frischen Geist, so dass sie unweigerlich träge wurde. Außerdem war sie hier unten eh keine große Hilfe mehr, um jemanden wie ihren Bruder zu motivieren. So gemeinsam sie auch waren, es gab winzige Dinge, dort unterschieden sie sich enorm. Und dies war so ein Fall. Isabell stand langsam wieder auf und schleppte sich auf wackligen Beinen an eine Wand. Es war staubig, aber wenigstens klebte hier kein Blut. Keine Leichenteile. Und auf einem Sarg, in dem so etwas Ekelhaftes drin lag, wollte sie auch nicht schlafen. Ihren Rucksack nahm sie schon gar nicht mehr mit und ihre Augenlider senkten sich schneller als ein Stein im Wasser. Aber ein wenig blieb sie noch wach.
Ich muss ein wenig schlafen Bruder. Nur ein bisschen ja? Ich werde bestimmt nicht lange schlafen, nur eine kurze Weile. Wir haben doch jetzt den Spiegel gefunden. Lass uns schlafen. Rociel hatte einen ruhigen Puls, sein Blut floss langsam und regelmäßig. Sie spürte es an ihrem linken Arm, auf dem sie nun lag. Aber sie hätte es auch an ihrer Brust, oder ihren Beinen spüren können. Denn sein Blut war überall in ihrem Körper. Schlaf ruhig Schwester. Du hast es dir mehr als verdient. Du hast gekämpft, wie ich es kenne, wenn einer Schlaf verdient hat, dann du… Die Augen zuckten langsamer, ihr Herzschlag wurde noch ein wenig ruhiger. Langsam entspannte sich der Körper und vergaß die Schmerzen. Und du? Kommst du nicht? Lange Zeit hörte sie nichts mehr. Ein, eineinhalb Minuten. Das hieß, sie hörte Stiefelklacken. Aber keine Worte. Solange gelang es ihr noch, sich wach zu halten. Dann spürte sie den Atem ihres Bruders, seinen Duft, der aus der Nähe intensiver war als der Geruch von verfaultem Fleisch. Ein einsamer, trockener Kuss auf ihre rechte Wange war das letzte, was sie spürte, bevor er sich wieder erhob. Nein Schwester. Noch nicht. Ich werde noch ein wenig ausharren und hier ein wenig aufräumen. Aber jetzt sorg dich nicht um mich, sondern schlafe ein. Ich wünsche dir einen wunderschönen Traum, einen Traum in der Natur. Gute Nacht.
Dann ging er wieder fort, wohin auch immer, verhallten seine Stiefel in ihrem Ohr, ein tiefer Gang verschluckte sie und der schwache Körper sackte zusammen. Der Schlaf hatte leichtes Spiel am heutigen Tage. Von der Natur wollte sie gerne träumen, wie gerne hätte sie es getan, wie gerne…
Wer träumt, dem wachen Flügel.
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| 23.03.2004 18:12 | #38 |
| Todesfürst |
Für Rociel endete die Nacht erst viele Stunden später neben seiner Schwester, er hatte die Toten zur Seite gelegt, sie in kleine Ecken gebracht, ganze Körper noch in die freien Särge gelegt. Manchmal mussten auch mehrere Körper in einem Sarg Platz finden, doch anders ging es nun mal nicht. Was der schwarze erzählt hatte klang zumindest glaubhaft. Sie waren alle einst Menschen gewesen und Menschen musste man bestatten, man durfte die Menschen nicht einfach so liegen lassen. Eigentlich war es ihm ja egal, er kümmerte sich nicht so sehr um die Bestattung seiner besiegten Feinde, da diese es eigentlich nicht im Geringsten verdient hatten, doch gestern Abend, da blieb er aus verschieden Gründen noch wach und da kam es ihm fast schon gelegen, dass er ein wenig Arbeit hatte. Er musste über vieles nachdenken, über seine Zeit hier unten. Mehrmals schüttelte er den Kopf, mehrmals ging er mit sich ins Gericht. Ich bin ein totaler Versager. Diese Erkenntnis beschäftigte ihn die ganze Zeit. Es gab eigentlich keinen Grund zu klagen, denn es war am Ende doch noch einmal alles gut gegangen. Innos hatte ihre Gebete erhöht und ihnen doch noch das Ziel geschenkt, dass sie schon fast aufgegeben hatten. Wenn dieser Spiegel denn der richtige war. Doch das war nicht alles. Sie konnten vielleicht zufrieden sein, doch jemand wie der junge Fürst war nicht zufrieden, wenn er so eine miserable Vorstellung abgeliefert hatte. Ein wenig wurde die Betrübtheit versüßt, denn die Worte seines Vaters fruchteten noch immer, wenigstens hatte er ihn noch nicht vergessen. Doch jetzt, als er sich nicht nur den letzten Kampf, sondern alle Kämpfe hier unten noch einmal ansah, vor seinem inneren, kritischen Auge, da sah er deutlich genug, wie schlecht er doch kämpfte. Er war ein jämmerlicher Kämpfer. Warum konnte er nicht immer so gut ein Schwert führen, wie er es gegen die Kopflosen am Ende getan hatte? Warum bedarf es immer eine extreme Situation, um in ihm einen Meister des Kampfes zu erwecken? Warum war er nur so nutzlos? All das beschäftigte ihn in der Nacht, in der er keine Müdigkeit verspürte. Vielleicht war es immer noch das wallende Blut oder die Anspannung der Nerven, aber müde wollte er einfach nicht werden. Zudem beschäftigte ihn noch einiges mehr. Er hatte noch ganz andere Sorgen, als nur seine miserable Kampftechnik. Er fragte sich zum Beispiel, warum das Amulett begann zu glühen. Es war keine Einbildung, eine solche Intensität eines Lichtstrahls konnte man sich nicht einfach einbilden. Aber es war unerklärlich, denn bisher war so was noch nie passiert. Man konnte sagen, dass er zurzeit wirklich nicht der Stabilste war. Im Gegenteil. Im Moment schien er hilflos durch diese Gänge zu wandeln. Als ob er irgendetwas genommen, oder einen Schlag auf den Kopf bekommen hätte.
Einst wart ihr Menschen. Vielleicht kamt ihr hierher, weil es hieß, dass es etwas zu holen gäbe. Vielleicht seid ihr auch nur wegen des Spiegels gekommen, genau wie wir. Doch nun seid ihr gefallen, zum zweiten Male. Es ist unvorstellbar für einen normalen Menschen, welch grauenvolle Kreaturen diese Welt doch hervorbringt. Ihr Grauen alleine treibt viele Menschen in den Wahnsinn. Wer so etwas einmal gesehen hat, hat oft für immer Alpträume und Wahn. Ihr seid zu solchen Kreaturen konvertiert. Aber nun ist euer Leiden vorbei. Ihr habt gelebt ja. Aber es war ein Leben nach dem Tod. Ein unwürdiges Leben. Ich habe euch mit Freuden getötet und ich würde euch noch immer töten wollen, aber jeder Seele sei verzieren. Ihr wurdet erlöst und euer Dasein beendet. Nun wird Innos, euer Herr über euch richten. Wenn ihr ein gutes Leben geführt habt, so werdet ihr in Innos Arme aufgenommen werden. Solltet ihr aber Taten begangen haben, die sich nicht mit dem Grundgedanken des Herrn verbinden lassen, so war die Strafe Beliars eine gerechte Strafe. Eine Strafe, dessen Höhepunkt ihr noch lange nicht erreicht habt. Doch man soll auch verzeihen können. So sagte es der Herr. Und so kann auch ich verzeihen. Ich segne euch alle im Namen meines Herrn, auf das er auch euch verzeihen kann. Amen.
Er hatte die Särge verschlossen und gesegnet, kein Innospriester hätte sich um diese bemitleidenswerten Kreaturen gekümmert, wer sollte den aufgeregten Seelen schon etwas sagen. Sie alle starben hier unten und wurden zu diesen Wesen. Keiner von ihnen bekam jemals eine Beerdigung. Keiner trauerte um sie, weil sie nie wieder kamen. Der Hass dieser Kreaturen war groß gewesen, doch sein Herz und Innos Gnade waren größer. Spätestens vor den Toten sollte man Anstand beweisen. Selbst dies konnte er nicht verhindern. Seine menschliche Seite wehrte sich, von der dämonischen Brut aufgefressen zu werden. Menschliche Rituale, eines Dämon unwürdig, sorgten dafür.
Rociel versuchte nach der Segnung auch zu schlafen. Er hatte ausgeharrt, da er Angst hatte, dass sie im Schlaf überrascht würden. Doch es blieb ruhig. Stunde um Stunde. Sie hatten wohl nichts zu fürchten. Der junge Mann war nicht müde, denn ihn plagten Zweifel über den Sinn seiner Existenz. Rociel war niemand, der sich Schwäche einredete, doch wenn er nun mal fand, dass er miserabel kämpfte… zudem machte er sich weitere Sorgen um den Spiegel, denn er würde sicher kein Amulett ausspucken. Er hatte eine Ahnung, was kommen würde, doch er wollte sie nicht äußern.
Wie eine zu Stein erstarrte Abbildung eines Menschen, blieb er lange Zeit stehen, auf einem der rostigen Skelettschwerter lehnend stützte er seinen Kopf. Er blickte zu Isabell, er starrte sie geradezu an. Mit kleinen, scharfen Augen beäugte er sie, wie ein böser Jäger auf seine Opfer schielte und sie nicht mehr losließ. Sein Blick konnte sich nicht lösen, lange Zeit nicht. Er war unglücklich über sich gewesen, doch noch unglücklicher wurde er, wenn er Isabell ansah. Bestimmt war sie sehr enttäuscht von ihm. Von seiner Schwäche geradezu schockiert. Er wollte sich nicht andauernd einreden, wie stark er doch war. Das hatte er schon tausend Mal getan. Aber er war es nicht. Was für eine Enttäuschung war er bloß. Aufgeben konnte er nicht, dafür war dies nicht seine Geschichte, nur die Arbeit blieb ihm. Arbeit an seinem Skrupel, an seiner Geschicklichkeit, an seiner Arroganz, an seiner Kraft. Sie waren alle nicht ausgeprägt genug. Sie mussten stärker werden. Erst als er diesen Entschluss gefasst hatte, ging es ihm einigermaßen besser und er beschloss sich hinzulegen. Müde war er zwar immer noch nicht, doch sein Körper freute sich trotzdem über die Sitzgelegenheit. Er aß etwas, trank wenig. Irgendwann musste er auch eingeschlafen sein, sicherlich sogar. Nichts ahnend streckten schon neue Feinde seine Fühler aus, als sie schliefen bereiteten sie alles vor. Denn der Spiegel, er hatte sie längst bemerkt, Leute wie sie fielen auf.
Am neuen Tag oder der neuen Nacht, wachte er mit neuen Kräften auf. Doch dies war nur eine Kraft, die er jeden Morgen spürte, allerdings hatte sein Gehirn den Entschluss verstanden, er hatte in seiner kurzen Schlafphase davon geträumt. Ab sofort war es beschlossene Sache. Und Rociel hoffte, dass man ihm noch einmal Gelegenheit gab seine neue Macht zu beweisen. Und wenn nicht, dann werde ich es trotzdem tun…
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| 23.03.2004 20:41 | #39 |
| Isabell |
Gleich als Isabells Lider sich wieder hoben, ihre Muskeln sich reckten und streckten und der Körper mehr als die üblichen Schlafbewegungen vollführte und sie wieder aufwachte, da fühlte sich ihr Körper mindestens zehn Jahre jünger, als noch vor dem Schlafen an. Es musste Wunder vollbracht haben, ein paar Stunden zu ruhen, so viel besser konnte man sich aber nur fühlen, wenn man wirklich am Boden war, sie wusste das. Doch das war ihr jetzt egal, hauptsache sie war wieder fit. Geschmeidig stand sie wieder auf, auf beiden Beinen zu stehen war vor ein paar Stunden noch ein Ding des Schmerzes, nun wieder selbstverständlich, wie es auch sein sollte. Doch über überschüssige Kraft konnte sie sich auch nicht beschweren, denn dazu war sie immer noch zu sehr geschwächt, besonders am Nacken und auf den Schultern war der Schmerz nicht ganz gegangen. Aber ihrer Hand ging es um einiges besser. Aber sie war glücklich, dass es voran ging.
Rociel war schon auf den Beinen, oder hatte er gar nicht geruht? Kaum mehr müde und schon gar nicht träge schlängelte sie um ihn herum, der, der auf einem Sargdeckel saß und ins Leere starrte. Du sitzt aber nicht seit gestern hier oder? Sie umarmte ihn von hinten und gab ihm ein paar leichte Küsse auf Wange und Lippenflügel, bis sich diese zu einem verschmitzten Lächeln weiteten. Nein, erst seit ein paar Stunden. Ich habe gestern noch ein wenig aufgeräumt, das Requiem abgehalten und etwas meditiert. Es war sehr ruhig hier. Du merkst es immer noch, wenn du schweigst. Keine Schwingungen. Kein Wind. Keine Stimmen. Auch kein Röcheln, Stöhnen, Lachen oder Keuchen. Keine Wörter, es sei denn wir reden. Ich habe stundenlang meinen Atem gehört. Ich war nicht müde und bin es immer noch nicht. Du hast schön geschlafen. Vor allem lange. Hast du einen schönen Traum gehabt? Isabell sah sich dabei ein wenig um, ihr fiel tatsächlich auf, dass sich einiges verändert hatte, die Särge waren wieder geschlossen, zumindest die groben Stücke waren zu, hatten die Faulenden doch mehr als nur ein Stück zerbrochen. Aber der Boden war gesäubert, der Geruch blieb jedoch. Nein…Ja…ich weiß nicht mehr, was ich geträumt habe. Ich glaube, ich wurde mit keinem Traum gesegnet.
Sie löste sich wieder von ihm und streifte ein wenig um den dunklen Raum. Die Kerzen brannten immer noch, es schienen Kerzen zu sein, deren Wachs äußerst langlebig war, vielleicht hatte man ihnen auch eine Flüssigkeit beigemischt, so dass sie länger brannten. Doch mehr hatte sich nicht in dem Raum geändert, alles war beim Alten. Sie renkte ein wenig ihren Kopf… Tut dein Nacken weh? Lass mich mal sehen! Ihr Nacken schmerzte tatsächlich, woher hatte er es geahnt? Waren ihre Verrenkungen so auffällig? Isabell ging wieder zurück zu ihrem ruhigen Bruder und lehnte sich auch gegen den aufgebahrten Sarg. Es tat gut, als ihre Haut wieder ein wenig geknetet wurde, so dass das Blut besser durch die schmerzenden Stellen fließen konnte. Es war entspannend zugleich, doch so früh am Morgen, oder besser gesagt, nach dem Aufwachen, fühlte sie sich noch nicht in der Lage groß zu entspannen. Ihre Logik fing den Tag in der Regel ein paar Minuten später an und das war heute auch nicht viel anders. So bemerkte sie erst beim massieren, dass sich etwas mit dem Blut verändert hatte. Aber nicht mit ihrem. Geht’s dir gut Rociel? Sie fragte munter in den Tag hinein, hatte jedoch Pech, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte, dass sich blitzartig verzog, doch er ließ sich nichts anmerken. Klar. Alles bestens. Sie konnte die Lüge nicht sehen, es war ihr unmöglich gewesen, aber sie hatte es zumindest versucht. Aber es war ja noch früh am Tag und so versuchte sie wenigstens etwas abzuschalten. Kein Gedanke mehr wurde an diese Anlage hier verschwendet, die junge Frau wollte sich einfach mal auf etwas anderes konzentrieren, denn die Realität war um sie herum. Jede Sekunde. So sollten sie wenigstens ein paar Minuten des Tages nutzen und vergessen. Dabei wusste sie nie, ob ihr Bruder nicht jede Sekunde an diese Anlage oder ihre Aufgabe hier dachte. Sie musste es ja auch tun, es war zu eng miteinander verbunden, als das man vergessen konnte. Warum konnten diese Idioten nicht woanders hingehen, ihre Amulette auf irgendwelchen Bergen oder in tiefen Schluchten verstecken, nein, sie mussten immer in irgendwelche dunklen Ecken. Isabell musste seufzen, es hatte ja doch keinen Sinn…
I: Du denkst daran stimmt’s?
R: Hm?
I: An das Amulett, an diese Anlage, an die Toten, all das eben.R: Nein…nicht mehr.
I: Nicht? Wirklich nicht?
R: Nein, wirklich nicht.
I: Aber an was denkst du dann?
R: Ich…es ist nichts. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, ob ich es sagen will…
I: Schon gut. Wollen wir was essen?
R: Ich hab erst vor ein paar Stunden was gegessen. Und Durst hab ich auch keinen. Aber ich mach dir gerne was, ruh dich noch ein wenig aus.
Sie wollte noch etwas drauf entgegnen, doch da war er schon fast bei ihren Proviantsäcken, die auf einmal zusammenstanden. So ließ sie es geschehen, sie wollte nichts dagegen sagen, auch wenn es ihr nicht gefiel, dass Rociel schon wieder soviel für sie machte.
Nicht viel Zeit brauchte er, dann brachte er ihr ein kleines Frühstück. Gemessen an ihren Mitteln war es bescheiden, zwei dünne Scheiben Brot mit Käse und Wurst, dazu einen halben Apfel, an der anderen Hälfte knabberte er. Aber im Nachhinein war sie froh darüber, denn ansonsten wäre ihr Bauch nur voll und sie hätte Schmerzen bekommen. Es blieb sehr still, vielleicht ging es Rociel ähnlich wie ihr auch, in dieser Umgebung zu reden kostete große Überwindung. Auch die Ereignisse ließen sich nicht einfach vergessen. Sie hatten so vielen Gestalten, die in einer authentischen Gestalt von Menschen umhergewandelt waren, die Köpfe abgeschlagen, alleine dies war heftig. Aber jetzt, jetzt war die Erwartung natürlich groß, denn das, was sie als Spiegel identifiziert hatte, musste untersucht werden, niemand hatte ihnen gesagt, was es damit auf sich hatte.
Lass uns mal schauen, was es mit diesem Spiegel eigentlich auf sich hat. Ihr Bruder folgte ihr auf den Fersen, als sie zu der Stelle traten, wo er stand. Es war ein großer Spiegel, der größer war als sie selber. Er ging vom Boden, wo er etwa drei, vier Zentimeter über diesem in eine Steinfassung eingelegt war, bis drei Meter nach oben. Er war gut zwei Meter breit und bestand aus richtigem Glas. Sie konnten ihre eigenen Gesichter sehen, aber nur sehr schlecht. Neben dem Spiegel standen viele Abbilder und Götzenstatuen. Kleine Kobolde, wie auch menschliche Schädel waren in Stein gehauen. Sie bildeten den Rahmen dieses Gegenstandes. Doch was sollte an diesem Spiegel magisch sein? Er war so verstaubt, dass man fast gar nichts sehen konnte. Ihr Bruder nahm ein Tuch und wischte über einen Teil der Fläche, bis diese blank poliert war, zumindest wieder spiegelte. Erst jetzt sahen sie sich und ihre Umgebung im Spiegel. Doch für sie war dies nicht sonderlich gut, denn jetzt zeigte man ihr die grauenhafte Realität erst richtig auf. Sie sah schrecklich aus. Rociel hingegen sah suchend aus. Er suchte den Grund, oder den Sinn dieses Gegenstandes.
Plötzlich hörten sie ein schmatzendes Geräusch, es war ihr nicht möglich es einzuordnen, da sah sie es. Kleine, in der Luft schwebende Seile kamen im Spiegel zum Vorschein und sie näherten sich ihrer Haut. Doch es waren keine Seile. Sie waren schwarz-grau und nicht braun, und außerdem sahen sie metallen aus, allerdings mit der Leichtigkeit von Hanf, wie es auch ihr Seil hatte. Sofort witterten sie einen Angriff und wichen zurück, doch dann ertönte eine Stimme. Sie war so schön und doch so schrecklich. Grausam und mild in einem. Ruhig und Laut, Klar und Unverständlich. Sie war absolut neutral, eine Stimme ohne einen Hauch von Einordnung. Und dann sahen sie auch, von wem die Stimme kam und woher diese Seile stammten. Zwei Gesichter, die den Rahmen mitbildeten, sie bewegten langsam ihre Münder, doch die Stimme schien trotzdem nur im Hirn zu hören, nicht in den Ohren. Aus den Mündern dieser Wesen kamen nämlich die Seile, die vor ihren Gesichtern stoppten und wie Blätter im Wind umherwehten.
Habt keine Angst. Wir wollen euch nichts tun. Wir sind keine Feinde und keine Freunde. Wir können euch weder töten, noch verletzen, geschweige denn heilen. Wir sind die Wächter des magischen Spiegels. Keinen Namen besitzen wir und sind doch nicht namenlos. Wir sind keine Wesen, wie ihr sie kennt, nur Wächter in Stein gemeißelt. Wir dienen weder Beliar noch Innos, auch Adanos nicht, geschweige denn einem anderen Gott. Und doch stehen wir Beliar zur Seite. Wir sind körperlos und besitzen auch keinen Geist. Doch trotzdem besitzen wir dies alles in unserer Erinnerung. Wir wissen noch, wie die letzten Menschen hier standen, vor dreihundertsechsundsiebzig Jahren. Aber sie kamen damals nicht zurück. Wir können leider nicht sehen, was ihr denkt und fühlt, da wir euch nicht sehen und spüren können. Setzt euch doch bitte vor den Spiegel und lasst uns fühlen, wer ihr seid.
Auch wenn es Bedenken gab, sie taten wie ihnen geheißen und setzten sich vor den Spiegel. Kurz darauf berührten die Seile ihre Köpfe und ihren Körper. Als ob sie abgetastet würden…
Ahhh, wir sehen, dass ihr nicht die seid, für die sich euer Körper ausgibt…aber…ist das möglich? Siehst du es auch? - Ja ich sehe es auch. Ich spüre eine Konzentration, die nur er besaß. Aber wie ist das möglich? Er wurde doch längst vernichtet? - Woher soll ich das wissen? Er muss wieder zurückgeholt worden sein. - Aber…aber das kann doch nur durch Ihn passiert sein… Und wenn es so wäre? Was macht er hier? - Das Gleiche gilt für sie. Was macht sie hier? Und vor allem. Warum tragen sie das Blut eines Dämons in sich? - Verdammt, ich weiß es nicht. Was wollen sie überhaupt hier? - Wenn ich das bloß wüsste.
Nun denn, ihr müsst schon entschuldigen, aber obwohl wir keinen Körper und keinen Geist besitzen, sind wir älter als wir aussehen. Eigentlich ist es nicht unsere Aufgabe zu reden, schon gar nicht über solche prekären Dinge, die wir gar nicht mehr wissen dürfen, doch es ist über uns gekommen. Doch zurück zu euch. Ihr wisst hoffentlich, was euch erwartet. Wenn ihr durch das Tor tretet gibt es solange kein Zurück mehr, bis ihr einen von Skelldons Knochen besitzt. Sie alleine öffnen den magischen Spiegel, um erneut hierher zurückzukehren. Ihr wisst sicherlich, dass ihr die Welten wechselt. Dort wo ihr hinreist, dort gibt es kein Gorthar mehr. Diese Welt dort existiert nicht. Ihr reist auf eine der Sieben Platten der Hölle. Um genau zu sein reist ihr in Skelldons Reich. Bisher schafften es sieben Leute durch dieses Tor zu kommen. Null kamen je durch diesen, einzigen Durchgang. Ihr werdet jedoch erst eine Frage beantworten müssen, bevor euch der Zugang gewährt wird. Wenn ihr die Frage richtig beantwortet, so verlassen wir euch und öffnen das Tor, für diesen Moment sind beide Welten verbunden. Wählt ihr die falsche Antwort, so bleibt euch das Tor für immer verschlossen. Wir spüren, dass ihr bereit seid, also höret die Frage gut und wählet die Antwort weise.
Was ist tot und doch am Leben?
Es war ein komisches Gefühl, diese Seile, diese Dinger fühlten sich merkwürdig kühl auf der Haut an und Isabell hatte Angst, dass sie nicht ganz so friedlich waren, wie sie vorgaben, doch anscheinend schienen die Spiegelwächter wirklich kein Feind zu sein. Was sie jedoch die ganze Zeit von sich gaben war höchst verwirrend. Warum standen sie auf Beliars Seite, wenn sie keinem Gott dienten? Wer war Skelldon? Was war das für eine Welt von der sie sprachen? Und vor allem, um was ging es in diesem seltsamen Gespräch, wo beide Wesen sprachen, sich geradezu unterhielten? Ging es dabei um sie? Anscheinend, doch Isabell verstand kein Wort. Und jetzt diese Frage.
Weißt du die Antwort Bruder? Ihr Bruder sah zur Seite, blickten sie doch beide in den Spiegel, doch der untere Teil war noch verstaubt, deswegen sah man nicht gut. Ja. Anscheinend bin ich doch noch zu etwas zu gebrauchen. Die Antwort gab mir einst meine Erziehung. Vater hat es mir gesagt, in seinen Geschichten, die er mir einst erzählt hat. Weißt du, was es ist Isabell? Wenn jemand tot ist und doch noch lebt? Wir sind diesen armen Seelen begegnet. Seit wir hier unten sind, sind wir ihnen begegnet… Spiegel! Hörst du mich? Die Antwort lautet untot! Der Fluch der Untoten, der Fluch des Beliar! Wenn die Körper niedere Aufgaben übernehmen und ihre Seelen entweder schon gelöst sind, oder in dem toten Leichnam gefangen gehalten werden. Wenn der Gott des Todes experimentiert. Dann kommt so etwas dabei heraus. Und nun gewähre uns bitte Zutritt, zu dieser Welt.
Die Seile fuhren zurück in die offenen Münder, die sich deswegen aber noch lange nicht schließen, stattdessen blinkte ein kleines Licht in der Mitte des Spiegels auf und ließ das Glas schmelzen. Es waberte nur noch und die matte, silbrige Farbe änderte sich in einen hellen, blauen Ton. Nun stand es da, das Tor zu dieser Welt. Es schien so unwahrscheinlich und doch war es real. Es war echt.
Du hast die Antwort gewusst…
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| 23.03.2004 22:02 | #40 |
| Todesfürst |
......
Kommt rein, kommt her, kommt sehet hier
Nebelschwaden dringen heraus
Nehmt alles mit, Kind, Frau und Tier
Gönnt uns doch den leckren Schmaus.
Oh nein, wir wollen nicht essen, nicht laben
Sehet nur herein, ins Tor der Tore
Uns gelüstet’s nach andren Gaben
Hört ihr die Schreie in eurem Ohre?
Das sind die Toten, die Toten der vergangenen Zeit
Leben hier, gefangen, gequält
Sind nicht freien Willens gegangen soweit
Haben nicht diesen Weg gewählt.
Nun kommt, nun kommt, es ist angerichtet
Zum Mahl der Toten, die Uhr schlägt Punkt zehn
Noch der Teller sich nicht hat gelichtet
Wir warten auf euch, wir wollen euch sehen.
Tretet nun über die Schwelle, so grell
Seid nicht im Kopfe hohl
Sonst schließt sich das Tor hinter euch ganz schnell
Wir sorgen uns um euer Wohl.
Nun aber hurtig, es bleibt nur eine Minut
Die Stimme der Toten wird still
Ich hoffe nur, euch fehlt nicht der Mut
Die Zeit tickt, so war’s Beliar will.
Hahahahahahahahaha.....
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| 23.03.2004 23:03 | #41 |
| Isabell |
Hurtig und stillschweigend stand ihr Bruder auf und entfernte sich von dem Tor, doch noch ehe er sein Ziel erreichte, hatte Isabell es schon im Blick. Natürlich, sie hatten ja noch ihre Proviantsäcke an der Wand stehen. Mit einem Ruck warf ihr Bruder den Sack zu ihr und sie fing ihn im Aufstehen auf. Der Spiegel indes schwieg nun wieder, keine Stimme war mehr zu hören. Nur ein heller Ton war zu hören, der wohl auf das Schwingen zurückzuführen war. Die Stimme hatte gesagt, dass sie nur noch eine Minute hatten, so mussten sie sich nun beeilen, sollte sich das Tor nicht für immer schließen. Aber vielleicht wäre das auch besser so gewesen, denn Isabell fühlte sich nicht wohl bei dem Gedanken, diese Welt zu verlassen und sich in die Hände dieses fremden Zaubers zu begeben. Bist du bereit?, fragte ihr Bruder leise. Ja, antwortete sie ihm. Hast du Angst vor dem Tor?, fragte er erneut. Ein bisschen, und du?, entgegnete Isabell. Sehr sogar. Gib mir deine Hand, wir gehen gemeinsam hindurch. Isabell gab ihrem Bruder ihre linke Hand und gemeinsam machten sie einen Schritt nach vorne, direkt in den Spiegel hinein. Doch das Glas splitterte nicht und sie fühlten auch nichts, der Spiegel verschluckte sie einfach. Genau im letzten Moment, denn die Verbindung zwischen den Welten schloss sich und ermöglichte niemandem mehr ein Nachkommen, ohne die richtige Antwort zu wissen. Doch wenigstens waren die Wächter nun endgültig ausgeschaltet. Doch das waren sie schon oft, meistens scheiterten die Menschen, wie sonst wären die ganzen verfaulten Toten zu erklären? Doch im Laufe der Jahrhunderte, gar Tausende, hatten es immerhin sieben geschafft. Nicht immer alleine, aber immerhin. Die Wächter waren dreimal besiegt wurden. Das System war so simpel wie auch einfach, in dem Moment, wo jemand aus der Welt der Menschen in die andere Ebene trat, setzte man alles daran diese zu töten, denn es konnten nur Lebewesen sein. Bald schon würde man einen weiteren, guten Wächter durch den Spiegel schicken, dann, wenn die Eindringlinge erfolgreich gefasst oder getötet wurden. Dieser würde dann den Platz des Besiegten einnehmen und erneut eine Armee aus Untoter aufbauen, sein primäres Ziel war es jedoch den magischen Spiegel zu verteidigen. So einfach war dieses System und doch drohte es dreimal zu scheitern. Denn die sieben Lebewesen waren sicherlich nicht gekommen, um zu sterben. Was mit ihnen passiert war, das konnte natürlich niemand sagen, doch sie hatten sich sicher nicht diese Mühe gemacht, nur um zu sterben. Denn den magischen Spiegel mitsamt seiner Aufgabe, existierte schon länger als die Menschen, denn die beiden Welten existierten ebenfalls länger als ihre Lebewesen.
Die Reise, wenn man es denn als solche bezeichnen wollte, dauerte mehrere Stunden, blieb jedoch ohne Folgen, wie Müdigkeit oder Kraftverlust, für die beiden. Isabell hatte die Reise nur als Moment war genommen. Als sie durch den blauen, wabernden Spiegel ging, schloss sie die Augen und als sie sie wieder aufmachte, war sie da. Derselbe Spiegel wie schon in den Gängen der ihrigen Welt stand da, doch man merkte sofort, dass man woanders war. Der Raum in dem sie nun standen war viel größer, ein Meer aus Fackeln, mindestens vier Duzend, brannte lichterloh und erhellte das Gebiet. Sonne oder den Himmel konnte man auch hier vergeblich suchen, was wohl einfach daran lag, dass auch hier eine Anlage hoch gezüchtet wurde, die einzig und alleine dem Spiegel gewidmet war. Doch sie erfüllte noch eine viel größere Aufgabe, doch diese war ihnen noch gänzlich unbekannt.
Das einzige was sie von der Reise mitgenommen hatte, war ein leichter Kopfschmerz, doch dieser verflog wieder rasch. Sie lösten sich aus den Händen und sahen sich gemeinsam um. Ein großer Raum war es, das hatten sie schon gemerkt. Der Spiegel war ebenfalls in eine Wand aus Stein gehauen, doch hier führten zwei synchron angelegte Treppenstufen hinauf. Es waren unglaublich kleine Stufenabstände und insgesamt auch nur vier Stufen pro Treppe, von daher war es keine direkte Kuppel, auf dem der Spiegel stand, sondern nur eine kleine Anhebung im Boden. Hier mussten sie also wieder hin, wenn sie zurück wollten. Gut zu wissen, dass niemand hier war und sie in Empfang nahm. Ein bisschen komisch war das ja schon. Wo waren sie hier bloß? Irgendwie sah es gar nicht mal so schlimm aus. Es gab einen Boden, eine Decke und sogar Holzkisten. Irgendwie kannte sie das Bild. Was sollte hier so schlimm sein?
R: Na, gut angekommen Schwester?
I: Geht so. Sag mal, weißt du, wo wir hier sind?
R: Auf einer der Sieben Schalen der Hölle.
I: Und was ist das?
R: Keine Ahnung.
I: Du weißt nicht zufällig, wer Skelldon ist oder?
R: Nö, kenn ich nicht.
I: Toll…na ja, ich weiß ja auch nichts. Lass uns mal rumschauen, genug Festbeleuchtung haben wir ja, hoffentlich bleibt das so.
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| 24.03.2004 16:13 | #42 |
| Todesfürst |
Isabell nahm das Ganze ja ziemlich locker, so sah er es zumindest. Doch sie sollten hier nichts auf die leichte Schulter nehmen, da sie hier irgendwo waren und keine Ahnung hatten, wer hier lebte, was hier lebte und auch sonst hatten sie keinen Plan. Jeder Schritt wurde so zu einer Gefahr, konnten hier doch überall Fallen lauern, so was konnte man auf keinen Fall ausschließen. Doch Rociel ahnte schon etwas, denn das Wort Skelldon, das jetzt des Öfteren gefallen war, erinnerte ihn nicht ohne Grund an das Wort Skelett. Er hätte schwören können, dass es sich bei diesem Skelldon um ein Skelett handelte, doch er wollte sich lieber nicht vorstellen, warum man einem Skelett einen eigenen Namen gab. Es musste äußerst mächtig sein, anders wäre es wohl nicht zu erklären. Und dieser Skelldon würde dann auch sein Amulett haben, die Schlussfolgerung war ziemlich logisch. Allerdings erwartete Rociel nicht, dass sein Gegner ihm dies so leicht machen wird, er war sich sogar ziemlich sicher, dass er selber ein großes Interesse an seinem Tod haben wird. Allein die Worte, die der Spiegel nach seiner Aktivierung zu ihnen sprach klangen nicht sehr viel versprechend. Allerdings hatte er schon eine große Vermutung, welchem Element das gesuchte Element angehörte. Eigentlich musste es den Toten angehören, denn der Aufbau ihrer Suche schien eindeutig, fast überall begegnete ihnen das unheilige Leben. Aber er wollte sich nicht festlegen, nicht ehe er etwas mehr über Skelldon herausgefunden hatte, oder ihm gegenüberstand. Doch gleichzeitig dachte er auch an seinen Beschluss, der nach wie vor Bestand hatte. Er wollte sich endlich einmal nicht schämen müssen und sich keine Vorwürfe machen wollen. Doch ein Kampf schien so unendlich weit weg, zumindest im Moment.
Es wirkte gar nicht mal so anders, wenn man schon das Wort neue Welt und Hölle hörte, dann erwartete man mehr als nur ein paar dunkle Gänge, in denen Fackeln brannten. Für ihn bedeuteten beide Begriffe etwas vollkommen anderes, doch er war natürlich froh nicht in einem großen Feuer gelandet zu sein. Und auch sonst wirkte alles wie auf der normalen Welt. Je länger sie sich hier aufhielten, je länger sie dieselbe Luft wie noch in den Gängen unter Gorthar einatmeten und je länger hier die Räume noch Wände hatten, desto weniger glaubte er, wirklich in einer anderen Welt zu sein. Wissen konnte er es natürlich nicht und eine gewisse Veränderung hatte sich natürlich bemerkbar gemacht, allein der ekelhafte Geruch von verfaultem Fleisch war verschwunden, aber wahrscheinlich hatte sie irgendein mieser Zauber nur irgendwoanders hingebracht, aber nicht in eine andere Welt.
Die Gänge waren hier durchaus breiter als noch in Gorthar, doch vielleicht waren sie auch nur an einem strategischen Punkt dieser Anlage angekommen und sonst war es genauso eng. Doch eines fiel sofort ins Auge, die Festbeleuchtung. Hier wurde wirklich nicht an Fackeln gespart, im Gegenteil, fast schon verschwenderisch ging man mit ihnen um, so dass jede zwei Meter eine Fackel hing und das über weite Strecken. So konnte er es sich vorerst sparen seine eigene anzuzünden. Die Allee aus brennenden Hölzern war auch eine Art Motivation, das hier etwas war und so machte es auch nichts aus dem, inhaltlich leeren Gang, lange Zeit entlang zu gehen. Doch alles was sie vermeiden wollten waren wieder endlos lange Gänge und Abzweigungen, bei denen es immer um die Frage, ob links oder rechts ging. Ein blanker Horror war dies gewesen und sollte dableiben, wo sie hergekommen waren. Und tatsächlich, sie hatten Glück, der erste Gang, der mehr als zweihundert Meter geradeaus führte, endete nicht an einer Abzweigung, sondern an einer einfachen Biegung, die allerdings radikal nach links führte. Der Fackelschein ließ nicht nach, egal wie weit sie auch gingen, es mussten mittlerweile fünfhundert Fackeln gewesen sein und sie waren vielleicht eine halbe Stunde hier.
Doch dieses Mal präsentierte sich der Gang anders. Er war zwar aufgebaut wie sein Vorgänger, doch auch wieder nicht. Die erste Tür kam nach ungefähr zwanzig Meter, danach folgte alle fünf Meter weiter eine andere. Die erste Tür öffneten sie noch, obwohl man durch das Gitter in Augenhöhe hindurch sehen konnte. Es war eine kleine Zelle, nicht größer als ein paar Quadratmeter. Es gab nichts, weder ein Bett, noch eine Erhebung im Fels und erstrecht kein Stroh oder ein Fenster. Zumindest letzteres machte Sinn. Aber eines fiel ihnen noch auf. Eisenringe, deren Enden in die hintere Wand gehauen waren, die gab es. Zur Sicherheit blieb immer einer draußen, wenn der Andere drin war, um sich umzuschauen, doch nur die ersten vier Zellen betraten sie, danach begnügten sie sich mit einem flüchtigen Blick durch das Gitter. Es gab bis zum Ende des Ganges, sie hatten mitgezählt, zweiundsiebzig Türen, sechsunddreißig auf jeder Seite. Doch nur eine einzige besaß wirklich einen Inhalt und das war die letzte Zelle auf ihrem Weg nach Norden, oder besser gesagt, zur nächsten Biegung. Die Leiche war ihnen nur aufgefallen, da die Tür blutverschmiert war, zumindest schimmerten noch schwarze Blutlinien an der Außentür. Rociel hatte die Zelle betreten, die sich von den anderen nicht unterschied und fand ein Skelett, das einst an die Ketten gelegt wurde, denn die Armknochen hingen noch daran. Leider war das eindeutig menschliche Skelett alles, nichts weiter war zu finden. Doch der junge Fürst erinnerte sich noch an die Worte des Spiegels. Sie hatten gesagt, dass es nur sieben Menschen je geschafft hatten durch den Spiegel zu reisen. Die Vermutung lag nahe, das sie den Ersten gefunden hatten…
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| 24.03.2004 17:05 | #43 |
| Isabell |
Jetzt anscheinend wurden ihre Bitten erhört, denn es blieb tatsächlich hell, die Erbauer der Anlage waren ganz sicher keine geizigen Leute, denn wer es sich leisten konnte hunderte von Fackeln brennen zu lassen, der musste ziemlich prunkvoll wohnen. Mal ganz abgesehen davon, dass auch hier unten das Wörtchen Staub kein Fremdwort war, musste sie allerdings zugeben, dass die Anlage sehr stabil und groß wirkte. Vielleicht sorgten eben nur die Fackeln dafür, dass alles so riesig aussah, aber die Felsquader waren noch größer als in der Kanalisation von Gorthar und waren sehr grob verbunden. Die Wände waren deshalb immer mal voller Nischen, doch deswegen wirkten sie nicht weniger imposant. Von den Kerkerräumen hielt sie allerdings nicht sehr viel, da sie ja so gut wie gar nicht eingesetzt worden waren. Sie fragte sich, für was man so eine riesige Kerkeranlage baute, wenn man kaum jemanden dort gefangen hielt. Leider war ja niemand mehr am Leben, den die hätten befreien können, aber sowieso war es seltsam, denn alle Türen waren unverschlossen und jede Zelle frei zugänglich. Als ob man die Zellen nicht mehr bräuchte oder sich nicht mehr dafür interessierte. Seltsam war es auf jeden Fall.
Als sie dann wieder um die Ecke bogen, wurde schon wieder Abwechslung geboten, eine Abwechslung, von der sich die Kanalisation noch ein großes Stück hätte abschneiden können, doch es war die Frage, ob das wirklich ein Grund zum freuen war. Jedenfalls führte nun eine gradlinige Treppe nach oben. Sie hatte nicht wenig Stufen, doch sehr weit hoch ging es trotzdem nicht. Auch hier wurde der erlesene Bau sichtbar, denn es waren exakt sechs mal fünf Stufen, allerdings höhere und dazwischen war immer eine zwei Meter lange Steinplatte. Jedenfalls hatten sie keine Mühe dort hochzukommen und standen sofort in einem Raum, der wieder nur eine Möglichkeit bot, nämlich eine verschlossene Gittertür. Allerdings merkte sich Isabell den Standplatz, denn hierher mussten sie wieder zurück. Das durften sie auch keinen Fall vergessen. Wer weiß, wie groß die Anlage hier war. Noch hatten sie schließlich keinen Plan, was es denn sein könnte. Eine Gruft war genauso wenig ausgeschlossen wie ein Kellergewölbe, eine weitere Kanalisation oder nur ein unterirdisches Tunnelsystem. Es konnte so gut wie alles sein, allerdings schien der Kerker auf etwas Größeres hinzudeuten. Das Problem, dass sich die Gittertür nicht öffnen ließ, war weniger ein Problem für sie, als für die Tür. Das dicke Eisenschloss hielt einem gemeinsamen Schlag ihrer Schwerter nicht stand und fiel schrill zu Boden, die Tür sprang zur Seite und ächzte unter der Drehbewegung nach außen. Dieses erste Hindernis hatten sie erst mal hinter sich gelassen, was schon mal ganz gut war. Aber Türen waren selten ein ernstes Problem, diese beliefen sich auf anderen Gebieten.
Schon wieder erwartete sie ein Festakt von Fackeln, die allerdings geringer gestreut waren. Allerdings war auch der Gang enger geworden und so tat es dem Lichtschein keinen Abbruch. Es schien allerdings nur ein Verbindungsgang zu sein, denn er ging nur zwanzig Meter weit, ehe sie vor einer weiteren Tür standen, dieses Mal war sie jedoch aus Holz. Der Knauf war aus verrostetem Messing und ließ sich einwandfrei drehen, auf dass sich die Tür öffnete. Es war die ganze Zeit still in den Gängen, sie hörten keine Geräusche mehr, die nur entfernt an einen ehemaligen Menschen erinnerten und auch sonst blieb es unauffällig. Wenn mal etwas wirklich anders war, dann durch von ihnen verursachte Gründe, beispielsweise das öffnen jener Türen oder auch ihre klangvollen Stiefel. Doch die ganze Anlage, es war schließlich ein weit verzweigtes Netz aus Gängen, schien zu schlafen. Keine Wächter erwarteten sie, aber auch sonst wachte hier niemand. Nur die Fackeln zeugten davon, dass hier jemand war, aber auch sie waren unheimlich. Als sie nun durch die Tür in diesem kleinen Gang traten, änderte sich die Harmonie jedoch schlagartig, jedoch eher, weil es wieder konfus für sie wurde. Ein kleiner, rechteckiger Raum, der nur aus kargen Steinwänden bestand, bot ihnen gleich drei Möglichkeiten. Eine war ein Gang nach links, eine zweite Möglichkeit war ein Gang nach rechts und der dritte Weg führte über eine kleine Treppe nach oben. Sie entschieden sich zuerst für links, aber so wirklich groß war die Entscheidung auch nicht, denn sie wussten ja noch nicht allzu viel über die Anlage, wie die Gänge miteinander verzweigt waren, das ganze Programm eben. Der linke Gang war aber ganz klar eine Fehlentscheidung, denn nach zehn Minuten zähem Gehens standen sie vor einer Wand, die Fackeln verrieten ihnen gnadenlos ihren Fehler. Es blieb auch nach dem Abtasten der Wand erfolglos, da rührte sich nichts und war wohl einfach zugemauert worden. Also mussten sie wohl oder übel zurückgehen, auch wenn dies ärgerlich war.
Als nächstes wählte sie den rechten Gang und auch dies war alles andere als gut. Gerade als sie durch den Durchgang hindurch gehen wollten, huschte ein Schatten entlang und als sie besser hinhörten konnten sie auch Schritte vernehmen. Schnell traten sie fast zeitgleich durch den steinernen Rahmen, als sie vor ihnen ein Skelett sahen. Es schien sie aber gar nicht zu beachten, sondern einen Weg entlang zu gehen. Leise versuchten sie hinter dem Skelett hinterher zu schleichen, doch so geistlos wie es anfangs wirkte war der Knochenmann gar nicht. Auf halber Strecke blieb er stehen, wie auch die Verfolger, doch dann drehte es sich um und kam auf sie zu. Das Skelett hatte keine Waffen, doch wie effektiv die bloßen Hände dieser Kreaturen sein konnten, hatte Isabell ja schon bemerkt, doch noch ehe sie ihr Schwert ziehen konnte, hatte es Rociel getan. Ihr Bruder holte nur einmal kraftvoll aus und streifte durch den Oberkörper, so dass das Skelett sofort zerbrach. Dabei hatten sie die ganze Zeit keinen Ton vernommen, fast schien das Skelett total stumm zu sein, immer wieder dieselben Wege gehend. Nun ertönten Knochen, die noch einige Sekunden auf den Steinboden fielen und dort umher schlitterten. Aber sie gingen weiter, mussten aber zu ihrer Enttäuschung feststellen, dass es schon wieder eine Sackgasse war, in die sie da getreten waren. Was allerdings dieses Skelett da machte, das blieb ihnen ein Rätsel. So standen sie am Ende wieder in dem Raum der drei Möglichkeiten und nun war die Entscheidung einfach, blieb ja nur noch eine übrig…
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| 24.03.2004 17:59 | #44 |
| Todesfürst |
Könnte das etwa das zweite Skelett gewesen sein, besser gesagt, der zweite Mensch? Durchaus möglich, denn es hat uns nicht direkt angegriffen… Der Fürst grübelte nach der Vernichtung dieses doch sehr dankbaren Gegners darüber nach, ob sie schon zwei der sieben Menschen mittlerweile gefunden hatten. Wissen konnten sie es sicherlich nicht, doch zumindest eine Vermutung war wohl erlaubt, denn was sollte ein Skelett schon einen Gang auf und ab laufen, wenn es da doch überhaupt nichts zu bewachen gab. Allerdings hätte es ja durchaus sein können, dass einer der Menschen nach seinem Tod zu so einem Skelett vermodert war, allerdings nicht starb. Aber diese Theorien waren hier unten nichts wert und eigentlich war es ihm auch egal, was mit den sieben passiert war, schließlich waren diese Geschichten schon Jahrhunderte alt. Doch die Anlage wurde jetzt bissiger, so, als ob jetzt der versteckte Knüppel aus dem Sack geholt wurde, mit dem die Anlage nun auf sie einschlug. Es war nämlich jetzt wirklich so, wie auch schon in Gorthar. Verzweigte Gänge, mehrere Abzweigungen und nirgendwo stand ein Wegweiser, auf dem mal beschrieben wurde, wo es lang ging. Allerdings konnten sie mit solch einer zuvorkommenden Begrüßung auch nicht rechnen. Schließlich waren sie hier nur Gäste. Und zumindest die Worte aus dem Spiegel ließen erahnen, dass es hier unten alles andere als leblos zugehen würde.
Sie waren die kleine Treppe hoch, mussten aufpassen, dass sie mit ihren schweren Rucksäcken nicht an der dünnen Öffnung stecken blieben, doch alles was ihnen das einbrachte waren weitere Auswahlmöglichkeiten. Dieses Mal konnten sie allerdings gleich fünfmal wählen, in alle Himmelsrichtungen und eine weitere, schmale Treppe. Er war kurz hochgegangen, doch nachdem Rociel seinen Kopf aus der Öffnung gestreckt hatte, sah er schon, dass sie ein Stockwerk höher nicht sonderlich weniger Auswahl hatten, also war er wieder zurück gegangen und wartete nun auf eine Entscheidung. Ein kleiner Schluck aus dem mobilen Wasserkrug, ein wahrer Luxus den er sich aber gönnte, dann ging es auch schon weiter. Engagiert waren sie sicherlich, doch genauso gut hätte man auch gleich in einem Wald suchen können, vielleicht nach einem verbuddelten Schatz. Das Schöne am Wald wäre nur gewesen, dass die Luft viel besser gewesen wäre, dass sie vermutlich jeden Tag einen anderen Himmel gesehen, andere Fauna bemerkt und andere Flora aufgespürt hätten und auch die Laune deutlich höher gewesen wäre. Bäume konnte man schließlich umgehen, aber keine steinerne Wand mit Quadern, die wohl nicht mal ein wahres Erdbeben umgehauen oder besser gesagt, raus geschlagen hätte. Es war dennoch unglaublich mit anzusehen, wie viele Fackeln brannten und immer wieder neue dazu kamen. Doch dieses Mal war es noch schwieriger, da man davon ausgehen konnte, dass hier jeder Gang erneut eine Sackgasse war, dennoch konnten sie es sich nicht leisten dieses Stockwerk einfach zu ignorieren und so musste auch dies gründlich untersucht werden.
Inzwischen waren sie schon mindestens siebzig Minuten unterwegs, besonders viele Erkenntnisse hatten sie nicht sammeln können, doch langsam fühlte er sich fast so, wie in jedem x-beliebigen Keller. Natürlich standen in keinem Keller so viele Fackeln und kein Keller hatte diese Größe, die noch lachhaft im Vergleich zu der ganzen Anlage wirken sollte, aber das Rahmengefühl war dasselbe. Einigermaßen gute Luft, typische Staubfetzen, einsamer, dunkler Stein und lange Gänge. Außerdem Fackeln, so was hätten sie im Wald auch nie gebraucht, nur wenn es dunkel geworden wäre vielleicht, doch dann hätten sie vermutlich eine Rast gemacht und ein schönes Lagerfeuer entzündet. Überhaupt war es seltsam, schon zum zweiten Male passierte ihm das, das er sein Zeitgefühl verloren hatte. Zum ersten Mal war es so, als er in die Höhle im Felsen eingetreten war. Dort hatte ihn auch dieses Gefühl für vergangene Stunden und Tage nach drei, vier Tagen ohne Sonne verlassen. Jetzt war es genauso, dass er nicht mehr sagen konnte, ob der Himmel hell oder dunkel sein musste. Es war einfach nicht notwendig, so etwas hier unten zu wissen, wäre allerdings schon erleichternd gewesen. Die Entscheidung brauchte nicht mehr lange diskutiert zu werden, bei einer primären Auswahl von vier Gängen war wohl alles egal, so gingen sie einfach nach Süden, in der Hoffnung, dass er Glück bringen würde. Zuerst wirkte es so, als ob die vier Gänge voneinander getrennt lagen, doch schon bald traf sie eine herbe Ernüchterung, führten alle vier Wege zu einem gemeinsamen Gang, der sich – in Form eines Vierecks, um die eigentlichen Gänge zog. Es war sozusagen nichts mehr, als eine Verlängerung, die aber auch sinnfrei und ohne ersichtlichen Grund erbaut wurde. Eine Mischung aus Frust und Erleichterung machte sich breit, als sie dann gezwungenermaßen die dritte Treppe hochstiegen. Hoffentlich sind wir nicht im Bauch der Erde und müssen jetzt bis zur Oberfläche, denn dann können wir noch lange Treppen steigen… Tatsächlich waren sie Sekunden später erneut in einem Raum mit einer Treppe, doch auch die vier Türen möglichen Steinbögen mitsamt ihrer Gänge waren wieder da. Das ganze wirkte wie ein Imitat, ein perfektes drittes Stockwerk. Hier waren wir doch schon mal…
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| 24.03.2004 19:56 | #45 |
| Isabell |
Leicht paradox das alles. Aber wenigstens gibt es hier genug Licht. Isabell sah sich um, erneut diese vier Gänge. Schon im letzten Stockwerk hatte das ganze überhaupt keinen Sinn gemacht und jetzt schon wieder. Sie entschieden sich wieder für einen Gang, dieses Mal für den nördlichen, doch ihre düstere Vorahnung ging auf. Es war wieder dasselbe. Zur Sicherheit gingen sie den verlagerten Gang noch einmal ab, aber es war schon so wie letztes Mal. Vier Gänge, jeder einzelne führte in einen hinteren Gang, der in Form eines Vierecks verlief und keine Türen hatte. Es gab auch sonst nichts, keine Skelette, Knochen, Fässer oder Gitterstäbe. Keine versteckten Ketten oder Hebel, sondern wirklich nur eine astreine Steinkonstruktion. Trotz des schönen Lichtes, das wenigstens ein kleiner Trost war, ging es so weiter, wie sie es eigentlich beendet hatten. Aber diese Sinnlosigkeit konnte sich doch kein logisch denkender Baumeister ausgedacht haben. Wiese baute man zwei Stockwerke, die wirklich nichts, aber wirklich nichts besaßen und nur Platz raubten, denn die Gänge waren ganz eindeutig behandelt worden. Isabell hatte darauf keine Antwort und hoffte, dass dies alles kein schlechter Scherz war und im nächsten Stockwerk das Ganze noch ein drittes Mal auf sie wartete. Aller guten Dinge sind drei, sagt der Volksmund. Die junge Frau sagte nichts und huschte die Treppen hoch. Dabei spürte man schon wieder ganz schön das Gewicht, das auf den Schultern lag. Langsam wäre eine Pause sicher mal wieder gut gewesen. Doch zuerst jagten sie Neugier und Frust die Treppenstufen nach oben. Und sie hatten Glück. Zumindest war es ein kleines Glück. Es gab keine weitere Treppe, nicht in diesem kleinen Raum. Er wirkte sogar äußerst detailreich, auch wenn die Details unbedeutend waren. Ein wirklich enger Raum, nur zwei Fackeln war er wert und diese reichten aus, um alles sichtbar zu machen. Ein kleiner Holzschemel stand in der Ecke, daneben eine Schüssel aus Blech. Doch sonst blieb auch dieser Raum bloß. Doch schon ein Blick zur Decke gab Sicherheit. Keine weitere Treppe führte nach oben. Noch nicht zumindest…
In dem Raum war nur eine Tür, sie war aus Holz, Eiche, meinte Rociel. Sie sah sehr stabil aus und bot keine morschen Zweifel und tatsächlich war sie mehr als nur stabil. Sie besaß ein metallenes Schloss, abgeschlossen war sie zudem auch noch. Ziemlich gute Arbeit, wie ihr Bruder zu würdigen wusste, doch in der Überzeugung, dass ein gezielter, wuchtiger Tritt reichen sollte, lag er falsch. Die Tür stöhnte ein wenig, aber die Holzbalken dachten nicht dran zu brechen. Sie brauchten wohl unbedingt den Schlüssel. Nur woher nehmen? Isabell sah sich ein wenig um, in dem Raum gab es nichts als den Steinboden, den Treppenaufgang…und die beiden Sachen. Sie passten auch gar nicht ins Bild, wie ihr jetzt erst auffiel. Was hatten sie in diesem Raum zu suchen, es war wohl eher noch in einer Zelle vorstellbar, dass man eine blecherne Schüssel und einen hölzernen Schemel fand. Der Einfall und die Kombination wurden belohnt, denn sie hatte keine Mühe unter der Schüssel den besagten Schlüssel zu finden. Kein sehr cleveres Versteck! Es war ein schwerer Schlüssel, nicht aus Messing, sondern aus Silber. Offenbar war das, was sie hinter der Tür erwartete, höchst brisant, ansonsten bräuchte man keine silbernen Schlüssel und eine Tür, die wohl als stabil verschlossen bezeichnet werden konnte. Immer noch regierte diese Stille, selbst die Fackeln brannten leise und ohne einmal zu knistern. Fast schienen sie nicht vorhanden zu sein, so sehr gewöhnte man sich daran. Das Licht war nicht so schön wie Tageslicht, doch man konnte es besser ertragen, als so manch andere Fackel. In ihren Adern pulsierte wieder das Blut und pumpte sich durch die unzähligen Bahnen. Manchmal, wenn sie ganz ruhig dasaß und sich auf den Lauf des roten Lebenssaftes konzentrierte, und sei es nur um Rociel etwas zu entlocken, da spürte sie die ganzen Läufe. Da lernte sie ihren Körper kennen. Auch jetzt war er aufgeregt, denn hinter der Tür erhoffte sie sich mehr Antworten, zumindest einen Ansatz, dass sie richtig waren. Es musste ja nicht gleich das Amulett sein, das man ihnen dort in einem kristallenen Behältnis hinstellte. Aber wenigstens einen Hinweis, ein kleiner Tipp zum Ort des Geschehens, oder eine Erklärung, sie wusste es nicht, aber irgendetwas eben.
I: Was glaubst du, was ist dahinter?
R: Keine Ahnung, sag du es mir.
I: Ich weiß es doch nicht.
R: Tja, dann sollten wir uns überraschen lassen hm?
I: Also wollen wir die Tür öffnen?
R: Nun, du darfst dich gerne auch mal an dem Holz, Eiche, versuchen.I: Nein danke. Im Gegensatz zu dir pflege ich nicht so brachial einzutreten.R: Weiß ich doch, was glaubst du, warum ich dich dabei habe. Brachial, tsts, ist ja gar nicht wahr…
I: Das hab ich gehört!
R: Ach wirklich? Nun, ich würde sagen, niemand verschließt eine Tür mit einem solchen Aufwand, wenn er nicht einen triftigen Grund hat.
I: Und der könnte zum Beispiel lauten?
R: Da fällt mir eine Menge ein. Aber einer von vielen ist sicherlich, das man keine ungebetenen Gäste haben will.
I: Sind wir ungebetene Gäste?
R: Nein.
I: Nein?
R: Ich würde dich niemals als ungebetenen Gast bezeichnen.
I: Ach nein?
R: Außerdem hat uns Priester Tolban gebeten durch den Spiegel zu gehen, na ja, nicht direkt, das ist Auslegungssache aber im Zweifel für uns.I: Richtig, also dann mal los.
Sie drehte den Schlüssel um und mit einem zweifachen Klacken öffnete sich das Schloss. Nun musste sie nur noch den Knauf herum drehen und schon schwang die Tür, Eiche, wie Rociel jetzt gesagt hätte, auf und ließ sie weitergehen. Fackeln brannten greller denn je. Schon wieder eine solche Übereinsetzung wie zu Beginn. Für welchen Anlass brauchte man sie...
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| 24.03.2004 22:57 | #46 |
| Todesfürst |
Marmor war es zwar nicht gerade, aber ein großer Raum lag nun vor ihnen, das Bild der unterirdischen Gänge wechselte endlich. Nackter Steinboden war noch immer ihre Unterlage und an den Wänden sah man nach wie vor keine Verzierungen oder sonstige Verschönerungen, doch große, plumpe Säulen zierten den großen Raum. Einrichtungsgegenstände waren ebenfalls zu sehen. An den Wänden prangerten die Fackeln und sangen ihr lautloses Lied, während sie den Lichtschein verkünden ließen, nur durch die konnten sie nun die wahre Pracht dieser pompösen Halle betrachten. Es war mehr als nur ein einfacher Durchgang, doch trotzdem war es nicht mehr als eine Zwischenstation. Keine Erkenntnisse wollten sich zu erkennen geben, alles blieb so, wie sie es gewohnt waren. Still und leise. Rociel war immer wieder überrascht, was man doch alles zustande bringen konnte. So eine Anlage musste wahnsinnig kompliziert zu bauen sein. Zwar waren die Säulen in diesem Raum nur aus schlichtem Stein und ohne jede Art von Verzierung, wirkten so gar nicht so protzig, doch man durfte nicht vergessen, wo sie waren. In irgendeinem Kellerloch, in dem es zudem ziemlich kalt war. Er spürte diese Kälte wie sonst nie. Normalerweise schützte ihn das Fell des Schattenläufers so gut gegen Kälte, dass er nie fror, selbst oben in Teljarsfeld war es an der Brust einigermaßen erträglich. Aber hier unten war es wirklich kalt. Man konnte die Kälte vergessen, da man oft mit anderen Dingen beschäftigt war, doch ab und zu war es nicht mehr möglich die frostigen Stiche zu ignorieren. Dabei herrschte weder Wind, noch sonst irgendein Natureinfluss. Wie sollte das auch möglich sein…es schien fast so, als ob die Steine selber diese Kälte abgaben. Doch sie pendelten trotzdem nach links und rechts, doch am Ende der linken Seite war erneut eine Steinwand, die ihnen den Weg versperrte. Allerdings war etwas auf sie gemalt, eine Art Bild mochte es eventuell sein, jedenfalls befand sich eine Flüssigkeit auf dem Stein, der ein Muster bildete. In einer der vielen Ecken huschte eine große Spinne an ihnen vorbei, verschwand auf einmal in einem winzig kleinen Loch in der Wand. Ihre Weben hingen um die ganzen Ecken, doch was sollte sich dort schon verfangen, außer Staub. Doch er wurde auch nach längerem Überlegen nicht aus der Zeichnung schlau, obwohl die Sicht wirklich optimal darauf war, so ließ er es bleiben und folgte seiner Schwester lieber zu der anderen Seite, die hoffentlich viel versprechender war. Und so war es dann auch.
Eine riesige Tür stand auf dem Ostflügel, sie war doppelt so groß wie die von eben noch, vielleicht zwei Flügel. Jedenfalls wirkte sie genauso stabil, wie auch ihr Vorgänger. Das Schloss kannten sie ja schon, also hieß es jetzt wieder nach dem Schlüssel suchen. Bei solchen Aufgaben war er immer ziemlich unkreativ, da er nicht gerne solche kleinen Sachen suchte, die sonst wo versteckt sein konnten, doch selbst Isabell hatte dieses Mal keine Ahnung. Zuerst kam ihm noch ein Verdacht, dass es nämlich etwas mit der Malerei zu tun hätte, doch die gesamte Suche und das Abtasten des Steines brachte null und nichts. Also blieb ihnen mal wieder nichts anderes übrig, als auf brachiale Methoden zurückzugreifen, doch seine Betrachtung der Türe und das Abtasten des Holzes ergab da nicht viel Hoffnung. Ich denke, dass es ebenfalls Eiche ist. Stabiles Holz ist das. Er lehnte sein Ohr gegen die Tür, in der Hoffnung etwas mehr über dieses Holz zu erfahren, doch dabei hörte er mehr als die Stimme seiner Schwester. Tja, irgendwie hab ich mir das schon fast gedacht. Willst du es wieder mit einem Tritt versuchen, oder wollen wir versuchen das Schloss zu kann…- Psssst. Sei mal ruhig!. Er hörte tatsächlich etwas, ein paar klappernde Geräusche kamen da näher, sie wurden lauter und lauter und hatten auf ihrem Höhepunkt so laut geklungen, dass er sich sicher war, sich das nicht eingebildet zu haben. Was ist, sag bloß du hast etwas gehört? Rociel nickte bloß, hielt sein Ohr weiterhin an die Tür und lauschte. Ja, ich war mir sicher etwas gehört zu haaahhhhhh Mit einem Splittern schlug die Spitze eines Schwertes nur Zentimeter neben seinem Ohr durch die Tür, sofort und im Reflex stieß er sich von der Türe weg, genau im richtigen Moment, denn der zweite Stich verfehlte den genauen Platz seines Kopfes nicht mehr. Dann blieb es ruhig, doch nicht lange, die Ereignisse überschlugen sich fast. Während Rociel sich zu seiner Schwester begeben hatte, bzw. dorthin gestolpert und in Empfang genommen wurde, donnerten gleich vier Schwerter relativ nahe beisammen in die Türe. Das ganze wiederholte sich noch drei weitere Male, dann war die Tür löchrig und an eben jener Stelle ziemlich instabil.
Der junge Fürst zog leise und langsam seine Klinge aus der Scheide und hielt sie eisern fest, dabei wechselte er immer mal wieder die Fingerkuppen nach oben und unten und drückte die Hand mal fester und mal weniger zusammen. Das, was da hinter der Türe lauerte, das besorgte ihnen gerade einen wunderbaren Weg durch die stabile, verschlossene Holztür, aber andererseits waren diese freundlichen Türöffner sicherlich nicht nur deshalb gekommen. Eigentlich brauchten sie sich gar nicht vorstellen, Rociel wusste schon, weswegen sie gekommen waren. Und jetzt verstand er auch, warum diese eine Leiche dort im Kerker lag. Es musste einer der wenigen sein, die es nicht geschafft hatten, schnell zu sterben. Eine zweite Erkenntnis gelang auch noch, denn höchstwahrscheinlich war nicht das einsame, verwirrte Skelett ihr erster Gegner gewesen, sondern diese Truppe hier. Zum ersten Mal standen sie jemanden gegenüber, der wusste mit einem Schwert umzugehen. Sicherlich ein Nachteil gegen waffenlose Gegner kämpfte es sich besser. Doch das war keine Ausrede. Und der Fürst hatte keine Zweifel daran, was gleich geschehen würde.
Noch einmal schloss er kurz seine Augen, während neben ihm seine Schwester ihrerseits zur Waffe griff. Vor ihm fiel splitternd Holz aus der Tür, Klingen rasselten lauthals in die schöne Eichenhaut, wie Barbaren zerstückelten sie das schöne Stück, doch das scherte ihn alles nicht mehr. Vor seinem Auge sah er noch halbwegs auf die Tür, um bereit zu sein, um es zu sehen, doch seine Augen verblassten mit der Zeit, eine dünne, transparente Schicht zog sich darüber und er verließ sich mehr auf seine Ohren, die ihm ebenfalls erstaunlich viele Bilder in den Kopf lieferten. Es krachte und splitterte immer lauter, bald stöhnte die Tür nur noch ein letztes Mal, währenddessen dachte er an die Worte, an sich selbst gerichtet. Dann fiel die Tür endgültig aus den Angeln, zu viele Bretter waren weggerissen oder ganz zerstört, polternd fielen die großen Flügel zur Seite, wirbelten massig Staub auf, als sie aufschlugen, doch er brauchte sich nicht zu lichten, sie sahen auch so, was sich durch den breiten Türrahmen drängelte. Drei weiße Skelette und erneut ein schwarzes, wie sie es schon kannten, bildete das die Speerspitze. Und genauso waren sie es auch gewohnt, dass diese schwarzen Knochenhaufen Lungenflügel und Muskelbänder besaßen, die ihnen ein Sprechen ermöglichten, doch dieses Mal wollte er nicht sein Schwert opfern, sondern lieber das Sprechen so kurz wie möglich zulassen.
Da sind sie. Tötet sie. Bringt mir ihre Köpfe. Im Namen von Skelldon, na los ihr faulen Sklaven!
Noch während der Schwarze sprach, strömten die drei Skelettdiener auf sie ein, in der Hand hielten sie die rostigen Klingen, die nach frischem Blut gelüsteten und die sich in das zarte Fleisch der Beiden bohren wollte. Wenigstens hatte dieser offensichtliche Anführer einen Hang zum Kurzen, so war er wenigstens schnell wieder still, doch gleichzeitig begann schon der erste Schlagabtausch. Man konnte nicht sagen, dass Rociel wütete, doch er schlug mit tödlicher Präzision zu. Sofort war er auf die Gruppe gestürmt, um möglichst viele auf sich zu ziehen, mit dem ersten Skelett tauschte er zwei Schlagkapriolen aus, dann schon huschte er vorbei, direkt in die Mitte zwischen zwei dieser Knochenmänner. Während der eine noch schlug duckte er sich, so dass die Spitze der Klinge direkt einen der eigenen Männer traf, Sekunden später wehrte er die heftigen Hiebe des Schwarzen ab, doch auch dieser war einfach zu langsam und schlug Luftschläge. Während es nur noch drei waren, jagte er wieder zurück, während der Anführer noch immer neben ihn schlug und keinen Treffer landete, parierte Rociel einen erneuten Schlag des weißen Skelettes, das vorher schon in den Genuss kam, doch noch ehe es zum zweiten Schlag ausholen konnte, hatte der Fürst sein Schwert gedreht und mit voller Wucht über den Kopf gestrichen, blieben noch zwei, doch im selben Moment hörte er das Klappern des dritten Skelettes. Nun war der Kampf so gut wie erledigt, doch er unterschätzte den Schwarzen dennoch nicht. Sofort wich er den folgenden zwei Schlägen aus, ehe er aus der Hocke zurückschlug, unerwartet darüber flog die miserable Klinge aus den Händen des Anführers, der eine Sekunde zu lange zögerte. Noch im Ausfahren seines Schwertes schlugen hintereinander zwei krumme Schwerter durch Rippen und Hals, gleich drei Teile zerschlugen und der Schatten zerfiel wie seine drei Diener. Für Rociel nur ein müder Kampf, doch war es gleichzeitig eine Gelegenheit zu lernen. Und er wollte noch eine Menge lernen…
Ein prüfender Blick ging über die Klinge, die nicht befleckt wurde, so steckte er sie sofort wieder weg und näherte sich der Tür. Es war ruhig, nichts mehr zu hören. Sie konnten erst mal weitergehen. Na dann los, eins steht jetzt ja jedenfalls fest. Wir sind definitiv bemerkt worden. Ach ja, noch etwas dürfte jetzt klar sein. Isabell schaute verlegen. Was denn? Mit blasser Miene sah er nur nach vorne und ging los. Skelldon mag uns nicht…
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| 25.03.2004 16:38 | #47 |
| Isabell |
Mitunter war es schon ganz gut, wenn man sich die Arbeit ersparte. Durch die Arbeit der Skelette hatten sie es jetzt leicht durch die Tür zu kommen und immerhin, der Gang wurde besser. Hölzerne Bänke standen nun an den Seiten und luden zu einer kleinen Rast ein, doch der Kampf war leicht gewesen, eine Pause noch nicht erforderlich. Das es schon wieder ein Duzend Fackeln an beiden Seiten gab, brauchte man nicht zu erwähnen. Es war seltsam und doch verständlich, sie mussten es bemerkt haben. Seit einer echten Ewigkeit war wohl niemand mehr durch den Spiegel gereist und jetzt witterten sie wieder eine neue Fährte. Wahrscheinlich waren noch mehrere solcher Truppen auf der Jagd, vermutlich war dies nur eine erste Splittergruppe, die alles erledigen sollte. Doch spätestens dann, wenn es bemerkt wurde, dass sie nicht mehr zurückkamen, würden sie Nachschub schicken, wenn dies nicht schon längst getan wurde. Aber es fiel schwer Skelette ernst zu nehmen, sie verstehen zu lernen. Wenn es Menschen gewesen wären, dann wären solche Überlegungen selbstverständlich gewesen, aber konnten sie untoten Kreaturen, die nur noch das Korsett, die Knochen von Menschen besaßen, wirklich als solche ansehen? War es nicht so, dass sie nur blinden Befehlen folgten und nicht in der Lage waren große, taktische und weitreichende Überlegungen zu machen? Isabell hoffte, dass es so war. Denn es gehörte mehr dazu, sie zu kriegen, sie niederzuringen. Aber sie waren in einem fremden Bau, einer fremden Heimat und vermutlich auch in einer fremden Welt. Jederzeit konnten hier Überraschungen lauern, die ihr Geist nicht erkannte, da sie zu unscheinbar oder zu vertraut waren. Allein das Fackelmeer konnte eine Falle sein, vielleicht…
Die junge Frau lechzte nach Wissen. Sie wollte alles wissen, über diesen Ort hier, über diesen Skelldon, über die Fähigkeiten ihrer Widersacher und auch über diesen Totenkult insgeheim und diese Welt wollte sich auch näher kennen lernen. Sie wollte zumindest sicher sein, dass es nicht alles ein großer Betrug war, dem sie hier auflagen. Aber das war so gut wie unmöglich, denn ihre Feinde waren echt, zwar nicht aus Fleisch und Blut, aber aus Knochen und Gebeinen. Dennoch waren Skelette durchaus sympathisch, denn zumindest bis jetzt hatten sie nur stur ihr eines Ziel verfolgt, nämlich zu töten, waren dabei aber mehr als nur ungeschickt und unbeholfen vorgegangen. Aber selbstsicher war sie deshalb trotzdem nicht. Irgendjemand musste diesen Wesen, die nur Befehlen nachgingen, jene geben und der Name dieses Anführers lautete so gut wie sicher Skelldon. Es war nur die Frage, wer oder was dieser Anführer war. Wenn er tatsächlich in der Lage war klar zu denken und klare Befehle zu geben, dann war dieser eine Trupp, den sie eben noch besiegt hatten, sicherlich sein letzter Fehler. Ein zweites Mal dürfte er sie nicht mehr unterschätzen, wenn er ein guter Anführer war. Niemand konnte es riskieren seine Truppen, seine Diener oder was eben sonst zu verschleißen. Niemand konnte es riskieren, dass sie immer näher zu ihm selber kamen. Also war Skelldon nun am Zug, er musste nun reagieren, während sie weiter agierten, indem sie unaufhaltsam weitergingen. Ob es etwas brachte musste sich allerdings noch zeigen, denn bis jetzt hatten sie ja noch nicht viele Spuren gefunden.
Das Entsetzen war groß, als sie feststellten, dass der schöne Gang mit den hölzernen, wenn auch unnötig und sinnlos wirkenden Bänken nur ein Verbindungsgang war. Diese Anlage musste wirklich riesig sein, denn schon jetzt hatten die Ausmaße der Gänge und die Länge ihres zurückgelegten Weges Rekordmasse angenommen. Es konnte eigentlich nur eine riesige, unterirdische Anlage sein, kein Keller konnte so groß sein, so fiel der schon mal raus und auch keine Krypta oder Katakombe. Gegen eine Kanalisation sprach auch eine ganze Menge, allein schon eine relativ geruchslose Luft. Also blieb nicht mehr fiel übrig. Sie bogen erneut um eine Ecke, wie in einem großen Kreis laufend, doch schon wieder war es eine Treppe, die nach oben führte, Sie war länger als die erste, große Treppe, hatte auch mindestens hundert Meter Höhenunterschied zwischen der ersten und der letzten Stufe. Doch das hinderte sie garantiert nicht daran sie zu meistern. Es war nur eine Treppe…und genauso war es nur eine weitere Halle, die sie empfing. Allerdings war diese Halle ein wahres Kreuz aus Gängen. Stöhnende Laute drangen aus ihren Mündern und Isabell nahm den Rucksack ab um sich fassungslos gegen eine Wand lehnen zu können. Diese Anlage kannte wahrlich kein Erbarmen und war gnadenlos mit ihren Opfern. Eine kleine Kuppel lag über der Treppe, aus der sie traten, dieselbe Kuppel lag synchron auf der anderen Seite, nur dieses Mal gingen die Stufen nach unten. Da sie sich sicher waren, dass es seit dem Spiegel keine Wahl über die Gänge gab, war es erstaunlich, denn eigentlich hätte dann kein Gang herunter führen können, doch ihre Alternativen waren auch nicht viel besser. Weitere sechzehn Möglichkeiten, bzw. Steinbögen boten sich an durchschritten zu werden. Eine Auswahl, mit der sie aber nicht leben konnten. Da es bisher nie etwas gebracht hatte die Gänge zu durchsuchen, ließen sie das nun aus und entschlossen sich dazu, sofort die einzige Treppe zu nehmen, die direkt nach unten führte. Doch zweierlei fiel sofort auf. Erstens gab es den Treppengang kaum Licht, als ob man hier die Fackelplanung vergessen hatte, was aber unwahrscheinlich war und zweitens war die Treppe nicht so lang und schon gar nicht so schräg abfallend, wie die, die sie gerade hochgekommen waren. Also waren sie nicht wieder im selben Stockwerk, sondern in einer vollkommen neuen Unterebene. Nur eine einzige, kleine Fackel brannte am Ende der Stufen, links von ihnen stand erneut eine Tür, inzwischen wusste sie, dass es Eiche war, doch Rociel sagte dieses Mal kein Wort. Stattdessen sahen sie, wie der nahe Fackelschein ihre Schatten auf der Tür zum tanzen brachte, doch am Schloss vor der Türe, den Ketten und der vertrackten Situation änderten ihre Schatten auch nichts, doch deswegen hieß es noch lange nicht, dass man die Tür nicht aufbekam…
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| 25.03.2004 18:03 | #48 |
| Todesfürst |
Nichts regte ihn mehr auf, wie diese Anlage. Konnten diese Meisterbaumeister nicht mal etwas bauen, was keine Rätsel für Fremde aufließ? Warum mussten es immer mehrere Gänge sein, bei denen ein ungebetener Besucher nicht wirklich mitkam. Er konnte es gut verstehen, aber nicht akzeptieren, so trieb man sie noch in den Wahnsinn, da war dieser Kampf fast schon angenehm. Das sie sich für die Treppe entschieden hatten war irgendwie klar, wie sollten sie unter sechzehn verschiedenen Gängen den richtigen wählen? Vielleicht war es ja auch nur wieder ein mieser Trick und die Wege brachten überhaupt nichts, doch dann würde es zwangsläufig auch auf die Treppe zulaufen. Eine Regelmäßigkeit jedoch fiel auf, in jedem Stockwerk standen bis jetzt mindestens zwei Treppen. Außer natürlich im untersten Stockwerk. Außerdem hatten sie sich stets nach oben gearbeitet, waren nun schon weitaus höher als zu Beginn. Doch nun gingen sie eigentlich andersherum, nämlich wieder zurück nach unten. Irgendwie stimmte das doch nicht…
Das Schloss sah nicht sehr gut in Schuss aus, ganz im Gegensatz zu der Tür, sie wirkte fast neu, als ob man sie ausgetauscht hatte, das Schloss aber noch einmal verwendete. Überhaupt waren hier viel zu viele menschliche Strukturen zu erkennen, Türen und Schlösser waren sicherlich so etwas, was eher auf ein menschliches Bild schließen ließ. Waren diese ganzen Skelette auch einmal Menschen, dachten sie wie Menschen und konnten sie überhaupt denken? Eine schwierige Materie öffnete sich da, er hatte keine Ahnung von diesen schwarzen Zaubern, doch eines war sicher. Lebende Skelette existierten nicht. Wenn jemand tot war, dann war er tot. Da gab es nichts mehr dran zu rütteln und war nun mal unabwendbar. Es gab magische Wege den Tod zu verhindern und zu stoppen, zumindest in Legenden, doch Knochen, die ohne Muskeln und Fleisch nicht zusammengehalten werden konnten, die konnten auch nicht einfach durch die Gegend wandern und sogar Waffen führen. Die Armee von Skeletten, sie war nur eines von vielen Schauermärchen, das ihm einst über Beliar erzählt worden war. Doch ob wirklich Beliar hier seine Finger im Spiel hatte? Irgendwo hatte er ja immer seine Finger im Spiel, wenn er so was denn überhaupt besaß, denn man sollte einen verhassten Gott nicht unbedingt mit einem Menschen gleichsetzen, das war klar. Doch diese Rätsel waren groß und sehr weitläufig, einige würden wohl unbeantwortet bleiben. Doch sie waren nicht hergekommen, um sinnlos zu sterben, wollten auch nicht länger hier bleiben als nötig, so war die Hoffnung groß, dass bald alles vorbei sein sollte. Der gigantische Komplex in dem sie sich befanden und von dem sie nur ein kleiner, winziger Teil waren, er wirkte so riesig, doch das musste kein Nachteil für ein schnelles Ende sein. Wenn sie Glück hatten, ließ Skelldon ja selber Hand anlegen, wollte diese Rarität selber erleben. Vielleicht war er auch einfach nur dumm und beging denselben Fehler, wie es auch Kryliyx getan hatte, doch so dumm konnte er gar nicht sein. In drei große und mehrere kleine Teile barst das Schloss, als es die wuchtige Klinge von ihm zu spüren bekam, ein einziger Schlag hatte gereicht, um ihnen Zutritt zu gewähren. Die Kette ließ sich nun schnell lösen und die Türe sich öffnen, doch Dunkelheit war es, die sie als erstes erwartete. Seit langer Zeit einmal standen sie einem Gang gegenüber, der schwarz schien, doch dennoch war wieder vorausgedacht. Eine einfache Fackel hing erloschen an der Seite des Eingangs, gerade noch so vom schimmernden Licht der Fackel am Ende der Treppe beleuchtet. Sie nutzen dieses unglaubliche Glück, oder wohl eher die geplante Tatsache und entzündeten die eine Fackel an der Anderen, so dass sie schon bald genug Licht hatten, um es zu wagen. Die eine Tür war nicht zu klein, denn im Gegensatz zu großen Teilen dieser steinernen Anlage war es ein sehr enger Gang, der es ihnen mit Mühe und Not ermöglichte nebeneinander zu laufen. Zuerst war kaum etwas zu sehen, doch die ersten Funde brauchten auch seine Zeit. Alte, hölzerne Regale standen in den Ecken und wären durch den Fackelschein fast entzündet worden. Das Holz war feinfaserig und splittrig, natürlich auch staubtrocken und so war es kein Wunder, dass er Mühe hatte nicht ganze Einrichtung in Brand zu setzen. Doch vor ihren Augen breitete sich ein ganzes Arsenal aus Waffen aus. Es gab mehrere Regale, manchmal auch Fächer, die in die Steinwand gehauen waren. Die Waffen lagerten zu Duzenden ein, doch es war überwiegend nutzloses Zeug. Die Schwerter waren noch das Beste, bei den Streitkolben waren zumindest die Griffe noch ganz. Ganz im Gegensatz zu den Speeren und Hellebarden, dessen Spitzen und Klingen oft abgebrochen waren, die Halterungen verrostet daneben. Doch auch an den Schwertern rostete es gewaltig, viele orange-braune Stellen schimmerten dort, wo einst einmal silberner Stahl hervorblitzte und in der Sonne geblitzt hätte. Doch es war mehr als zweifelhaft, ob diese Kampfwerkzeuge je eine Sonne gesehen hatten. Die Qualität war ganz klar auf eine Massenproduktion ausgelegt und glich der Arbeit eines durchschnittlichen Waffenschmiedes, der aber durchaus solide und konstant gearbeitet hatte. Nur leider half ihnen der Fund nicht sonderlich weiter. Das Arsenal war mittelgroß, hätte gut fünfzig Mann bewaffnen können, wäre es in einer besseren Verfassung, so allerdings war es fast unbrauchbar geworden. Doch der Sinn dieses Arsenals war nicht erkennbar. Schließlich war hier unten so gut wie niemand…oder etwa doch? Ihnen blieb nichts anderes übrig, als die bittere Erkenntnis, dass dieser Weg nicht der richtige war, sondern nur der Weg zu einem Waffenlager war. Also musste dieses Mal einer der Gänge richtig sein, nur wie sollten sie den bloß finden…
R: Sechzehn Gänge. Nun gut, dann eben sechzehn…
I: Wann hört das Gesuche endlich auf…
R: Tja, die Erbauer waren nicht dumm. Ohne den richtigen Weg zu kennen, dürfte unsere Suche schwer werden. Aber andererseits leben wir ja noch. Also dürfte sich Skelldon zumindest ein bisschen ärgern.
I: Ja, das mag durchaus sein. Es ist nur ärgerlich, dass wir nie den richtigen Weg auf Anhieb finden.
R: Hm, es hilft nichts, wir suchen eben weiter.
Die Fackel ließen sie in ihrer eisernen Halterung zurück, allerdings brennend, das war ihnen jetzt egal. Schließlich würden sie sowieso nie mehr hierher zurückkehren. Stattdessen erwartete sie wieder die Treppe, die sie zu den sechzehn formidablen Auswahlmöglichkeiten bringen sollte. Man sah den Frust in den Gesichtern, doch für Rociel war es mehr eine Zeitverschwendung, als eine Anstrengung. Trotzdem hasste er diese Gänge, sie waren irrsinnig zerrend. Die Zeit drohte sich zu strecken, wenn keine Abwechslung aufkam, doch die einzige Abwechslung war hier unten die Anzahl der Türbögen, die jedes Stockwerk zunahm und es schien nach wie vor kein schnelles Ende in Sicht. Erst als sie wieder in dem großen Raum standen und die Wahl hatten, da spürte er, wie sinnlos eine Wahl doch war. Es gab kein Schema, zumindest kein Erkennbares. Und er spürte auch nichts. So blieb wirklich nicht fiel, um wenigstens einen Versuch zu starten, den richtigen Weg zu finden.
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| 25.03.2004 20:53 | #49 |
| Isabell |
Oh, ähm, tja… So oder so ähnlich klangen die Geräusche, als sie die Wahl hatten, ob nach Norden, nach Süden, nach Westen, nach Osten, oder natürlich konnte man dies noch mal kombinieren und verdoppelt. Es wäre ja nicht schwierig geworden, wenn die Gänge nur solche Scheingänge gewesen wären, nur leider besaß jeder Gang zu aller erst eine gewisse, dicke Steinwand, die auch nach fünf Metern nicht aufhören wollte. So konnten sie die Möglichkeit, dass bestimmte Gänge zusammenhingen, zumindest teilweise abhaken. Das Ganze war ein schönes Spielchen, gewiss, nur leider hatten sie weder die Zeit, noch die Kraft, noch den Proviant, um hier jeden einzelnen Gang einzeln zu durchleuchten. Je nach Größe oder Raffinesse des Erbauers konnte es Wochen dauern, bis sie auf diese Weise den Richtigen rausgefischt hätten. Doch irgendwann mussten sie mal anfangen und da es sowieso nicht erkennbar war, rieten sie einfach. Nur war es schwer zu raten, wenn man wusste, dass es vielleicht ganz entscheidend war, ob man den richtigen Gang erriet oder nicht.
I: Warum nehmen wir nicht den nördlichsten Gang.
R: Da gibt es aber zwei nördliche Gänge.
I: Wir werfen eine Münze, der Kopf des Königs ist der Linke und Zahl ist der Rechte.
R: In Ordnung, was können wir im Norden schon verlieren.
Rociel kramte seinen Goldbeutel hervor, einen seiner wenig gefüllten, und nahm eine einzige Goldmünze heraus. Ohne zu zögern warf ihr Bruder sie in die Luft und klimpernd fiel das schöne Geld auf den Steinboden. Gespannt sahen sie dann hinunter und nahmen sich mit ihrem gegenseitigen Schattenwurf die Sicht, doch man konnte es erkennen es war…Zahl.
R: Also rechts.
I: Genau, der rechte, nördliche Gang wird der richtige sein.R: Ganz sicher ist es das.
Das gegenseitige Mut einreden war zwar schön, doch sie glaubte nicht wirklich daran, dass ausgerechnet dieser rechte, nördliche Gang der Richtige war. Es mochte noch so viele andere Wege geben und wenn dies nicht das Ende war, was dann. Es musste jetzt einfach klappen, denn die Zeit rann unaufhörlich weiter. Besonders das Wasser wurde knapp, nur noch wenige Tage würden sie genug davon haben. Sie durchschritten ohne zu zögern den steinernen Bogen und traten in einen Gang ein, der wieder ausreichend beleuchtet war. Doch ihr Weg in dem breiten Gang dauerte nicht lange. Wenige Minuten später endete er plötzlich und entließ sie in einen sonderbaren Raum. Eisengitter standen zuhauf an Ecken und waren nichts weiter als Zellen. Wieder waren diese Zellen ohne jeglichen Komfort, vollkommen leer und ohne Hinweise. Doch eine seitlich gelegene Tür erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie öffneten die unverschlossene Tür, die übrigens aus morschem Holz war, dass sie auch nicht erkennen konnte, genauso wenig wie Rociel, der dazu nichts sagte und traten ein. Fackeln brannten zwar, doch dieses Mal hätte sie sich gewünscht, dass sie erloschen wären. Ein recht großer Raum bot sich ihnen an, mitsamt den Werkzeugen, die sich darin befanden. Folterwerkzeuge wohlgemerkt. Zwar klebte kein Blut mehr an ihnen, doch Knochen fand man hier umso mehr. Käfige, in denen Skelettknochen herausschauten hingen über ihren Köpfen, Liegen voller Spitzen, Eisenschlingen, ein Fallbeil, eine Art Sarg, dessen Deckel auf der Innenseite voller scharfer Metallspitzen jeden Gefangenen durchlöcherte, wuchtige Eisenkeulen in Verbindung mit Ketten, die an der Wand befestigt waren und ein gut sortiertes Sortiment von Werkzeugen aller Art, mit denen man Menschen behandeln konnte. Verrostete Messer, kleine, scharfe Rasiermesser, Sezierklingen, alles Werkzeuge eines Barbiers, oder eben eines Folterknechtes. Selbst ein Skelett in ganzer Größe stand in dem Raum, es hielt eine Axt nach oben, als ob es gerade beim Holzhacken war, doch es bewegte sich zum Glück nicht, dennoch wirkte es auf erschreckende Art und Weise authentisch, dass Isabell schwer schlucken musste, als sie es das erste Mal erblickte. Dieser Raum, er war das Ende, es gab keinen weiteren Gang mehr, doch deswegen musste ihre Wahl noch nicht falsch gewesen sein, denn im Hauptraum, wo auch die Gitter um die Zellen standen, dort gab es noch eine weitere Tür, die in die andere Richtung verlief. Doch nun waren sie erst einmal in diesem Horrorkabinett und sahen sich die Folterinstrumente genauestens an, obwohl es nicht schön war hätten hier schließlich weitere Hinweise liegen können. Glaubst du, die beiden Skelette in den Käfigen da oben, könnten weitere Personen sein, die es bis hierher geschafft haben? Isabell überlegte ein wenig, denn Skelette gab es hier viele, aber welchen Grund sollte man gehabt haben, ausgerechnet zwei von ihnen dort oben zu lassen? Durchaus möglich. Aber hier sind so viele Skelette… Ansonsten gab es aber nichts Aufregendes mehr, doch gerade als sie sich ein weiteres Mal umdrehte, erschrak sie. Huch… Sie wich nach unten und prallte dabei gegen Rociel, denn es fast umhaute. Was ist denn los? Erst als sie wieder standen und sich die junge Frau das Skelett noch einmal ganz genau ansah, antwortete sie ihm. Ich war der Meinung, dass sich der rechte Finger des Skelettes gerade bewegt hatte. Ihr Bruder schaute nur unglaubwürdig, genau das hatte sie zwar erwartet, aber wenn es nun mal so war, es war ein Zucken, da war sie sich ganz sicher. Du meinst also…das ist gar kein lebloses… na ja, Skelettbild? – Wenn ich’s dir doch sage. Es hat sich bewegt.
Mit einem tiefen Blick sahen sie sich das Ding noch einmal an, doch es blieb starr, als ob es sich niemals bewegt hätte. Letztendlich ließen sie davon ab und begaben sich wieder zur Tür, als sich ihr Bruder umdrehte. Ha, du hattest Recht. Diese verlogenen Ratten, aber nicht mit uns. Zuerst verstand sie kein Wort, aber dann machte es Klick. Währenddessen war ihr Bruder mit gezückter Waffe auf den Knochenmann zugelaufen, doch in dem Moment, wo sein Schwert den starren Knochenkörper treffen sollte, donnerte die Axt aus äußerst beweglichen Handgelenken herunter und hielt den Schlag ab, doch kurz darauf streifte der zweite Schlag von ihrem Bruder den Torso und damit war es um den Gegner geschehen. Zur Sicherheit köpften sie es noch, als es schon am Boden lag. Ich wette das war der Folterknecht oder irgendeine makabere Überraschung für Leute wie uns. Ahnungslos und dumm. Aber es ist ja gerade noch mal gut gegangen. Doch noch im selben Moment fiel die Tür der Folterkammer krachend zu und ein Lachen drang aus dem Raum. Wie schon erlebt, schien es direkt aus den Wänden zu kommen. Doch dieses Mal war es ein geradezu amüsiertes Lachen und es blieb nicht nur dabei…
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| 25.03.2004 22:13 | #50 |
| Todesfürst |
......
Hörst du die Stimmen
Sie schreien so laut
Künden vom Tode
Deiner lieblichen Braut
Werden sie kriegen
Werden sie fassen
Schänden den Körper
Dafür wirst du uns hassen
Doch fürchte dich nicht
Auch für dich ist’s soweit
Dein Körper bleibt hier
Vorbei ist die Zeit
Dein letzter Blick der Tod wird sein
Hier im Reich des großen Dunkeln
Von hier gibt es kein Entrinnen
Angst lässt hier die Wesen munkeln
Im Wahnsinn schreien
In Wut vergehen
Keine Chance
Du wirst es sehen
Die Toten gelüsten nach deinem Fleisch
Der süße Körper deiner Schwester ist mein
Werden unseren Spaß mit euch haben
Da kannst du dir ganz sicher sein
Denn wisset eins
Für Sterbliche ist der Eintritt verboten
Willkommen im Reich der untoten Toten
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| 25.03.2004 23:34 | #51 |
| Isabell |
Plötzlich war es wieder ruhig, die Stimme verschwand genauso schnell, wie sie auch wieder gekommen war. Als ob sie nie da gewesen wäre, so erweckte es den Anschein. Doch sie hatten sie beide gehört. Mal flüsterte sie, mal sprach sie energisch, wie eine echte Stimme besaß sie Emotionen, sie wirkte alles andere als tot. Vor allem die letzten beiden Sätze hatte sie ihnen an den Kopf gedonnert, als ob es eine Warnung sein sollte, eine Warnung, die ihnen nichts mehr nutzen sollte. Ganz klar, es schien der Stimme geradezu diebischen Spaß gemacht zu haben, ihnen diese Botschaft zu überbringen. Doch alles was sie taten war die Tür wieder zu öffnen und endlich aus dieser Folterkammer herauszukommen. Es gab nicht sonderlich viel Interesse noch weiter in einem solchen Raum zu verweilen. Am Ende mochten sich hier noch die Folterwerkzeuge persönlich bewegen und von Geisterhand geführte Seziermesser auf sie zukommen. Das wollten sie gerne tunlichst vermeiden.
Erst als sie draußen waren merkten sie, wie gut die Luft doch außerhalb der Folterkammer war, aber eingebildet aufgrund der schlechten, stickigen Luft waren diese Sätze auch nicht, schließlich hatten sie es beide gehört. Eine grausige Stimme, sie wirkte tot und doch energisch am Leben. Die Sätze allerdings ließen sie kalt. Sie waren provozierend und teils auch einfach nur vorurteilend, doch es lief sowieso auf dasselbe zu. Ein weiteres Mal wurde ihnen angekündigt, dass sie bald sterben würden. Doch dies unterstrich nur die offensichtliche Dummheit der Stimme. Als ob sie es vor wenigen Stunden gehofft hatte, anscheinend unterschätzte sie Skelldon gewaltig und das sollte ihm noch zum Verhängnis werden. Doch bis dahin hieß es nach wie vor wachsam sein, sie durften sich keine Fehler erlauben. Doch bis jetzt war ihr größter Feind nicht irgendwelche Skelette, verfaulende Menschen, dunkle Zauber des Beliar oder Untote, sondern viel mehr diese riesige Anlage. Sie war der größte Feind und sie galt es zu allererst zu besiegen. Sie klammerten ihre gesamte Hoffnung an die Tür, die sie nun öffnen wollten. Sie war die einzige Möglichkeit, dass ihr gewählter, nördlicher, rechter Gang doch der richtige war.
Der Knauf drehte sich knirschend um, drohte fast abzufallen, doch er hielt. Die Tür schwang nach innen und bot einen dunklen Gang als Ansicht. Ja, er war dunkel, keine Fackel hatte jemals hier gehangen, keine eisernen Halterungen. Sie mussten sich in die Dunkelheit begeben, doch nicht ohne einen kleinen Lichtschein. Wozu hatten sie aber ihren eigenen Feuergaranten. So erkannten sie ja auch überhaupt erst mal was. Der Gang zog sich, doch das waren sie ja gewohnt, Isabell lief hinter ihrem Bruder, dabei konnte sie ihn ein bisschen still und heimlich beobachten. Sie vermisste in der Zwischenzeit seine Küsse, seine Hände und seine Gedichte, doch schnell versuchte sie nicht dran zu denken, da sie es sich hier unten einfach nicht leisten konnten, so unaufmerksam zu sein. Zudem gab es wahrlich bessere Orte als eine fremde, unterirdische, kalte Anlage aus Stein, in der lebende Skelette und noch ziemlich viel anderes Zeugs hausen mussten. Dennoch war es schwer alles zu vergessen, einfach so zu tun, als ob nichts wäre.
In dem kalten, dunklen Gang regierte einsame Dunkelheit und ihre Fackel brannte anders als die, die sie an den Wänden so zahlreich sahen. Sie knisterte ein wenig, als ob sich kleine Äste bogen und zusammenbrachen, wie bei einem Feuer. Außerdem versprühte sie Funken in die Luft, die dann hinfort flogen und nach wenigen Zentimetern verglüht waren. Es war eine viel lebendigere Fackel als diese Hundertschaften an den Wänden. Doch auch sie konnte nur wenig Schönes geben, dazu war es zu einsam und still in den Gängen. Schon immer gewesen. Es war hinter ihnen eine schwarze Wand, genau wie an den Seiten und wenn man nach vorne schaute, es drohte sie geradewegs zu verschlucken und nachdem sie einige Zeit, sicherlich mehr als eine Viertelstunde, den geraden Gang entlang gelaufen waren, glaubte Isabell auch nicht mehr an einen Erfolg. Jeden Moment rechnete sie mit der traurigen Botschaft, dass sie gegen eine Wand aus Stein gelaufen waren und wieder umkehren mussten. Mit jedem Meter schien das Risiko zuzunehmen, doch stattdessen stoppte ihr Bruder plötzlich und deutete zuerst zu ihr und dann machte er eine Kopfbewegung, die nach unten zeigte. Was hältst du davon? Die junge Frau kam nach vorne und sah es, im Schein der Fackel bildete sich eine große Treppe. Doch nicht nach oben, nein, sie ging zum zweiten Mal nach unten. Ein weiteres…Arsenal? Ihr Bruder zuckte die Schultern und nahm ihre Hand, es tat gut seine Hand zu spüren, auch wenn sie total kalt war, doch daran dachte sie gar nicht, sie wollte wissen, was er vorhatte. Weißt du noch? Dieser Gang hier, wird der richtige sein, das hast du gesagt. Also wird er es auch sein, also wird es da unten weiter gehen und keine Sackgasse sein. Da bin ich mir ganz sicher, auf jeden Fall schauen wir mal runter.
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| 26.03.2004 16:28 | #52 |
| Todesfürst |
Quer durch und doch immer weiter hinab, so führte ihr Weg in die finstere Tiefe. Die Stufen waren, wie sollte es auch anders sein, aus Stein, doch schon nach wenigen Metern wurde es nass, die Stufen wurden glitschig und man musste vorsichtig gehen. Ihr Fackelschein war nicht intensiv genug, sonst hätten sie die kleinen, grünen Pflanzen gesehen, die wie Algen aus dem Meer an den seitlichen Wänden hafteten und dort prächtig gediehen. Feuchte Luft atmete er mit jedem seiner Atemzüge ein, ein kleines Kribbeln in der Nase war dabei zu spüren, als ob sich kleine Eiszapfen in die Nasenlöcher bohrten. Es wirkte komisch, selten anders. Die Wände wirkten hier unten viel natürlicher, nicht so eigenartig genau. Die schweren Steinquader gab es auch nicht mehr, eine große Wand aus Naturstein schien sie zu führen. Sie schimmerte unglaublich strahlend, als ob Wasser auf ihr lag. Es fühlte sich alles so an, als ob sie hier irgendwo einen Wasserlauf hatten. Jedenfalls war ganz klar Feuchtigkeit in der Luft. Die Treppe hingegen blieb lange und unaufhaltsam. Sie führte mehrere Minuten nach unten, ihr langsamer, vorsichtiger Gang verlängerte die Zeit noch zusätzlich. Doch alles war besser, als hier auf dem harten Stein zu stürzen. Die Dunkelheit war nun seit langem wieder ein Feind, den sie zu fürchten hatten. Denn dunkel war es und dunkel blieb es. Die schwarze Wand mochte sich lange Zeit nicht lichten und in ihrem Inneren konnte alles auf sie lauern. Doch die Fackel zeigte der Dunkelheit ihre Grenzen auf. Mit ihr bewaffnet konnten sie sich weiter vor wagen. Je tiefer sie kamen, je feuchter wurde es und plötzlich wäre Rociel fast auf einer Wasserpfütze ausgerutscht. Das Platschen war gut zu hören und auch im Licht sahen sie die Pfütze, die dort scheinbar gelauert hatte. Also gab es auch hier Wasser. Dies beruhigte ihn jedoch nicht, ihr Zeitplan geriet trotzdem in Gefahr. Immer wieder hatte er seine Aufmerksamkeit dem Amulett zugewendet, das nur selten wild umherfuhr. Die schwere Brosche hielt den kleinen Kern gut fest, der dann immer so schmerzhaft auf seinen Hals zukam, wenn denn Gefahr drohte. Es war ein faszinierendes Beispiel von magischen Elementen, diese Wirkung, sie war einzigartig. Doch dieses Mal sah er nicht zu dem Amulett, da er Gefahr in Anzug sah, nein, er wollte viel mehr seine Konzentration an Innos richten. Sie hätten einen, vielleicht zwei Fehlschläge überstehen können, doch dann war eine kritische Phase erreicht, in der sie sehr anfällig waren, am Rande der Aufgabe standen. Vielleicht war sie schon gekommen, auf jeden Fall glaubte er fest daran, dass die Treppe die richtige war, in einem Netzwerk aus so vielen Gängen, dass man schon gar keinen Überblick mehr hatte. Und dabei glaubte er auch fest an Innos Hilfe. Bis jetzt hatte er immer auf seine Hilfe vertrauen können, warum sollte er jetzt nicht mehr da sein…
Durch das langsame Vorankommen zog sich die Zeit, wie ein großer Brotteig, den man lange zog und wieder zusammenpackte. Sie kamen nicht schnell voran, da die Gefahr der glitschigen Stufen und der Gefahr aus dem Nichts groß war, doch schließlich kam ein Ziel in Sicht. Doch keine Tür, wie anfangs vermutet, sondern ein schlichter, weiterer Steinbogen, der dieselbe Größe wie seine bisherigen Vorgänger hatte. Ernüchterung machte sich zunächst breit, doch etwas war anders. Über dem Bogen prangerte ein Zeichen, in Stein geschlagen und gut sichtbar, war die Bedeutung alles andere als klar. Ein Buchstabe hätte es sein können, aber sicher keiner aus dem myrthanischen. Auch die Sprache von anderen Völkern sah nicht so aus. Er kannte sie nicht, doch er war sich sicher, dass er eine ähnliche Sprache schon einmal gesehen hatte, nur haperte es mit der Erinnerung daran. Noch etwas fiel ihm auf, aber erst jetzt, im Nachhinein. Die Treppe war sehr lang gewesen und musste sie sehr tief zurück in den Untergrund gebracht haben. Er wusste nicht genau, ob das ein Vorteil oder ein Nachteil war, oder überhaupt nichts zu bedeuten hatte, denn bis jetzt hatten alle möglichen Wege nach oben geführt, von daher war es mehr ein Rückschlag, doch vielleicht war gerade das das System, er hoffte es inständig, dass es so war.
Als sie hindurchgingen, löste er seine Hand wieder von der seiner Schwester, die ganze Zeit hatten sie die Stufen mehr oder gemeinsam beschritten, doch in dieser äußerst kühlen Umgebung zu diesem äußerst ungünstigen Zeitpunkt konnte er sie einfach nicht beachten, zumindest nicht als seine Geliebte, sondern nur als seine Schwester und Mitstreiterin im Kampf um die Amulette. Und das war auch gut so, denn schon wenige Meter, nachdem sie den Torbogen durchquert hatten, brauchten sie beide alle freien erdenklichen Hände, denn zwei Skelettwachen standen bei einem Durchgang und drehten fast gleichzeitig die Köpfe zu ihnen, als sie um die Ecke bogen. Ein gutes Zeichen, auf jeden Fall, denn wenn man etwas bewachen ließ, dann war es wichtig. Zumindest hoffte er, dass es eine Bewachung war und die Skelette nicht einfach nur zur Dekoration dort verweilten. Es waren einfache, kleine Geschöpfe, nicht mal ein Schwert trugen sie, sondern nur einen Dolch. Eine schlechte Bewachung und keine würdigen Gegner, so viel stand fest. Doch nur durch die Anwesenheit der verhassten Beliargeschöpfe, die Anwesenheit der gefangenen Seelen im Körper der Toten, keimte Hoffnung in ihm auf. Es musste der richtige Gang sein. Es musste einfach. Die Hoffnung war riesig, auch, dass es das letzte Rätselraten war, ein weiterer Raum, beispielsweise mit zweiunddreißig Gängen hätte sie wohl an einen schmalen Rand der Verzweiflung gebracht. Nein, so grausam konnte niemand sein, das würde Innos zu verhindern wissen...
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| 26.03.2004 20:04 | #53 |
| Isabell |
Rociel zückte sein Schwert rasch, als sie zu ihm sah, nur kurz, nur flüchtig. Suchend nach den alten Knochen glitten ihre Schwerter aus den Scheiden, diese Skelette kamen wahrlich plötzlich, wie aus dem Nichts waren sie vor ihren Augen erschienen und griffen sofort an, doch sie waren schneller. Auf dem Weg zur Erlösung oder besser gesagt, in den endgültigen Tod, waren die Knochenmänner. Spielend schlug sie ihrem Widersacher den Dolch weg, entfernte dabei gleich die ganze Hand. Das war eben der Nachteil eines Skelettes, keine Panzerung mehr und auch der natürliche Schutz von Fleisch, Haut, Blut, Gewebe und Fett war weg. So brachen die Knochen und Knorpelstücke einfach heraus und fielen einfach zu Boden, wo sie die nächsten Jahrtausende vermodern sollten, bis sie jemand fand und verschob oder mitnahm. Doch das Skelett wollte auch mit einer bloßen Hand nicht aufgeben, schließlich konnte man immer noch mit einer Hand und dem Gebiss töten. Die Mordlust war ganz klar zu spüren, ein blinder Befehl trieb diese schwache Kreatur immer wieder an, bis wirklich nichts mehr ging sollte sie kämpfen. Ein Objekt war es geworden, kein Subjekt mehr. Kein Lebewesen, sondern nur noch ein Ding. Doch Isabell konnte kühl mit den Skeletten umgehen, immer noch war ihr Anblick markerschütternd, doch längst nicht mehr so angstvoll. Der Schädel, er war der Schlimmste. Immer, wenn sie in die schwarzen Augenhöhlen blickte, dort, wo sonst die Pupillen waren, spürte sie ein leichtes Kribbeln. Auch sonst war der Anblick schlimm, denn während man sonst immer ausgewogene Gesichtskonturen sah, war nun nur noch ein Knochenaufbau, der so simpel wie effizient war. Sicher, so oder so ähnlich sahen sie alle aus, doch dies auch mit anzusehen war weniger appetitlich. Es war komisch, genau diesen Anblick bot auch die Rüstung von Rociel, doch komischerweise fürchtete sie sich nicht mehr vor dem halben Schädel. Es war so normal geworden, fast schon witzig. Doch nun diese lebenden Körper zu sehen, die ja eigentlich schon tot waren, dies war anders.
Gleich nachdem der Dolch samt Hand gesichert waren, fuhr sie aus, mit einem Schwert stieß sie die zweite Hand hinfort, die fast wieder abfiel, aber nur anknackste, mit dem zweiten Schwert holte sie aus und ließ sich genüsslich an den Rippen aus. Das waren die richtigen Schwachstellen, doch eigentlich war der ganze Körper eine ungesicherte Schwachstelle. Gierig fasste ihr zweites Schwert dann nach, die mächtigen, schweren Krummsäbel fuhren durch den Oberkörper des einstigen Menschenmodells und wüteten dort wie ein blinder Berserker, doch waren die Schläge allesamt kontrolliert angesetzt und vollstreckt. Es gelang ihr ohne Mühe ihren Gegner komplett zu zerstören und schon bald zu vernichten, wie von einer Klippe fielen die Knochen nun auf den Boden, wie ein Stein ins Meer. Immer mehr landeten auf dem Boden und als sie mit einem wuchtigen Schlag ihre Kombination zu Ende brachte, wurden einige, kleinere Hals- und Wirbelknochen mit Wucht an die Wand geschlagen. Der Körper brach nun zusammen, der Kopf fiel mit dem Rest zu Boden, auf dem Boden knackste die Knorpelverbindung zusammen und der Kopf kullerte davon.
Noch ertönte Kampfgetümmel, direkt neben ihr schien der Kampf noch nicht entschieden, doch da irrte sich Isabell. Das zweite Skelett, dass sich zu Rociel gewendet hatte, besaß keine Arme mehr, sie lagen auf dem Boden, so wehrlos hatte es Mühe das Gleichgewicht zu halten, denn immer wenn der Schädel nach vorne schnappte, schlingerte es und drohte umzufallen, doch als sie noch eingreifen wollte, vollstreckte ihr Bruder sein Urteil und schlug dem knöchrigen Armlosen den Schädel ab. Er flog gegen eine Wand und kullerte noch mehrere Meter weit in die Finsternis, doch so finster war es hier gar nicht, denn einzelne Fackeln brannten auch hier. Doch es waren längst nicht so viele, wie noch in den oberen Stockwerken, die sie bisher hinter sich gelassen hatten. Nun war es keine Festbeleuchtung mehr, bei der zahlreiche Fackeln auf engstem Raum standen, sondern eine kluge Einsetzung der Lichterzeuger. So gefiel es ihr auch besser, obwohl sie sich eigentlich freute, je heller es war. Doch man durfte nicht vergessen, sie waren immer noch in irgendeinem dunklen Kellerloch und hatten keine Idee.
Die beiden Skelette schienen vorerst das einzige gewesen zu sein, was sich hier unten an untotem Gesocks befand, so steckte sie ihre sauberen Klingen erst einmal wieder zurück in die Scheiden an ihrem Waffengürtel und atmete durch. Die Luft war gut, besser sogar als man je erwarten durfte. Es war immer noch sehr feucht und jetzt wollte es Isabell wissen. Sie fuhr mit ihrer Hand über eine dieser schwarz schimmernden Wände und tatsächlich, sie war nass. Zwar war es nur sehr gering, aber es war nass. Also musste es definitiv irgendwo eine Wasserquelle geben, die auch die Wände benetzte. Irgendwo musste der Lauf sein und sie hätte ihn gerne gefunden, um ihre mäßigen Vorräte aufzufüllen. Doch zunächst einmal sahen sie sich um. Es war eine seltsame Gangart, doch sie bot ein bisschen Hoffnung an. Es gab vier weitere Wege, doch dennoch verfielen sie nicht in Trauer über die erneute Auswahl. Es war ein symmetrischer Raum und dieser stellte sie nicht vor unendlich viele Gänge. Im schmalen Licht des Fackelscheinwurfes stellten sie fest, dass sie einmal im Kreis gegangen waren. Ein Gang war der bewachte, vor den die Skelette standen, der zweite Torbogen führte zu der Treppe, von der sie gekommen waren und die zwei anderen waren eben fremd. Zwar mussten sie sich wieder entscheiden, doch zunächst einmal wollten sie sich beraten, dazu bot es sich an eine kleine Pause zu machen, da die letzte Mahlzeit schon einiges zurücklag, da waren sie noch nicht mal durch den magischen Spiegel gegangen und jetzt, wo Isabell an Essen dachte, spürte sie auch, wie ihr Magen nach Nahrung lechzte und auch die Lippen und der Rachen einmal wieder Wasser spüren wollten.
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| 26.03.2004 21:49 | #54 |
| Todesfürst |
Sie setzten sich, zwei schöne Fässer ohne Inhalt waren die perfekte Sitzgelegenheit, dazu war die Wand schimmelfrei, nur ein wenig feucht, doch das schien hier Unten die Regel zu sein, außerdem störte es nicht. Die Rucksäcke waren noch immer sehr schwer, ihr Wasser teilten sie schon jetzt streng ein, obwohl sie noch genug Vorrat für mehrere Tage hatten, doch es war gut so. An Essen hatten sie immer noch genug und das war es wohl auch, was Isabell so fertig machte, aber er war froh, dass sie noch immer so viel Abwechslung hatten. Auch wenn ihm das Essen im Moment herzlich wenig interessierte. Es war eine reine Pflicht geworden, spielte in seinen Planungen nur eine unterläufige Rolle. Wenigstens war es dann lecker als sie speisten. Der Zwieback war gar nicht mal so schlimm, wie er immer dachte, aber zumindest hier unten hatte man auch nicht viel erwarten können, ein Stück einer Haxe schnitt er in hauchdünne Scheiben, während seine Schwester dasselbe mit einem größeren Käseschnitt tat. Das einzige was sie nicht hatten war Butter, doch diese hätte auch nicht lange überlebt. So wichtig war dieser Luxus auch nicht, waren sie doch mehr als zufrieden mit dem was sie hatten. Ein solches Essen war sicherlich lange nicht mehr in diesen tiefen Gängen verspeist worden. Dabei schmeckte der Käse so angenehm mild und hatte noch den echten Milchgeschmack inne, während das Fleisch sehr würzig und angeräuchert war. Bei solch feinem Essen konnte man schon von einem Gaumenschmaus reden, wenn sie jetzt nur noch genug zu trinken gehabt hätten, wäre es ein richtig gutes Essen geworden. Aber wie schon gesagt, Essen bedeutete ihm im Moment nicht viel, viel mehr genoss er die Pause. Auch Rociels Rücken war durch das Gewicht der Rucksäcke stark belastet, doch ein großes Manko waren auch die Beine, die schwer wurden und nach all den langen Gängen brannten. Das einzige was wirklich gut funktionierte waren die Arme, sowohl normal, doch insbesondere im Kampf spürte er noch keinerlei Probleme und das sollte auch so bleiben. Schließlich hatten sie noch eine Menge vor.
Doch die Zeit mochte jetzt für ein paar Momente still stehen, während er auf dem Fass saß und sich versuchte zu beruhigen, auch seinem Geist ein wenig Ruhe zu bringen, ohne aufwendige Denkanstrengungen und die ständige Anspannung vor dem nächsten Schlag, bei jeder dunklen Ecke, aber auch bei jedem neuen Gang, den sie betraten.
R: Also, wie wollen wir weiter vorgehen?
I: Wieso haben die Skelette beide diesen einen Gang bewacht und die anderen beiden nicht? Das deutet doch auf eine ganz sicherer Wichtigkeit des Ganges hin oder?
R: Oder es ist eine Falle. Es könnte auch Zufall gewesen sein. Oder aber das Bewachte ist total unwichtig für uns. Wir wissen auch nicht, was in den anderen beiden Gängen wartet. Vielleicht sind sie gar nicht so lang und die Antwort wird uns automatisch präsentiert.
I: Also erst zu den beiden anderen?
R: Ich denke, es wäre sinnvoller so vorzugehen, nur so können wir vorankommen.I: Wenn es überhaupt der richtige Gang ist und nicht einer von den anderen fünfzehn der Richtige ist…
R: Vielleicht sind ja auch mehrere richtig und überhaupt, wieso vertraust du nicht deiner Wahl.
I: Unserer Wahl.
R: Ich vertraue ihr auch. Wieso sollte es nicht dieser sein. Ganz sicher ist er es. Wir werden schon bald hier raus sein, das verspreche ich dir. Aber wir dürfen nicht zweifeln oder jetzt anfangen hektisch zu werden. Langsam nähern wir uns unserem Ziel und schlagen dann blitzschnell zu. Skelldon unterschätzt uns…noch. Wir müssen uns auf heftige Gegenwehr vorbereiten. Aber unser Training sollte Wirkung zeigen. Wir müssten soweit sein. Aber sei vorsichtig, bald schon dürfte der erste Trupp ersetzt werden, schließlich sind sie auch nicht blöd…es wäre ein Fehler sie zu unterschätzen, nur weil sie augenscheinlich keine Gehirne haben.
I: Ja…du hast Recht, ich schau am besten nach vorne und suche diese Wasserquelle. Sie könnte uns Tage Aufschub geben, nur für den Fall der Fälle. R: Sag, tut dein Rücken immer noch so weh?
I: Ein bisschen, jedes Gramm weniger macht sich bemerkbar.
R: Du solltest mir ein wenig abgeben, mir scheint, ich bin noch nicht ganz ausgelastet.
I: Nein, nein, schon in Ordnung, ich schaff das schon.
R: Stur bis zum geht nicht mehr. Dann lass mich wenigstens mal nach den Stellen schauen!
Isabell lockerte ein wenig ihre Rüstung und er konnte ihre dünne Samtbluse ein wenig zur Seite schieben. Auf ihrem Rücken waren die Striemen des Rucksackes deutlich erkennbar, doch es schienen keine blauen Flecke zu sein, oder gar ernstere Symptome zu bestehen. Ein wenig erleichtert darüber, lehnte er sich wieder zurück. Soll ich ein wenig deinen Rücken massieren? Diese kurze Pause musste erhalten bleiben und wenn er sowieso nichts tun konnte hier unten, so wollte er wenigstens etwas für seine Schwester tun. Es war zwar gering, aber hier unten war man so gut wie machtlos. Ja, gerne, wenn du willst. Er wollte und so ließ er bald wieder seine Hände über ihr zartes Fleisch gleiten. Nebenbei sah er sich die schwarzen Wände an, die ihn faszinierten und er achtete auf die Umgebung, dass ja nicht doch etwas passierte. Im Wald hätte er sich jetzt einen Blick zu ein paar Tieren gegönnt, oder er hätte die Ohren geschlossen und den lieblichen Stimmen der Lerchen gelauscht, doch das konnte er hier alles vergessen. Stattdessen keimte in ihm eine neue Idee, ein Werk, das er weiterführen wollte, sollte noch ein wenig weitergehen. Und so baute er fleißig Sätze und spürte dabei, wie sich langsam die Verkrampfung aus Isabells Rücken verflüchtigte…
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| 26.03.2004 22:47 | #55 |
| Isabell |
Trotz dem ganzen Streß und dem Wirbel, hatte ihr das Essen wirklich gut getan, ihr Magen fühlte sich schon viel gesättigter an und rebellierte nicht mehr so sehr. Bald schon würden neue Kräfte erwachen, die durch das Essen umgesetzt worden. Doch eine kleine Verdauung sollte auch immer sein und da gab es nichts Schöneres wie eine angenehme Masur. Zwar wusste sie nicht, womit sie das verdient hatte, doch im Augenblick wollte sie gar nichts dagegen unternehmen. Allerdings blieb hier unten nicht viel zu tun, wenn man eben nichts tun konnte. Sie konnte ja nicht mal ihre Arme bewegen, da dies wieder die Rückenmuskulatur angespannt hätte und somit eine Massage unmöglich wurde. Isabell hatte jedoch noch andere Sorgen, als ihren Körper, denn sie befürchtete ernsthaft, dass sie es nicht schaffen konnten. Zwar gaben sie sich immer wieder gegenseitig Mut, doch es fehlte einfach das Erfolgserlebnis, etwas, wo sie auch sahen konnten, dass sie auf dem richtigen Weg zu ihrem Ziel waren. Diese Anlage konnte noch hundert Mal so groß sein, als das, was sie bisher gesehen hatten. Sie waren an einem fremden Ort und wenn es tatsächlich eine fremde Welt war, dann war durchaus alles möglich. Jedenfalls hatte sie die Magie des Spiegels irgendwo hingebracht, das konnten auch entlegene Teile der Kanalisation von Gorthar sein, doch es konnte auch eine Welt sein, in der sie keine Ahnung hatten, wie riesig solche Anlagen gebaut wurden. Vielleicht sind deshalb auch so viele der sieben Anderen gestorben, weil sie keine Nahrung und kein Wasser mehr hatten. Genau dieses Wasser wollte sie jetzt finden, zumindest einen Versuch unternehmen. Doch die Wände wollte sie deshalb nicht aufschlagen, wie denn auch. Sie mussten einfach ihrer Nase und ihrem Verstand folgen und ein klein wenig Glück haben, vielleicht fanden sie ja dann diese unterirdische Quelle. Auf jeden Fall hielt sie an Rociels Plänen und seiner Zuversicht fest. Doch er alleine schien so machtlos. So groß sein Vertrauen in ihre Entscheidung war, so sehr zerrte sie davon wieder ab. Doch sie wollte es versuchen, versuchen durchzuhalten sowieso, aber auch nicht ganz so pessimistisch dreinzublicken.
Gerne hätte sie wieder von ein paar Erinnerungen geträumt, Erinnerungen an die schöne Zeit da draußen. Zwar waren sie erst wenige Tage unter Tage, also ohne die Sonne, doch die Tage begannen schon zu wirken und schienen so endlos lang wie Wochen zu sein. Jeden Moment konnte der Frühling in seiner schönsten Form beginnen und sie befanden sich in dunklen Kelleranlagen, die niemals eine schöne Pflanze spüren konnten. Sie jagten Skeletten hinterher, die auf keiner Existenzebene der Logik bestehen konnten, atmeten stickige Luft. Mal war es zum quälen heiß, mal wieder feucht und kühl wie jetzt. Doch unter einem schattigen Baum sitzen und auf den Zehen die warme Sonne kitzeln lassen, diese Option hatte man hier nicht. Im Gegenteil, hier musste man sich alles mit dem Schwert erkämpfen, außerdem wurde das Leben hier zum absoluten Glücksspiel. Keine frei herumlaufende Nahrung, keine schönen Kräuter und essbaren Pflanzen, es gab keine Tiere hier unten und auch sonst waren diese Steingänge tot. Das einzige was sich bewegte fiel auch in diese Kategorie. Am liebsten würde sie nicht nur von einem Traum träumen, sondern am liebsten in diesem Traum aufwachen, nämlich ganz real an der Oberfläche. Das alleine konnte man als Ansporn sehen, sich damit motivieren. Die Singvögel im Ohr spielten den Marsch zum Aufstehen und die restlichen Waldbewohner sangen das Lied des Elans, um die Trägheit abzuschütteln. Immer wieder gelang es ihr sich so zeitweise neu zu motivieren und so gelang es auch jetzt.
Fühlst du dich schon besser? Ihr Bruder störte ihre ganze Konzentration, doch sie war ihm nicht böse, im Gegenteil, hier sollte man sowieso nicht zu viel träumen, sondern sich viel mehr mit der harten Realität beschäftigen. Ihr Rücken war jetzt viel entspannter und nicht mehr so verkrampft, der Schmerz war nach langer Zeit mal wieder ganz fort. Es war schön…doch sicher nicht von langer Dauer. Ja, sehr schön hast du das gemacht. Sie zog sich die Bluse wieder hoch und streifte die Rüstung enger, wahrscheinlich wollte Rociel gleich los. Spielst du mir bitte ein Lied? Die Frage kam für sie überraschend, hatte sie damit doch wirklich nicht gerechnet. Erst noch verwirrt, lehnte sie sich wieder zurück. Ein Lied? Na schön, zu was denn? Sie holte ihre Harfe heraus und nahm sie zwischen die Finger. Die Seiten und Fäden warteten schon darauf wieder einmal zu spielen, überhaupt setzte sie das schöne Stück viel zu wenig ein, eine Schande bei so einem schönen Instrument. Ich habe mir ein paar Gedanken zu meinem kleinen Lied gemacht und würde dir gerne die Fortsetzung der Jungfrau erzählen. Dieselbe Melodie sollte dazu passen. Sie war überrascht, hatte sie doch nicht so schnell mit einer Fortsetzung gerechnet. Gespannt zog sie die Fäden und bald schon klimperte es wunderschön durch den fast dunklen Raum…
Die Melodie der Harfe, sie hatte so vieles und doch durfte man es nicht beschreiben, da sich sonst so viele andere Eigenschaften und Gefühlsregungen, die man vergessen würde, beleidigt wären. Es war ein so schönes Musikinstrument und war doch so viel mehr als nur für Musik und Melodien herzuhalten. Sie fand die Harfe auch besser, als irgendwelche Lauten und Flöten. Die Harfe hatte in ihrem hellen Klang etwas Göttliches in sich, während das andere nur Musik war. Zwar mitunter sehr schöne, flüssige, gut anzuhörende Musik, aber dieses göttliche Temperament konnte nur die Harfe haben und zwar nur ganz bestimmte Harfen.
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| 26.03.2004 23:18 | #56 |
| Todesfürst |
Und wieder blieb sie nicht lang allein
Doch dies Mal sollt’es ein Mann sein
Der Jäger des Waldes, ein Jüngling
Machte ihr zum Geschenk ein Ring
Sie liebten, sie tanzten ein Jahr
Ihr Leben, das schien wunderbar…
Im Frühling tollten sie durch Wiesen
Sah’n die Knospenblüten sprießen…
Im Sommer rannten sie durch Wälder
Bäche, Schluchten und auch Felder…
Im Herbst da liefen sie durch Farbe
Rot, Gelb, Grün und Braun die Gabe…
Im Winter dann, da ward es weiß
Das Jahr, das forderte nun den Preis…
Ein Jahr lang hielt der Zauber an
Dann war es aus, dann ging der Mann
In einer kalten Wintersnacht
Die Letzte hatten sie verbracht…
Noch immer war sie jung und schön
Beschloss zurück zur Stadt zu gehen
Am Finger trug sie den einen Ring
Am Stadttor das Gold macht "Klingeling"
Der Ring das letzte was ihr blieb
Kam zurück als Mörder und Diiiiebbbb!
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada,
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada.
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| 27.03.2004 12:24 | #57 |
| Isabell |
Ungefähr eine Viertelstunde erklangen die Töne schon. Leise spielte sie weiter, als auch der letzte Ton aus dem Rachen ihres Bruders erloschen war. Ein wenig wollte sie noch das schöne Lied ausklingen lassen, hatte sich in diese Jungfrau verliebt. Vor allem aber klang auch dieses Ende wieder nach einer möglichen Fortsetzung, so wollte sie es hoffen, dass Rociel daran noch weiter arbeiten würde. Auf jedem Fall hatte ihr sein Stück wieder einmal gefallen und auch dieses Mal sollte er es nicht nur für den Moment spielen, sondern durchaus der Ewigkeit erhalten lassen. Doch zunächst einmal spielte sie noch ein wenig, zog an den Seiten um dem Instrument die schönen, hellen Klänge zu entlocken, die sie beide so sehr zu schätzen wussten. Vielleicht konnte sie ja irgendwann einmal, wenn sie wieder etwas mehr Zeit für sich hatten, ein eigenes Lied schreiben und zumindest die Melodien auf der Harfe verschönern. Doch hier unten war das wohl kaum möglich, alleine schon der Klang machte ihnen einen Strich durch die Rechnung.
Alles war äußerst träge, Isabell spürte wie die Zeit sich langsamer bewegte, wenn sie hier ausharrten und sich einfach nur ausruhen wollten, dass dann alles andere so weit entfernt wirkte. Es war trotz der widrigen Umstände eine schöne Pause gewesen, doch auch diese musste enden, denn zu sehr durften sie nicht im Schlendrian und der Faulheit verfallen, sondern mussten weiter. So schwer es auch war, spielte sie noch einen letzten Ton, ehe dieser lange Zeit im Raum verhallte, doch dann legte sie die Harfe aus den Händen und hörte auf ihre trägen Töne weiter zu verbreiten. Sie war ein wenig schläfrig geworden, aber nicht gerade müde. Rociel hatte schon lange nichts mehr gesagt, seid die letzten Töne seines Liedes verstummt waren, aber er hatte seine Arme um ihren Bauch gelegt und war wohl auch vom Zauber der Harfe gefangen genommen. Nun aber drehte sie sich um, sah in sein leeres Gesicht und versuchte seine Mimik zu lesen, doch er war manchmal so verschlossen, dass es schwer war überhaupt zu erkennen, ob er sie wahrnahm. Wollen wir weitergehen? Eigentlich hatte sie mit einem langen Schweigen gerechnet, obwohl sie sich sicher war, dass ihr Bruder die Frage verstanden hatte, doch schon Sekunden später gab er ihr Antwort. Aye, das sollten wir tun. Isabell lehnte sich zu ihm und gab ihm einen langen Kuss auf die Lippen, schon seit einer halben Ewigkeit hatten sie sich nicht mehr geküsst und das hatte sie wirklich vermisst. Es war eine wundervolle Erfahrung und schenkte ihr neue Kraft, um sich überhaupt aus dieser Trägheit loszureißen. Dann aber schwang sie sich von dem hölzernen Fass herab und schnürte ihren Rucksack zu. Dank der Massage dürfte es nun deutlich leichter werden und ein wenig leichter war er ja auch geworden. Isabell sah wie ihr Bruder sich auch aufmachte und lenkte ihre Schritte deshalb schon einmal in Richtung des nächstgelegen Ganges, als sie einen Widerstand an ihrem Arm spürte. Rociel hielt sie fest und kam näher, gab ihr noch einen zweiten Kuss und ließ sie wieder los, ehe er denselben Weg einschlug. Isabell meinte die Botschaft verstanden zu haben, doch ihr schweigender Bruder machte es nicht leicht.
Gemeinsam steuerten sie dann den ersten der zwei Gänge an, der keine Skelette als Wache davor stehen hatte. Ob sich ihre Hoffnung erhärten würde, das musste sich nun zeigen, jedenfalls hatten sie sich in ihrer kleinen Rast gut vorbereitet, für jede nächste Wendung der Ereignisse. Mit der Zeit gewöhnte man sich auch an die Dunkelheit, kannte man dies doch schon zur Genüge. Und die schwarzen Wände, sie waren ohnehin längst zum gewohnten Bild geworden. Noch immer lag eine hohe Feuchtigkeit in der Luft, ließ sie auf eine Wasserquelle hoffen. Sie würden aber auch ohne Wasser nicht aufgeben, doch daran wollte sie nun nicht mal nachdenken. Überhaupt, es gab keine ungefährlichen Zeiten, auch nicht im Wald. Sie mussten immer mit Überraschungen rechnen und auch mit Entbehrungen leben. So war es nun mal, so würde es immer sein…
Isabell ging auf gleicher Höhe wie ihr Bruder, immer wieder berührten sich ihre Fingerspitzen wie zufällig, wenn sie ihre Wege gingen. Ein eigenartiges Kribbeln, doch auch vor ihnen wurde der Gang interessant. Zunächst einmal wurde es ein langweiliger Steingang, der nach dem Torbogen nicht viel besser wurde. Alle zehn Meter hing eine kleine Fackel, die so wenig Licht spendete, dass sie an ihrer Fackel festhielten, die viel besser dafür geeignet war. Doch nach einigen monotonen Metern veränderte sich der Gang deutlich. Und diese Veränderung ließ die junge Frau weiter hoffen und bangen. Von den Decken begann es zu tropfen, erst waren es nur winzige Wassertropfen, die nur alle Minuten runterkamen, doch später dann fielen sie ihr im groben Sekundentakt auf den Kopf und auch Rociel bemerkte das Wasser auf seinen bloßen Armstellen. Irgendwo musste der Lauf sein, denn nun war es ganz eindeutig. Über ihren Köpfen lief ein Gang und benetzte die ganzen Wände und ließ sie so glitzern. Doch wo war der Ursprung dieser Quelle? Das wollten sie herausfinden und im Gang wurde es immer nasser, sie kamen dem Ziel näher und näher, sie spürte die Feuchtigkeit regelrecht…
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| 27.03.2004 16:18 | #58 |
| Todesfürst |
Vielleicht hatte er ja wirklich eine schlechte Meinung, doch eigentlich wusste er gute Arbeit zu schätzen. Es war verwunderlich, dass Isabell dieses Stück so gut gefiel, so sonderlich begeistert war er davon gar nicht, aber auf ihre Bitte hin hatte er auch dieses kleine Stück zu Pergament gebracht, auf dass es noch eine kleine Ewigkeit erhalten blieb. Doch viel mehr war er froh darüber sie bei sich zu haben, sie war ein wahrer Seraphim und schenkte ihm ihre Aufmerksamkeit, so wie es nie jemand getan hatte. Doch gleichzeitig war seine Stimmung jede Sekunde schwarz und nüchtern, denn hier unten war er nicht in der Lage sich auf sie zu konzentrieren. Es schmerzte ihn sehr, so sehr, dass es sich niemand vorstellen konnte. Es war so unglaublich anstrengend seine Gefühle und seine Lust zu unterdrücken und eine solche Schönheit nicht zu beachten, doch hier unten waren für solcherlei Gefühle kein Platz. Deswegen gab er ihr auch den zweiten Kuss. Er wollte ihr zeigen, dass er nicht vergessen hatte, doch gleichzeitig auch wieder eine Distanz dazwischen bringen. Für sie war nur eines wichtig und das war ihr Ziel, das Amulett. Es war der schmale Grad zwischen Pflicht und Wahnsinn, denn sie bestreiten mussten. Irgendwie waren sie wirklich nur Söldner, Söldner für einen anderen. Aber dieser Weg war höchst ehrenvoll und so musste er bestritten werden. Es gab keine Wahl, schon von Anfang an nicht.
Dieser Gang, den sie selbst gewählt hatten, er barg ein Geheimnis und hoffentlich war es ein gutes Geheimnis. Jedenfalls waren die Wände hier viel anders. Sie wirkten älter als noch in den oberen Regionen, sie wirkten natürlicher und weniger bebaut. Der feuchte Glanz kam von dem Wasser und als auf seinem Oberarm zum ersten Mal ein Wassertropfen landete und in unzählige weitere Tropfen zerfiel, da bemerkte auch er das Wasser zum ersten Mal richtig nah. Bisher war nur eine gewisse Feuchtigkeit unübersehbar, doch als das kühle Nass die Haut berührte, da kribbelte es ganz deutlich. Es war nicht hautschädlich, es war ganz normales Wasser. Als es viel stärker von der Decke tropfe, streckte er seine Zunge heraus und testete das angebliche Wasser. Es war wirklich reines Wasser und dazu noch sehr gutes, klares Wasser. Hier unten wusste man schließlich nie, es hätte ja auch giftiges Wasser sein können, das hätte er durchaus für realistisch gehalten, aber so war er beruhigt. Mit der Zeit wurde es immer heftiger, bald kam er sich mehr wie in einer Grotte, als in einer Höhle vor. Die Tropfen von der Decke wurden immer größer und praller und unter ihnen standen große, tiefe Pfützen. Schon lange blieben die Sohlen ihrer Stiefel nicht mehr trocken, doch sie hatten Glück. Der Gang war nach wie vor mit Stein gebaut und hatte keine Erde oder Sand als Untergrund. Das war wichtig, denn ansonsten hätten sie wohl bald nicht mehr weitergehen können. So aber waren die Pfützen nur kleine Hindernisse, reinigten die Stiefel sogar. Dabei verklebten sich ein paar Härchen des Schneewolfpelzes und glitzerten auch im Schein des Feuers. Doch der Gang sollte nicht mehr lange sein, wirklich groß war er nicht und wirklich bearbeitet eben auch nicht. Nach einer gewissen Zeit, in denen der Gang immer linear geradeaus verlief, machte er einen großen Knick, allerdings weder radikal um neunzig Grad, wie sie es sonst gewohnt waren, aber auch nicht in Form einer weichen Kurve, sondern irgendwo dazwischen. Die Wände wurden viel rauer, größere Spitzen ragten nun aus dem Fels heraus, hier erreichte er wohl seine natürlichste Form, denn nirgendwo sonst sah es so aus. Der Boden wurde in der Kurve ein wenig trockener, die Tropfen hörten auf zu Boden zu fallen. War die Wasserquelle nun verschwunden? Lag sie tatsächlich über ihren Köpfen, dort, wo es so heftig tropfte? Sie wollten auf keinen Fall aufhören weiterzugehen. Rociel spürte den unbedingten Willen seiner Schwester, sie trieb ihn die ganze Zeit an, obwohl sie auf derselben Höhe liefen. Doch auch ihn hatte die Sucht gepackt, durch diese natürlichen Steinfragmente, durch das Wasser, durch den ungewöhnlichen Aufbau. Es war kein Gang wie die meisten, die sie hier schon kennen lernen mussten. Es war vollkommen anders, man spürte fast, dass er nicht mehr unter der Kontrolle einer fremden Macht stand, nicht mehr auf die Erbauer zurückzuführen war.
Die Ernüchterung traf sie deshalb schnell, doch zugleich mischte sich auch ein Gefühl von jubelnder Euphorie darunter. Irgendwann endete ihr Lauf, durch die verschiedenen Gradwinkel und sie wurden in eine ausgehöhlte, fast rundliche Höhle entlassen. Es gab nicht viel zusehen, nur ein kleines Wasserloch, das von einem kleinen Wasserlauf gespeist wurde, doch was ihnen die Fassung raubte, das lag da, am Wasserloch. Eine Kreatur, wie sie sie schon kannten. Ein Verfaulter, ein menschliches Stück Fleisch, ohne Seele und ohne einen menschlichen Willen, auch von dem einen Gedanken besessen zu töten. Doch dieser Verfaulte war noch ein Stückchen abartiger, obwohl das kaum mehr möglich schien, denn er hatte keine Beine mehr, sie waren ihm wohl abgeschlagen wurden, vielleicht sogar von den Skeletten, vielleicht aber auch von anderen, noch schlimmeren Kreaturen. Jedenfalls trank diese Gestalt aus dem Wasserloch, wobei nicht alles auch in dem teils zerfetztem Körper blieb. Doch auch ohne Beine hatte es noch gute Sinne, nahm die beiden Fremden sofort war und stoppte den Trinkfluss. Doch ohne Beine war es dem Verfaulten nicht möglich aufzustehen, so musste er kriechend seinem unbedingten Willen nachgehen zu töten, kam dabei aber kaum voran, zog sich mit den Armen auf dem glitschigen Boden zu ihnen. Rociel wollte – und konnte – diesen Anblick nicht länger ertragen, ohne zu zögern, nach einem kurzen Schock, zog er sein Schwert und bohrte es durch den Rücken des Wehrlosen, ehe er seine Tat mit einem zweiten Hieb vollstreckte und den Kopf abschlug, denn nur so konnte die Kreatur endgültig erlöst werden. Friede deiner Seele. Amen.
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| 27.03.2004 19:42 | #59 |
| Isabell |
Wahrscheinlich war es nur ein kurzer Aussetzer, doch sie hätte die Kreatur töten müssen. Dennoch hatte sie gezögert sie zu töten, denn sie sah wirklich so was von verunstaltet aus, dass sie ihr fast schon leid getan hatte. So gefesselt war sie von diesem Anblick, dass sie sich nicht einmal mehr abwenden wollte. Es war gut, dass Rociel wohl weniger überrumpelt gewesen war. Dieser geschundene Körper, er sah so mitgenommen aus. Fast mochte man meinen, in ihm waren doch noch menschliche Gefühle, eine beinahe tote Kreatur, die immer noch Schmerz empfand und ihre Schmerzen am Wasserloch lindern wollte. Trotz der Tatsache, dass dem Körper auch Wasser nicht mehr helfen konnte, hatte sie diese Instinkte gehabt. Ein wirklich trauriges Beispiel von der Brutalität hier unten. Doch gleichzeitig war es wohl auch eine Warnung, eine Warnung die nicht ausgesprochen wurde, die aber dennoch existierte. Isabell ging vorsichtig an dem Leichnam vorbei, denn er war nicht mehr existent. Sie mussten nun an wichtigeres denken, zum Beispiel an das Wasser. Es war nur ein kleines Wasserloch, einen Meter breit, zwei Meter lang, zwei Meter tief. Es war ein Becken am Rande einer dieser Mauern, die auch gleichzeitig das Ende des Ganges besiegelten. Jetzt endlich bekamen sie ein paar Antworten, denn das Becken wurde von einem kleinen Wasserlauf gespeist. Das Wasser rann an der Wand hinab, sehr stetig und beständig, aber es rann. So wurde das kleine Becken immer wieder aufgefüllt. Dort, wo der Wasserlauf begann, bzw. die Decke endete, war ein etwas größeres Loch, weswegen es wohl so gut hindurch kam. Doch der eigentliche Quell musste hoch oben liegen, daher war es auch zu erklären, warum hier alle Wände und Decken nass waren. Das Wasser musste sich seinen Weg durch den Fels gebahnt haben. Doch dafür waren große Mengen an Wasser von Nöten, ein einfacher Regenfall nutzte da nichts. Doch dies war eigentlich egal, denn weiter brachte es sie nicht. Ob sie jetzt dicht unter der Oberfläche waren oder doch noch tief unter der Erde, einen direkten Einfluss auf die Suche nach Skelldon hatte es nicht. Doch eines stand fest, sie hatten Wasser, echtes, trinkbares Wasser. Das einzige Problem sah Isabell darin, dass der Faulende seine Finger und seinen Mund in dem kleinen Becken hatte und vielleicht Bakterien oder sogar Gifte sich darin befand. Es war kritisch, denn das normale Wasser war definitiv nicht giftig. Also beschlossen sie sich eines kleinen Tricks zu bedienen, das hieß, ein Trick war es gar nicht, sondern nur logisches Denken.
Zuallererst jedoch, stellten sie ihre Rucksäcke ab, würden sie doch ein paar Minuten hier verweilen. Bislang hatte sie keine Probleme mehr mit dem Rücken, der Schmerz war vorläufig gestoppt, doch sicher war sicher und bestimmt war dieser Zustand nicht von Dauer. Aus dem Beutel von ihrem Bruder nahmen sie die leeren Wasserkrüge, sie hatten ungefähr die Hälfte leer und die Hälfte noch gut gefüllt. Dann stellten sie sich zu der Wasserquelle und hielten die Gefäße an den Lauf, die sich daraufhin langsam aber sicher mit Wasser füllten. So konnten sie zumindest sicher sein, dass das Wasser nicht vergiftet oder beschmutzt war, denn es kam ja frisch aus einer Quelle über ihnen. So füllten sie einen Krug nach dem anderen, verschlossen sie fest mit den Pfropfen aus Kork und hatten so ihre gesamten Wasservorräte wieder auf dem Stand vor der Abreise gebracht. Das war ein unglaublicher Erfolg auf ihrer Suche, jetzt hatten sie durch das frische Wasser mindestens zwei, drei Tage, wahrscheinlich aber noch mehr dazu gewonnen. Trotzdem sollte das kein Anreiz werden länger hier unten zu verweilen, wie nur nötig. Es war nur eine kleine Verbesserung ihrer Lage, mehr aber nicht. Wenigstens musste Isabell das Ganze nicht schleppen, die Krüge landeten im Rucksack ihres Bruders und das war auch gut so.
Doch mehr gab es hier unten nicht mehr zu sehen, es war eben nur dieses kleine Wasserbecken vorhanden und eben jene Überreste dieses grauenvoll geschundenen Körpers. Für sie jedoch musste es einen anderen Weg geben, dieser hier war nicht der richtige und die Frage stellte sich erneut, ob es denn überhaupt einen richtigen Weg hier unten gab. Nach ihrer Rückkehr zum großen Raum mit dem riesigen, unnützen, steinernen Quader würde sich erneut die Frage stellen, welchen Gang sie nehmen mussten. Es gab noch zwei Alternativen zur Rückkehr in den Raum der sechzehn Gänge. Das eine war der einst bewachte Gang, das andere ein zweiter vom Format wie dieser. Aber noch ein weiteres Wasserloch würden sie wohl kaum finden, zu unwahrscheinlich war diese Idee. Doch zunächst einmal mussten sie ohnehin zurück, genau auf diesem Wege befanden sie sich jetzt. Vorbei an den ganzen, schillernden Wänden, unter den tropfenden Decken hindurch, bis sie wieder da waren, im zentralen Raum. Nun also hatten sie zwei Möglichkeiten ausgeschlossen und die Hoffnung war nun immer größer, dass sie den richtigen Gang erwischten, der sie weiterbrachte, raus aus diesen Gängen, raus aus diesem Labyrinth der verstrickten Gänge, der Sackgassen und irreführenden Wegen. Doch gleichzeitig sank eben jene Chance, dass sie richtig waren. Noch zwei Möglichkeiten…zumindest ihre erste Wahl war ein Erfolg, trotz der Sackgasse, die es auch dort zu finden gab.
Also, was sagst du? Wohin sollen wir nun gehen, den einst bewachten Gang, oder den unbewachten? Rociel tippte sich an sein Kinn, in seiner Pose des Denkens verweilte er ein paar Momente, dann antwortete er. Ich würde sagen, mein Gefühl lenkt mich zu dem bewachten Gang. Außerdem haben wir nichts zu verlieren. Ist es der richtige – super, ist es der falsche, so sehen wir wenigstens, für was die Bewachung gedacht war. Es muss einen Sinn geben, ich bin mir sicher, dass die Skelettwachen einen Sinn hatten. Ich glaube nicht, dass sie nur da standen und ich glaube auch nicht, dass Skelldon so dumm ist. Was ist, wollen wir es wagen? Isabell brauchte nicht lange zu überlegen, denn so oder so, er hatte Recht. Gut, gehen wir in den einst bewachten Gang und sehen uns dort um.
Die Entscheidung war gefallen und so führten sie ihre Schritte zu dem steinernen Bogen, vor dem zwei Knochenhaufen lagen, mehr oder weniger die Gerippe von zwei Menschen, die doch keine mehr waren…
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| 27.03.2004 21:43 | #60 |
| Todesfürst |
Zum zerreißen angespannt lagen seine Neugier und seine Nerven in dem jungen Mann. Rociel wollte unbedingt wissen, was in diesem Gang lag. Es war wieder eine der berühmten Sinn und Gegensinn Fragen. Denn es war absolut unlogisch, etwas zu bewachen, wenn dort nichts wäre. Es erschien doch absolut logisch dagegen, wenn man mit einer Bewachung verhindern wollte, dass jemand durch diese Gänge drang. Es war das logischste der Welt, wenn eben auch Skelette solch eine Denkweise anstrebten. Doch egal was auch passieren sollte, sie hatten immer noch eine Option frei, wenn es nicht dieser Gang war, dann war es eben der unscheinbare dritte, bzw. vierte. Man merkte jedoch, dass sich hier unten einiges geändert hatte. Die Steine wurden schroffer und die Gänge wurden kürzer. Keine meterlangen Marathonmärsche mehr, nein, es war nun alles eine Frage des Lichtes. Verdunkelt lag dieser Gang, er bot eine seltene Einmaligkeit. Zuerst waren noch ein paar Fackeln zu sehen gewesen, genau wie noch im Gang zu der Wasserquelle, hingen sie alle fünf Meter, strahlten schwaches Licht aus und kamen dann wieder.Doch dieses Mal nicht. Dieses Mal blieben die Fackeln aus. Es gab auch keine eisernen Halterungen in den Felswänden, es gab absolut nichts. Dunkelheit war wieder die alleinige Herrscherin und Schwarz die einzige Farbe, die gewährt wurde. Doch nicht mit ihnen. In diesen Momenten liebte er seinen Feuerstein wie keinen Zweiten. Es gab sicherlich auch andere Wege sich ein Feuer zu entzünden und man konnte sicherlich auch andere Fackeln mitnehmen, aber dieser Stein war so wichtig, diese Tatsache wurde viel zu wenig geschätzt. Er gab ihnen die Chance in einem dunklen Gang zu sehen, was durchaus wichtig war. Der Gang bot allerdings weniger natürliche Sehenswürdigkeiten, sondern bestach durch seinen präzisen Aufbau. Die Kurven waren wieder im gewohnten neunzig Grad Schema, doch dafür waren die Wände unbehandelt, waren grob, aber längst nicht so grob wie noch im letzten Gang. Es war auch hier nicht so nass und schon längst nicht mehr so feucht, zwar spiegelten die Wände immer noch leicht diamanten, aber die Luftfeuchtigkeit war deutlich geringer, das konnte man richtig spüren.
Sie gingen weiter, mittlerweile waren die Gänge viel kürzer geworden, nur noch wenige Minuten, manchmal zwei oder drei nur noch, gingen sie an einem Gang, bis erneut eine Biegung ihren Lauf unterbrach. Sie mussten schon mindestens ein Duzend Mal die Richtung geändert haben und nicht sehr weit im Felseninnern. Doch gegen seine Erwartung trickste sie der Gang noch einmal aus und wurde länger und länger. Nach den ganzen Biegungen war der lange, lineare Gang etwas neues, fast schon ungewohntes für sie, doch nichts desto trotz blieb die Anspannung bei ihm. Die Minuten verstrichen nun schneller, genau wie auch ihr Gang, der sich langsam erhöhte. Es dauerte nicht lange, da nahm sich der Gang eine weitere Änderung vor, dieses Mal aber ohne groß und spektakulär zu wirken. Die Steinplatten fielen weg. Die großen Steinplatten, die zumindest in der Mitte eine quadratische Form hatten und ganz sicher bearbeitet wurden, von wem das sei dahingestellt, verschwanden. Ihre Stiefel klackten nicht mehr so laut, wie sie es so lange zuvor getan hatten, sondern sie bewegten sich jetzt auf harter Erde. Kein Sand, in dem sich wieder irgendetwas verstecken konnte, nein, aber harte Erde. Genau dies hatte er schon im Gang mit dem Wasser befürchtet, doch zum Glück waren die Vorzeichen der Natur gut verteilt. Wäre die Erde nämlich auf dem Weg gewesen, wo es ständig und ziemlich heftig von der Decke getropft hatte, dann wäre dieser Weg wohl unpassierbar gewesen. Doch über die harte Erde zu laufen war fast dasselbe wie Steinplatten, jedenfalls machte es ihm nichts aus. Ganz anders jedoch verhielt es sich mit dem Zeichen, dass nach der letzten Steinplatte auf dem Erdboden mit einer Farbe gemalt wurde. Es war eine Schrift, die er wieder nicht erkennen konnte, die sich aber mit dem Zeichen, dass sie schon einmal hier gesehen hatten, deckte. Doch Rociel brauchte die Schrift um das Zeichen gar nicht lesen, das Zeichen, um das sie stand, war eindeutig. Ein Totenkopf, der Kopf eines Menschen. Oder eines Skelettes. Jedenfalls machte es wohl eindeutig klar: Bis hierhin und kein Schritt weiter! Oder aber es war ein Zeichen, ein Zeichen für die Einheiten, die vorbeiliefen. Vielleicht war es ja tatsächlich der erhoffte Weg, Rociel hoffte es sehr. So ein deutliches Zeichen hatten sie hier unten noch nie gefunden, doch jetzt schon. Innerlich stieg ein wenig Freude und Selbstbestätigung in ihm auf, denn er hatte es geahnt. Zumindest war nun bewiesen, dass die Skelettwachen wirklich einen Sinn gehabt hatten. Sie waren keine unnützen Truppen nein, sie waren wirklich zu etwas da. Was, das galt es jedoch herauszufinden. Doch der Fürst rechnete auch nicht unbedingt mit einem netten Durchgang. Skelldon musste einfach gemerkt haben, dass seine erste Instanz nicht wieder kam, er musste neue Truppen geschickt haben, er war sich sicher, dass der vermeintliche Besitzer des Amulettes sie wahrnehmen konnte. Die Amulette, wenn sie nah genug beisammen waren, dann zogen sie sich an. Skelldon konnte sich diese Tatsache zunutze machen, wenn er wusste, wo sie waren. Deswegen war Rociel auch stets auf einen Kampf vorbereitet, hielt seine freie Hand griffbereit, während die andere Hand die Fackel eskortierte.
Der lange Gang, der wirklich lang war, wollte zunächst kein Ende nehmen, doch wie das mit so langen Gängen eben war. Irgendwann kam man immer an ein Ende, egal ob es hundert Meter, oder tausend Meter vom letzten Punkt entfernt lag. Bei ihnen war es zwar nicht ganz so schlimm, sondern lag irgendwo dazwischen, doch kurz konnte man ihn bestimmt nicht nennen. Doch man konnte meinen, er hatte es geahnt, als sein Amulett leicht anfing zu glühen und ausnahmsweise einmal seine Augen – das schwächste Sinnensorgan an seinem Körper – die roten Punkte in der Ferne wahrnahmen. Wie sie immer näher kamen, was sicherlich auch daran lag, dass sie immer weiter auf sie zukamen. Isabell spürte es auch. Gemeinsam blieben sie stehen und betrachteten die roten Punkte. Es war kein gutes Zeichen. Es könnten Augen sein. Nur Augen von was war die Frage…erst einmal setzten sie ihren Weg fort, doch ihre Waffen standen bereit, er spürte, wie seine rechte Hand am Griff begann zu zittern. Das Schwert wollte heraus. Er hatte es kaum mehr unter Kontrolle. Es war durstig, hatte es doch schon so lange kein echtes Blut mehr getrunken…
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| 27.03.2004 23:12 | #61 |
| Isabell |
Schnell ging jetzt alles, total schnell. Die roten, glühenden Punkte, mal waren es zwei, mal drei, am Ende gar vier, sie vergrößerten sich immer mehr und als sie zu groß wurden, drosselten sie ihr Tempo, das unwahrscheinlich schnell gehend war, fast schon rennend. Isabell merkte gar nicht, wie sehr ihr Puls raste, dafür war sie viel zu aufgeregt. Auch dieser Gang hatte etwas, etwas ganz besonderes. Diese ganzen, immer gleichen Gänge seit dem Spiegel, sie waren so was von ermüdend, doch hier erlebte man laufend eine Art Nervenkitzel…sie wusste nicht, ob sie das begrüßen sollte, oder überhaupt konnte, denn wenn es langweilig war, passierte immerhin nichts. Als sie nun drastisch langsamer gingen, vom fast rennen zum schleichen übergingen, zog sie ihre beiden Schwerter aus den Scheiden, in einer gewissen Ahnung, dass sie sie bald gebrauchen könnte. Ihr größter Trumpf war nun die Fackel, denn ohne sie wären sie blind, hätten nichts gesehen, doch so konnten sie geringfügig sehen, waren nicht vollkommen aufgeschmissen.
Und dann, dann zeigte sich das Bild ihrer Feinde. Zuerst konnten sie es nur an Geräuschen ausmachen, dann auch sehen. In einer schnellen Bewegung hatten sich die Feinde in Bewegung gesetzt, kamen nun klappernd auf sie zu. Stumm und stillschweigend waren ihre Münder, doch ihr Klappern verriet sie. Die Knochen schepperten und das ewige Knacken war bei jedem Schritt zu hören. Skelette… Rociel nickte nur und sah die roten Punkte näher kommen. Nun waren sie es, die sich rasend schnell näherten. Also hatten sie hier noch mehr versteckt und die Erbauer taten guten daran, keine Fackeln zu gebrauchen. Für jemanden, der nicht das Glück hatte selber Licht erschaffen zu können, der war hier unten total aufgeschmissen. Und die Skelette kannten nur eines. Den Drang zu töten. Da kam es nicht auf Licht oder auf Dunkelheit an, ihre Instinkte, ihr unbedingter Befehl zu töten, dem sie Folge zu leisten hatten, er trieb sie zum Letzten.
Sie warteten jetzt nur noch, hatten keine Lust mehr weiter zu gehen, bereiteten sich auf den Zusammenprall vor, es konnte sich nur noch um Sekunden halten. In einer flüchtigen Sekunde sah sie ihren Bruder, er hielt die Fackel ein wenig versetzt, so dass sie die Ankunft der Skelette bemerken mussten. Doch noch etwas fiel ihr auf. Er hatte seine Augen geschlossen. Sie verstand es nicht, doch drehte sich Isabell wieder zurück. Er würde schon wissen, was er tat, sie sollte sich eher Sorgen um ihren Plan machen. Die Augen schienen immer schneller zu kommen, die Geräusche ihrer knochigen Füße auf dem Boden und die Töne der wippenden Knochen, sie waren markant und unverkennbar. Doch die glühenden Augen, sie waren noch viel außergewöhnlicher. Sie hatte dies gar nicht bemerkt, bei den anderen Skeletten, die sie bisher gesehen hatte.
Dann kamen sie, Isabell spürte fast ihren knochigen, faulen Atem, da tauchten zwei Schatten vor ihnen auf, die Fackel bewegte sich, der Kampf begann. Ihre Klingen stießen nach vorne, prallten mit dem Schwert des Skelettes zusammen, in dem engen Gang gab es ein enges Duell zwischen ihren Feinden und den Geschwistern. Sofort setzte sie nach, ging zurück in die Grundstellung, ein Schwert hinten zum blocken und eines zum angreifen. Sie erkannte die glühenden Augen des Skelettes, das gute zwei Meter groß war. Auch war es viel breiter, die Knochen viel größer. In den Händen hielt es ein eisernes Schwert, ein Langschwert, wie sich später herausstellte. Alle ihre Angriffe schienen nutzlos, das Skelett war immer ein Tick schneller, nur dank ihres zweiten Schwertes konnte sie die schnellen Gegenangriffe abwehren. Auch neben ihr klangen die Klingen, prallten aufeinander und ließen sich keinen Platz. Die Fackel schwang dabei immer wild umher, manchmal sah sie mehr, manchmal weniger. Die Knochen und der Körper ihres Gegners strahlten auf. Mal verschwanden sie in ewiger Finsternis. Es blieb über den ganzen Kampf hin ein Schatten. Ein Spiel aus Licht und Dunkelheit. Doch der Kampf war schnell. Schnell zu Ende. Das Skelett besaß eine hauchdünne Überlegenheit, ging aber wild und ungestüm bei seinen Angriffen ans Werk. Trotzdem gelang es dem Knochenmann sie immer mehr in Bedrängnis zu bringen. Ihre Schwerter hingegen saßen fest, doch es war so eng, dass sie kaum reagieren konnte, sich nicht die Schnelligkeit zum Vorteil machen konnte. Dann folgten zwei, drei unglaublich schnelle Schläge, fast schon Kombinationen, die sie zuerst kaum berührten, doch beim letzten Schlag zog es ihr zweites Schwert, dass sie zum Angriff benutzte, mit hinunter. Nur durch die Form eines Kreuzes konnte sie dem harten Schlag gegenüberstehen. Kurz vor ihrer Brust stoppte das Schwert des Skelettes, verlor jedoch nicht an Kraft. Es versuchte förmlich ihre Mauer zu durchdringen und hatte damit fast Erfolg. Doch sie sah nun die Gefahr und konzentrierte sich, dachte an ihre ersten Kämpfe, an die Ausbildung und an vieles mehr, hörte auf mit Logik kämpfen zu wollen und entspannte sich. Die Verkrampfung in der Schulter löste sich und mit dem Gedanken an den Frühling, an den Gedanken, dass sie bald hier rauskommen würden, kehrte neue Kraft in ihre Muskeln. Auf einmal begannen die Schwerter zu erzittern, trotz der nimmermüden Kraft des Skelettes rutschte das Langschwert hin und her, drohte nun zu zerbersten. Stück für Stück gelang es Isabell das Schwert des Feindes zurückzudrängen, immer wieder bebten die Klingen dabei und dann durchzuckte sie ein kraftvoller Blitz und die Klingen zuckten ebenfalls nach vorne. Wie aus Holz zerriss es das Schwert des Skelettes, obwohl die Qualität dieser Klinge alles andere als den schlechten Standart bisheriger untoter Schwerter hatte. Doch der Drang nach vorne stoppte nicht danach, kurz nach dem Durchbrechen der Klinge zuckte es nur noch mal für eine Zehntelsekunde, danach hatten die Kreuzklingen den Halswirbel zerrissen, der Schädel sauste nach vorne, der Körper wurde mit einem Tritt klar gemacht und fiel zu Boden.
Sofort drehte sie sich um und sah zu ihrem Bruder, der noch immer mit dem Skelett kämpfte und wohl mehr Probleme hatte. Hier fang mal. Als ob Rociel es bemerkt hatte, dass sie ihren Gegner besiegt hatte, warf er ihr mit einem Wurf den brennenden Stock zu, an dessen Ende der Feuerstein hing. Sie musste eine Klinge blitzartig zu Boden fallen lassen, um eine Hand frei zu haben, dann aber fing sie die Fackel sicher. Auf ihrer Stirn bildeten sich Rätselfalten, denn warum hatte er nicht einfach gewartet, zu zweit wäre es doch gar kein Problem gewesen…doch die Antwort blieb überflüssig, denn ohne die Fackel, die wirklich ein wenig schlecht in Händen lag, entschied ihr Bruder den Kampf in Windeseile. Nur wenige Klingenhiebe hörte man noch, dann war es stumm. Stillschweigend hatte sie zugesehen, wie Rociel dem Skelett die Hand abschlug, während dieses gerade zuschlagen wollte, der Rest war nur noch Formsache, dann endlich war es still.
Sie gab die Fackel wieder zurück und legte ihre Haare zurück, danach hob sie ihren Krummsäbel wieder auf und steckte die Schwerter weg. Gespannt und etwas außer Atem führten sie ihren Weg fort und schon nach einer Minute stießen sie auf eine weitere, kleine Sensation. Der Gang wurde versperrt, eine Palisade aus Stein, in der eine hölzerne Tür eingelassen wurde. Zweifache Ketten und ein doppeltes Schloss standen vor der Tür, doch man hatte eines übersehen, die Zeichen der Zeit nagten an dem alten Holz, vielleicht war es ja wieder aus Eiche, doch diese Tür war keinesfalls neu. Sie wirkte dunkel und alt. Das Holz genauso. Was meinst du, sollen wir den Schlüssel suchen? Isabell grinste ein wenig, was man in dieser Dunkelheit aber nicht gut sehen konnte. Ich denke, wir spielen lieber den Schlüssel. Rociel nickte flüchtig, gemeinsam nahmen sie zwei Schritte Anlauf und schleuderten jeweils ein Bein wuchtig gegen die Tür. Zwar wollte diese nicht aufspringen, doch einige Holzbalken waren geberstet, so dass sie nur noch ein wenig nach treten mussten und schon war der Durchgang frei. So konnte man natürlich auch Sperren umgehen. Und es war wirklich eine Sperre, denn der Gang wurde ungehindert weitergeführt. Dieser ganze Aufwand musste doch für irgendetwas gut sein, nur für was? Ihr Ziel kam näher und die Bewachung hatte schon einiges verraten, denn die letzten Skelette waren alles andere als ein Vergleich mit denen, die sie noch davor getroffen hatten. Die Schwierigkeit nahm zu, langsam zeigte der Feind sein wahres Gesicht…
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| 28.03.2004 13:38 | #62 |
| Todesfürst |
Der Gang wirkte jetzt wieder endlos lange, doch während sie kontinuierlich weitergingen musste er sowieso an das eine denken. Wieso waren da diese Skelette? Sie waren ihnen zwar auf offenem Wegesgang begegnet, doch sie hatten ja gemerkt, dass sie ihnen entgegen gelaufen waren. Höchstwahrscheinlich standen sie vor der steinernen Palisade, wären damit eine zweite Wache gewesen, nur für was? Auf jeden Fall zeigte sich, dass in diesem Gang etwas sein musste. Diese doppelte Bewachung, die Verhinderung jeglichen Lichtscheines, die großen Sicherheitsvorkehrungen…irgendetwas war hier, nur was. Längst schon hatte ihn seine Neugier beflügelt, doch auch das Interesse an ihrem Ziel trieb ihn voran. Der Gang, der so lange nüchtern wirkte, veränderte sein Gesicht nicht, blieb dunkel und kühl. Doch er war berechenbar, bot keine Überraschungen mehr. Nur noch nach vorne, auf dem nun immer schlechter werdenden Untergrund. Der Boden jedoch konnte noch so viel rebellieren, er konnte sie nicht mehr aufhalten, denn ihre Schritte waren zielstrebig und unaufhaltsam. Es mochte keinen Sinn mehr haben, wenn man sie stoppen wollte, sahen nicht mehr zurück, sondern nur noch nach vorn. Denn nur dort lag ihr Ziel, wenn sie zurückblickten, mussten sie den Toten Rechenschaft ablegen, nicht nur denen, die es aus voller Absicht verdient hatten zu sterben, sondern auch den Unschuldigen, die durch seine Hand gefallen waren. In Rociel keimte aber noch ein weiterer Gedanke, denn hier unten würden ihn sicher noch schlimmere Dinge erwarten. Diese Stimme, die sie einst gehört hatten, sie sprach vom Reich der Untoten. So blieb für ihn kein Zweifel mehr daran, dass es noch ein anstrengender Weg für sie werden würde, denn in einem Palast, in dem Beliars Geschöpfe hausten, konnte man sich nicht sicher fühlen. Doch er würde nicht eher hier herausgehen, bevor er nicht das Amulett hatte. Ganz egal, ob er dabei Skelldon sein Schwert in die Brust rammen musste, oder ob er es in wenigen Sekunden auf dem Boden finden würde. Aber nein…so viel Glück würden die Kreaturen des Feindes ihm nicht gönnen.
Der Gang wurde immer länger und länger, schien sich endlos zu strecken und keine Biegung mehr zuzulassen, doch dann endlich standen sie vor einer Wand, eingelassen in den Fels, schien sie doch beschlagen worden. Jedenfalls war ein Weitergehen unmöglich gemacht. So drehten sie sich um, die Fackel im Schwung und als es langsam aber sicher klar wurde, dass die einstige, linke Wand nicht mehr existierte, da sahen sie das Tor. Ein riesiges, eisernes Tor. Kein Holz, weder morsch noch Eiche, keine Steine, die man mit altem Mörtel zusammenhielt, man ließ sich nicht lumpen, ganz und gar nicht. Es war echtes Metall, Schwermetall. Rociel schnupperte ein wenig an dem kalten Metall, es war Stahl, Gussstahl, harter Stahl, was auch immer, ein Bollwerk einer Mauer, uneinnehmbar, unzerstörbar, einen Tritt dagegen hätte wohl eher seinen Fuß gebrochen, doch den Stahl hätte es wohl vollkommen kalt gelassen. Keine Zeichen der Zeit waren zu erkennen, kein Rost, nein, alles blitzte und schimmerte. Bester Stahl, wo man so was nur herbekam? Es war vollkommen egal, er klopfte vorsichtig dagegen, doch es klang weder hohl noch dumpf. Es musste eine Wand sein, die mehrere Zentimeter dick war, vielleicht sogar einen Meter, vielleicht auch endlos lange. Doch es schien ein Tor zu sein, denn man konnte ganz klar die Flügel zweier Türen sehen, als ob sie jede Sekunde aufsprangen und einen durchließen. Vielleicht war auf der anderen Seite eine Winde, hier war jedoch nichts. Und auch sonst schien das Tor nicht mehr zu öffnen. Die Fackel hatte Mühe ihnen immer genug zu zeigen, denn das Tor war sehr groß. Erst als Rociel die Flamme auf ihren höchsten Stand brachte, sahen sie bis zu dem Ende. Doch es war kein normales Tor, denn schon wieder standen diese Zeichen darauf. In der Mitte, auf den beiden Flügeln, da prangerten sie. Und wieder stand da dieses Zeichen, für das es keine Erklärung brauchte, sondern das einfach nur da war und in ihm etwas auslöste. Der Totenkopf… Doch nun revidierte er seine Meinung von vorhin, glaubte nun an etwas anderes. Es sollte wohl doch kein Zeichen sein, dass einer Warnung gleichkam, sondern wohl viel mehr ein Symbol sein. Ein Herrschersymbol vielleicht? Vielleicht war es das Wappen, das Wappen von Skelldon?... Die Fragen, die Gedanken, sie blieben unbeantwortet, doch ein tiefer Zweifel blieb. Diese Zeichen, sie waren sonderbar. Jetzt musste er sich einfach erinnern. Er war sich sicher, dass er sie kannte. Er hatte diese Zeichen schon einmal gesehen. Nur wenn er sich daran erinnern konnte, wo er sie gesehen hatte, konnten sie weiter. Wenn es denn einen Schlüssel gab, dann diese Zeichen zu entschlüsseln, denn einen Schlüssel brauchten sie nicht suchen, für dieses Tor gab es keinen Schlüssel, für dieses Tor gab es keinen Rammbock, sie mussten sich den Weg errätseln. Oder wieder umkehren…aber er wollte nicht umkehren. Niemals. Nicht so kurz vor einem Ziel. Dieses Tor, es hatte eine wichtige Bedeutung. Niemand baute solch ein Monstrum, wenn es zu nichts gut war. Niemand bewachte einen sinnlosen Gang, niemand sorgte für solche Sicherheit. Nein, es konnte nicht sinnlos sein, es musste eine Bedeutung haben.
R: Ich weiß es, ich habe diese Zeichen schon einmal gesehen.I: Ja, ich weiß was du meinst. Ich meine sie auch zu kennen.R: Du? Du kennst sie auch?
I: Ich weiß es nicht, sie wirken so vertraut, so persönlich. Als ob sie etwas mit meinem Leben zu tun hätten. Als ob ich ihnen schon einmal begegnet wäre.R: Dein Leben…oh nein…
I: Was ist?
R: Ich weiß wieder, wo ich diese Zeichen gesehen habe…
I: Sag schon, wo?
R: In dem Berg des…
I: Was ist, warum sprichst du nicht weiter?
R: Du weißt es doch. Du weißt doch warum. Isabell, erinnerst du dich noch an das Tor im Berg. Das den Mistkerl schützen sollte? Das niemand öffnen konnte? Das sich nur mit den passenden Wörtern öffnete? Die Wörter, in…dämonischer Sprache.I: Oh…ja…jetzt erinnere ich mich auch. Es war das dämonische Tor, dass Kryliyx versiegelt hat.
R: Tut mir Leid…
I: Ist schon in Ordnung, du kannst ja nichts dafür. Ich habe mit dem Schuft abgerechnet, ich habe keine Angst mehr vor ihm. Aber…ich kann diese Sprache nicht mehr, ich konnte sie nur, weil ich unter seinem Bann stand. R: Aber ich weiß, wer uns helfen kann…hast du gehört? Komm schon, hilf uns, Rexx, wir brauchen dich…
Und sogleich spürte er, wie die schwarzen Augen glühten, wie die schwarze Magie an seinem Körper zu wirken begann, wie der Schädel zu neuem Leben erwachte, wo er sich doch seit Mondjahren zurückgezogen hatte und kein Wort mehr gesprochen hatte…
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| 28.03.2004 14:16 | #63 |
| Isabell |
Isabell wollte grinsen, denn so richtig hatte sie noch nie an die Existenz dieses Schädels geglaubt. Als ihr Bruder gemeint hatte, dass er nur durch die Hilfe dieses gespaltenen Menschenkopfes, der angeblich Rexx heißen sollte, das Tor öffnen konnte, das zwischen ihm und dem niederen Gedankendämon lag, hatte sie ihm zwar geglaubt, doch irgendwie blieben doch Zweifel. Sie wusste, dass Rociel kein Lügner war, aber ein sprechender Schädel? So etwas konnte es doch gar nicht geben…
Doch es war keine Lüge, wie sich nun herausstellte. Isabell spürte eine unglaubliche Macht, die Anwesenheit eines Fremden war unmissverständlich. Es war pure Magie, die durch die Luft jagte und nur mit extrem feinen Sinnen wahrgenommen werden konnte. Doch nicht mehr zu übersehen waren die Augen, die rot glühten, dort wo sonst nur die schwarzen Höhlen lagen, glühten die Augen, wie schon bei den Feinden, die sie eben noch vernichtet hatten. Wie war das möglich? Diese Frage beschäftigte die junge Frau sofort, ein wenig Furcht, mehr Respekt und ein bisschen Schuldgefühl, dass sie ihm nicht geglaubt hatte, durchzogen ihre Gedanken. Doch als der Schädel dann noch begann in klaren, myrthanischen Worten zu sprechen, da war wohl endgültig die Grenze zu einer gewissen Distanz gesprengt. Der Wahnsinn hatte einen Namen, Rociel, ihr Bruder. Aber vielleicht war es ja dieser Schädel, der ihnen jetzt weiterhelfen konnte. Dort, wo sie nicht mehr in der Lage waren weiterzukommen, wo dämonische Worte ihnen den Zutritt möglicherweise verwehrten.
Argggghhh, was rufst du mich, du Idiot. Erst verbietest du mir zu sprechen und mit dir zu kommunizieren und jetzt soll ich wieder oder was? Sei froh, dass ich so viel Abwechslung geboten bekomme. Du glaubst ja gar nicht, wie viel ich in den letzten Wochen gelernt habe. Übrigens finde ich es bemerkenswert, dass du auch mal etwas Abwechslung in dein langweiliges Leben rein bringst, aber das du so verblödet bist und dich in das Reich der Toten begibst, Respekt mein lieber Fürst, du hast ja vielleicht aufgepasst. Sieben Menschen haben es bisher hierher geschafft und glaub mir, es waren beileibe keine schlechten Kämpfer, sogar mächtige Magier waren unter ihnen. Keiner von ihnen kam nicht mal in die Nähe von Skelldon. Ich hätte dir ja einiges erzählen können, dich warnen und so, aber ich durfte ja nicht, pah, jetzt bist du selber Schuld, bin ja mal gespannt, wie lange ich noch an dir hafte. Mit diesen Skeletten ist nicht zu spaßen, glaub mir, ich weiß wovon ich rede…
Isabell blinzelte ungläubig die Augen, dieser Schädel, er redete ja ununterbrochen, machte keine Pause, als ob es eine Passion für ihn wäre zu reden. Sie fühlte sich nicht mal in der Lage bei diesem Gespräch mitzumischen, immer noch war sie leicht schockiert von der Tatsache, dass dieser Schädel, mit dem sie schon so lange zusammen war, tatsächlich mehr war als nur ein lebloses Stück Knochenmark.
Ro:Halt einfach die Klappe Rexx. Du brauchst mir nicht wieder die Ohren voll quatschen, wir haben eine Abmachung, du darfst mit mir reisen und hältst dafür den Mund. Du weißt genau was los wäre, wenn jemand zweites davon erfahren würde, dass du sprichst.
Re: Jaja, reg dich ab großer Meister. Wenn es kein Zweiter erfahren darf, was ist dann mit deiner Schwester hier.
Ro: Du weißt genau was ich meine. Hilf uns lieber!
Re: Ach ja, jetzt soll ich wieder helfen. Das hab ich gerne. Was darf ich denn diesmal machen?
Ro: Das will ich dir sagen. Siehst du die Inschrift auf dem Tor, die Zeichen? Sie sind doch in derselben Sprache gehalten, wie das Tor in dem Berg, du erinnerst dich sicher. Übersetze sie für uns.
Re: Oh man, was bist du bloß für ein Stümper. Das sind keine dämonischen Zeichen wie bei Kryliyx. Das ist die Sprache der Untoten. Verstehst du, zwei vollkommen verschiedene Sprachen.
Ro: Pah, die sehen aber gleich aus…egal, kannst du sie übersetzen oder nicht?Re: Klar kann ich das, die Frage ist nur, ob du das so lustig findest…Ro: Wieso, was ist denn?
Re: …Das sind Formeln eines Zaubers. Spreche ich sie aus, wird sich das Tor öffnen.
Ro: Na prima, das wollen wir doch…
Re: Du verstehst nicht, großer Meister, dahinter wurde etwas gefangen. Diese Formeln sind ein Bann, um etwas festzuhalten. Etwas, das nie mehr aus diesem Tor kommen soll…
Isabell schluckte, das hörte sich gar nicht toll an. Zwar war der Schädel faszinierend, doch er sprach so normal, als ob sie einen weiteren Mitstreiter an ihrer Seite hatten. Fast war das Gezanke der beiden lustig, doch lachen wollte sie trotzdem nicht. Denn was sie so sprachen, besonders das, was Rexx von sich gab, war alles andere als beruhigend. Aber damit hatten sie ja schon länger gerechnet. Die Klingen waren lange scharf und ihr Wille war nie so selbstsicher wie jetzt. So hatte sie auch keine Sekunde gezögert. Deine Entscheidung Isabell. Riskieren wir es? Es scheint nicht der Weg zu unserem Ziel zu sein… Sie zögerte nicht… Wenn du willst, dann öffne es, ich bin bereit! Rociel lächelte ein wenig gequält, waren sie beide doch ahnungslos über das, was hinter dem Tor lag. Gut, dann ist die Entscheidung gefallen. Rexx? Breche den Bann und lasse das Tor öffnen! Das ist es, was wir wollen.
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| 28.03.2004 16:01 | #64 |
| Todesfürst |
Rociel spürte ganz deutlich, wie die schwarze Magie des einstigen Untoten, der wohl immer noch einer war, zu neuem Leben erwachte. Die knisternde Spannung war zu spüren, fast konnte man ihre wellenförmigen Konturen sehen. Rexx hätte sich jetzt bestimmt bewegt, hätte er noch seinen restlichen Körper, so blieb ihm aber nichts anderes übrig, als auf die Zeichen auf den Torflügeln zu schauen. Seine roten Augen fixierten die Zeichen und als er begann sie auszusprechen, spürte Rociel, wie sich etwas erhob, wie sie etwas in Gang setzen, wie eine weitere, verbotene Magie wirkte. Doch die Worte, sie klangen schauerlich, aus dem Mund eines untoten Skelettschädels wurden jene Verse gesprochen, die Formeln, die nie wieder durch die Gänge schallen sollten, sie hoben den Bann auf…
En-to-miii sagent en-to-ma
Arto-garrr serosch schar
En-to-miii ortak zul
Larkesch samiii antoznie
En-to-miii ultor altor
Gurlant surtar
En-to-miii en-to-sar
Encore sag toni
En-to-miii jilbro dartar
Rexx verstummte wieder, doch die Tore öffneten sich noch nicht. Doch es war ein Klacken zuhören, ganz eindeutig hatte sich etwas an dem Tor gelöst, doch während Rexx weiter sprach, strömte ein Wind zu ihnen hin, der sicherlich nicht der Wind war, den sie kannten. Doch noch spürten sie ihn nur und der Schädel auf seiner Brust führte das Ritual fort.
Sagrasch en kar solbat
Tarag kasch saretok mar
Bagdor salegro haiid
Sagrasch en kar solbat
Undrogemar olberion tar
Kesius tabreok maldar
Sagrasch en kar solbat
Neegosos antasch ilijat
Soremius Abardonne
Ein zweites Mal ertönte das mechanische Geräusch eines Riegels, der sich öffnete und Rociel fragte sich, wie lange es noch dauern würde. Seine Nerven waren zu Recht angespannt, denn ungewiss blieb das Ziel, das sie dort erwarten würde. Einen weiteren Gang schloss er wohl aus, doch was dann? Konnte es sein, dass selbst die Einwohner, die Untoten, dieser Welt, selbst Skelldon etwas fürchteten, dass sie dahinter eingeschlossen hatten? Die Antwort konnte ihnen nur das Öffnen des Tores liefern, doch der junge Mann hatte keine Angst vor einem möglichen Feind. Sie hatten schon so Schauerliches gesehen, da war das wohl auch noch zu verkraften. Der Wind jedoch nahm zu, als ob er mit jedem Klacken mehr strömen würde, ein Wind, der aus dem Tor zu kommen schien…
Antegro Antargo Antus
Salor Salkesch Salkasch
Findus intervus sorbat
Ancom Malgrom sopesch
Ilitius Alisius Francerus
Olgriant unsonne feratus
Jibrom Ulather Arsus
Nominee Sulus Gregos
Antor soma esch Gudar
Ein drittes Mal hörten sie das klackende Geräusch, doch wieder passierte nichts. Das Tor blieb geschlossen und Rociel konnte sich gar nicht vorstellen, dass es so viele Zeichen auf dem Tor gab, die man alle vortragen konnte, doch sie waren geduldig. In einem Moment sah er zu seiner Schwester, die auffallend ruhig und schweigsam war, seitdem Rexx angefangen hatte zu sprechen. Ob sie ihn nicht mochte? Ob sie Angst hatte? Oder war es vielleicht doch ein Schock? Er hatte das bis jetzt gar nicht so wahrgenommen, für ihn war es auch immer noch wahnsinnig, was sie hier taten, doch der Wahnsinn hatte sie ohnehin schon lange heimgesucht, also nahm er diese Tatsache gar nicht mehr so wahr. Doch dieses Tor, es wollte nicht aufgehen, stattdessen wehte der Wind nun kräftiger. Als ob sie in das Tor immer mehr Ritzen stechen würden, doch woher mochte dieser Wind bloß kommen? Seine Hand zitterte schon wieder und er wusste auch genau warum, denn sie lag auf dem Griff seines Schwertes und hatte dieses verfluchte Stück nicht unter Kontrolle, doch zudem waren seine Nerven gespannt, wie die Seiten von Isabells wunderbarer Harfe. Dann endlich sprach Rexx weiter und was er sagte, das klang gut, er schien zu Ende mit dem Sprechen der Formeln…
Und nun kommen wir zum Ende. Du hast lange genug geruht, dieser Käfig soll nicht länger deiner sein. Die Formeln sind gesprochen im Namen der Untoten, die dich einst einsperrten. Du, mit dem Blut der Unsterblichkeit, du, mit der Kraft der Gezeiten, im Namen meines Meisters entlasse ich dich nun in die Freiheit, möge deine Rache grausam sein, auf das die, die dir das antaten gerichtet werden, möge dein Schicksal nun nicht mehr in ihren Händen liegen, mögest du deinen Willen vollstrecken…
Sokariniar peridonantar sokresch unatre carne! Der Bann ist gebrochen!
Und tatsächlich, das Tor begann zu beben, die Erde begann zu beben und lautlos fuhren die beiden Flügel auseinander. Langsam öffneten sie sich, nur wenige Zentimeter pro Sekunde, so dass es eine ganze Minute dauerte, bis das Tor vollkommen offen stand, doch es war offen und sie konnten hindurch, noch hatte sich niemand bemerkbar gemacht, doch das sollte sich bald ändern…
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| 28.03.2004 17:35 | #65 |
| Isabell |
Isabell spürte, wie ihr ganzer Körper zitterte. Es war keine Angst, denn diese hatte sie schon lange abgelegt, es war wirklich kein Gefühl davon, es war eine körpereigene Reaktion, dieses Zittern. Ihre Haut war auf einmal ganz anders, Gänsehaut erstreckte sich über jedes Hautteilchen und sie dachte nicht mehr viel. Trotzdem durchschritten sie selbstbewusst das Tor, wobei die junge Frau die Nähe zu Rociel suchte und nicht fern von ihm sein wollte. Von Dunkelheit war keine Spur mehr, sie brauchten ihre Fackel kaum noch, trugen sie trotzdem. Ein kleiner, tiefer, enger Torbogen aus Stein, wie sie ihn schon kannten lag nun vor ihnen, doch er war nur noch drei Meter lang. Sie mussten sich etwas ducken, der er nur etwa 1.70 m hoch war, doch schon seitdem sie das Tor durchschritten hatten, sahen sie etwas. Ihre Hände lagen auf ihren Schwertern und sie rechnete mit einem Kampf, mit irgendwas, doch wieder einmal kam es anders als man dachte. Nachdem sie den Torbogen durchschritten und die wenigen Schritte des Ganges gegangen waren, standen sie in einem mittelgroßen Raum. Er war rund und Säulen standen hochgestreckt in ebenfalls runder Reihe. Der Raum war riesig – nach oben – musste gut zehn Meter hoch sein und so hoch gingen auch die Säulen. An der Decke hing ein riesiges Muster, eine Malerei, die ein blutiges Auge zeigte. Ein Auge, das auf sie herabsah. Doch das alles interessierte sie nicht, denn dieser Raum war so gut zu überblicken, dass es leicht war alles zu sehen. Es gab – natürlich – keine Fenster, sondern auch ihr war es ursprünglich dunkel, doch eine Flut von roten Kerzen verhinderte dies. Sie standen überall und nirgendwo, waren zu tausenden am brennen und verwandelten den kleinen, runden Raum in ein Paradies aus Kerzenschein. In der Mitte des Raumes war ein Sarg aufgebahrt, er wirkte nicht sinnlos dort, sondern durchaus mit Berechtigung. Er war aus feinstem, schwarzem Holz gemacht und hatte silberne Verzierungen. Um ihn herum standen die runden Säulen, er war der Mittelpunkt des Raumes. Auf dem Sarg lag ein Körper. Der Körper eines Menschen. Der Körper einer Frau. Sie war fast nackt und hatte am Hals eine blutige Wunde, die fast den gesamten Hals rot färbte. Sie lag da, als ob sie schlafen würde, doch sie war tot. Nie wieder würde sie aufstehen, doch auch keine Untote werden. Es war der erste Mensch, den sie sahen, kein Skelett oder ein verunstalteter Körper, sondern der Körper einer jungen Frau. Isabell empfand sie als sehr schön und keinesfalls hässlich. Doch diese Leiche sah die junge Frau nur mit nun zittrigen Augen, in denen sich blankes Entsetzen spiegelte. Denn so war der Raum, so wie jetzt beschrieben lag er da, es gab nichts, was sie ausgelassen hatte, bis auf eines…bis auf einen…bis auf etwas.
Es stand da, vor dem Sarg, vor der jungen Frau, es sah aus wie ein Mensch, wie ein Mann um genau zu sein. Der Mann stand einfach nur da, hatte den Kopf gesenkt und die pechschwarzen, mittellangen Haare fielen ihm über den Scheitel. Es trug eine überaus feine Garnitur, die womöglich aus Seide war, jedenfalls schimmerte das weite Hemd rot-schwarz. An den Beinen bekleidete es eine schwarze Hose, die überall mit scharfen Messerspitzen gespickt war. Um den ganzen Körper hatte sich ein Umhang gelegt, der so schwarz wie die Haare waren. Doch das Gesicht konnten sie nicht sehen. Die Kreatur hatte das Format eines Menschen, war etwas kleiner wie zwei Meter, ein wenig größer wie ihr Bruder, der nur sechs, sieben Meter entfernt stand, genau wie sie auch. Lange Zeit passierte gar nichts, denn dieses Etwas schien nicht zu leben, sich nicht bewegen zu können. Wie eine Statue stand es da, nur dieser seltsame Wind pfiff durch den Gang und ließ die schwarzen Haare ein wenig biegen, den Umhang kräuseln. Immer noch war die junge Frau auf einem blitzschnellen Angriff gefasst und hielt ihre Klingen verbissen fest, doch er kam und kam nicht.
Dann plötzlich, nach etwa zehn Minuten, schreckten sie beide einen Schritt zurück, als sich diese Kreatur blitzschnell, doch sie schleuderte nur ihren Kopf nach hinten, worauf die Haare aus dem vermeintlichen Gesicht fielen. Es war tatsächlich ein Mann, da hatte sie einen guten Riecher. Das Gesicht, schmal und etwas älter, ein paar Falten, eine tiefe Hakennase. Isabell erkannte nun, dass dieses Wesen einen blutigen Mund hatte, bis zu der Nase lief das Blut, färbte das Gesicht rot. Allmählich wurde ihr klar, was passiert war, der Kerl hatte die Frau ausgesaugt, seine Zähne in ihren Hals gestoßen und das Blut vermutlich getrunken. Doch darauf konnte sie sich keinen Reim machen, außer einer Vorliebe für diese Perversion. Die Gestalt knurrte, wie ein Tier drangen die Geräusche aus seinem Mund und als er den näher kam, wusste sie nicht, was zu tun war. Sie wollte sich erst an ihrem Bruder orientieren, doch dieser tat nichts. Auch als die Gestalt bis zu drei Metern an ihnen dran war, was durchaus für einen tödlichen Schlag gereicht hätte, zog er nicht seine Waffe. Nur die Hand hielt er fest. Doch sie starrte nur auf diese Gestalt, die den Wahnsinn in ihren Augen hatte. Was war sie bloß? Was war das für ein Mann…oder war es überhaupt ein Wesen mit Geschlecht…
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| 28.03.2004 18:21 | #66 |
| Todesfürst |
War er wahnsinnig? War er verrückt? War er geisteskrank? War er todesmutig? War er denn von allen guten Geistern verlassen? Nein, er war selbstsicher…Rociel hatte keine Angst vor dieser Gestalt, der er als einfacher Gegner gegenübertrat. Sie war unheimlich, das war sie. Doch es gab etwas, auf das konnte man so sicher vertrauen, wie die Bäume im Wald. Sein Amulett. Er hatte schon oft diesem kleinen Stück sein Leben verdankt, er war bereit es dafür zu geben. Das Amulett war unfehlbar, genau wie alle anderen sechs auch. Das Amulett machte keine Fehler, es war ein Teil von Innos. Die, die es trugen, besaßen seine Kraft, konnten sich diese zunutze machen. Immer, wenn Gefahr drohte, immer, wenn sein Leben gefährdet war, hatte es geglüht, sich mit schmerzhaftem Nachlass in seinen Hals gebohrt. Doch nun war es absolut kalt, kälter als der Schnee in Teljarsfeld war das Stück Metall. Es konnte keine Gefahr drohen, es war unmöglich.
Ohne darauf Rücksicht zu nehmen kam diese Gestalt immer näher an sie heran, erst drei Meter vor ihnen stoppte sie ihren gemächlichen Gang. Die langen Haare verbargen selbst jetzt noch weite Teile des Gesichtes, nur der blutrote Mund war zusehen. Natürlich hatte auch Rociel den toten Körper der fast komplett entblößten Frau bemerkt, wie sie da schlummerte, wie ein kleines Kind waren ihre Gesichtszüge. Selbst von weitem konnte er den Glanz dieser Frau erkennen und dieser Typ hatte sie getötet. Etwas Kaltes ging von ihm aus, er war zwar in die Hülle eines Menschen gekleidet, doch es war kein Mensch. Der Fürst erkannte das sofort. Diese Kreaturen hier unten, sie würden niemals für einen einfachen Menschen solchen Aufwand betreiben, im Gegenteil, sie hätten ihn zu ihresgleichen gemacht. Und was hatte Rexx noch gesagt. Die Kraft der Gezeiten und das Blut der Unsterblichkeit. Wahrlich musste es mächtig sein, kein Vergleich mit einem Menschen, auch schon deswegen schien ein Kampf sinnlos zu sein, wenn er ihn jedoch nicht gescheut hätte. Der Mann wirkte so träge und doch wusste Rociel, dass dies nur ein Spiel sein konnte, ein einfaches Spiel der Verwirrung. Erst als er seine Hand ausfuhr und ihm hinstreckte war er überrascht, das einzige und erste Mal, dass er etwas nicht so vorhergesehen hatte. In der einen Hand hielt der Mann die Fackel, in der anderen den Griff seines Schwertes, doch er wollte diesem Wesen vertrauen, wenn sein Amulett es tat, dann musste es auch sein Geist tun. Wenn dieses Wesen ein Feind der Untoten war, war es ein Freund von ihm. Doch Freunde hatte er nicht, das einzige war er hatte waren Personen, die sein Leben einen kurzweiligen Sinn gaben und womöglich in einem Kampf für ihn fallen würden. Freundschaft jedoch würde er nie jemandem entgegenbringen, keinem Menschen…aber das war kein Mensch, sondern ein Fremder…Rociel ließ den Griff los, es war unglaublich schwer, denn das Schwert schien seine rechte Hand anzuziehen, doch er besiegte sein eigenes Schwert und lebte seine eigenen Gedanken. Noch immer zitterte seine Hand, doch sein Gesicht war ähnlich kalt wie das des Fremden. Zunächst hatten sie sich nichts zu sagen, trotzdem war der Händedruck seltsam gewohnt, als ob sie tatsächlich alte Freunde wären. Für einen Moment zuckte es wieder durch seinen Körper, als ob da etwas wäre, was er unterdrückt hatte, was er vielleicht auch vergessen hatte, doch es war wohl doch nichts gewesen. Der Kerl verzog seine Miene und grinste sich eins, während Rociel immer noch die Kälte in der Hand des Fremden spürte. Sein Gesicht blieb regungslos, hatte nichts zu sagen, vielleicht fühlte es sich auch ratlos und durstig nach wissen, doch sein neuer Bekannter enttäuschte sie nicht und gab ihnen Antworten. Antworten auf Fragen, die noch nicht gestellt waren, aber ohnehin in den Raum geworfen wären. Er sprach pulsierend und fesselnd, doch vor allem auf myrthanisch, was Rociel ein zweites Mal wunderte, sogar äußerst…
Ahhhhh, frei. Ich bin frei. Dank euch, nicht wahr? Ihr habt mich befreit? Es ist ein herrliches Gefühl die Freiheit zu spüren, obwohl ich noch nicht einen Schritt hinaus getan habe. Doch wir müssen uns beeilen, bald schon werden sie kommen, Skelldon wird sie schicken, wird hoffen, dass ich noch schlafe. Das ich noch nach Blut dürste…Ihr müsst wissen, dass er uns hier nicht sehen kann, nicht hören, nicht schmecken, nicht riechen. Doch sind wir draußen, ist er wieder da. Er ist kein großer Magier, doch er kann dennoch alles Leben spüren, dass sich in seiner Welt aufhält. Außer hier, in meiner Gruft. Ich aber habe genug getrunken, ich bin stark. Skelldon ist dumm, er hat gedacht, ich wäre hier unten eingesperrt, für immer und ewig. Zweihundert Jahre hat er es auch geschafft, doch ich war nie alleine. Mit Hilfe von Teleportation konnte ich nach Aruna, die erste Schale der Hölle. Ich habe versucht eure Gedanken zu lesen, doch ich habe es nicht geschafft. Ich sah nur eure entsetzten Augen, beim Anblick dieser jungen Frau. Ja es ist so, ich habe sie aus Aruna entführt, wie schon hunderte andere davor, ich habe sie getötet und dann ihr Blut getrunken, aber nur, weil Blut mein Lebenselixier ist. Ohne kann ich nur sehr schlecht leben. Und Skelldon, dieser Idiot, meint doch tatsächlich ich schlafe seit Jahrhunderten in meinem Sarg, hihihi. Doch zurück zu euch. Ich hätte niemals geglaubt, dass ich das einmal sagen werde, doch ich verbeuge mich vor euch. Ich spüre es deutlich, ihr seid nur zum Teil ein Mensch und deswegen kann ich auch eure Gedanken nicht lesen. Noch nie war jemand wie ihr hier unten, vielleicht gelingt es ja jetzt endlich Skelldon zu töten. Dieses Mal werde ich ihn nicht davon kommen lassen, dieses Mal wird er vernichtet. Aber euch schulde ich einen Gefallen, ihr habt mich befreit, drum werde ich euch einen Wunsch erfüllen, wenn es in meiner Macht liegt, dann sprecht ihn aus. Doch bitte beeilt euch, wir müssen hier raus, bevor sie da sind. Ich rieche schon ihre verfaulten Knochen und höre ihre Schritte. Also, was kann ich für euch tun?
Rociel sah den Mann immer noch aus bitterkalten Augen an, dabei hatte er keinen Grund mehr dazu. Doch momentan hatte er keine Idee, nur tausend weitere Fragen, das einzige was ihn beruhigte war, dass der Mann ihnen anscheinend nichts tun wollte. Doch ein echter Mensch konnte keine zweihundert Jahre leben und auch nicht über solche Fähigkeiten verfügen, wer oder was war es also?
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| 28.03.2004 21:08 | #67 |
| Isabell |
Baff. Das war sie. Und das war noch vorsichtig ausgedrückt. In den letzten Minuten musste wohl irgendwas passiert sein, nur was? Sie konnte das alles noch nicht so richtig verstehen, obwohl sie jedes Wort klar und deutlich verstanden hatte, wirkte es mehr wie eine Sprache, die nie existiert hatte. Die Stimme dieses Wesens, sie hatte einen rauen Klang, als ob sie erkältet gewesen wäre. Doch der Kerl war ihr unheimlich, oh ja. Vielleicht hatte er sie noch nicht angegriffen, doch das konnte ja immer noch kommen. Immer wieder sah sie zu der jungen Frau und dann zu diesem Kerl. Ein Wolf im Schafspelz? Vielleicht hatte er ja dasselbe mit ihnen vor. Woher sollte sie wissen, dass man ihm vertrauen konnte? Doch wieso hatte sie ihn nicht angegriffen? Warum hatte ihr Bruder nichts getan? Was ließ zu, dass sie sich mit so einer Kreatur unterhielten, so als ob sie einer von ihnen wäre. Es war ein weiterer Aspekt ihres Unwohlseins, denn sie spürte da noch etwas. Nicht nur die Distanz zu dem Verhalten, zu dem Aussehen, sondern auch eine merkwürdige Aura. Als ob sie diesem Wesen schon einmal begegnet war. Doch das war unmöglich und das wusste Isabell auch, nur warum dann dieser Moment der Ehrfurcht? Sie wusste es nicht, hatte keine Ahnung, war noch immer geschockt und stand doch eigentlich nur unter dem Bann dieses Fremden. Dieses Wesens…
R: Wer seid ihr eigentlich, wer oder was kann so etwas tun? Ein Mensch? Nein, ihr seid kein Mensch, ich weiß es.
A: Oh verzeiht, dass ich mich nicht vorgestellt habe, doch dazu blieb keine Zeit. Ich heiße Alucard, Lord Alucard um genau zu sein. Und ja, ich bin kein Mensch. Ich würde es nicht ertragen zu dieser schwachen Spezies zu gehören. Und einen Menschen würde Skelldon wohl eher in Stücke reißen, als ihn hier einzusperren. Ich bin ein Vampir, wisst ihr was das ist?
R: Nein…
A: Ah, das dachte ich mir schon. Vampire sind uralte Wesen aus der Zeit, als die Dämonen entstanden sind. Es gibt nicht viele von uns, denn wir werden schon seit jeher gejagt. Es gibt keine Rasse, die uns schätzt, denn alle werden sie von uns gejagt. Menschen, Dämonen, Tiere, doch besonders Menschen sind unsere bevorzugten Opfer. Ist es nicht herrlich ihr Blut zu trinken, sie ganz langsam auszusaugen? Ja ich seh schon, es scheint euch anzuwidern, wie alle anderen auch…aber für uns ist es lebenswichtig zu trinken, mit dem Blut von anderen sind wir unsterblich. Vampire besitzen noch die ein oder anderen Geheimnisse, doch diese werde ich euch nicht anvertrauen, ich wäre ja dumm. Aber ihr solltet nun euren Wunsch äußern, denn ich muss hier weg, wir dürfen nicht mehr zulange reden, sie kommen. Ich höre sie.
R: In Ordnung Lord. Ihr seid kein Feind, drum werde ich euch ein Stück weit vertrauen. Doch mir fällt nicht ein, welchen Gefallen ihr uns tun könntet. Schwester, hast du eine Idee? Hey, Isabell, hast du eine Idee, wie sich der Lord bei uns revanchieren kann?
Isabell hörte bei ihrem ganzen Gespräch gar nicht hin, noch immer kreisten so viele Gedanken in ihr. Dieses Gefühl, es wollte einfach nicht weggehen und dann diese ganzen Wendungen, dass ihr Bruder wieder sprach und mit diesem Wesen und immer wieder sah sie die tote, junge Frau. Das alles war wohl ein wenig zu viel und so hörte sie die Frage von Rociel zwar, doch in dem Moment waren es nur Fetzen aus Tönen, die sie nicht verstand oder verstehen wollte. Erst als ihr Bruder sie am Arm fasste kam sie wieder zu sich, als ob die Berührung sie geweckt hätte.
I: Was?
R: Was ist denn mit dir los?
I: Ich weiß nicht…so viel…zu viel…
R: Hast du eine Idee, inwiefern uns der Lord helfen kann?
I: Lord? Wer?
R: Hast du nicht zugehört. Lord Alucard bietet uns seine Hilfe an, mehr oder weniger, er will uns einen Gefallen tun, doch wir müssen uns schnell entscheiden, wir müssen hier weg, irgendetwas scheint hierher zukommen, das Öffnen des Tores hat Skelldon offenbar in Aufregung versetzt.I: Gefallen…ja…weiß nicht. Aber warte. Ja, kennt sich Meister Alucard in diesen Gängen aus?
A: Ja natürlich, jeden Gang bin ich schon hunderte Male durchflog…ähm, durchgangen.
I: Dann möge uns Meister Alucard den Weg aus diesem unterirdischen Labyrinth zeigen. Unser Ziel ist es zu Skelldon zu kommen.
R: Ja, das ist die Idee! Lord?! Bringt uns zu Skelldon, oder zumindest hier raus. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, unsere Suche soll endlich weitergehen, die Zeit wurde genug verplempert.
A: Ihr wollt zu Skelldon? Natürlich wollt ihr zu Skelldon…hehehe, gut, ich werde euch hier rausführen, aber nun schnell, die Wachen sind im Gang, macht euch auf einen Kampf bereit, ich werde schon einmal vorflieg…äh hehe, vorrennen und dann auf euch warten, also, bis gleich.
Der Mann ließ alles zurück, gab es wohl auch nichts, was er hätte mitnehmen können. Auch Rociel lief sofort los, doch Isabell blieb noch stehen. Die junge Frau, sie lag noch immer auf dem Sarg, so wunderschön…und doch tot. Nun komm schon… hallte es schon einige Meter von ihr entfernt, aber anstatt ihrem Bruder hinterher zu rennen ging Isabell mit langsamen Schritten auf die Leiche zu. Sie war so schön, ein blutjunges Mädchen mit bleicher Haut, als ob die gesamte Farbe herausgesaugt wurde. Am Hals hatte sie die Wunde, zwei scharfe Zähne hatten sich in das zarte Fleisch gebohrt. Isabell fuhr mit der Hand über die Augen und sprach sogar kurz zu Innos. Selten betete sie, niemals hatte sie so einen innigen Kontakt zu einem Gott gehabt, wie es ihr Bruder hatte, der in dieser Hinsicht ziemlich fanatisch war. Doch sie war auch eine Gläubige, deren Gott Innos hieß. Und so hoffte sie, dass Innos dieser Frau etwas Gutes tun sollte. Dann rannte auch sie dem Duo der beiden Männer hinterher, die unterschiedlicher nicht sein konnten, auf den Lippen noch zwei Worte, die an den Lord gerichtet waren…Dieses Schwein…
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| 28.03.2004 23:22 | #68 |
| Todesfürst |
Rociel hatte ihr noch gesagt, dass sie kommen sollte, doch seine Schwester schien wirklich komisch zu sein. Gut, dieser Vampir war ein seltsamer Zeitgenosse, aber immerhin wollte er ihnen helfen, also warum sollte man das Angebot nicht annehmen? Was ihn aber viel mehr wurmte war diese plötzliche Hast. Er war sofort losgerannt, als auch Alucard losrannte, doch dieser Vampir war rasend schnell, er hatte keine Chance dieses Tempo zu halten. Und dann auf einmal war er einfach weg. Rociel hatte ihn noch gesehen, vor sich laufend und nur einen Moment nach hinten geblickt, wo Isabell denn endlich bliebe, als er wieder nach vorne schaute war kein Lord mehr zu sehen. Als ob er sich in Luft aufgelöst hatte. Doch an so einen Quatsch glaubte er nicht und deswegen ließ ihn das auch kalt. Schnell rannte er, das Tor hatten sie glücklicherweise lange hinter sich gelassen, denn nicht auszudenken was passiert wäre, wenn es den Skeletten gelungen wäre es erneut zu versiegeln, dann wären die Geschwister auch in der Falle gewesen. So aber rannte er nur noch den Gang hinauf, zwar war es anstrengend mit dem neuen Gewicht der Wasserkrüge, doch es ging, seine einzige Sorge galt den Tonkrügen, dass diese dabei nicht zerbrechen sollten.
Als er ein paar Minuten im Laufschritt zurückgelegt hatte, traf er auf das Schlachtfeld, das nahe der letzten Biegung, also den ganzen Biegungen theoretisch lag. Und was er da sah, betrachtete er mit gemischten Gefühlen. Vor ihm lagen Skelette, alle schon auf dem Boden, ohne Leben, tot. Doch noch immer tobte ein Kampf und nur durch die Fackel konnte er überhaupt etwas sehen. Lord Alucard war klar auszumachen, denn sein rotes Hemd leuchtete durch die Flammen auf, doch was ging dort vor sich? Aus den Händen des Vampirs waren zwanzig Zentimeter lange Krallen gewachsen, mit denen er scheinbar mühelos die Schwerthiebe der Skelette abblockte. Hätte Rociel ein wenig aufmerksamer hingeschaut, dann wäre ihm auch aufgefallen, was das für Skelette waren, denn das waren vollkommen andere Feinde, als sie es bis jetzt gesehen hatten. Doch so war es für ihn nur ein einfacher Kampf, doch was für einer. Mindestens drei der Knochenmänner standen um den Vampir, der alle mit einer einzigen Bewegung enthauptete und das war mehr als nur Glück, sondern schien die übliche Bewegung des Lords zu sein. Er war dabei so unglaublich schnell, dass Rociel Mühe hatte ihm zu folgen. Ein Skelett nach dem Anderen fiel zu Boden, mal mit und mal ohne Kopf, doch für Alucard schien das ganze nur ein Spiel, keine würdigen Gegner für ihn. Er kämpfte sich durch die Reihen und schien keine Hilfe zu benötigen, vielleicht verharrte Rociel auch deshalb in einer Mischung aus Ehrfurcht und Ahnungslosigkeit, weil keine Gefahr in Sicht war.
Doch dann, plötzlich, knisterte die Fackel wieder einmal. Es war ein ganz einfaches Knistern, nichts besonderes, keine große Bedeutung, doch für Rociel war es das schon. Er blickte mit Stielaugen in die Flamme und auf einmal klatschte er sich mit der Schwerthand, die zum Glück kein Schwert hielt, an den Kopf. Warum hatte er daran nicht gedacht…Isabell war ja vollkommen ohne Licht, hatte er ja die Fackel. Vielleicht hätte sie auch so hierher gefunden, aber besonders schön musste der Weg nicht sein. Bei aller Berücksichtigung für ihr seltsames Verhalten, so etwas durfte einfach nicht sein, ein Fehler, der ihm jetzt schon Leid tat. Da der Lord anscheinend ohne seine Hilfe zurechtkam, wandte sich der Schatten wieder um und machte kehrt. Mit schnellen Schritten, allerdings nicht im Lauf, kehrte er zurück Richtung Tor, wo er irgendwo seine Schwester zu finden hoffte.
Tatsächlich tauchte die Gestalt dann auch nach einigen Minuten vor ihm auf, im Schein der Flamme schien ihr Schatten über die Wände und den engen Gang. Rociel nahm sie in den Arm, auch wenn das kaum ein Trost für sie gewesen sein musste. Tut mir Leid, wirklich, aber wir müssen trotzdem weiter, der Lord wartet schon. Bald ist es vorbei Schwester, bald schon glaub mir. Isabell erwiderte kein Wort, was kein gutes Zeichen war, doch er ahnte, dass es seine eigene Schuld war. Doch so schwer es ihm auch fiel, er konnte momentan keine Rücksicht auf sie nehmen. Es wäre ihm auch lieber gewesen, wenn er denn mehr Zeit gehabt hätte, aber als Koordinator zwischen Isabell und diesem Vampir, den Lord, den sie erst seit ein paar Minuten kannten, musste er auf den Fremden eingehen. Das Angebot sie aus diesem Labyrinth zu führen war so groß, dass sie es annehmen mussten und das wusste sicherlich auch seine Schwester. Es war unmöglich es auszuschlagen. Mit Geduld, Wasser und etwas Essen hätten sie hier unten noch mindestens zwei Mondjahre verbringen können, doch das hätten vielleicht ihre Nerven nicht mitgemacht. Sie waren so sensibel, bei ihm und bei seiner Schwester, dass es auf Dauer nicht gut gegangen wäre. Doch die Gefahr, dass es darauf hinauslaufen würde, die war groß. Sie hatten mit der Befreiung dieses Wesens wohl einen riesigen Trumpf gespielt. Aber eine Gefahr sah er auch darin, denn was Alucard mit der Frau gemacht hatte war mehr als schlimm und seine Begründung miserabel. Sein Angebot und seine seltsame Aura ließen ihm aber diese Freiheiten, zumindest Rociel gewährte sie ihm.
Als sie wieder an dem Kampfesplatz ankamen, waren auch die letzten Skelette gefällt. Mehrere hundert Knochen lagen auf dem steinernen Boden und der Lord lehnte lässig in einer Ecke und trug die Haare dicht über den Augen. Er leckte sich gerade über die Finger, als das Licht der Fackel auf ihn schien, als ob er vorzüglich gespeist hätte. Dabei sah man, dass er keine Krallen mehr hatte, als ob sie weg wären. Es war seltsam. Wahrlich seltsam. Diese ganze Gestalt war seltsam. Doch der Respekt wuchs allmählich. Er besaß nicht nur ein faszinierendes Äußeres, sondern war auch ein exzellenter Kämpfer wie es schien.
Da seid ihr ja endlich, ich hoffe, ihr könnt etwas schneller gehen als jetzt, denn bis zum Ziel ist es noch ein gutes Stück, also folgt mir, ich werde mich eurem Tempo anpassen…ach ja noch was. Skelldon schäumt vor Wut, bald wird es ungemütlich für uns werden. Also passt auf eure Köpfe auf, oder bleibt ein Stückchen hinter mir. Also, los jetzt…
Und so wurde aus dem Duo ein Trio, angeführt von dem Vampir Alucard jagte es durch die unterirdischen Gänge mit nur einem Ziel. Skelldon zu finden und zu töten, wobei die Absichten teils unterschiedlich waren. Das Tempo war hoch, manchmal gab es kurze Pausen, doch trotzdem legten sie große Strecken zurück und waren schon bald wieder in dem zentralen Raum, dort, wo ihre Suche erstmals mit Erfolg gekrönt war…Und es war doch die richtige Entscheidung…deine richtige Entscheidung…Schwester…
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| 29.03.2004 13:04 | #69 |
| Isabell |
Die junge Frau war nicht wütend, nicht auf Rociel. Vielleicht hatte er der toten Frau nicht den Respekt gezollt, den sie verdient gehabt hatte. Vielleicht hatte er auch ein bisschen zu sehr auf den Lord und auf die Mission geachtet und sie ein wenig vergessen. Doch das konnte sie ihm nicht zum Vorwurf machen. Isabell wusste inzwischen, dass sie ein wenig komisch geworden war, seitdem sie dieses Tor erreicht hatten, hatte sich einiges verändert. Sie brauchte nur ein wenig Ruhe und Abstand zu dem allem, wollte es selber verstehen und sich eine Meinung bilden. So schnell konnte das gar nicht alles einschätzen. Ob der feine Lord ein möglicher Feind war und was sie bloß tun sollten. In erster Linie aber stand ihr Ziel das Amulett zu finden, daran gab es nichts zu rütteln. Natürlich war sie froh, wenn der Fremde ihnen helfen wollte schneller hier herauszufinden. Nichts war wichtiger als das. Doch in ihren Augen war dieser seltsame Mann, dieses Scheusal, kein unbedingt bedingungsloser Helfer, sondern eher eine potenzielle Gefahr. Sie wollte nicht riskieren, dass auch ihr Blut bald durch seinen Mund floss, egal was er auch versprach. Deshalb schwieg sie immer mehr und konzentrierte sich nur darauf, an den Hacken von ihrem Bruder zu bleiben. Solange sie in schwach oder gar nicht beleuchteten Gängen waren, war die Fackel unheimlich wichtig. Vielleicht hatten sie jetzt keine Feinde mehr zu fürchten, doch Dunkelheit war stets ein Feind. Sicherlich wäre auch ohne das gute Licht ein Weitergehen möglich, doch längst nicht in dem Tempo, dass sie anstrebten. Sie beobachte Alucard immer dann, wenn sie eine einminütige Verschnaufpause machten, der Vampir lehnte sich nur lässig an eine Wand und schien ungeduldig zu warten, das Tempo schien ihm nicht das Geringste auszumachen, allerdings musste er auch nicht diese Gewichte auf dem Rücken tragen.
Als sie dann endlich wieder im zentralen Raum waren, warteten sie auf den Weg, den er einschlug, doch zuerst meinte er, dass weitere Verfolger sich näherten. Tatsächlich hörten sie schon bald die Geräusche, die aus der Richtung der Treppe kamen. Doch ehe sie sich versahen hatte der Lord die Initiative ergriffen und sich in die ankommenden Feinde gestürzt. Zuerst dachte sie, dass er womöglich wahnsinnig wäre, denn er trug keine einzige Waffe am Leib, kein Schwert, kein Dolch und eine Rüstung suchte man ebenfalls vergeblich. Aber das Ganze war wohl nicht nötig bei jemand, der messerscharfe Krallen an den Händen hatte. Ob sie aus den Knochen wuchsen oder unter seinem Hemd lagen, sie hatte es nicht gesehen, jedenfalls sahen die beiden mit gezückten Waffen, wie ihr Führer einen Trupp aus fünf Skeletten innerhalb von zwanzig, maximal dreißig Sekunden auseinander nahm. Nichts als Knochen blieb mehr von ihnen übrig und als er grinsend zurückkam achtete sie auf seine Hände. Sie sahen aus wie immer, ohne Krallen, ohne blutige Wunden. Unglaublich. Es war schon sehr merkwürdig, was für Gestalten es gab. Hatte sie Rexx noch geschockt, musste Alucard wohl so was wie ein Wunder sein. Doch ein offensichtlich grausames Wunder, das Spaß am töten hat. Jedenfalls war dies nur die erste Demonstration seines Könnens und es hatte schon ausgereicht. Gegen diese Kreatur wollte sie auf jeden Fall nicht kämpfen, aber wenn es denn sein musste, wäre es Isabell eine ganz besondere Ehre gewesen, ihre Schwerter in die Brust dieses Vampirs zu rammen. Natürlich hatte sie nach diesem Kampf größeren Respekt denn je, doch Angst durfte man vor keinem Feind haben, schon gar nicht vor möglichen Wölfen im Schafspelz…
Das wird nicht der letzte Trupp sein, wir müssen weiter. Folgt mir. Nun war sie gespannt, wo er sie denn hinführte und tatsächlich tauchte er durch den letzten, möglichen Gang ein, den Steinbogen, durch den sie noch nicht gegangen waren. Isabell schaute verdutzt. Hatte sie tatsächlich den richtigen Gang gewählt. Oder war das nur ein Trick? Wenn es denn kein Trick wäre, dann hätten sie diesen Weg ja auch gewählt. Wären sie nach links, anstatt rechts gegangen, wäre es sogar der erste Weg, den sie nach ihrer Ankunft hier unten genommen hätten. War das Zufall? Ein recht merkwürdiger Zufall wäre es gewesen.
Das schwarze Haar des Lords schimmerte wie die Dunkelheit vor ihnen und machte ihn so fast unsichtbar. Doch zu ihrem Glück tauchten alle zehn Meter wieder Fackeln auf, so dass es eine geringe Orientierung gab. Am hohen Tempo jedoch änderte sich auch hier nichts, der Gang war genauso monoton wie alles andere. Eines musste man den Baumeistern lassen, sie hatten hier unten ein perfektes Labyrinth gebaut, in dem man sich nicht nur leicht, sondern mit Sicherheit verlaufen konnte. Doch alleine durch die Durchbohrung einer riesigen, unterirdischen Steinmasse konnte man nichts erreichen. Der langweilige, enge Gang sorgte allerdings dafür, dass sie besser Schritt halten konnten und sie sich mehr auf ihren Führer konzentrieren konnte. Nebenbei hatte sie ihre Überlegungen fast abgeschlossen und sich nun eine Meinung gebildet. Es war ein wackliges Vertrauen, dass sie da hatten. Sie nahm die Hilfe gerne in Anspruch, denn nichts konnte ihr lieber sein, als ein weiterer Kämpfer, der für sie die Arbeit erledigte, doch er sollte es nicht wagen in die Nähe von ihr, oder ihres Bruders zu kommen, so war ihr Beschluss, der Kompromiss, den sie mit dieser Kreatur schloss…
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| 29.03.2004 18:30 | #70 |
| Todesfürst |
Lord Alucard war unheimlich schnell zu Fuß, doch es schien Rociel so, als ob er Mühe hätte diese weiten Strecken zu Fuß zurückzulegen, als ob er lieber eine andere Bewegungsart genutzt hätte. Sein Bein hinkte etwas und trotzdem war er noch schneller als die beiden zusammen. Eine wirklich unheimliche Kraft, doch er spürte sie pulsieren, wie es die Muskelsehnen geradezu zerfetzte. Das sie ausgerechnet diesen Gang nahmen, das wunderte ihn ganz und gar nicht, denn er hatte von Anfang an daran geglaubt, dass es so kommen würde, keine Zweifel mehr, schon lange nicht. Doch hier trafen sie auf keinen Widerstand mehr, konnten ohne Probleme passieren. Keine Hindernisse stellten sich ihnen mehr in den Weg, es war geradezu jämmerlich gesichert. Der Lord führte sie in einen weiteren, kleinen Raum, von dem eine Treppe fortführte. Sie sah genauso aus, wie die kleineren Treppen, die sie in die ganzen, verzweigten Räume gebracht hatten. Und als ob er es sich gedacht hatte, es kam wieder so. Kaum hatten sie die kleine, fünf Meter hohe Treppe überwunden und waren so wieder ein Stockwerk aufgestiegen, stand er acht weiteren Steinbögen gegenüber. Rociel stöhnte, hatte er doch nicht daran gedacht, warum sie hier waren, bzw. mit wem. Aber der erste Eindruck hatte ihn förmlich erschlagen, ohne Rücksicht auf ihre Nerven traten da acht absolut identische Steinbögen hervor. Ein Schock. Doch der Lord klopfte ihm nur auf die Schulter und lachte. Na, welcher ist der richtige? Ein wenig verzweifelt versuchte sich der Fürst an der witzlosen Aufgabe und zeigte dann auf einen x-beliebigen Gang, doch alles was Alucard zu sagen hatte war …leider falsch. Noch einmal…
Der junge Mann fand dieses Spiel überaus ermüdend, denn Alucard wusste den Weg und hätte ihn auch einfach sofort preisgeben können, doch es machte ihm scheinbar Spaß, diese Situation auszunutzen. Nachdem er viermal daneben gelegen hatte, traf Rociel beim fünften Mal den richtigen Gang. Ob das auch ohne die Hilfe des Vampirs passiert wäre, konnte man getrost anzweifeln. Richtig, die anderen Wege führen in Sackgassen oder andere Lager. Aber der ist der richtige. Kommt schnell, wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir sind bald da! Rociel lächelte, doch dies war nur die gute Miene zum bösen Spiel. Der Lord sagte, sie hatten keine Zeit und trotzdem spielte er diese blöden Spielchen? Ein wirklich verwirrter Geist. Sie traten durch den Steinbogen, der sich in keinerlei Weise von den anderen sieben unterschied, doch schon noch fünf Minuten einen ersten Knick machte und nach weiteren zwei Minuten Wegstrecke, auf der sie nur auf ganze drei Fackeln stießen, kamen sie zu einer weiteren Treppenkonstruktion. Langsam hatte er es satt, dieses ewige Versteckspielchen von Skelldons Bunker war wohl doch sehr albern, aber andererseits auch narrensicher, wenn man nicht den Lord gefunden hätte. Dieser nämlich verzichtete beim zweiten Rätselraten auf sein Spiel und wies ihnen sofort den richtigen Weg, erneut galt es zwischen acht Gängen zu unterscheiden. Das zweite Stockwerk unterschied sich nicht in geringster Weise vom ersten. Ein wirklich banaler und sinnloser Bau, nur dass sich dieses Mal der richtige Gang einen Platz neben dem vorherigen befand. Geht das noch lange so?, fragte er den Lord, als auch der zweite Gang erst fünf Minuten linear verlief und dann zwei Minuten auf einer zweiten Wegstrecke endete, ehe sie die dritte Treppe fanden. Doch Alucard gab ihm keine Antwort, doch gehört hatte er die Frage bestimmt, es war ein ganz bewusstes Schweigen.
Aller guten Dinge sind drei, so oder so musste der Lebensspruch, das Lebensmotto des Baumeisters gelautet haben, als sie die Treppe hinter sich ließen, denn sie standen vor sagenhaften acht Steinbögen, die alle gleich waren. Ein wenig hoffnungslos sah er zu Alucard und vermutete kurzzeitig einen miesen Trick, der sie eventuell immer im Kreis laufen ließ, denn wie war es möglich, dass es drei exakt gleiche Stockwerke gab, die sich fast überhaupt nicht unterschieden, sondern nur darin, dass die richtigen Wege anders lagen. Inzwischen hatte er auch vollkommen die Orientierung über den Bau und die Verläufe der Gänge verloren und hoffte nur, dass es bald ein Ende hatte. Zum Glück konnte man nur ein Lebensmotto haben und deshalb war der nächste Gang keinesfalls anders, was ihn hoffen ließ. Nachdem sie – wieder fünf Minuten geradeaus und zwei Minuten links herum – im Gang gelaufen waren, freute er sich schon die Treppe zusehen, doch es gab keine Treppe. Ein leerer, quadratischer Raum, ohne Inhalt, ohne alles. Eine klassische Sackgasse. Und jetzt? Wie soll es denn hier weitergehen? Rociel sah sich ungläubig auch, auch seine Schwester schien keine Ahnung zu haben, doch auf Isabell nahm er etwas mehr Rücksicht, da sie scheinbar erst etwas selbst klären musste, bevor sie sich wieder in die Gruppe integrieren konnte, deshalb hatte er auch etwas weniger auf sie geachtet. Nur Alucard schien unter seinen langen, schwarzen Strähnen zu grinsen und sich hämisch zu freuen. Aufgepasst. Die Baumeister sind nicht dumm. Die Logik der Menschen ist verhasst. Drum sind die Wände stumm. Doch ich kenne ihre listigen Tricks. Der Vampir bewegte seine Hand auf eine Stelle in der Felswand vor ihm, worauf ein loser, rechteckiger Stein nach hinten fuhr, ein Klacken auslöste und die Steinwand zu ihrer Linken in den Boden fuhr. Eine solide Tür kam zum Vorschein. Oh? Ein Schloss? Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern? Aber wie soll mich ein Schloss aufhalten? Skelldon du Narr, ein Schloss hält niemanden auf! Mit zwei kraftvollen Schlägen schlug er seine beiden Hände und Arme durch das Holz der Tür, die eigentlich recht stabil wirkte, mühelos riss er ganze Balken mit einem Schlag weg, bis sie genügend Platz hatten, um hindurch zu kommen. Dieses Mal jedoch gab es keine Türen mehr, dieses Mal gab es nur noch eine große Halle. Eine sehr große Halle…
So, das ist der letzte Raum. Aber wir müssen aufpassen, ich glaube, wir werden schon erwartet. Die Halle ist unübersichtlich und mit allerlei Gerümpel bestückt. Außerdem lauern noch andere Gefahren hier, ihr werdet sehen. Bleibt mir immer nur dicht auf den Fersen, dann seid ihr gleich da, wo ihr hinwollt.
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| 29.03.2004 20:55 | #71 |
| Isabell |
Die großen Augen hatten sich bald schon wieder in den Normalzustand begeben, doch diese Halle war schon ziemlich groß, da musste sie den Blick ihres Bruders unterstützen. Anfänglich war sie ja immer misstrauischer geworden, ob dieser komische Lord sie nicht reinlegte, weil diese drei Gänge wirklich nicht normal erschienen und jeden zur Verzweiflung gebracht hätten, der sich hier nicht auskannte, doch jetzt war das vergessen, denn diese Halle bot ein vollkommen neues Bild und ersetzte das bisherige spielend und mit einem großen Knall. Eine riesige Treppe führte nach unten, doch schon weit oben sah man die meterhohen Säulen und die Verzierungen. Eigentlich hätte dies schon ein würdiger Thronsaal sein können, doch hier sollten sie Skelldon anscheinend nicht finden, zu schlecht gesichert waren die Wege bisher gewesen. Langsam wurde ihr schwindlig von der enormen Größe der Anlage, die sich mittlerweile doppelt so lang zog, wie die gesamte Kanalisation von Gorthar. Anscheinend waren hier die Größenmaße in einer vollkommen anderen Relation als in ihrer Welt, doch viel Zeit zum nachdenken blieb nicht, denn sie mussten schon wieder weiter. Der Vampir ging voraus, mit schnellen Schritten lief er die Treppe hinunter und suchte die Gegend ab. Sein Gesicht verzog sich, doch sie sah es nur durch einen Zufall in seiner Kopfbewegung, denn normalerweise verbargen die langen Strähnen jegliche Mimik der Muskeln. Was sie nicht sah waren die glühenden Augen, die von einem ausdruckslosen Braun zu pulsierendem Rot wechselten. Wie sie die Halle geradezu ausleuchteten, trotz intensiver Beleuchtung durch clever platzierte Fackeln an den Wänden. Nun wurde nicht mehr verschwendet, unnötiger Platz und unlogische Ressourcen verbraucht. Nun sah es aus, wie es auszusehen hatte und doch schienen selbst die Räume einen Sinn zu haben, in denen es mehr Fackeln als Quadratmeter gab. Isabell blieb leicht hinter dem Duo der Männer, dass immer noch Seite an Seite lief und vollkommen untypisch und unrealistisch zusammen wirkte, doch immerhin merkte sie etwas, was den anderen entgangen sein musste. An den Wänden der Seiten bewegten sich Schatten, doch sie waren weitaus größer als die der Fackeln. Es konnte natürlich auch reiner Zufall sein, doch dafür fielen ihr diese Zufälle zu oft auf. Immer waren es nur ganz kleine Hinweise, aber dann sah sie sich um und spürte die Anwesenheit eines Anderen. Der sich fürchtete entdeckt zu werden und der sich lieber in Deckung begab. Die Halle war nämlich alles andere als festlich geschmückt, ein riesiger, übergroßer Lagerraum für Fässer, Kisten, Truhen. Selbst eine riesige Schmiede stand hier unten, doch es schien niemand dran zu arbeiten. Die Schmiede lag fast in der Mitte des Ganges, als sie an ihr vorbeikamen bemerkte sie jedoch, wie ein glühendes Stück Metall an einer Zange in der roten Glut verweilte. Wie das Rad eines Schleifsteins noch langsam ausdrehte. Und hier sollte niemand sein? Da konnte sie nur lachen…mit einem herzhaften Ruck packte sie ihren Bruder am Rücken. Sieh nur, die Schmiede. Wir sind nicht alleine… Zuerst nahm er es nicht wahr, sah nur ausdruckslos auf die verlassene Arbeitsstätte, doch dann nickte er wie selbstverständlich. Du hast Recht. Lass uns enger zusammenbleiben, der Lord wird auch ohne uns da vorne zurückkommen. In der Halle flammte es ein zweites Mal auf, doch nicht nur der flüssige Stahl war daran Schuld, sondern auch ihr Herz, das sich an Rociel klammern wollte. Sie war erfreut über seine plötzliche Aussage und den engen Gang zu ihr, doch andererseits überrascht, da sie das nicht für möglich gehalten hätte. Der Vampir war währenddessen ohne eine Regung oder eine Reaktion auf die Schmiede weitergegangen und befand sich jetzt in etwa zehn Meter vor ihnen, was der jungen Frau nur Recht war. Die Schatten, die vor kurzem benutzte Schmiede. Keine guten Anzeichen waren das, wirklich überhaupt nicht…
Isabell spürte auf einmal die Hand ihres Bruders, die die ihrige versuchte zu fassen und mit einem Mal wurde ihr ganz komisch. Gerade wollte sie seine Annäherung erwidern, da wurden sie jäh unterbrochen, denn wie zufällig hatten sie gerade die Mitte des Ganges erreicht. Es war bisher alles so friedlich gewesen, doch dass die Mitte ihr Verhängnis werden sollte, darauf hätten sie kommen müssen. Nun kamen sie aus allen Ecken geströmt, von den Seiten gesprungen und mit strammem Fuße einmarschiert. Es waren jeweils zwei Reihen à fünf Skeletten, die den Weg versperrten. Zwei standen vor dem Vampir, der schon etwas weiter als sie war und zwei eben vor, bzw. hinter ihnen. Das Mosaik in der Mitte des Ganges hatten sie nicht bemerkt und zahlten nun den Preis. Die Knochenmänner waren innerhalb von Sekunden aufgetaucht, waren sie doch scheinbar unsichtbar gewesen, nicht mal der schlaue Vampir hatte sie anscheinend bemerkt. Für ihn musste es eine schlimme Zeit sein, konnte er an diesen Kreaturen doch nicht den geringsten Tropfen Blut finden, doch bedauern tat sie ihn trotzdem nicht, im Gegenteil, bisher hatte sie gut darauf Acht gegeben, dass er sich nicht an einen von ihnen vergriff. Jetzt jedoch waren diese Differenzen erst mal außer Kraft getreten, denn auf beiden Seiten wurden sie von zehn Skeletten umkreist. Und dieses Mal zeichneten sich die knochigen Gesellen mit einer anderen Individualität aus, denn im Gegensatz zu ihren bisherigen Kollegen trugen sie keine Schwerter oder Dolche, sondern gut aussehende Handäxte. Sie sahen alle gleich aus, doch ihre spitzen Blätter wirkten so, als ob sie sich mühelos durch Fleisch arbeiten konnten und sich prima darin verhaken. Nur eines der Skelette auf ihrer Seite bestach durch eine weitere Besonderheit. Eine große Schürze aus Leder hatte es um und als Waffe einen Hammer, dessen Stiel mindestens einen Meter zwanzig lang war.
Als schon Kampfeslärm aus ihrem Rücken drang, machte der scheinbare Schmied einen Schritt aus der Masse hervor und verkündete seinen Befehl. Tötet sie, tötet sie im Namen von Skelldon, unserem Herrscher, ich will aus ihren Knochen neue Werkzeuge herstellen… Der Befehl schien unwiderstehlich auf die übrigen Skelette zu wirken und sofort stürmten alle neun an ihm vorbei, geradewegs auf die Geschwister zu. Währenddessen ließ sich der Schmied Zeit und trottete nur behäbig auf sie zu, in der Hoffnung, dass seine Sklaven und Diener das Problem der Eindringlinge schnell lösen würden…
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| 29.03.2004 23:47 | #72 |
| Todesfürst |
Verdammt, neun bewaffnete Skelette, das bedeutet höchste Konzentration. Wir bleiben dicht zusammen und los geht’s. Rociel hätte das Gespräch gerne noch ein wenig vertieft, doch dazu ließ man ihm keine Gelegenheit. Schließlich waren diese wandelnden Knochenhaufen fast so schnell wie echte Menschen im Dauerlauf. Ihr Nachteil: Kein festes Schuhwerk, ein schlechtes Gleichgewicht. Ihr Vorteil: Sie brauchten sich keine Gewichtssorgen machen, da dürfte wohl nicht mal mehr die berühmte Haut am Knochen sein. Doch für derlei Witze hatte er eigentlich gar keine Zeit mehr. Stattdessen versuchte er wieder in seinen Zyklus zu kommen, in dem er mit allen Sinnen perfekt harmonieren konnte, doch das war einfacher als gedacht. Eben noch wollte er seiner Schwester ein wenig Wärme schenken und sein schlechtes Verhalten ausmerzen und nun das. Seine Sinne waren vollkommen verwirrt und so hatte er Mühe sie wieder zu ordnen. Doch Zeit war es, was sie eben nicht hatten. Als die ersten Skelette mit ihren Äxten auf sie einschlagen wollten, zog er erst sein Schwert, sofort teilte es einen hölzernen Schaft beim Herausfahren entzwei und ließ das metallene Blatt zu Boden fallen. Sofort setzte Rociel nach und rammte dem verdutzten Gegner sein Schwert zwischen die Rippen. Da waren es nur noch Acht. Doch sofort musste er schon wieder aufpassen, denn drei, vier, fünf Skelette wollten gleichzeitig auf ihn drauf. Aus dem Hintergrund hörte man dabei nur das Ächzen des Schmiedes, der scheinbar alles, aber nur keine Eile kannte. Neben ihm klangen auch Geräusche von aufeinander schepperndem Stahl, das Klirren des Metalls war unüberhörbar.
Wieder donnerten gleich drei der leicht zuführenden Handäxte auf seine Schwertklinge, doch das ließ ihn kalt, im Gegenteil, langsam kam er in Fahrt, begann seine Sinne zu ordnen. In seinen Gehörgängen wurden die Töne gesammelt und geordnet. Ein leichter Missklang war nun zu hören, wie das Klingen einer fallenden Goldmünze auf steinernen Untergrund. Es wurde immer heller, der Pfeifton entwickelte sich. Seine Augen sahen, blockten die ständigen Angriffe mit dem Schwert, doch es führte sich scheinbar wieder von alleine, ohne sein Mitwirken. Er fühlte sich so alleine, um ihn herum wurde die Welt taub, nur noch der nervende Pfeifton war da und ging nicht weg. Alles war stumm geworden, er hörte die Welt nicht mehr, nicht mehr das Klingen der Schwerter, dafür seinen Herzschlag, nicht mehr das Klappern der Knochen, dafür seinen Atem, der keinesfalls wild ein und ausatmete. Es schien ein einziger Lebensmoment zu sein, doch die Zeit lief unaufhörlich.
In einer einsamen Drehung zu seiner Schwester sah er, wie sie sich wacker schlug, er beobachtete sie eine kleine Ewigkeit, studierte schon fast ihre Bewegungen ein, doch während sein Kopf abgeneigt war, führte die Hand den Kampf fort. Doch auf einmal störte ein Geräusch das empfindliche Sinnenssystem, es war der Schmied, der sich nun in den Kampf einzumischen drohte. Auf einmal wurde der Pfeifton leiser, seine Sinne kehrten zurück, wo sie hingehörten. Auf seinem Schwert war wieder das leuchtende Amulett zu spüren, es hatte ihn zurückgeholt, ohne Gnade aus diesem Trau geweckt.
Zack! Sein Schwert durchbrach sämtliche Verteidigungen eines der Skelette und drang durch den Halswirbel und riss den Schädel vom Leib, ehe es kurz vor Einschlag über der Schulter die beiden Axtblätter stoppte und zurückwarf. Mit einem Dreh um die eigene Achse schlug er das Schwert herum und rammte es gegen die lächerliche Verteidigung der Angreifer, die ihre Waffen verloren. Mit einem Sprung zur Seite hechtete er sich dann auf die andere Seite zu Isabell, deren Gegner waren voll auf sie konzentriert. Natürlich nahmen sie den neuen Feind wahr, aber es war unmöglich so schnell zu reagieren. Mit einem Vorpreschen gelang es dem jungen Fürst die Knie des Vordersten zu zerschlagen, danach sprang er wieder auf und schritt nach vorne, der zusammenbrechende Körpers des Skelettes bekam sein linkes Knie zu spüren und zerfiel endgültig. Ohne sich lange aufzuhalten stand er dann genau vor Isabell, doch die hatte bestens mitgespielt und nun von sich aus die Seite gewechselt. Sie spielten jetzt mit den Gegnern ein Spielchen. Ein Spiel, dass sie nicht gewinnen konnten – die Skelette. Während sich die Masse auf ihn stürzte und der Schmied begann seinen Hammer zu schwingen, war Isabell blitzschnell um die Seite und pfefferte dem Skelett, das gerade vor ihm stand und ausholen wollte, ihren Krummsäbel zwischen den Hals. Einen Vorteil hatte diese Schwertart ganz sicher. Man konnte wunderbar Schädel ernten, wie Äpfel von den Bäumen zog man sie vom Kopf. Wieder prasselte ein wahrer Axthiebhagel auf ihn ein, doch wieder waren die Skelette zu ungeschickt um ihn zu durchbrechen. Doch er musste aufpassen, dem Schmied wurde es jetzt zu bunt und er schlug mit der Keule auf ihn ein. Da dies aber extrem anstrengend sein musste, konnte er das nicht wirklich häufig, doch Rociel war dennoch gut damit beraten, als er dem Hammer auswich und nicht versuchte ihn zu blocken. Denn die volle Seite krachte auf den Boden und riss die Steinplatte auf, das schöne Mosaikbild war angekratzt, doch das war das geringste Problem für den Schmied. Im Ausholen zum zweiten Anlauf schlug er doch glatt einem eigenen Skelett in die Rippen, zwar knacksten sie nur an, aber die Verwirrung nutzte er aus und schlug zu. Mittlerweile waren es nur noch vier einsame Skelette um den Schmied und diese waren hoffnungslos unterfordert, nur wenn der beschürzte Tote den Hammer senkte, wichen sie aus, waren aber sofort wieder zur Stelle. Nun waren es die Skelette, die mit ihren dünnen Ärmchen, in denen doch noch so viel Kraft steckte, versuchten zu blocken und zurückwichen, doch es war zu spät. Ihr Untergang, den einige vielleicht sogar herbeisehnten, war gekommen.
Zusammen standen sie in einer Linie, doch dies hielt nicht mehr lange. Isabell wich in seinen Rücken, während er den vier Hieben entweder auswich oder sie abwehrte, doch seine Schwester tauchte sogleich auf der anderen Seite wieder auf und drehte ihr Schwert in den Rücken seines äußersten, linken Verteidigers. Sogleich ließ Rociel die Angriffsbemühungen und hörte auch auf zu blocken, er duckte sich und ging gebückt weiter. Die Skelette erhofften sich nun endlich einen Treffer und den hätten sie sicher auch gelandet, sogar einen tödlichen, wenn nicht zwei, doch er wusste, was er tat, da er wusste, wer die Person mit den zwei Krummschwertern war. Die Axtblätter zielten auf seinen Rücken, doch kamen sie knapp davor zum stehen, denn zwei Klingen hielten die drei übrig gebliebenen Äxte ohne Chance auf. Das war seine Chance, mit einem gewaltigen Schlag sprang er auf und riss dem ersten das komplette Unterleib weg, der zweite, direkt daneben Stehende verlor sieben Rippen und bekam zudem einen abschließenden Tritt ans Schienbein. Der Angriffslauf war dort jäh beendet, doch schon wieder traf seine Klinge auf Stahl, dieses Mal auf den letzten Axtschwinger, dessen Schlag auf Isabell gerichtet war. Diese nahm dankend an und vollstreckte das Urteil. Enthauptung durch das Schwert im Kampf. Das war’s aber leider noch nicht ganz…denn da war ja noch dieser verdammte Schmied mit seinem riesigen Hammer…
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| 30.03.2004 16:27 | #73 |
| Isabell |
Wie der Henker vollstreckte das dürre Skelett das Urteil , dass er als Richter über sie gefällt hatte und ließ die schwere Waffe auf sie sinken, diese war sehr schnell und heftig wuchtig, doch wieder traf sie nur ins Leere, sie waren rechtzeitig ausgewichen, sie nach links, ihr Bruder nach rechts. Bis jetzt war der Kampf so gut gelaufen, doch das sollte gefälligst auch so bleiben. Dieser letzte Gegner konnte nicht gewinnen, nicht hier, nicht heute, nicht gegen sie. Sie mussten dem Schmied ein Ende bereiten, ehe er noch weitere Todeswerkzeuge und Waffen für eine Armee aus Untoten schmiedete. Sie standen beide gleichweit von ihm entfernt und er begann wieder den Hammer über sich zu kreisen, in dem Moment liefen sie zeitgleich auf ihn zu und versenkten ihre Schwerter in ihm, Rociel erwischte die Hand des Schmieds, der den Hammer losließ, loslassen musste, Isabell hatte ihre Schwerter durch die Rippen gestochen und zog sie nun wieder heraus, nahm gleich vier Rippenflügel mit. Das Skelett taumelte nach hinten, war aber noch nicht besiegt, doch als es zu Boden fiel, war immer noch der Hammer in der Luft, durch den Schwung und den verlorenem Arm hatte es ihn nach oben gerissen. Isabell ging einen Schritt zurück, um auf Nummer sicher zu gehen, dann schon krachte die Spitze des Hammers in den Kopf des Skelettes, kurz darauf fiel auch noch der Rest in den Oberkörper. Das Skelett, der Schmied, er wurde geradezu zerquetscht, von seiner eigenen Waffe besiegt. Zehn Skelette hatten sie mit Geschick, Talent und guter Zusammenarbeit besiegen können und ihren Teil erledigt, doch es war ein Irrtum zu glauben, dass der Lord mit derselben Menge nicht auch fertig werden würde. Im Gegenteil, seit Minuten war kein Geräusch mehr aus seiner Ecke gedrungen, als sie sich nun wieder umdrehten, sahen sie nur die ganzen Knochen, was nur eine Annahme zuließ. Alucard stand bereits die duzend Meter voraus an der Treppe und wartete dort auf sie. Gelangweilt sah er von weitem aus, doch Isabell war nur wütend auf diesen Kerl, auf dieses Schwein. Er hätte ihnen ja auch mal helfen können, doch stattdessen hatte es ihm wohl Spaß gemacht zuzuschauen, weil der Kampf sicher auch so unterhaltsam war. Vielleicht wollte er sie ja auch beobachten, um mögliche Schwachstellen bei ihnen zu finden, doch diese würde er nicht finden. Die einzige Schwachstelle war schon lange geschlossen.
Mit gesenkten Waffen, aber immer noch in Händen, kamen sie auf ihn zu, doch in der Halle blieb es ruhig. Die Schatten an den Wänden waren endgültig verschwunden und nun war es auch irgendwie ruhiger, friedlicher, besser. Die Luft war nicht mehr so warm, doch das lag sicher nicht nur an der Temperatur. Es schien mit dem Tod des Schmiedes wohl auch die Seele dieser Halle verschwunden zu sein. Vielleicht war es ja auch nur eine Schmiede, getarnt als Halle, ein Versorgungslager für die Waffen von Skelldons Armee, sollte sie denn existieren. Doch die Halle lag hinter ihnen, fast zumindest, nur noch die große Treppe, an dessen Ende der Vampir wartete. Sein Grinsen unter den Strähnen war widerlich und sein offensichtlicher Spott kaum zu fassen, doch sie trug es mit Fassung in der Hoffnung ihn bald wieder los zu sein.
Da seid ihr ja endlich! Also, ich habe euch versprochen durch die irreführenden Katakomben von Skelldons Palast zu bringen und das habe ich hiermit getan. Geht die Treppe hinauf und ihr seid da. Ab diesem Zeitpunkt werdet ihr euch im Innersten von seinem Palast befinden, es wird nicht mehr viele mögliche Wege geben, doch jeder hat eine Bedeutung. Ich weiß nicht mehr, wie es da oben so genau aussieht, das werdet ihr selber herausfinden müssen, aber ich bin mir sicher, dass ihr es schafft. Genau das war es, was sie hören wollte, das erste und einzige Mal, dass sie sich über die Worte dieses Vampirs freuen konnte. Sie war jetzt schon froh ihn los zu sein, doch sein Dienst war wirklich tadellos gewesen. Er hatte sie gut geführt, mehr aber auch nicht. Kommt ihr nicht mit?, fragte ihr Bruder noch im Vorbeigehen. Nein, ich muss noch ein bisschen was erledigen, man hat viel zu tun, wenn man nach so langer Zeit wieder frei ist. Aber vielleicht sieht man sich ja mal wieder, vielleicht schneller als ihr denkt. Sie nickten und hielten die Hand zum Gruße, eine reine Formalität, dann endlich ging es weiter, die Treppen hinauf, durch den großen Bogen, den kleinen, gut beleuchteten Gang entlang, bis sie vor einer weiteren Tür standen, die aus Holz und unverschlossen war. Zwei Flügel öffneten sich, als sie die Knaufe drehten und sofort einen hellen Gang präsentierten, ein Gang mit einem stilvollen Teppich und einer weitern Tür selber Bauart, nur wenige Meter voraus…
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| 30.03.2004 17:40 | #74 |
| Todesfürst |
In dem Gang herrschte wieder das Licht, doch dieses Mal waren es keine Fackeln, nicht eine einzige war zu sehen und erstrecht keine Fenster. Es waren schwarze Kristalle, die diesen Lichtschein hervorzauberten. Es war verwunderlich und erstaunlich, doch die Kristalle schwebten in der Luft, an verschiedensten Stellen und gaben helles Licht ab. Ihnen konnte dies nur Recht sein, doch sie hatten zur Not immer noch ihre Fackel an, was sie so schnell auch nicht ändern sollte. Der Raum war überaus edel, es herrschte eine warme Temperatur und der Teppich zeugte von Klasse und ließ zudem ihre Schritte verstummen. Lautlos, so näherten sie sich der nächsten Türe. Sie erstrahlte in ungewöhnlichem Glanz, war aus hellem Holz gezimmert worden und besaß tiefe Verzierungen, die man in das Holz geschnitzt hatte. In der Mitte war erneut ein umrahmter Totenkopf zu sehen, dazu wieder die Zeichen der Untoten. Es interessierte ihn gar nicht mehr, was es zu bedeuten hatte, sie wussten jedenfalls, für was das Zeichen stand. Man verzichtete anscheinend jetzt auf zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen, die Türen blieben unverschlossen und unbewacht. Sie hatten keine Mühe auch diese Türe zu öffnen und schlüpften hindurch. Der nächste Gang war ebenfalls durch die schwarzen Wunderkristalle hell erleuchtet und bot zwei mögliche Wege an, wobei nur auf einem der Teppich weiterging und auf dem anderen nicht. Der Teppich, braun und rot und schwarz, sein Muster blieb ihm verschlossen, doch er war so was wie ein Leitfaden, der durch die Anlage führte, oder auch durch Skelldons Palast, wie der Lord gesagt hatte. Rociel wollte sich gar nicht vorstellen, was für riesige Ausmaße dieser Schuppen besaß, denn das wäre wohl unvorstellbar für einen wie ihn gewesen. Größenmaße, die es sonst nur aus Märchen und Legenden gab, schienen hier Wirklichkeit zu werden.
Doch zunächst standen sie vor der Frage, ob sie denn nun dem Steinweg folgen wollten oder doch dem des Teppichs. Eine Idee Schwester? Isabell schüttelte den Kopf, wie sollte sie es schon wissen, niemand konnte das wissen, es war mal wieder Glückssache, doch Rociel wollte es riskieren und dem gepflasterten Weg folgen. Auf meine Verantwortung. Es kam ihm seltsam vor, denn Skelldon war sicher ein ähnlich rational denkendes Wesen wie sie auch. Wenn man einen Palast hatte, wenn man Diener hatte und wenn man hier drinnen hauste, dann legte man doch sicherlich wert auf Ästhetik, dann wollte man keine verschandelten Gänge haben. Sicherlich war das noch in dem verzweigten und dunklen Labyrinth möglich, doch ein wahrer Herrscher wäre da auch nie herunter gegangen. Aber hier wäre so was eine Art Beleidigung für jeden Herrscher, der etwas auf sich hielt. Schließlich musste er selbstbewusst genug sein, dass er keine Feinde in seinen heiligsten Hallen duldete. Wer brauchte da noch irreführende Wege? So zumindest hätte der Fürst gedacht, wenn er der alleinige Herrscher über diesen riesigen Palast gewesen wäre und er erhoffte sich etwas zu finden, etwas was ihnen vielleicht einmal nützlich sein konnte. Jeder kleine Hinweis konnte da der Entscheidende sein und deshalb folgten sie nicht dem Weg, der vom Teppich empfohlen wurde, sondern bogen gemeinsam in den zweiten ab. Dieser war dunkler und konnte nur anfangs vom hellen Schein der Kristalle profitieren, doch durch zahlreiche Abbiegungen wäre es bald stockfinster gewesen, wenn sie nicht ihre Fackel gehabt hätten. In Gedanken versunken liefen sie weiter, wie lange waren ihre Füße nun schon unterwegs? Es musste lange Zeit gewesen sein, er spürte es gar nicht mehr so genau und die Sonne vermisste er mit jedem Tag weniger, immer mehr nahmen andere Lichtquellen ihren Platz ein. So auch jetzt, wo sein Feuerstein ein treuer Kumpane in diesem schier aussichtslosen Gang war.
Doch dieser endete auch sehr schnell wieder, in einem quadratischen Raum aus Stein, von dem drei der vier Wände komplett aus Stein waren. Eine klassische Sackgasse, doch Rociel war nicht auf den Kopf gefallen, sofort erinnerte er sich wieder daran, dass sie vor kurzem noch dasselbe mit Alucard erlebt hatten. Dabei hatte er gezielt auf eine Stelle im Stein gedrückt und daraufhin hatte sich das Geheimnis gelüftet. Zwar schien es unwahrscheinlich, dass hier dasselbe auch funktionieren würde, doch einen Versuch war es wert. Da er noch wusste, wo die Stelle war, versuchte er es einfach mit exakt dergleichen und zu seinem – und dem Erstaunen von Isabell – war es die richtige, denn auch hier fuhr der Stein nach hinten und eine Wand fuhr nach unten in den Boden. Die Mechanik war ganz klar außergewöhnlich und hätte wohl besser nicht hinbekommen werden können, doch das war ihnen herzlich egal. Eine gewisse Sorglosigkeit und Unkreativität musste sich Skelldon oder dessen Baumeister aber schon gefallen lassen, denn so banal durfte man wirklich nicht sein, selbst stinknormale Menschen hätten darauf kommen können. Doch es interessierte sie viel mehr, was ihnen dies gebracht hatte und so warteten sie sehnsüchtig darauf, dass die langsam eingefahrene Steinwand endlich verschwand. Mit großen Augen sahen sie dann hin, nachdem sie erst einmal jene Augen schließen mussten. Denn ein äußerst greller Raum, der aber auch nicht so große Ausmaße hatte, begegnete ihnen nach dem ersten Blinzeln.
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| 30.03.2004 20:25 | #75 |
| Isabell |
Als sie über die Schwelle der sich nun auftuenden Lücke begaben, konnten sie in den Raum sehen, ihn betreten. Drei dieser eigenartigen Kristalle, die bestimmt nicht aus Gorthar stammten, leuchteten ihnen zu, dabei war dieser Raum ganz klein, ganz unnahbar. Ein Skelett war das erste was sie sah. Durch seinen knochigen Körper war ein Schwert gestoßen, vielleicht war es mal ein sehr gutes und mächtiges Schwert, doch heute war es nur ein kleines Stück Metall, dass keinen Glanz mehr versprühte. Doch es lag zwischen den Rippen des Toten und man konnte annehmen, wenn man ein klein wenig Fantasie hatte, dass die einstige Gestalt, das einstige Lebewesen mit diesem Schwert durchbohrt wurde, irgendwo an der Brust, vielleicht mitten durch das Herz und dann hier zurückgelassen wurde. Zumindest war dies eine erste Theorie, die sie herstellte, doch es gab noch etwas anderes in diesem Raum. Ein kleiner Altar war da und auf ihm lag ein Buch. Ein einziges, nur eines. Davor waren Zettel sorglos hingeworfen, weder versiegelt noch zerknüllt oder gefaltet, sondern noch immer so, wie sie geschrieben wurden. Als sie ehrfürchtig an dem Skelett vorbeigegangen waren und vor beiden Schriftstücken standen, wollte Isabell das Buch berühren, doch ein magischer Schutzfilm umgab es. Eine blaue, knisternde Masse schwirrte darum, doch nach ein paar Sekunden löste sie sich auf und Isabell hatte keine Probleme mehr das Buch anzufassen, doch zuvor wollten sie erst einmal die Zettel lesen, die in ihrer Sprache, der myrthanischen gehalten war.
Fremder, Fremde,
hört mir gut zu. Vielleicht kann euch das Buch noch einmal das Leben retten, wenn ihr so töricht wart hier herzukommen. Ich bin Hardiin Odesäron, ein Magier aus dem Zirkel, geschickt aus Myrthana. Wir sind hier nicht mehr auf der Erde, nicht mehr auf Assiah. Wenn ihr dieses Schriftstück lest, dann seid ihr auf Zopar, der dritten Schale der Hölle. Doch man könnte auch einfacher sagen, ihr seid in Skelldons Reich. Skelldon, der untote Fürst der Finsternis. Er regiert über diese Welt. Sie besteht aus Lava, Stein, Asche und Geröll, doch es gibt Städte, Städte aus Stein und Vulkangestein, in ihnen leben sie, die Untoten. Die Armee von Skelldon ist riesig, doch hier in seinem Palast nur gering. Kein Sterblicher kann hierher kommen, der einzige Weg ist das einzige, existierende Portal. Skelldon hätte es längst vernichtet oder zumindest versperrt, doch seine Magie hält alles und jedem davon ab, es zu zerstören. Einer der wenigen Trümpfe gegen diesen mächtigen Herrscher. Ich bin mit einer Gruppe von zwei weiteren Magiern hier hergekommen. Der Grund ist einfach, wir sollten Skelldon vernichten. Doch wir sind – wie die vier Menschen vor uns – jämmerlich gescheitert. Meine beiden Magiergenossen, Freunde und Brüder sind tot, Skelldons untote Garde hat sie in Stücke gerissen, ehe sie die mächtige Magie wirken konnten. Ich konnte hierher fliehen, doch mein Weg zum Spiegel wurde mir abgeschnitten. Drum friste ich hier meine letzten Stunden, um euch Fremde zu warnen, solltet ihr je soweit kommen.
Das Buch enthält eine Karte, auf der sämtliche Gangsysteme seit dem magischen Spiegel, bis zu Skelldon selbst eingezeichnet sind. Zudem befinden sich genauere Informationen über seine Macht darin. Allerdings muss man für den Text die Sprache der Untoten beherrschen, was den meisten schwer fallen dürfte. Sofern ich noch Zeit habe, werde ich die Übersetzung noch anfertigen, doch zuerst müssen die Schriftstücke gesichert werden. Skelldon würde sie in Fetzen reißen, wenn er sie erst mal hätte, doch das werde ich zu verhindern wissen. Ein mächtiger Zauberer, das bin ich wohl. Aber auch wenn ich gegen diese Masse da draußen versagen werde, so sollen wenigstens die Schriften gesichert werden. Ich werde kämpfen, doch ich bin verletzt, meine Schulter, sie ist ausgekugelt, werden sehen, wie viel Zeit noch bleibt…
Der Text endete mit einem nervösen Schreibarm, der immer mehr begann zu zittern und ungenauer zu werden, anscheinend machte sich seine Verletzung bemerkbar, so lag auch nirgendwo mehr eine Übersetzung, von der die Rede war. Doch sie hatten alles lesen können, einen besseren Einblick hätte man sich nicht wünschen können. Sie dankten Hardiin für seine Tat, die durchaus mutig und edel war. Anstatt langsam zu sterben und vor sich hin zuklagen, sich gar das Leben aus Verzweiflung zu nehmen, hatte der Magier ihnen einen großen Gefallen getan und außerdem noch ehrenhaft gekämpft. Dieser ganze Aufwand, er war wirksam, wenn es eine einzige Person retten würde und sie waren schon zu zweit. Sorgfältig, fast schon bedacht steckte sie den Zettel in ihren Rucksack, würde er doch nie mehr von jemand benötigt werden. Sie hatten fest vor Skelldon zu vernichten, nun endlich hatten sie Gewissheit, dass er der wahre Feind war und nicht nur ein Name, der in der Luft umherschwirrte. Zu oft war er nun gefallen, zu selten, oder besser gesagt nie ein Anderer. Skelldon, ein Name für das personifizierte Grauen, er war nun der Name, der auf ihrer Liste der Feinde an allererster Stelle stand. Er sollte der nächste sein, der durch ihre Klingen fiel, der durch sie sein nicht vorhandenes Leben aushauchen sollte.
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| 31.03.2004 15:50 | #76 |
| Todesfürst |
Ein wirklich aufschlussreicher Brief, wie er fand. Ein sehr sympathischer Mann schien dieser Hardiin gewesen zu sein, obwohl das wahrscheinlich gar nicht mal stimmte. Aus Schriftstücken konnte man schließlich keinen Menschen charakterisieren, aber er konnte so was meistens auch so nicht. Jedenfalls würde er ihnen sehr helfen, zu sehr fast schon, wenn diese Karte tatsächlich dabei lag. Als sie das Buch auf der ersten Seite öffneten, verpuffte der Zauber und ab sofort war es wieder ohne Schutz, denn die Barriere galt nur für Untote, für Kreaturen, die ihr Leben schon ausgehaucht hatten, nur deshalb konnten sie das Buch überhaupt berühren. Doch als das Raum-Zeit-Gefüge mit dem Öffnen der ersten Seite gebrochen wurde, trat gleichzeitig eine äußerst gut erhaltene Pergamentkarte auf sie zu. Sie breiteten das gute Stück erst mal äußerst vorsichtig auf dem Boden aus und versuchten es zu lesen und es war wirklich zu verstehen. Karten konnten manchmal unheimlich kompliziert sein, doch dieses Exemplar zählte offenbar nicht zu dieser Gattung. An dem Ort, wo sie sich momentan befanden, war ein großes, schwarzes X eingezeichnet, von da aus führten die Wege fort, selbst die Sackgassen waren eingezeichnet und so konnten sie anhand der Karte schon einmal ihren nächsten Weg planen. Auf jeden Fall mussten sie dem unterlegten Weg folgen, zumindest zunächst war der Teppich die einzige Lösung. Doch nicht unbedingt die Richtige, denn ansonsten hätten sie ja nie dieses ausgezeichnete Stück gefunden.
Doch nach einer kurzen Lagebesprechung wollten sie sich dem Inhalt des Textes widmen, doch wie schon erwartet konnten sie keinen einzigen Buchstaben mehr lesen, kein Zeichen entziffern. Doch ihre Verzweiflung hielt sich in Grenzen, denn sie hatten ja noch immer den Schädel, ohne den sie allerdings ziemlich aufgeschmissen wären.
Ro: Hey Rexx, es gibt wieder Arbeit für dich. Schau dir mal ein paar Buchseiten näher an und sag uns, was das bedeutet.
Re: Das ist wieder typisch, nur weil du zu dumm bist mal ein paar Sprachen zu lernen, grmmppfff, also schön großer Meister, zeig her, was du anzubieten hast. Der Fürst hielt ihm die erste Seite des Buches hin und Rexx schien sofort zu verstehen, sehr zu ihrer Freude, konnte er den Text verstehen und übersetzen.
Also da steht:
Skelldon, der Unbezwingbare.
Skelldon ist der Herrscher von Zopar, er gebietet über die einzige, die wahre Armee der Untoten. Sie hausen in den Städten zu tausenden auf dünnen Flecken, auf dem doch so unwirtlichen Land. Sein Palast jedoch ist von nur wenigen seiner Diener bevölkert. Seine Macht bezieht das Skelett aus seinem früheren Leben und aus einem Amulett, das sich seit irrsinnig langer Zeit in seinem Besitz befindet. Skelldon ist ein Blutherrscher, aufgrund von einem gewissen Mangel an dem roten Lebenssaft bei seinen Untertanen, macht er umso lieber Blutopfer. Er ist ein grausamer Kämpfer, der bestens mit dem zweihändigen Schwert umgehen kann, doch gleichzeitig ist er schnell wie ein Fuchs. Seine Gedanken sind von taktischer Natur geleitet, denn er ist kein stupider, draufhauender Barbar, sondern ein kühl und distanziert denkendes Skelett. Dennoch ist er nur ein Skelett, das jedoch durch einen Panzer geschützt ist. Er trägt Rüstungsteile und Rüstung wie ein alter Krieger, der in die Schlacht zieht, sie sind stets poliert und gepflegt, genau wie seine spröden Haare, die er sich bis heute erhalten hat. Als Zeichen seiner Macht trägt er eine Krone, ein Herrschaftssymbol, genau wie sein Stab, der das übliche Szepter ersetzt. Um ihn herum schwirren vier potenzielle Berater und Leibwachen, man weiß, dass sie ebenfalls nur durch ihr Gesicht als Skelett erkennbar sind, da sie ansonsten ebenfalls komplett in stolze und alles andere als löchrige Kleidung gehüllt sind. Skelldon besitzt auch noch geringe, magische Mächte, diese stehen ihm als Führer einer der Sieben Schalen der Hölle von Beliar zu, doch sie sind gering und stellen nur für wirklich schwache Kreaturen wie seine eigenen Untergebenen eine Gefahr da.
Skelldons Leibwache.
Die namenlose Leibwache, die auf den Namen des Herrschers hört, ist eine Einheit aus perfekt ausgebildeten, untoten Kämpfern. Einige waren schon ausgezeichnete Kämpfer, bevor man sie zu einem Untoten machte, einige wurden dazu geformt. Die Einheit hat ein ltypisches Merkmal, sie erscheint immer komplett anwesend, um jeglichen Feind zu besiegen. Wenn man sie besiegt, steht man automatisch vor dem Herrscher samt seiner vier engsten Vertrauten, denn sie bilden das Rückrad seiner Wachen im Palast, in dem er sich fast die ganze Zeit über aufhält. In Skelldons Leibwache befinden sich sowohl Nah- als auch die, für Skelette untypischen Fernkämpfer. Sie sind die größte Gefahr, hinter ihrem obersten Kommandant natürlich.
Tja, großer Meister, damit endet das Buch, der Rest ist uninteressant und sollte eure Zeit nur stehlen. Ich finde, ihr solltet die Chance nutzen und noch fliehen, solange es noch geht, aber auf mich hört ihr ja sowieso nie, also geh ich wieder, wenn ich nicht mehr gebraucht werde…
Rociel nickte und spürte, wie es auf seiner Brust wieder ruhiger wurde. Das Buch klappte er nun zu und blickte zu Isabell. Tja, wir stehen kurz vor dem Ende. Die Karte zeigt mir, dass es nicht mehr weit bis zum Thronsaal sein kann. Bald ist das alles vorbei, aber die schwierigsten Stunden erwarten uns jetzt. Warte mal kurz… Er kramte in seinem Allesbeutel herum und schnappte sich zwei der Ampullen, die Priester Tolban als Heiltränke betitelt hatte. Trink das. Ich nehme auch eine. Sie werden uns neue Kraft schenken und den Schlaf von uns fernhalten, danach werden wir wieder die Kraft haben, die wir brauchen. Zusammen schluckten sie die süßlich schmeckende Flüssigkeit herunter und Rociel verpackte das Buch in seinem Rucksack, kurz danach nahm er noch einen kräftigen Schluck Wasser und sah zu seiner Schwester. Du hast Recht Bruder. Der Heiltrank wirkt schon. Lass uns endlich von hier verschwinden und Skelldon in den Hintern treten! Ruhig nickte er zustimmend und zusammen verließen sie dann den kleinen Raum, bis sie wieder auf dem Teppich standen, der sie weiterführen sollte. Doch mitten auf dem Weg zur nächsten Türe, hörten sie ein Lachen, ein Lachen das durch Wände drang, ein gewohntes Lachen…plötzlich verformte sich eine der Steinwände, schien wie Wasser zu laufen und formte sich zu einem Gesicht eines Skelettes. Skelldon…
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| 31.03.2004 19:31 | #77 |
| Isabell |
......
Die Menschen sind seltsame Wesen
Sie fürchten den Tod
Das Ende des Lebens
Aber sie fürchten auch ihren eigenen Körper
Ich verstehe die Menschen nicht
Sie verschließen sich vor dem Tod
Dabei brauch man ihn gar nicht fürchten
Selbst der Tod kann durch ein Schwert fallen
Wenn man ihn nicht fürchtet…
Hohohohohohohoh…
Ich bin der Tod und doch am Leben
Magie des Gottes lässt mich streben
Ich bin ein Schlächter, muss Tod dir geben
Kämpfe gar mit göttlich Segen
Ich bin ein Schatten und ein Geist
Dich überdauert, bin ganz dreist
Ich bin der Mörder von Männer und Frau’n
Hab blut’ge Hände, Zähne und Klau’n.
Ich bin ein Dieb, halt mich nicht an Gesetze
Lache laut auf, wenn ich die Opfer verletze
Ich bin ein Harlekin, hab Spaß
Werfe euch den Tieren vor zum Fraß
Ich bin die Regel, bin die Logik nicht
Liebe das Dunkel, hass Sonnenlicht
Ich bin ein Gott, der unter einem Gotte steht
Bin der Mittelpunkt, um den diese Welt hier dreht
Ich bin ein König mit viel Gefolgschaft
Trinke Blut wie reinen Saft
Ich bin ein Barde, meine Melodie ist das Ende
Verlangt keines Barden zu bringen die Wende
Ich war ein Mensch und doch bin ich nun
Etwas anderes als das, habe viel zu tun
Ich bin wer ich bin, stelle Rätsel und hab Freud
Kommt nur komm und werd ein Zeug’
Weißt du wer ich bin?
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| 31.03.2004 20:45 | #78 |
| Todesfürst |
Die Wand verschwand wieder so, wie sie gekommen war, mit einem Lachen und Spott in der Stimme. Die Wand wurde wieder zu einer normalen Steinwand, der pulsierende, weiche Stein war verschwunden. Nur eine von Skelldons billigen Illusionen. Sie ließen sich davon nicht schrecken, was sollten so ein paar drohende Worte schon ausrichten. Wer sich bis hierher getraut und gekämpft hatte, der würde wohl ganz bestimmt nicht einfach aufgeben, nur weil man ihm versuchte den Mut zu nehmen oder in den Wahnsinn zu treiben. Stattdessen gingen sie weiter, lautlos auf dem guten Stoff, bis hin zur Türe, die sie öffneten und hindurch traten. Eine kleinere Halle kam in ihr Blickfeld, lauter edle, verzierte Stoffe hingen von der Decke und Kronleuchter brannten hier. Doch man hatte keine Kerzen genommen, sondern Schädel, ein Duzend von ihnen bildete einen der Leuchter, drei Stück gab es davon, ihr Licht speisten sie wohl aus einem zentralen Kristall, doch sehen konnte man das nicht. Links und rechts der Gänge waren wieder edle Bänke aufgestellt, aus Metall und nicht aus Holz waren sie nun gefertigt. Es lud zu einer Rast ein, zu einer kleinen Verschnaufpause, doch sie waren wieder fit. Der Körper des Fürsten fühlte sich stark wie selten in den letzten Tagen, durch den Trank konnte er wieder jede seiner Muskeln spüren, die sich doch so spärlich in seinem Körper befanden. Für Pausen hatten sie keine Zeit.
Stattdessen hielt er die Karte vor sich, seine Schwester schaute interessiert darauf und gemeinsam suchten sie nach dem richtigen Weg, denn alle drei möglichen Wege waren mit dem Teppich ausgelegt, das war ja das gemeine. Schon jetzt wären sie wohl ohne die Karte aufgeschmissen gewesen, doch so erkannten sie recht schnell, dass der rechte Gang der richtige sein sollte. Kurz hielt Rociel noch inne, um sich schon einmal gleich den restlichen Weg anzuschauen, im nächsten Raum sollte es nur einen möglichen Weg geben, doch danach mussten sie sich wieder geradeaus halten. Doch er sah noch etwas, denn sie standen jetzt kurz vor dem Ende der Karte. Noch vier Räume galt es zu passieren, dann einen etwas längeren, aber auch breiteren Gang und dann noch einmal einen Vorraum, dann sollte die Karte enden mit einem Raum, der präzise als Thronsaal bezeichnet wurde. Das war ihr Ziel, dieser Saal, dort würde sich mit hoher Wahrscheinlichkeit das Skelett aufhalten, dass ihnen eben noch versucht hatte zu drohen, doch sie waren schon so nah. Er musste ihren Atem schon spüren können, nur deshalb hatte er wohl diese Drohung geschickt, eine letzte Hoffnung, an die er sich klammerte. Vielleicht hatte er ja auch schon gemerkt, dass sie ebenfalls Amulette besaßen, sogar zwei. Wenn er wirklich so intelligent war, dann würde er sich nach ihnen sehnen, musste sie unbedingt besitzen. Doch dann müsste er auch die Gefahr kennen, die ihm drohte. Doch Skelldon war für den jungen Mann vorerst noch kein Thema, denn er hatte nicht die wichtigen, warnenden, eindringlichen Worte des Buches vergessen. Erst galt es seine Leibwache zu besiegen und selbst dann hatten sie ihn noch nicht alleine. Erst noch mussten vier seiner Vertrauten ausgeschaltet werden. Aber das würden sie hinkriegen, da war er sich sicher. In ihm jedenfalls war neue Kraft durch den Trank erweckt, die er am liebsten an den Skeletten austesten wollte, doch natürlich wäre er auch nicht unglücklich gewesen, wenn sie keine weiteren Zwischenfälle mehr hätten. Doch irgendetwas stimmte nicht, er hatte da so ein Gefühl. Nicht im Bauch und auch nicht das elektrisierende Gefühl von Isabells zarten Fingern, nein, das war es auch nicht. Das Gefühl war viel mehr unter seinem Hals, doch das Amulett glühte nicht. Es pulsierte auch nicht. Aber es war irgendein versteckter Hinweis, zumindest sollten sie wachsam sein. Zusammen mit seiner Schwester nahm er einen weiteren Schluck Wasser, jetzt konnten sie es sich ja leisten, Wasser und Essen hatten sie genug, es hatte doch gereicht, absolut gegen ihre Erwartungen. Doch man sollte nicht zu früh Dinge beschließen, solange Skelldon noch nicht tot war. Vielleicht würden sie sich irgendwann noch über jeden einzelnen Tropfen freuen, dann nämlich, wenn es ihnen so ergangen wäre, wie dem tapferen Magier aus Myrthana…
Rechts also lag der richtige Gang und so wollten sie auch diesen nehmen. Unbeeindruckt von den überaus netten Kronleuchtern und den schillernden Stoffen öffnete sich knarrend die Türe und bot einen kleinen Gang an. Er war nicht lang und deshalb auch nur mit einem dieser schwarzen Kristalle beleuchtet. Die nächste Tür hingegen war schon wieder etwas anders. Das Kribbeln wurde stärker, doch irgendwie war es wohl keine direkte Gefahr. Oder hatten sich seine Sinne schon so geschärft, dass…nein unmöglich, das konnte nicht sein, aber vielleicht täuschte er sich ja auch einfach nur. Das erschien zumindest wahrscheinlicher, als das sich sein Amulett irren sollte. Mit vorsichtiger Hand öffneten sie die Tür, traten nicht sofort durch, sondern blieben vor dem Rahmen stehen, bis sich die Tür geöffnet hatte. Den Grund konnten sie sofort sehen. Zwei Skelette warteten in der Mitte des Raumes, es waren jene Kampfskelette, die ihnen schon einmal begegnet waren. Sie waren sehr groß, vielleicht knapp unter zwei Meter, trugen schwere Waffen auf dem Rücken. Doch sie bewegten sich nicht. Nahmen die beiden gar nicht wahr. Was glaubst du, was sollen wir machen?, fragte er leicht ratlos seine Schwester. Ich weiß nicht, aber mit zwei Skeletten sollten wir fertig werden. Rociel tippte sich an die Stirn und überlegte, ob das nicht doch eine Falle war, aber dann schüttelte er den Kopf. Nein, das wird schon keine Falle sein. Dann lass uns mal schauen was passiert, wenn wir zu ihnen gehen, ob sie dann auch noch so starr sind… Sie brauchten nicht lange darauf zu warten, einen Schritt über die Schwelle und schon zeigten die Skelette Lebensfreude, wie man das halt interpretieren wollte. Ihre Schädel zuckten in ihre Richtung, die Waffen klirrten aus der Halterung am Rücken und bewegten sich in den knochigen Händen. DAS war also sein Verdacht, er verstand…
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| 31.03.2004 21:57 | #79 |
| Isabell |
Kurz nachdem die Skelette ihre Schwerter gezogen hatten, zog auch Isabell ihre beiden Klingen aus den Scheiden. Sie hatten sich auf sie gerichtet und waren erst erwacht, als sie über die Schwelle dieser Tür getreten waren, ein wirklich erstaunlicher Zauber. Doch ob Zauber oder nicht, das war jetzt vollkommen egal, sie wollte nur noch diesen Kampf gewinnen. Mit ruhigen und klaren Schritten gingen sie auf die Skelette zu, die im Gegensatz etwas schneller rannten. So trafen sie sich etwas näher zur Tür, als zur Mitte des Raumes. Klingen klirrten, der Zauber des Kampfes war nun der einzige, aktive Zauber. Die Skelette waren gut, auf jeden Fall waren sie viel besser als die schwachen Viecher am Anfang ihrer Reise durch diesen Palast, doch das änderte nichts daran, dass sie überlegen waren. Die Gegner mochten noch so gut sein, wenn sie nur zu zweit waren, hatten sie so gut wie keine Chance, denn wie sollte ein Duo aus Skeletten ein Duo aus Halbdämonen schon besiegen? Eben, es war unmöglich dass sie verlieren konnten und so wurde der Kampf auch geprägt, nach anderen Regeln, nach den Regeln des Kampfes und seinen Boten, den Klingen.
Das erste Skelett fiel schon zu Beginn, als der Kampf gerade ein paar Sekunden alt war, die schweren Zweihänder, die weder Rost noch Abschürfungen aufwiesen, sondern die nach guten, normalen Stahl aussahen, fielen gar nicht mal so langsam, doch sie hatten langsam ihre Technik gefunden, verfeinerten sie bis sie irgendwann vielleicht einmal perfekt wäre. Doch hier unten, in den Räumen, da konnte man seinen Vorsprung an Geschicklichkeit nur schwer ausspielen, darum kämpften sie wieder so, wie schon in den letzten Kämpfen zuvor. Als die Klinge des ersten Skelettes auf sie fiel, blockte sie den Schlag mit dem offensiven Krummschwert, dass in ihrer rechten Hand lag, doch als das zweite Skelett seinen Hieb auf Rociel richten wollte, preschte ihr zweiter, ihr linker Krummsäbel aus seiner Verteidigungshaltung hervor und hielt ihn auf. So konnte Rociel das Werk vollenden und das erste Skelett treffen und unschädlich machen, so spielend leicht, so einfach. Es war nicht leicht den Druck zu halten, den so ein herunterfallendes, zweihändiges Riesending auf den Arm bewirkte, doch sie hatte sehr gute Schwerter und dazu sehr gute Griffe, da war das kein Problem.
Das zweite Skelett jedoch hatte nun gemerkt, dass es ziemlich sinnlos war weiterzukämpfen, nachdem der Kamerad an der Seite nicht mehr da war und nun zwei gegen einen standen. Vielleicht hatte er es auch nicht bemerkt, weil er einfach zu dumm war es zu merken, doch das war ja nicht wichtig, darüber hatten sie sich schon genug Zeit den Kopf zerbrochen, ob diese Kreaturen überhaupt denken konnten. Jedenfalls gelang es dem Skelett noch sich einige Sekunden zu halten, sogar eine ganze Minute lang, denn es schwenkte sein mächtiges Schwert, das natürlich einen Reichweitenvorteil hatte, vor sich hin und her und wich dabei immer wieder ein paar Schritte zurück. So war es zumindest schwieriger für sie einen erfolgreichen Angriff zu starten, doch wenigstens waren sie vorerst die lästigen Angriffe los. Doch eigentlich spielten sie nur ein wenig mit dem Gegner, denn er hatte keine Chance. Als das Skelett dann an einer Wand nicht mehr weiterkam, startete es einen letzten, verzweifelten Angriff und fuhr wild in Rage hervor und achtete überhaupt nicht mehr auf Deckung oder Schutz. Das war ihnen natürlich überaus Recht, so warteten sie ab, wichen nun selbst zurück, um auf den richtigen Moment zu warten und um das Skelett zu verwirren. Trotz ihrer unübersehbaren Überlegenheit war es immer noch ein gutes, stabiles, schweres, zweihändiges Schwert, das ihnen schwere Verletzungen zufügen konnte und so war es auch ratsam nicht in absoluter Überheblichkeit zu verfallen.
Doch wie gesagt, länger als eine Minute konnte sich der Kampfgegner auch nicht halten. Sie waren eiskalt, als es darauf ankam zuzuschlagen. Dieses Mal setzte ihr Bruder an, zog in die linke Ecke vorbei, während sie weiter zurückwich. Das Skelett zögerte einen Moment zu lange, da kam auch schon das Schwert ihres Bruders auf den Zweihänder zu, erbarmungslos von der Seite, schlug es allerdings nicht den Zweihänder entzwei, oder aus der Hand, nein, ihr Bruder schien eine neue Lieblingsbeschäftigung gefunden zu haben, die aber auch äußerst effektiv war. Er nahm gleich den ganzen Handflügel mit, auf dass das Skelett nicht die geringste Chance hatte, durch die Magie die durch den Körper floss, die Stärke aufzubringen, um das Schwert festzuhalten. Für sie war der Rest Routine, einfache Arbeit. Mit Schwung nahm sie Anlauf, drei Schritte, zwei, eins, dann zuckten ihre beiden Klingen durch den sich tatsächlich noch wehrenden Körper, doch dann war auch von diesem Skelett nur noch ein Haufen Knochen übrig, allerdings ohne Verbindlichkeiten zum Wiederauferstehen.
Mit zwei geschickten Bewegungen ließ sie die Schwerter in den Scheiden versinken und griff erneut zum Wasserkrug an ihrem Gürtel, ein paar erfrischende Tropfen auf ihr Gesicht und auf ihre Zunge später, ging es besser. Der Stress war enorm, trotz gut tuendem Heiltrank. Die junge Frau legte sich das Haar aus dem Gesicht und band es nun endlich zu einem Zopf, denn es hatte beim Kampf nur gestört und das würde sich wohl auch beim nächsten nicht ändern, nur der nächste Kampf war schon beschlossene Sache und so machte es keinen Sinn zu spekulieren, ob er kam, sondern nur wann er kam.
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| 01.04.2004 13:10 | #80 |
| Todesfürst |
Du brauchst dich nicht schön machen, das sieht hier unten eh keiner. Rociel grinste aus einem breiten Mund zu seiner Schwester, ehe sich erneut der Wasserkrug an seinen Lippen befand und seine staubtrockene Lunge benetze und zudem noch die müden Augen wusch. Das Wasser war ein riesiges Lebenselixier, das ihm wieder neue Kraft schenkte, im Körper und im Geist. Es erschien so simpel, so einfach und doch war es so wichtig. Wasser…das Meer ist voller Wasser…schlechtes Wasser…schönes Wasser…Wasser…
Ach was, ich kenne mindestens einen, der Schönheit zu schätzen weiß, sag lieber, was die Karte sagt. Seine Schwester kam näher, fuhr mit dem Fuß ein wenig durch die toten Knochen, schien sie begeistert anzusehen, während er leicht konfus die Karte in all seinen Taschen suchte, ehe er sie doch in einer Nische seines Allesbeutels fand. Also ich weiß jetzt nicht was du meinst. Seit wann können diese Skelette schön und hässlich unterscheiden? Ich dachte immer, du würdest dich mit Besserem abgeben…also, die Karte sagt geradeaus, danach folgt laut Karte dasselbe wie hier. Erneut sind es drei mögliche Wege, anscheinend ist sogar die Größe identisch. So ähnlich wie bei einem Turm sieht das aus, als ob er immer größer wird. Aber im nächsten Gang müssen wir dann nach rechts erneut. Dort befindet sich ein kurzer Gang, dann wieder ein Raum. Aber der sieht etwas größer aus. Hm, bis dahin erst mal würde ich sagen.
Ohne auf die Skelette zu achten drehten sie den Knauf der Tür zur Seite und standen sofort wieder in einem neuen Raum, ohne Übergang, ohne Sinn, sofort ein Raum, der theoretisch auch ein Spiegel des letzten sein konnte. Nur mit einem Unterschied, die Skelette standen nicht in der Mitte, sondern dieses Mal hatten sie alle vier drei Durchgänge bewacht. Wie starre Wachen verweilten sie an ihren Flecken, vielleicht schon Jahre ohne sich zu bewegen. Doch genau das, was so faszinierend war, war auch Alltag geworden. Die Magie die auf den toten Körpern lag und die sie nun erwachen ließ. Ihre Augen strahlten rötliche Farbe aus, blinkten in dem hellen Raum, in dessen Mitte ein weiterer Schädelkronleuchter stand. Doch bewegen taten sie sich noch nicht. Mit ruhigem Schritt gingen sie einen Meter nach dem anderen nach vorne. Rociel beobachtete die Situation, den Raum, die Verfassung. Mögliche Fallen sollten gar nicht erst ihre Wirkung erzielen können, der Boden, die Decke, sie wirkten normal. Eine Hand lag dabei immer auf den Griffen, in der anderen quälte er sich nach wie vor mit der brennenden Fackel ab, die ungefähr auf einer Höhe von dreißig Zentimetern brannte und so einer normalen Fackel gleichkam.
Als sie in der Mitte des Raumes standen, passierte immer noch nichts und so verweilten sie dort erst mal, immer noch die drei Knochenmänner im Augenwinkel, denn das diese sie beobachten, das war ihm nicht entgangen. Seine Sinne sagten ihm nichts, auch das Amulett ließ nichts erkennen und so war das so eine Sache, denn er wusste nicht, was der Sinn der Skelettwachen war, die alle drei Wege blockierten, nur nicht den ihrigen, von dem sie gekommen waren, als ob Skelldon wusste, dass man nur von da aus kommen konnte. Aber er war ja auch nicht dumm, spätestens nach dem Bericht des Magiers wusste er dies bestätigt, der dem Skelett eine existierende Intelligenz zubilligte.
Doch eigentlich war es egal, was diese Skelette wollten, warum sie hier standen oder nicht. Kurz war er verunsichert und hatte überlegt, was zu tun war, nun aber scharrte die Klinge nur heraus und blieb locker in seiner Hand sitzen. Ohne sich mit Isabell abzusprechen ging er auf den Gang zu, der gegenüber dem lag, aus dem sie gekommen waren, vor dem keine Wache stand. Als ob er es geahnt hatte, wurde das Skelett nun lebendig, begann erst die Fingerkuppen zu bewegen, dann zu seinem Schwertgriff am Rücken zu greifen, doch da ging er schneller, rannte etwas und bohrte seine Klinge in den Kopf des Untoten, ehe dieser ausholen konnte. Als ob er es geahnt hatte…ja… Die beiden anderen Skelette blieben ruhig, hatten sich das Ganze in Ruhe angesehen, doch nichts getan. Als ob es ihr Befehl war. Nichts zu tun, sondern nur zu reagieren, wenn jemand sich ihnen näherte. So musste es sein und nicht anders. Was machen wir mit den anderen beiden? Rociel verharrte an seinem Steinbogen, überlegte aber nicht lange. Es war ihre Pflicht die beiden anderen Skelette auch noch zu töten, denn auch wenn sie sich nicht bewegten und vielleicht sich auch nicht bewegen konnten, gegenüber Skelldons Befehlen waren sie sicher empfänglich und es tat immer gut einen freien Rücken zu haben. Sie konnten das natürlich nur minimal beeinflussen, der wer wusste schon, ob nicht noch eine ganze Armee in den falschen Gängen und Sackgassen auf sie wartete, oder ob Skelldon die Fähigkeit besaß die gefallenen Krieger wieder auferstehen zu lassen, doch es gab zudem noch einen anderen Gesichtspunkt der besagte, dass sie alle Beliarkreaturen töten mussten, denen sie begegneten, die sie töten konnten ohne selber zu sterben und selbst dann galt es eine Kosten-Nutzen-Frage zustellen. Exekutieren lautete sein kurzer Kommentar auf die Frage und Isabell nickte artig. Während er den rechten Weg einschlug, ging sie logischerweise nach links, das Spiel wiederholte sich ein zweites und ein drittes Mal, doch die Skelette waren zu langsam, wurden vernichtet, ohne Gnade zerteilt, enthauptet oder schwer verunstaltet, doch dies alles war ihm egal. Er war sich sicher, dass sie kein Schmerzempfinden mehr hatten und wenn es tatsächlich die Seelen von Menschen waren, die noch in ihnen lebten, dann war es sicherlich auch eine Art Befreiung für sie. Aber zu viele Gedanken wollte er nicht an längst Verstorbene Knochenhaufen entrichten, stattdessen hatten sie ein Ziel, das hieß Skelldon und es kam immer näher. Mit Pegasusstiefeln kamen sie näher, immer näher, der nächste Raum erwartete sie schon und sie erwarteten ihn…
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| 01.04.2004 16:47 | #81 |
| Isabell |
Es war wirklich nur ein kleiner Gang, fast schon mehr ein Tunnel, aber sie waren hier wahrscheinlich sowieso unter der Erde, von daher war diese Bezeichnung unangebracht. Bei der ganzen Anlage hatte sie noch kein einziges Fenster gesehen, durch das Licht strahlte, vermutlich weil es eben nicht möglich war. Was sie bisher wussten ließ auch die Vermutung gelten, dass es hier auf dieser Welt keine Sonne gab. Doch egal woher sie ihre Lichtquellen bekamen, sie hatten keine Mühe diesen kurzen Übergang zu bewältigen. Das einzige was ihr aufgefallen war, es gab immer mehr Gegenwehr. Aber es war auch logisch, denn sie kamen immer näher zu Skelldon. Fast schon lächerlich wirkte die Distanz, die sie zwischen ihm lagen. Ein paar hundert Meter, mehr konnte es nicht sein. Leider war es mehr als ein einzelner Gang, es war viel mehr noch ein Bau aus zwei Räumen, einem langen Gang und einem großen Vorraum, danach mussten sie da sein. Die Erwartung war groß, doch die Vorsicht stieg nun. Wieder vor der Tür stehend, atmete sie tief durch, in Erwartung auf eine neue Offensive der Untoten, doch als sich die Tür langsam vor ihnen öffnete, war nichts zu sehen von irgendwelchen Gegnern. Nicht die geringste Gegenwehr schien es zu geben. Aber irgendwie wirkte das komisch. Nachdem die letzten zwei Räume zumindest ansatzweise scharf bewacht waren, sollte hier absolut nichts los sein? Der Raum hatte größere Ausmaße, war mindestens doppelt so groß wie die Räume zuvor, doch weit und breit kein Skelett zusehen. Auch sonst war nicht wirklich viel Leben in diesem Raum, wieder flackerten zwei Kronleuchter, die die Schädel der Skelette als Lichtquelle nutzen und dadurch unheimliche Schatten von menschlichen Köpfen an den dunklen Ecken des Raumes verursachten. Ansonsten war der Raum scheinbar tot, nur die etlichen Nischen auf ihrem Weg zu einem der drei Steinbögen verursachten bei ihr Kopfschmerzen. Was es mit denen auf sich hatte, dass wollte sie nur zu gern wissen. Doch zunächst musste sowieso der richtige Weg abgeklärt werden, doch das ging nur schwer, wenn jederzeit eine versteckte Überraschung auf sie warten konnte, deswegen hielt sie Wache während Rociel sich aufmachte die Karte zu studieren. Nach einiger Zeit war er soweit. Also, wenn die Karte nicht lügt, dann ist der richtige Weg einzig und alleine der linke. Also müssen wir nach links. Isabell hatte verstanden, doch noch immer zögerte sie auf den linken Gang zuzugehen, da diese schwarzen Nischen sicherlich nichts gutes zu bedeuten hatten. Und was glaubst du, befindet sich in diesem Raum? Ihr Bruder schaute ein wenig verdutzt und bemerkte dann: …Hier? Hm nichts würde ich meinen. Doch es blieb bei ihren Zweifeln und so ging sie äußerst vorsichtig an den schwarzen Nischen vorbei und tatsächlich befand sich auch etwas darin. Es waren Särge, die senkrecht aufgestellt waren, doch sie hörten kein Geräusch und auch nichts, was auf untotes Leben hindeuten ließ. So blieb ihr nichts anderes übrig als es zu akzeptieren und weiterzugehen. Noch ein einziger Raum sollte es also sein, nur noch ein einziger, bis sie auf die lange Strecke bis zum Vorraum von Skelldons Thronsaal kommen sollten. Die Spannung stieg, als sie die Tür öffneten. Eine solide Holztür, ohne Makel und Fehler, doch ihr Öffnen bewirkte genau das, auf das sie fast gewartet hatte. Eine Reaktion im Raum, den sie eben noch als so tot empfunden hatten. Gleichzeitig bewirkte es aber auch dieselbe Aktion im neuen, letzten Raum, der scheinbar das absolute Spiegelbild davon war. Es war eigentlich ein Raum, doch man hatte die Tür als magisches Bindeglied hereingebracht. Aber eigentlich war es keine Magie, die hier wirkte, es war schlichtweg eine gelungene Falle. Aus den Särgen strömten alte Körper, mit einem Mal splitterte Holz in mehrere tausend Stücke und das gleich sechsunddreißig Mal. Eine wahre Armee trat nun heraus, in jedem Gang gab es sechs Nischen, drei auf jeder Seite. In jeder stand ein Sarg, bei drei Gängen pro Raum waren das Achtzehn dieser Verfaulten pro Raum. Die stinkenden Körper wirkten noch viel schmächtiger als die, die sie bisher kennen lernen konnten oder besser gesagt mussten und sie trugen auch wieder keine Waffen, doch es war klar, dass sie keine Chance gegen diese Masse hatten, wenn sie an dem Fleck stehen geblieben wären, an dem sie noch standen. Zwischen den beiden Räumen im Rahmen der Tür. Doch sie hatten gut und clever, aber vor allem schnell reagiert. Mit flinken Füßen, aber ohne Hast schlug ihr Bruder die Tür hinter sich zu, um die Untoten von der anderen Seite für ein paar Momente aufzuhalten und vielleicht auch zu verwirren. Isabell hingegen zog ihre beiden Schwerter und ging sofort auf die ersten, sehr nahen Körper los. Ein wahres Schlachtfest musste es gewesen sein, die ziemlich unterlegenen Körper zu durchbohren und aufzuschlitzen, doch sie wussten nur zu gut, dass man die Verfaulten nur besiegen konnte, wenn man ihnen den Kopf abschlug. Doch das war ihr erst mal egal, sie wollten eine Schneise schlagen, um von der Tür wegzukommen, damit man sie nicht umzingeln konnte. Deswegen achtete die junge Frau auch nicht so sehr darauf, dass sie ihre Schläge am Hals oder Kopf anbrachte, sondern eher darauf, dass die Kreaturen erst mal zu Boden sanken. So gelang es eine Schneise zu schlagen, auf dass sie wieder vor der Tür standen, aus der sie gekommen waren. Von dort hatten sie keine Gefahr zu fürchten, was ihren Rücken angeht und konnten sich optimal auf diese Orgie vorbereiten. Die toten Körper waren nicht anders als die, die sie schon kannten. Sie waren langsam und in der Reichweite unterlegen, kämpften mit bloßen Händen, dafür aber sicherlich wieder mit derselben Kraft. Sie hatten alles in der Hand, sie durften sie bloß nicht zu nah kommen lassen.
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| 01.04.2004 19:29 | #82 |
| Todesfürst |
Wie eine sich immer drehende Windmühle fuhren die drei Klingen durch die Körper. Von einer enormen Ruhe bis zu einer abnormalen Lautstärke konnte man dabei sprechen. Manchmal fuhren sie schmatzend in den Körper hinein und kamen gurgelnd wieder heraus, manchmal aber ging alles ganz lautlos und man hörte nichts. Doch es war schwer, sich gegen die riesige Masse dieser Wesen durchzusetzen, deswegen blieb er auch nicht die ganze Zeit an der Tür kleben, sondern wich schon mal ein, zwei Meter nach vorne und zur Seite, um die Aufmerksamkeit an eine andere Stelle zu lenken. Technisch gesehen war es wie immer ein ungleicher Kampf, denn die waffenlosen Gegner hatten nicht die geringste Chance gegen den messerscharfen Stahl ihrer Klingen. Doch es war zudem schwer sie wirklich am Kopf zu treffen, das klebrige, faule Fleisch auch wirklich komplett zu lösen und sie zu enthaupten, besonders wenn man jederzeit auf seine Deckung achten musste.
Zu allem Übel kam auch schon ein paar Sekunden später aus der anderen Halle Verstärkung. Splitternd barst die Holztür, wurde einfach von einigen Armen durchbrochen, woran man die enorme, körperliche Kraft der Verfaulten sah. Bald schon hielt es die einzelnen Balken nicht mehr und die gesamte Tür stürzte krachend ein. So kamen mit einem Schwung achtzehn neue Gegner, die alle nur denselben Sinn hatten, dasselbe Aussehen und dieselbe Eigenschaft sowie Fähigkeit. Zu ihrem Glück dauerte es ein bisschen, bis sie alle durch die Tür waren, doch bis dahin hatten sie höchstens die Hälfte der achtzehn anderen getötet. Sie wurden immer weiter zurückgedrängt, mussten sich jetzt zwangsläufig zurückfallen lassen, da sie sonst überrollt worden wären. Eine riesige Welle aus untotem Fleisch schwappte auf sie zu, unermüdlich, weder Respekt noch Angst vor dem eigenen Tod, ohne Bedeutung für sie. Seelenlos waren sie jedoch nicht, aber ohne eigenes Gehirn. Es war ihnen grad weggefault, so dass sie nur noch willenlose Sklaven eines Einzelnen waren. Was sie schon so oft bemerkt haben, kam hier besonders zum Ausdruck. Ohne auch nur im Geringsten auf den Nachbarn zu achten, rissen sie sich drum die Feinde zu töten. Dabei gingen sie jedoch blind, rüde und ungestüm vor, was wiederum den Geschwistern in die Karten spielte. Trotzdem war ein Halten des Raumes unmöglich und so ergriffen sie die Flucht nach hinten. Zum ersten Mal überhaupt nahmen sie vor etwas Reißaus, doch eigentlich war es keine Flucht, auch wenn man es als solche bezeichnen konnte. Isabell hatte die letzte Türe geöffnet, die ja bekanntlich in den dünnen Gang führte und er war im letzten Moment hinterher gesprungen, ehe die zweite, stabile Holztür zufiel und ihnen für ein paar Sekunden Luft verschaffte. Die stöhnenden, jammernden, klagenden, ächzenden Geräusche wurden für einen Moment gedämpft, doch sie nutzen ihn nicht um auszuharren, sondern liefen sofort weiter in den nächsten Raum und ließen auch dort die Tür zufallen. Sie hatten sicherlich ein bisschen Zeit gewonnen, da die Feinde so langsam waren, würde es ein wenig dauern, bis sie da waren, doch das sie ihnen folgen würden, davon war der Fürst überzeugt, sogar ganz sicher. Sie brauchten einen Plan und zwar einen verdammt Guten.
R: Wir müssen uns verteilen. Am besten direkt neben so, dass sie uns zuerst nicht sehen.
I: Und dann? Was bringt es, sie sind einfach zu viele und stehen immer wieder auf, wenn sie nicht enthauptet werden…
R: Schon richtig, aber der Überraschungseffekt ist auf unserer Seite. Wir dürfen uns nicht weiter zurückdrängen lassen, soviel steht fest. Wir werden den Spieß umdrehen und dieses Mal sie überfallen. Wir müssen einfach unseren Reichweitenvorteil ausnutzen.
I: Wenn wir dann aus den Seiten auftauchen, sollen wir uns dann trennen oder wieder in der Mitte aufeinander treffen.
R: Auf jeden Fall letzteres. Aber so breit ist der Weg nicht, wahrscheinlich würde es zwangsläufig darauf hinauslaufen. Am besten wir arbeiten wie letztes Mal. Wir bleiben eng beisammen, greift ein Verfaulter an, blockt einer, während der andere ihn angreift.
I: In Ordnung, dann lass uns jetzt in Position gehen, ich höre etwas…
Tatsächlich war die erste Tür bereits unter der Wucht der toten Körper gebrochen und nun kamen sie auf die letzte Tür zu, die sie noch von den Geschwistern trennte. Rociel verschwand hinter seiner Wand und griff zum Wasserkrug. Er spürte die Hitze und die Schweißperlen in seinem Gesicht, nahm einen Schluck Wasser, einen zweiten, noch drei weitere, dann kippte er den Rest über sein Antlitz. Danach schloss er die Augen, presste sich gegen die steinerne Wand und harrte aus. Er konnte die Geräusche, die Schreie, schon wieder hören. Sie machten es ihm besonders schwer sich zu konzentrieren, doch es gelang wieder in ein schwarzes Loch zu tauchen. Etwas, wo nichts mehr vor ihm lag, wo er nicht mehr mit den Augen und mit den Erinnerungen sehen konnte. Wo nur die schwarze, bebende, pulsierende Masse vor ihm lag, seinem Herzschlag spürend, den Puls, das Wasser auf der Haut. Sein Schwert wechselte von einer Hautpore zur nächsten, immer wieder kreiste die Hand um den festen, aber fettigen, dar schweißigen Griff. Das Amulett pulsierte wieder kräftiger, es schien zu spüren, dass es gebraucht werden würde. Als ob es sehen konnte. So nah und doch so fern…
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| 01.04.2004 20:37 | #83 |
| Isabell |
Auf einmal hörten sie in ihren Verstecken das Geräusch von berstendem Holz. Keine Tür konnte diese Wesen in ihrem Drang stoppen, sie schufen sich ihren eigenen Weg und ließen Hindernisse einfach links liegen, ohne Beachtung, einfach so. Nun wurden die Stimmen wieder lauter, all die schrecklichen Geräusche, die sie doch schon längst kannten, sie kamen näher, immer näher, so elendslang. Isabell umschloss die beiden Schwerter mit ihren Händen, presste die zusammen und ließ wieder los. Währenddessen spürte sie, wie ihr Magen rebellierte und anfing nach Essen zu brüllen, doch das kam nun wirklich in einem äußerst schlecht gelegenen Zeitpunkt. Er musste eben warten. Stattdessen sah sie den ersten Arm, der um die Ecke tauchte, was soviel hieß wie höchste Zeit um einzugreifen. Jetzt! In der Sicherheit, dass Rociel es gehört hatte, tauchte sie nach vorne, mit den Knien rollte sie sich vor zwei Feinden ab, die nur grunzende Laute von sich gaben. Doch ehe sie reagieren konnten, sprang sie nach oben und zerteilte ihre Körper wie es ein perfekter Schlächter nicht hätte tun können. Aufgelöst fielen die Körper um, während sie den nächsten beiden ihre Klingen entgegen streckte. Blitzschnell zog sie die Klingen wieder heraus und setze nach, nutze die Lähmung, die nicht lange anhalten würde. Ihre Angriffsklinge wirbelte in die Luft, mit der linken schlug sie zwei gierigen Feinden die Hände ab, dann fing sie die Angriffsklinge wieder auf und holte zu einem Wirbelschlag aus. Die beiden Verwundeten wurden enthauptet, ohne Mühe war der druckvolle Schlag durch ihre Halsbeine gegangen. Plötzlich flogen fünf Köpfe an ihr vorbei, einer landete auf der Schulter eines ihrer Gegner und fiel von dort zu Boden, die anderen vier knallten an die Wand und hinterließen dort schwarze Flecken. Manche waren auch zersprungen. Verwirrt wich sie nach unten und sah zu Rociel, dieser stand nur lässig vor fünf Enthaupteten und zwinkerte ihr in dieser Sekunde zu, ehe er auch nach hinten wich. Neun Stück waren besiegt, aber noch immer standen etwas weniger wie zwanzig gegen sie.
Zusammen orientierten sie sich zur Mitte des Raumes, konnten solange Angriffe abwehren, dann stießen ihre Rücken aneinander und sie tauschten mitten im Schlachtgetümmel Befehle aus. Das ganze geschah durch die Pfiffe, die sie einstudiert hatten und nun begann erst der richtige Kampf. Die hirnlosen Toten hielten noch immer dieselbe Taktik und wurden dadurch geradezu in den Tod getrieben. Zwar hatte eine Welle, die aus viel Wasser bestand, eine wahre zerstörerische Macht, doch wenn man sie gegen eine Stahlwand liefen ließ, hatte sie keine Chance. Und eine Stahlwand präsentierte sich ihnen jetzt, bester Stahl aus den besten Schmieden. Immer wieder zuckte ihr Krummsäbel hervor, verhakte sich in dem schleimigen Körper eines Faulenden und zog große Teile heraus, ein Mensch wäre bei diesen Qualen und Schmerzen gestorben, doch aus den schwarzen Augen war keine Bewusstseinsveränderung zu sehen und aus den schwarzen Rachen kamen immer dieselben Laute, Schreie freilich waren auch dabei und zwar zur Genüge. Doch durch ihre enge Standweise hatten sie es nun schwerer überhaupt an die Geschwister heranzukommen und es war an der Regel, dass immer wieder Gliedmaßen verloren gingen, da sie in eine der Klingen geraten waren. Isabell alleine hatte in einem Schlag drei Handhälften durchbohrt. Ihr Schwert bohrte sich immer tiefer in das Fleisch, doch richtige Treffer mochten auch nicht gelingen und so zog sich der Kampf ein wenig, doch immer wieder fielen die Untoten einfach um, da schwere Verletzungen gelandet waren, nur um kurze Zeit später wieder aufzustehen.
Wir müssen sie effektiver bekämpfen. Komm! Raus aus dem Pulk! Isabell folgte, flohen sie noch ein weiteres Stückchen weiter nach hinten, die untote Masse hinterher. Ein paar Sekunden gewonnen, mehr nicht. Pass auf, gleich wird es hier ein wenig nach geräuchertem Fleisch stinken, aber das macht nichts. Du musst mir Deckung geben, der Rest erledigt sich von selbst. Ihr Bruder ging in Deckung und zerrte eines seiner Tücher heraus, hantierte an der Flamme, während sie sich schon um die ersten Angriffe kümmern musste. Während vor ihr der Kampf weiterging, bastelte ihr Bruder hinter ihr, aber sie wusste, dass er sich beeilen musste, denn gegen zwanzig dieser Kreaturen konnte man nicht lange bestehen. Dann aber hörte sie ein leises Ja aus der Ecke kommen, doch was sich da tat, konnte sie nicht sehen. Aber sie konnte durchaus sehen, was sie danach tat, denn während sie langsam aber sicher gegen eine Wand gedrückt wurde, kam ihr Bruder, in der einen Hand das Schwert, in der anderen die Fackel, wie bisher auch, nur dieses Mal brannte die Fackel wesentlich höher, gute zweihundert Prozent vielleicht. Das Feuer der Fackel stieg noch nach oben, doch Rociel kämpfte sich eine kleine Nische, aus dem Pulk heraus und ging wieder den entgegen gesetzten Weg, Richtung Thronsaal. Dabei lockte er die meisten der Verfaulenden mit sich, doch sie alle gingen jämmerlich in den Flammen auf. Das Feuer zerfetzte ihre Körper, brachte ihr schwarzes Blut zum kochen. Umgebracht hätte es sie nicht, doch es hinderte sie an jeder Verfolgung. Während sich die feuchte Haut in den Flammen wand und der Körper erneut gelähmt wurde. Als die meisten ausgeschaltet waren, warf er die Fackel zur Seite und kämpfte sich zurück an ihre Seite. Vielleicht noch sieben, acht Untote hatten der Flammenhölle widerstanden, doch nun war Schluss. Nun waren sie es, die in die Zange genommen wurden, von beiden Seiten angegriffen, reagierten sie wieder mal zu langsam und träge und bekamen dafür den Tod. Nun fielen die Köpfe wie reife Äpfel von den Ästen und ehe sie sich versahen gab es keine mehr. Doch noch war nicht Schluss, denn während ihres Kampfes hatten sich einige der brennenden Untoten wieder aufgerichtet und schienen nun, trotz verkohlter Haut, weiterkämpfen zu wollen. Konnten die nicht einfach liegen bleiben?
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| 01.04.2004 21:55 | #84 |
| Todesfürst |
Dieser Gestank…unerträglicher Gestank von verkohltem Fleisch, von brennenden Knochen und versengten Blutbahnen. Es stank, als ob man eine Leiche verbrannte, eine Leiche, die seit Jahren im Boden lag und noch nicht vollständig verwest war. Er wollte so schnell wie möglich wieder weg und die paar Hindernisse sollten daran nicht stören. Noch einmal fuhr seine Schwerthand aus, gemeinsam mit seiner Schwester klirrte es in dem Raum noch einmal, als sie im Paarlauf auf die paar verbliebenen Gegner zustürmten. Noch ein letztes Mal splitterten Knochen ab, wurden Hälse durchtrennt und Gliedmaßen entfernt, ein letztes Mal taten sie sich dieses Grauen an, verrichten das Handwerk eines Schlächters, doch erst als der letzte der sechsunddreißig Toten kopflos zu Boden sank und dort mit aufgerissenen Kniescheiben liegen blieb, war endlich Ruhe. Ohne sich noch groß um mögliche Nicht-Tote zu kümmern, warf er nur einen Blick auf die stumme Leichenhalle und rannte dann heraus. Die Fackel nahm er natürlich wieder mit, doch die Flamme ließ er erst mal auf der Übergröße. Man wusste ja schließlich nie. Auch das Schwert steckte er nicht weg, wollte auf mögliche Überraschungen vorbereitet sein. Das Problem von Hindernissen in Form von Türen hatten sie jetzt nicht mehr, ein einziger Vorteil, den sie aus diesem Kampf geholt hatten. Sie waren zwar wie erwartet als Sieger aus diesem irrsinnigen Duell heraus gegangen, doch das erste Mal war es alles andere als Sicher gewesen. Zum ersten Mal hatte Skelldon sein wahres Gesicht gezeigt und die Stärke einer Armee unter Beweis gestellt, die aus tausenden von solchen auferstandenen Toten bestand. Doch für die tausend war es zu spät, vielleicht war es auch für Skelldon schon zu spät. Jede Sekunde die sie überlebten musste ein Schock für ihn sein, vielleicht konnte er sie ja gar nicht kommen hören und lebte in ständiger Ungewissheit. Aber andererseits hatte der Lord gesagt, dass Skelldon sie immer sehen konnte, von daher war dies wohl ungewiss. Doch egal ob er wusste ob sie kamen oder nicht, er musste sich seine Gedanken machen, es wäre wohl irrsinnig einfach auf seinem Thron zu sitzen und nichts zu tun. Aber vielleicht war er ja tatsächlich so abgebrüht…vielleicht war er so ein Spieler, der es liebte seine ganzen Trümpfe erst am Schluss auf den Tisch zu legen. Konnte er sich das leisten? Rociel grinste in sich hinein, den er kannte die Antwort, er kannte sie sehr wohl… Er wusste mehr, als Skelldon vielleicht dachte. Doch zunächst mussten sie noch an einer Prüfung vorbei. Skelldons Leibwache. Sie war bisher noch nicht in Erscheinung getreten und der Fürst hatte sehr wohl eine Ahnung, wo dies geschehen könnte. Er vermutete sehr stark, dass es im letzen Raum, vor dem Thronsaal passieren würde. Denn so war es auch beschrieben, dass nach der Leibwache nichts mehr vor ihnen lag, außer Skelldon und seine vier schleimigen Vertrauten. Die Leibwache…oh ja, Rociel hatte großen Respekt vor ihr, obwohl er sie noch nicht einmal kannte, schätze er schon jetzt ihre Kampfkunst, bereitete sich darauf intensiv vor. Noch ein langer Gang, ein Raum und dann der Thronsaal. Es war noch nichts entschieden, noch waren sie nicht da.
Mit schnellen Schritten durchquerten sie zuerst den Verbindungsgang, der jetzt zwar keine einzige Tür besaß, dafür aber viel heller dalag, danach den ersten der zwei Räume mit den Nischen und dann endlich traten sie auch in den letzten der Vorräume ein. Hier war es nun absolut still, nichts rührte sich mehr. Die einzigen Gefahren, sie lagen ein paar Meter entfernt, tot und entmachtet am Boden. Es gab nur noch eine mögliche Wegzweigung, eine große, viel prächtigere Tür stand vor ihnen. Sie war nicht aus Holz, sondern aus massivem Eisen, so schwer, dass seine Schwester mit anpacken musste, dass sie aufging, aber auch nur einen Spalt. Über der Tür war das Zeichen von Skelldon, ein Zeichen, dass man bei genauerem Hinsehen noch an anderen Orten finden konnte. Beispielsweise prangerte es auf jeder Stirn, egal ob Skelett oder Verfaulter. Ein Hoheitssymbol, dem sich jeder hier unterwerfen musste, aber nicht sie, sie nicht. Da konnte es aus den Augen des Skelettschädels noch so sehr aufglühen, als sie darunter gingen, diese kleinen Tricks bereiteten ihm keine Bauchschmerzen, viel mehr war es die Tatsache, dass der Gang ungewöhnlich breit war. Vielleicht zehn Meter? Aber dafür hatte er sich noch einmal extra geschmückt, mit feinsten Kostbarkeiten, die es für einen Menschen zu sammeln gab. Dachte Skelldon etwa immer noch als Mensch? War dies möglich? Zumindest sprach die Gestaltung des Ganges eine ungewöhnliche Sprache, der gesamte Boden war mit einem Teppich verziert, doch es war weiße Seide, kein billiges Zeug, mit hässlichen Farben versehen, um hässliche Blutflecke zu vermeiden. An den Wänden hingen Statuen, die alle Menschen zeigten, die etwas verkündeten. Zudem waren übergroße Gemälde von Menschen aufgehängt, die sie auch im Oberen Viertel von Khorinis oder der feinen Adelsschicht von Gorthar hätten sehen können. Menschen mit Brokathemden und edlen Seidentüchern, Samtkleidern und übergroßen Strickkragen. Das ganze wirkte wie ein Wettbewerb um das schönste Gesicht, oder auch das teuerste, doch was hatte das in einem Palast eines untoten Skelettes mit Bezug zu Beliar bzw. der Hölle zu suchen? Rociel rätselte angestrengt, doch noch fiel ihm nichts ein, doch das würde sich vielleicht noch ändern, denn der Gang war ja noch lange…
Nach einiger Zeit veränderte sich das Bild des Ganges, doch es wurde nur noch protziger. Nun fuhr man schwere Geschütze auf. Es war ein Palast, also sollte er wohl auch so geschmückt werden, wie ein echtes Königshaus. Zu seiner Linken, sowie zu seiner Rechten befanden sich reich verzierte Rüstungen, die auf Hochglanz poliert an einem Rüstungsständer hingen, daneben waren prächtige Waffenbretter mit Schwertern und Äxten, mit Speeren und Hellebarden. Und sogar Schilde hingen zuhauf daran. Rociel hatte noch immer keine Ahnung was das sollte, doch langsam kam er sich ein wenig veralbert vor. Das alles machte keinen Sinn, wieso tat er das? Er musste doch wissen, dass er kein Mensch war, sondern nur ein kleines, verstaubtes Skelett? Wozu brauchte ein Skelett diesen schillernden Schund?
Etwas später blieben sie stehen, besser gesagt, seine Schwester blieb stehen, genau in der Region, wo sich der Gang wie ein Waran in ein schillerndes Paradies aus prächtigen Bänken verwandelt hatte. Ich brauch mal eine kleine Pause. Mein Magen schreit nach Nahrung und Wasser hab ich auch keines mehr im Krug. Ihr Bruder nickte nur mild lächelnd. Ist gut und legte den Rucksack ab, um neues Wasser daraus zuholen. Eine Pause war sicher nicht verkehrt, jetzt war es sowieso egal, so kurz vor dem Ende, da sollte er keine Pause mehr kritisieren, keine Minute war mehr unnötig Verschwendung. Nur schlafen durften sie nicht, denn Schlaf bedeutete so nah an Skelldon eine unkalkulierbare Gefahr, die er nicht eingehen wollte.
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| 02.04.2004 16:00 | #85 |
| Isabell |
Als sie das kühlende Nass auf ihre Haut verteilte, auf den Armen und Beinen, da stiegen kleine Schwaden voller Dampf in die Luft. Wie Wasser, das man auf einen heißen Stein schüttete, ihr Körper selbst, er glühte förmlich unter der Belastung. Schweiß war schon lange aus den Hautporen entwichen, egal ob an den Armen, den Beinen oder am Hals. Nur an der Stirn hatte es sich gehalten, so gut es ging. Die Haare waren nicht mehr so verklebt und doch glichen sie einer Katastrophe. Durch die Tage in der Kanalisation war es einfach nur spröde geworden und vor allem auch dreckig. Wie viele Spritzer hatten sie schon abbekommen. Schwarzes Blut oder schleimiger Magensaft. Immer wieder streiften über ihren Körper Gliedmaßen und Knochen. Die Ratten hatten ebenfalls geblutet, nichts war mehr sauber, alles musste gewaschen werden. Aber wo sollten sie ihre Rüstungen hier unten waschen? Man konnte nichts waschen, dafür hatte man keine Zeit. Es herrschte Krieg, hier unten, mitten unter ihnen, denn sie waren eine der zwei Kriegsparteien. Selbst Isabell musste das hinnehmen. Sie war zum Glück keines der verwöhnten Adelskinder, keine hohe Gesellschaft mit edlen Stoffen und Prunk und Pracht, doch deswegen schätze sie trotzdem gute Ware und schöne Kleider. Aber die Tatsache, dass sie schon früh gejagt hatte, das war vielleicht gar nicht mal so schlecht. Jetzt störte sie der Geruch nicht mehr so und das Aussehen auch nicht, nur ein bisschen, denn für ihren Bruder musste es schrecklich sein, auch wenn er das wohl nie zugegeben hätte. Doch auch er hatte einiges mitbekommen, niemand war frei davon. Doch nicht nur einige üble Anhängsel hatten sie mitgebracht, auch der Geruch hing an ihnen wie die Pest an den Ratten. Von eben jenen Riesenratten hatten sie eine unüberriechbare Abwassernote mitbekommen, zudem noch die verwesenden Duftstoffe von Gedärmen. Doch allein der schreckliche Gestank, der in der ganzen Kanalisation herrschte, hätte gereicht. Das verschmutzte Wasser, die Kloake, der Dreck, der Schimmel, all das setzte sich da zu irgendetwas zusammen. Und dann waren da ja noch die auferstandenen Toten. Ihre verfaultem Gliedmassen gingen durch den ganzen Körper, es waren Tote, die nicht vollständig verwesen wollten und deswegen nicht zu Skeletten wurden, wie es normalerweise sein sollte. Doch der Rest hatte ihnen das Feuer gegeben. Auch wenn es notwendig war, altes Fleisch zu verbrennen, das war wirklich eine Zumutung. Trotz ihrer schnellen Flucht lag der Geruch in den Klamotten und sollte ohne eine vernünftige Wäsche nicht rauszukriegen sein. Ihr Bruder stank seit sie da waren und es war nicht schön sich ihm zu nähern, doch genauso roch sie auch und deswegen war es auch egal. Sie konnten ja nichts dafür, dass Skelldon keinen Rosenduft mochte.
Als die ersten Anzeichen von Wasser verschwunden waren und sich ihr Körper wieder ein wenig entspannt hatte, griff sie zum Essen. Es war seltsam, was in den letzten Minuten passierte, aber sie hatten tatsächlich die Nerven und hielten in Skelldons Ehrenhalle ein lockeres Frühstück ab, obwohl dies ihr letztes sein konnte. Die Halle war wirklich schön hergerichtet, derjenige der sie gestaltet hatte, musste wirklich Geschmack haben, nur leider war es nicht möglich diese ganze Schönheit mit einem vollkommen entspannten Gesicht zu genießen. Zu fertig war sie dazu, einfach zu anstrengend war der letzte Kampf. Außerdem stand der letzte Kampf noch immer aus und erst wenn Skelldon tot war und keiner seiner Diener mehr um sie stand, würde sie sich vollkommen entspannen können, eher war dies nicht möglich. Leicht knackend brach ein Stückchen Brot vom Laib ab, es war inzwischen schon erhärtet und lange nicht mehr so frisch, wie noch vor einigen Tagen. Wie lange waren sie hier schon unten? Fünf Tage? Sechs Tage? Zehn Tage? Irgendwann ging selbst so was verloren, geriet in den Hintergrund. Erst die Tageszeit, dann die Anzahl der Tage…bald wäre dann wohl auch das Stundengefühl dran. Eine Stunde schien hier unten so lange zu sein. Es fühlte sich an, als ob sie schon immer hier unten waren. Ihr Körper hatte den Geruch dieser Hallen angenommen, ihr Aussehen war sich auch schon am anpassen. Besonders aber mussten sich ihre Lungen umgestellt haben, denn wie sonst konnte es sich noch immer so normal anfühlen? Wo keine Fenster waren, wo keine Natur war, wo sollte da der Sauerstoff sein? Wo kam die Luft zum atmen her? Sie hatte sich diese Frage noch nie gestellt, auch nicht in der Kanalisation. Aber irgendwie musste es Luftwege geben, kleine Nischen in den Steinen, Leitungen und Rohre, irgendwas, aber ohne Luft hätten sie hier gar nicht herkommen können.
Isabell blickte leicht irritiert auf, als ihr Bruder die ganze Zeit über auf- und abging. Es machte sie leicht nervös, obwohl der edle Teppich die Geräusche dämpfte. Doch der Schattenwurf hatte auch gereicht, um zu nerven. Zusammen knabberten sie in dem Moment an Brot, warum auch immer, die Brösel fielen auf den Boden und blieben liegen, bis eventuell auch hier die Ratten kommen würden, kleine Ratten, große Ratten, Riesenratten…
I: Warum gehst du die ganze Zeit hin und her?
R: Ich denke nach, das kann man am besten im gehen, ist gut für die Durchblutung.
I: Und worüber denkst du nach?
R: Über vieles, beispielsweise, wie wir heil zu Skelldon kommen.I: Heil zu Skelldon? Meinst du seine Leibwache?
R: Aye!
I: Hm…vielleicht wie immer? Einfach so, wie immer.
R: Vielleicht. Vielleicht auch nicht.
I: Meinst du nicht, dass es besser wäre, wenn wir uns noch ein wenig ausruhen?R: Vielleicht. Ich weiß es nicht. Was ist, wenn die Zeit gegen uns ist?I: Häh? Wieso denn das?
R: Es könnte doch sein, dass Skelldon seine Truppen ruft.
I: Du meinst, nicht aus dem Palast?
R: Ich hab mir die Karte angeschaut, es gibt einen Gang, der wird als "Tor" bezeichnet. Er ist nur circa zehn Minuten von uns weg. Wenn da die Armee der Untoten reinströmt, dann sind wir erledigt.
I: Tja, wir wissen nicht, ob er überhaupt über solche Fähigkeiten verfügt. Ein Bote müsste an uns vorbei…
R: Erinnerst du dich noch an die Steinwand, mit dem Gesicht? Wieso sollte es nur im Palast klappen?
I: Also sollen wir aufbrechen?
R: Nein.
I: Nein?
R: Nein. Es ist nur eine Theorie. Keine erwiesene Tatsache. Ich möchte mich noch ein wenig ausruhen, nur ein bisschen…
Spielst du mir noch mal die Melodie der Jungfernbraut? Ich weiß, mittlerweile kannst du sie auswendig, aber ich denke, ich erzähl dir jetzt das Ende. Den letzten Teil ihrer Geschichte. Wahrscheinlich ist es das letzte Mal, dass wir hier unten so eine Ruhe haben und ich würde die Geschichte hier unten gerne abschließen. Und ja, keine Sorge, ich schreib sie mir wieder auf, damit es auch ja nicht verloren geht.
I: Ja, dann ist’s gut. Ich freue mich schon, aber zuerst muss ich noch was Essen.
R: In Ordnung, ist noch eine Moleratkeule da?
Die beiden machten sich nun über die immer noch großen Vorräte her. Aber es war gut, dass es langsam endete. Schon mehr als die Hälfte der vierzig Pfund hatten sie mittlerweile geschafft und vierzehn Pfund waren keine Welt mehr. Das war in drei, vier, vielleicht sechs Tagen weg. Wenigstens hatten die meisten Lebensmittel auch noch nach der langen Zeit einen einigermaßen guten Geschmack, das Fleisch konnten sie ja an der Fackel anbraten und so frisch machen. Nach dem guten Magenfüllen, griff sie aber zur Harfe, nachdem die Hände vorher gereinigt wurden und versuchte wieder die Melodie zu finden, die Rociel gemeint hatte. Es war nicht leicht, denn das Harfenspiel erforderte äußert viel Geduld und eigentlich musste man auch einen klaren Kopf haben, auch in der Natur sein und keine Gefahr fürchten müssen, das alles war eben nicht der Fall, aber Isabell war eine gute Harfenspielerin, die schöne Harfe liebte sie und sie liebte die Harfe. So konnte schon bald ein schöner Ton durch den schönen Gang gehen und die Ohren und Gehöre verzaubern…
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| 02.04.2004 19:59 | #86 |
| Todesfürst |
Es war geschehen in einer Nacht
Unbemerkt, so hat sie gedacht
Doch ihr Mann, der gehasste Tyrann
Überlebte das Gift, dank Zaubers Elan…
Einig warn sie sich nur in der Sache
Der grausam Tyrann wollte nur noch Rache
Blind und schwach, doch tückisch und reich
Voller Hass flammte sein Gesicht so bleich…
Seine Häscher fassten die liebliche Frau
Der Wind wehte schwül, die Luft war lau
Es war die bittere Rache, das dunkle Vergehen
So sollten sie sich hier wieder sehen…
In der Stadt, wo die Geschichte begann
Wo sie endete, egal wer gewann
Dort, an einem schwülen Frühlingstag
Den man sich gern vorstellen mag…
Auf einem dunklen Grund in Fackelschein
Mitten im Scheiterhaufen ganz allein
Um sie herum die Scheitel aus Holz
Behielt die junge Frau ihren Stolz…
Die kalten Augen ihres toten Mannes blickten
In trotzige Schönheit ohne Glanz
Mit eiserner Faust seine Männer sich schickten
Das Feuer zu zünden im jubelnden Tanz…
Ein lauter Gesang auf ihren Tod
Doch auch ein Schrei ihre Zunge verbot
Ihr toter Mann verschwand aus dem Bild
Sprach letzte Flüche und polterte wild…
Die Flammen rissen an ihrem zarten Leib
Ohne Hast krochen sie langsam empor
Beendetes Leben, für sie kein Verbleib
Aber nur das er stahl, sie sonst nichts verlor…
Der brennende Körper am schwarzen Pfahl
Ein langsamer Tod, die Sehnsucht nach Stahl
Und doch verspürte sie keinen Schmerz
Lebte im Sterben, ein trauerndes Herz…
Das Feuer aß nun schneller
Freiheit lautete ihr Geschenk
Der Tag er wurde langsam heller
Der Ring, er blieb am Handgelenk…
Und am Ende, in einer einsamen, stillen Nacht
Da hatte man sie einfach umgebracht
Befriedigt war nun des Mannes Wut
Verbrannt und verlodert in der Feuersglut…
Aber die Jungfrau war glücklich vereint zu zweit
In einer schönen Welt, des Tales weit
Im Licht der Götter sonnte sie sich nun
Und bekam den Lohn für ihr stetes Tun…
Der Gatte jedoch wurde jäh bestraft
Am selben Morgen von Miliz entlarvt
Dunkle Geschäfte seine Wege streiften
Nun die Henker ihre Äxte schleiften…
Sein Kopf entzwei
Den Richtern einerlei
Kein Geld der Welt
Ihnen gefällt
Und der Kopf ganz mau
In das Gehege der Sau
Der Körper in die Erde
Zu neuem Leben werde
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada,
Dada Dida Dadadadi, Dada Dida Dadadada,
Da...Da.....Da......... .
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| 02.04.2004 22:31 | #87 |
| Isabell |
Isabell wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, nicht sehr nass war es, aber einzelne Tränen waren doch aus ihrem Auge gesprungen, als ihr Bruder die Geschichte in langsamen Schritten zur langsamen Melodie erzählte. Nun war sie also aus, die Erzählung um die Jungfrau und ihren bösen Ehemann. Vielleicht war sie wirklich nicht gut, aber ihr hatte sie gefallen, dafür dass ihr Bruder kein Dichter oder Barde, sondern hauptsächlich ein heimatloser Jäger war, war sie doch gut gelungen. Dieses Mal spielte sie kein weiteres Stück, keine klagende Schlussmelodie, denn der Schluss war schon klagend genug gewesen. Sie hatte nicht erwartet, dass Rociel ein so trauriges Ende daraus machen würde, aber das war eben die Freiheit eines jeden Künstlers, seine Werke so zu gestalten, wie er es wollte. Aber wenigstens hatte die arme Frau am Ende doch noch ihr Glück gefunden und der Tyrann die gerechte Strafe bekommen, das war gut, sehr gut sogar. Aber trotz des Dramas war es ein erheiterndes Stück, denn so konnten sie wohl beide für ein paar Minuten an die Geschichte der Traumfiguren denken oder einfach nur an die Orte darin, an die Musik in ihren Ohren oder an etwas ganz anderes, hauptsache nicht an diese Räume hier, an diese Halle, an Skelldon, an die bevorstehenden Kämpfe, an alles eben.
Ganz anders sah es nach dem Ende aus, ein paar Minuten noch, dann standen sie beide auf. Sie verstaute die Harfe wieder gut und sicher und nahm sich genügend frisches Wasser in den eigenen Wasserkrug am Gürtel, auf das genug davon dablieb. Der Rucksack war nun wieder deutlich leichter geworden, dabei hatten sie sicher nicht mehr wie vier Pfund gegessen. Aber man merkte es dennoch, dass etwas fehlte. Nun, am Ende ihrer Reise. Dann ging es weiter, ohne große Worte, nur das Übliche eben. Die Karte zeigte den Gang an, doch sie verriet nicht, wie lange er noch gehen würde, doch sicher nicht mehr allzu lang, irgendwann musste der ganze Prunk ja einmal nachlassen. Und selbst wenn, hier blieb es bislang friedlich, vielleicht weil man nichts von dem edlen Zeug beschädigen wollte. Skelldon gab ihr ohnehin Rätsel auf, doch komischerweise konnte sie ihn ein wenig verstehen. Wem konnte es schon gefallen, wenn man einen riesigen Palast hatte, der wirklich nicht mehr an normale Größen von ihrer Welt erinnerte, doch dieser zu großen Teilen aus irreführenden Sackgassen und dunklen Gängen bestand. Sicher, es mochte Skelldon vielleicht gar nicht stören, wenn es dunkel war, aber ewig triste Gänge, das konnte selbst ein Skelett nicht ertragen. Oder?
Sie jedenfalls gingen weiter, auf dem Gang der Gänge, auf der Straße der pompösen Verschwendung, Glanz und Pracht wechselten sich ab und es gab immer wieder etwas Neues zu sehen. Mal waren es golden schimmernde Teppiche, die das Wahrzeichen von Skelldon eingestickt hatten, mal waren es aber auch nur die ganzen Gemälde, die sich anscheinend bis zum Ende ziehen würden. Ein Bild tauchte besonders oft auf, und zwar ein Bild eines Mannes, der ziemlich groß war. Dazu trug er meist eine edle Rüstung und sein Gesicht hatte rötliche Hautfarbe. Er hatte lange, blonde Haare und auf fast den ganzen Bildern eine schillernde Rüstung an, bis zum Kragen jedenfalls. Er war die häufigste Figur, die auf den Gemälden abgebildet war, doch ansonsten gab es noch vier weitere männliche Personen, die mehr als nur einmal abgebildet waren. Die Bilder zu malen musste eine Menge Zeit in Anspruch genommen haben und sicherlich war das auch nicht ganz billig, denn die Rahmen glänzten nach Gold und die Bilder wirkten wie Ölfarbe, die sehr teuer war. Aber trotzdem war die Frage, was ein Skelett wie Skelldon, das dem richtigen, dem wahren Leben schon lange den Rücken gekehrt hatte, mit menschlichen Bildern wollte und da kam ihr plötzlich eine Idee. Was wäre, wenn auf den Bildern Skelldon und seine vier Vertrauten abgebildet waren? Nur eben noch zu der Zeit, wo sie nicht dieses Leben fristeten?
I: Hey Bruder, schau dir mal die Bilder an.
R: Hm? Die Gemälde meinst du? Schöne Bilder, ja?
I: Schau sie dir mal genau an.
R: Und nu?
I: Komm mal mit. Ich bin mir sicher, ein paar Meter weiter und du wirst mich verstehen.
Sie gingen wie gewohnt weiter den Gang entlang und nach wie vor präsentierten sich die Bilder in regelmäßigem Abstand vor ihnen. Sie waren so groß an der Wand, dass man sie gar nicht übersehen konnte und tatsächlich, ihr Verdacht bestätigte sich ohne Zweifel, denn bei den nächsten drei Bildern war wieder zweimal der blonde Mann drauf.
I: So, siehst du es jetzt?
R: Hm…ne, was denn?
I: Na die Menschen auf den Bildern. Sie sind gleich. Vor allem der blonde mit den langen Haaren taucht auf fast jedem Bild auf und dazu immer mal wieder einer dieser vier anderen. Weißt du noch, was in dem Buch stand? Skelldon hat vier Vertraute?!
R: Hm, also willst du etwa damit sagen, dass diese Leute hier, diese Männer, Skelldon und seine Vertrauten darstellen?
I: Exakt.
R: Hm, tja das könnte stimmen. Eigentlich sehen sie alle ganz normal aus. Wie bei einer Ahnengalerie. Dieselben Bilder könnten im Schloss des Königs hängen oder in einem anderen Palast, sie würden auf keinen Fall mit einem Untoten in Verbindung gebracht werden. Aber es hieß ja auch, dass er seine Macht auch aus seinem früheren Leben schöpft. Interessant nicht wahr?
I: Mal schauen, direkt weiter bringt es uns ja nicht, wir wissen nur, was uns erwarten könnte.
Erst jetzt fiel Isabell ein leichtes Grinsen in allen Gesichtern auf. Seltsam, eben war das doch noch gar nicht… Trotzdem gingen sie weiter und tatsächlich kam vor ihnen schon etwas in Sicht, ein mögliches Ende des schönen Ruhmganges?
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| 03.04.2004 12:46 | #88 |
| Todesfürst |
Eine prächtige Steintür bildete das Ende des Ganges mit dem ganzen teuren Plunder und der Pracht eines reichen Mannes. Egal was die Bilder nun darstellten oder wozu der ganze Prunk diente, jetzt sollte er bald hinter ihnen liegen, nur noch eine reich verzierte Tür stand zwischen ihnen und dem letzten Raum vor dem Thronsaal, wenn die Karte denn stimmen sollte und bis jetzt hatte sie sehr genau gestimmt. Auf der Tür war das Zeichen von Skelldon besonders edel eingesetzt, mit prächtigen Edelsteinen war es verziert, in seinen Augen hingen zum Beispiel zwei rote Rubine, die mit ihrem kräftigen Licht funkelten. Daneben gab es noch allerlei andere schöne Steine zu sehen, selbst der Griff war vergoldet, vielleicht sogar massiv Gold. Irgendwie mochte Rociel diesen Prunk nicht, denn er hatte nichts mehr mit der Realität und diesem Palast zu tun. Man konnte eventuell spekulieren, ob Skelldon noch immer an seinem früheren Leben hing und sich dies alles erhalten wollte. Vielleicht war er einst ein reicher Mann gewesen, vielleicht sogar ein Adliger oder gar ein König, wer wusste schon, was damals passiert war, was ihn hierher brachte und was ihn zu so einer Kreatur verkommen ließ. Die Antworten auf diese Fragen lagen irgendwo hier unten, aber man konnte sie nicht nur mit suchen finden.
Der Fürst stand vor der Tür, hatte schon die Hand um den großen Griff gelegt, zögerte aber noch. Er und seine Schwester standen nun da, ihre Körper waren sichtlich geschunden, Dreck, Staub, eigentlich alles hing an ihnen. Schön waren sie wirklich nicht mehr und auch ihr Körper hielt physisch schon lange gegen den Zusammenbruch. Sicher musste man so was aushalten, wenn man stark und mächtig sein wollte, aber sie waren beide keine Krieger, nicht in dem Sinne. Ihre Körper waren schmächtig, zumindest für ihn ein untypisches Bild. Er konnte nie mit Männern wie seinem Freund Long oder auch seinem Freund Druid mithalten, sie alle waren trainiert durch ihre Arbeiten, durch ihre Schicksalsläufe, die sie immer schwer arbeiten ließen, doch selbst nach seinem Aufenthalt im verhassten Minental und in der Mine der Banditen konnte man nicht sagen, dass sein Körper viel mehr Muskelmasse angebaut hatte. Alles was ihn immer auszeichnete war eine eiserne Ausdauer, einen Ehrgeiz, der niemals aufgab. Denn wer aufgab, der hatte verloren und im Krieg bedeutete eine Niederlage das Ende, den Tod. Er wusste, dass der Heiltrank, den sie getrunken hatten, ihnen Kraft und Adrenalin verlieh, dass sie durchaus noch in der Lage waren zu kämpfen. Doch wann sie zuletzt geschlafen hatten, er wusste es nicht. Wirklich nicht. Verschiedenste Gefühle waren verloren gegangen, eine Menge hätte er gerne wieder gehabt, doch es war nicht möglich, scheinbar mussten sie das durchstehen.
In dem Moment, wo er den Griff herunterdrücken und mit Hilfe seiner Kraft die sicherlich schwere Tür öffnen wollte, blieb er aber stehen und fasste noch einmal ein kurzes Fazit, eine kleine Beobachtung von ihnen, nichts Besonderes, aber vielleicht wichtig. Er spürte in seinem Herzen eine gewisse Trauer, seine Schwester und er, sie hatten in den letzten Tagen, seit Beginn der Suche, kaum mehr Zeit gehabt. Der Versuch in den wenigen Pausen ein wenig zu träumen war aber gelungen, er selbst empfand die Geschichte, die er sich ausgedacht hatte, als guten Lückenfüller, während er an die Jungfrau dachte, konnte er vergessen, konnte er in den Erinnerungen von Fauna und Flora schwelgen. Mal waren sie unaufmerksam gewesen, mal hoch konzentriert, aber immer schafften sie es. Mit List und Tücke, ihrem Willen, ihrem Talent und ein bisschen Glück, hatten sie es wieder geschafft. Wer weiß schon, wer es bis hierher geschafft hatte. Doch sicher war eines, noch hatte Skelldon genügend Trümpfe im Ärmel und diese zu spielen, darauf musste ein guter Spieler nun wert legen. Jeder Spieler musste immer rechtzeitig die Trümpfe spielen, denn sonst war das Spiel vorbei.
Der junge Fürst nahm die Hand von Isabell und streichelte mit seinem mehr oder weniger sauberen Fingern über sie. Sie hatte wirklich ihren Glanz verloren und war doch noch immer so ähnlich wie aus den Erzählungen über die Seraphim. Sie sahen sich dabei wieder gedankenverloren in die Augen und doch schien seine Schwester zu wissen, dass es kein schöner Moment war, um sich fallen zu lassen, den Körper zu vergessen und nur noch in Sinnen zu leben. Zärtlichkeit in einem Moment, der wohl wenige Momente vor möglichen Höllenqualen und Schmerzen standen, es war fast schon pervers sich in dem Moment zu küssen, sich noch einmal neue Kraft zu wünschen, dem Partner Unsterblichkeit zu verleihen und ihm zeigen, wie sehr man ihn doch liebte, ja, mit dem Wissen das sie hatten war es das vielleicht, aber das war ihnen egal. Ihre Küsse waren nicht mehr übermütig und auch nicht mehr intensiv, sie waren nur noch irrsinnig träge, wie Stunden vergingen dort die Momente. Jeder Wimpernschlag war schneller als ihre Berührungen und nur zweimal trafen sich ihre Lippen, nur zweimal in so langer Zeit…
Und nun, zu guter letzt, werden wir durch diese Tür schreiten und unsere untoten Feinde in die tiefste Hölle der Welt stürzen. Im Glauben an den Herrn, den Gott Innos, der unsere Aufgabe lenkt, unser Ziel erfüllt und unsere Kraft bestimmt. Im Glauben, an die Kraft des Guten, der Macht des Kampfes. Ich bete zum Gott der Schwerter, in dieser düsteren Stunde, so dass er meine Klingen und die meiner Schwester segnen soll, um ihnen die Kraft zu verleihen, jeden Feind hinter diesen Türen zu vernichten. Ich danke dir. – Amen.
Der goldene Griff sank unter dem Druck seiner Hand, die steinerne Tür wich nach innen, wo sie mit vereinten Kräften bewegt werden konnte. Doch sie taten sich nicht mehr bald schwer, denn schon bald fuhr die Tür von alleine herum, bis sie sich in einer Nische auf der anderen Seite einklinkte. War ja irgendwie klar, dass solch eine prächtige Tür irgendwelche Schikanen besaß. Sie traten mit ehrfürchtigen, aber entschlossenen Schritten heraus, mit schnellen Schritten wuselten sie zur Mitte, wo eine große Plattform stand. Die Momenteindrücke waren nur gering wahrzunehmen, eine große Halle war es, fast so breit wie der ruhmreiche Gang, prächtige, schwarze Marmorsäulen habend, aber ansonsten jämmerlich verziert. Kein Teppich mehr, ihre Stiefel raunten durch die Weite, Farben vermisste man. Das sie alles kaum sehen konnten lag daran, dass sie sofort erspäht und angegriffen wurden. Die Wachen die hier überall in Reihe standen, mächtige, weiße Skelette, bleckende Einhandschwerter trugen sie, doch dazu noch runde Schilder, eckige Schilder, auf jeden Fall gut geschützt. Von ihrer Anzahl fünf, stürmten sie sofort auf sie zu, ließen gerade mal Gelegenheit die Waffen zu ziehen.
Rociel hatte es erwartet, der Kampf begann, ohne Pause, ohne ihnen Zeit zu geben zu atmen.
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| 03.04.2004 14:56 | #89 |
| Isabell |
Ein guter Kampf, was war schon ein guter Kampf? Die Klingen noch eben gesegnet, stürzen wie ein wilder Bachlauf aufeinander ein. Isabell fuhr herum und donnerte mit ihrer Angriffsklinge gegen das hölzerne Schild eines Verteidigers und durchbrach dieses wie ein dünnes Stück Pergament. Gleichzeitig fuhr sie wieder nach vorne, wo sie mit der zweiten Klinge einem hervorschnellenden Schwert Paroli bot. Ihr Bruder befand dicht neben ihr und sie wussten, dass sie wieder zusammenarbeiten mussten. Schon ein wenig geschwächt, ließ der Heiltrank langsam nach, bald schon müssten sie den nächsten trinken. Doch nun stand dieser Kampf aus, hier konnten sie das nicht tun. Es war wie immer, auf einmal zogen die Muskeln an und die Knochen wirkten wie frisch geboren. Isabell fuhr blitzschnell in die Hocke, während eine Klinge über ihren Kopf sauste, schnellte sie mit beiden Schwertern im Angriff hervor und landete in einer Knochenbrust, die polternd zusammenbrach. Schnell musste sie ausweichen, kamen doch zwei Klingen auf ihren Oberkörper zu, doch sie wirbelte ihre Schwerter zur Seite und ließ den Angriff verpuffen. Das eine Skelett hatten sie besiegt, wie ein Gefallener sank es zu Boden, das Schwert fiel auf den Boden mit lautem Geräusch und das Schild blieb fest in der linken Hand. Doch die junge Frau konzentrierte sich schon wieder auf die nächsten Angriffe, die unaufhörlich weiter gegen sie brandeten. Auch Rociel hatte so seine Mühe, doch er wich immer zu einer anderen Seite, bewegte sich in ihrem Takt und hielt ihr zwei Skelette vom Leib. Doch noch immer standen zwei dieser sonderbaren Kreaturen vor ihr, ließen nichts unversucht um durch die zwei Schwerter zu kommen. Ihre Knochen waren anders, das waren keine Skelette mehr, wie sie sie bisher kannten, ihre Knochenfarbe war kalkweiß, kein brauner Schimmer mehr. Sie strahlten sogar ein wenig, in dem teilweise recht wenig beleuchtetem Raum.
Isabell fuhr wieder ein zweites Mal nach hinten ließ sich nun ein wenig zurückfallen, tauchte nicht mehr zu oft im Angriff auf. Durch ihren Kopf schossen zahlreiche Gedanken, wie sie die beiden Feinde am einfachsten besiegen konnte, doch das war gar nicht so leicht. Mitten im Kampf entdeckte sie urplötzlich einen Deckungsfehler eines der Skelett und ihr Schwert fuhr nach vorne, doch als der Betroffene schon zu spät reagierte und ihr Schwert unmittelbar vor dem Eintritt in den Halswirbel stand, ertönte nur ein dumpfer Aufprall und ihr Krummsäbel donnerte gegen eines der Schilde, dass der Skelettpartner schützend vor seinen Kollegen gehalten hatte. Das ganze brachte sie in Verhängnis und es war ein Segen, dass sie nicht mit beiden Schwertern nach vorne geschnellt war, ganz ohne Deckung, ohne alles. Immer wieder trafen sich die stählernen Klingen, in dem hohen Raum mussten die Töne selbst noch ganz oben im dunklen Schwarz zu hören gewesen sein. Der Kampf zog sich, er wurde immer länger. In dem Moment, wo sie unwissentlich einen Kreis gedreht hatte, hörte sie einen Pfiff, zuerst zögerte sie noch, dann aber meinte sie sich zu erinnern, was ein langer Pfiff zu bedeuten hatte. Sie sank erneut auf die Knie, eine schützende Verteidigung mit zwei gekreuzten Klingen aufgebaut, da krachte splitternd ein Schädel der Skelette vom Körper und sie vernahm nur Sekunden die funkelnde Klinge von Rociel. Sofort reagierte sie richtig, blockte in gebückter Haltung den zweiten Angriff des zweiten Skelettes wieder selbst, doch dann zog sie eilig das linke Schwert aus der gekreuzten Haltung und platzierte es wuchtig geradeaus in der Seite des Skelettes. Der weiße Knochenhaufen taumelte nach hinten, während sie in einem eleganten Satz wieder ihren Oberkörper nach oben brachte. Während das Skelett immer weiter von ihr nach hinten geschleudert wurde, setzte sie nun endgültig nach. Schnell lief sie über die Knochen des Skelettes, das Rociel noch eben enthauptet hatte und in Richtung des scheinbar noch nicht endgültig Besiegten.
Dieses hielt sein Schwert schützend vor sich, doch das nützte nichts, aber wirklich rein gar nichts. Zuerst holte sie im Lauf aus und schlug bewusst mit der rechten Angriffsseite auf das Schwert des Skelettes, das unkonzentriert war und deswegen seinen festen Griff verloren hatte. Eine Sekunde später krachte ihre linke Hälfte, die ebenfalls auch angreifen konnte, wenn es nichts zu verteidigen gab, in den Oberkörper, wo es aber nur eine Rippe durchbohrte und sonst aber keinen Schaden anrichtete. Leicht keuchend stand sie dann da, mit überkreuzten Armen und pustete nur einmal kräftig durch, ehe sie ihre überkreuzten Klingen wieder in die richtige Seite brachte, allerdings während sie nach vorne fuhren. Kurz vor Einschlag in den Knochenkörper trafen sich die Schwerter und klirrten schaurig, wie ein schriller Schrei klang es und hätte das Skelett ein Stimmband gehabt, ähnlich wie diese schwarzen Kohleskelette, es hätte nun geschrieen, eben aufgrund jedes Schwertklanges. Es war ein eigenartiges Gefühl, dass in ihrer Hand wütete, als die Klingen einen Knochen nach dem anderen durchfuhren, doch gleich als die Schwerter wieder in der freien Luft waren, drehte sie sich um und rannte zu Rociel…ein paar Sekunden später, als sie es schon längst nicht mehr hörte, fiel der Körper auseinander, solange hatte es gedauert, bis die Knochen merkten, dass sie duzende Male durchtrennt worden waren.
Rociel hatte immer noch mit einem Skelett zu tun, dass scheinbar immer wieder sein Schild einsetzte um die Angriffe ihres Brüderchens abzuwehren, doch sein Dienst vorhin war trotzdem unbezahlbar gewesen. Nun stürmte sie ein weiteres Mal auf ein einzelnes Skelett zu, doch dies war schon tot, als sie es sah. Mal ganz abgesehen davon, dass eh alle Skelette längst tot waren. Sieben Meter vor dem Skelett nutzte sie erneut den Schwung aus und fuhr mit gestreckten Schwertern nach hinten, warf sich dann auf den Boden nach vorne, legte die Klingen scheinbar sanft ab und stieß sich mit den freien Händen gleichzeitig wieder vom kalten Stein ab. Den Schwung des Anlaufes nutzend, geriet ihr Körper in die senkrechte Lage und bevor das Skelett überhaupt merkte was los war, stießen ihre Stiefel in den Körper, ehe sie wieder, leicht verdreht, mit beiden Beinen auf dem Boden landete. Das Skelett jedoch hatte schwere Schäden hinnehmen müssen, etliche Knochen waren gebrochen, weggeflogen, aus dem ganzen anatomischen Körper herausgerissen. Ausgerechnet die Schwerthand hatte sie erwischt. Das ganze war eine Mischung aus witzigem und schaurigem Anblick. Zwei Drittel des Schwertarmes hingen dem Skelett nun zu Boden und seine Hand war dadurch unfähig zu schlagen, zudem war das Schwert auf den Steinboden gefallen. Mit neugierigen Blicken verfolgte sie die kurze Szene, konnte sie sowieso nicht mehr viel machen ohne ihre Schwerter und außerdem wusste sie, dass es nicht mehr notwendig war. Aus Rociels Hand fiel die riesige Flammenfackel zu Boden, rollte dort ein wenig zur Seite. Ihr Bruder nahm Anlauf und während sein Schwert nach oben fuhr, packte er es mit beiden Händen am Griff, dann fiel es auf den Körper des Skelettes, das nun nur noch seinen schützenden Schild vor sich halten konnte… Das Schild wurde durchbrochen, so hart musste dieser Schlag gewesen sein, dass es dort, wo die Klinge hindurch fuhr, in zwei Teilte splitterte, gleichzeitig jedoch stoppte es nicht, sondern ging durch den gesamten Oberkörper, bis Rociel es abschloss und mit einem Schlag gegen den Hals das Skelett endgültig besiegte.
Dann stand sie wieder auf. Aus ihrer beobachtenden, knienden Haltung aufsteigend, schnappte sie sich rasch ihre Waffen, wie ihr Bruder die Fackel, die er erst jetzt eiligst wieder deutlich verkleinerte, auf ein paar Zentimeter. Erst jetzt hatten sie Gelegenheit sich ein wenig mehr umzusehen und das einzige was sie sahen war ein Raum, der in der Höhe nicht mehr einsehbar war und in der Breite eher dünn war. Es war ein Rechteck, das den Raum prägte. Die riesigen Säulen, sie waren so hoch, so etwas hatte sie noch nie gesehen. Glänzender Marmor war ihr Baustoff, schwarz und doch immer wieder mit weißen, milchigen Flächen. Der Boden war aus ordinärem Stein, der wohl auch in Khorinis liegen konnte und war nichts Besonderes. Das war dafür die Treppe. Eine einzelne Treppe war ein paar Meter vor ihnen an die Wand gemeißelt, ein dünner Sims war in einigen Metern Höhe angebracht. Doch noch viel ungewöhnlicher waren die kleinen Gänge, die nicht in die Karte verzeichnet waren. Sie nahmen sie nur als schwarze Löcher war. Und dann war da dieses Tor, ein Tor aus reinem Marmor, es war jener schwarze Marmor. Es blitzte und wurde hier am Tor von zwei riesigen Fackeln erhellt, die noch größer waren als Rociels Fackelflamme, viel, viel riesiger. Gute drei Meter hoch und unheimlich pulsierend. Doch während sie sich näherten, langsam und vorsichtig, hörten sie auf einmal ein Lachen, gar nicht mal so ungewohnt klang es. Doch es war nun viel intensiver, viel lauter und viel näher, als ob derjenige, dem diese Lache gehörte, nur wenige Meter von ihnen entfernt war.
In einigen Metern Entfernung sahen sie dann, wie sich das schwarze, hell erleuchtete Marmortor veränderte und wieder zu einer flüssigen Form verlief. Im Tor selber erschien dann der Schädel mit seinem untoten, menschlichen Knochengesicht, doch bevor er etwas sagen konnte, was er wohl sicher vorhatte, trat Rociel einen Schritt nach vorne und bot dem riesigen Schädel die Stirn.
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| 03.04.2004 16:28 | #90 |
| Todesfürst |
Keine Angst und keine Rache
Keine Rache ohne Angst
Willst du baden in unsrer Lache
Ist es das, was du verlangst?
Schick uns kein weitres Wort
Lass die Stimmen endlich ruh'n
Sind gekommen an diesen Ort
Hast noch genug mit uns zu tun.
Schick uns deine besten Leute
Sieh freudig zu, du wirst es sehen
Auch sie werden zur leichten Beute
Solln scheiden und vergehen.
Wir werden kommen, verlass dich drauf
Mit jedem Kampf schenkst du uns Kraft
Menschen wie uns, gibt's nicht zuhauf
Riechst du nicht den fremden Saft?
Noch hockst du in deinem Versteck
Spottest und schenkst uns Hohn
Ich ruf dir lachend zu: "Verreck!"
Wir kommen und hol'n uns den Lohn.
In freud'ger Erwartung stehen wir da
Und lächeln in uns hinein
Vergangene Stunden, gefühlt ein Jahr
Doch unsere Herzen sind rein.
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| 03.04.2004 21:54 | #91 |
| Isabell |
Die forschen Worte waren noch nicht verklungen, da hörten sie erneut ein Lachen durch ihre Köpfe säuseln, wie er sich scheinbar amüsiert von ihrem Willen zeigte, sie zu töten. Doch jetzt musste er endlich zeigen, was er gegen sie aufbringen konnte, ob er nicht nur mit heißer Luft spielte, ob er sich so ein Lachen überhaupt leisten konnte. Das große Tor bekam sein ursprüngliches Aussehen wieder, die wogenden Wellen des Schädels verließen die harte Materie wieder und auf einmal war es wieder wie vorher. Kein Lachen, keine Geräusche, nur ihr Atem, ihre scharrenden Stiefel auf dem Boden und die zwei riesigen Flammen, die dort vorne loderten. Doch nicht lange blieb es so schön ruhig, denn nach nur wenigen Minuten in denen es absolut still war, ertönten laute, donnernde Laute. Sie kamen von links und rechts und waren einheitlich. Es klang nach duzenden Stiefeln, die jederzeit gleichzeitig auftraten. Eine riesige Parade, es wurde immer lauter und der Boden begann zu zittern. Hier, trink das Isabell. Ihr Bruder reichte ihr noch einmal so einen Heiltrank und sie kippte schleunigst die süßliche Flüssigkeit ihren Rachen herunter, dort, wo sie hoffentlich bald für die letzten Kraftreserven sorgen sollte, denn diese würden sie auf jeden Fall brauchen, auch wenn der Adrenalinspiegel schon seit einiger Zeit kaum mehr sank, sondern nur noch an seine Grenzen stieg und somit eine Ruhephase fast unmöglich machte.
Aber diese schallenden, donnernden Geräusche, sie kamen wirklich näher und plötzlich zeigten sie ihr wahres Gesicht. Aus den steinernen Bögen, den finsteren Gängen, den hintersten Kammern aus Skelldons Palast, da strömte seine namenlose Leibwache heran. Zuerst sah es so aus, als ob sie zu tausenden aus den Öffnungen strömte, ein ganzer Hofstaat, eine ganze Armee kam heraus. Doch irgendwann endete der Nachschub, aber die Geschwister blieben zunächst einmal ruhig. Keines der Skelette zeigte Interesse an ihnen, zuerst herrschte ein unglaubliches Chaos, während sie angestrengt versuchten alles im Blick zu halten, schienen die Skelette keinen Plan zu haben, was sie eigentlich tun sollten, doch das Chaos wirkte nur so, denn eigentlich wusste jeder ganz genau, was er tun musste. Die Nahkämpfer stellten sich vor das große Tor auf, die beiden riesigen Fackeln zeigten sie, wie sie Reihen bildeten, perfekte Angriffsreihen wie es sich jeder Feldherr bei einem Krieg gewünscht hätte. Diese Nahkämpfer, sie waren perfekt ausgerüstet. Wenn man bisher mit billigen Skeletten konfrontiert wurde, die nicht einmal einen einzigen Rüstungsschutz besaßen, dann war man nun geschockt. Die Nahkämpfer trugen alle eine Rüstung, sie wirkte alt und brüchig, doch sie bedeckte den ganzen Körper des Skelettes und machte so einen Durchschlag schwieriger. Gleichzeitig besaßen sie die wohl besten Waffen, die zur Verfügung standen, Keine billigen, rostigen Schwerter, deren Chance bei einem Schlag selber entzwei zufallen höher war, als zu treffen. Es waren blitzende Klingen, die wohl noch vor wenigen Wochen von diesem Schmied erstellt wurden, den er unterhalb des Palastes getötet hatte. Es war eine Vielfalt sondergleichen, einige waren mit starken Zweihändern bewaffnet, denen man ansah, dass ihr Stahl eine ganze Menge wog, andere trugen zwei Schwerter in einer Hand, andere zwei Äxte in einer Hand, wiederum andere begnügten sich mit einem einfachen Schwert und selbst Schildkämpfer fand man unter den Reihen, sie bildeten die erste Reihe. Ihre hohen Schilde deckten den kompletten Angriffswirbel ab.
Gleichzeitig jedoch waren auch wieselflinke Skelette in der Leibwache vertreten, die von dem Magier aus Myrthana so gefürchteten Fernkämpfer. Und nun ergaben diese Treppe und der dünne Sims auch einen Sinn, denn das war das Ziel der Fernkämpfer. Sie waren ohne Panzerung, dafür aber hatte eine dritte Gattung von Skeletten kleine Fackeln auf dem Sims aufgebaut, ehe sie sich mit einem kleinen Schwert in die letzte Reihe der Nahkämpfer einsortiert hatten. Es wirkte wie bei einer Schlacht, wie bei einem echten Krieg, nur waren sie in einem Palast und sonst nirgendwo, in einem dunklen Gewölbe und gewinnen konnte man nur den Tod. Sie waren zahlenmäßig weit unterlegen und noch nie war Isabell so einer Übermacht entgegengestanden. Es musste in einem Verhältnis von zwei zu fünfzig gestanden sein. Doch trotz dieser offensichtlichen Chancenlosigkeit wurde sie nicht mutloser, das einzige was geschah war, dass sie die kristallene Phiole aus den Händen gleiten ließ, diese zerfiel scheppernd auf dem Boden, doch das war noch passiert, als sich die Leibwache gesammelt hatte. Noch immer jedoch zeigte keines der Skelette einen Willen sie zu töten, im Gegenteil, sie standen nur da, nicht mal ihre Körper bewegten sich, ihre Waffen, alles war auf einmal erstarrt. Doch das war sicherlich eine Falle, darauf würden sie nicht reinfallen, ganz sicher nicht. Sie harrten auch aus, blieben auf ihrem kleinen Fleckchen stehen und beobachteten weiter, ob es nicht doch einen Vorteil gab, den man ausnutzen konnte, denn irgendetwas musste es doch hier geben und da kamen eigentlich nur die Säulen in Frage. Sie boten exzellente Deckung, waren sie doch enorm, dass sich locker zwei Menschen dahinter in Sicherheit bringen konnten.
Auf einmal jedoch wurde die Stille von weiteren Stiefelschlägen durchbrochen, man hörte es ganz deutlich, das stampfen und auftreten, im gleichem Takt, ohne Schlendrian, eisern auf Erfolg und Synchronismus getrimmt, da kamen sie näher, die Schatten aus den Kellern. Wie ein Beben der Erde, als ob Skelldon selbst vor sie treten würde, kamen sie heraus, riesige Skelette, der Anzahl zwei, schwarzes Knochengerüst, ein Helm hatten sie auf, nur eine geringe Bewaffnung, dafür aber mit Abzeichen auf der Rüstung und mit dem gleichen Takt in den Beinen. Plötzlich kehrte Leben in den Raum, einer der Schwarzen orientierte sich nach hinten, einer blieb vorne stehen. Mit einem Armwink zu den Skelettschützen erwachten diese zum Leben, spannten ihre Bögen und hielten die präparierten Pfeile aus ihren schwarzen Köchern in die Flamme. Der schwarze Kommandant drehte sich zu ihnen, ganz klar war zu erkennen, dass er der Anführer der Leibwache und das Sagen hatte. Und auch die Fähigkeit dieser schwarzen Skelette war ihnen bekannt, denn sie konnten sprechen und genauso war es auch hier und jetzt.
Ihr…Lebende…Fleischlinge…ihr, seid zu weit gekommen…hier endet euer Weg…kein Lebender…wird den Meister…herausfordern…Ihr…seid schwach…Wir…sind stark…Im Namen Skelldons…meine prächtigen Schützen…ANLEGEN!...
Isabell sah zu ihrem Bruder und dieser sah zu ihr. Zusammen schrieen sie dann das aus, was sie beide im Moment dachten. Weg hier! Gemeinsam sprangen sie in die rettende Wand aus Säulen, gerade im richtigen Moment, keine Sekunde zu früh.
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| 03.04.2004 23:03 | #92 |
| Todesfürst |
SCHIESST!
Noch im selben Moment, wo sie sich hinter die prächtigen aber vor allem dicken Marmorsäulen schmetterten, gab der Kommandant der Leibwache das Zeichen zum Feiern, worauf circa ein Duzend Fernkämpfer, hauptsächlich mit Bogen, aber auch drei mit Armbrüsten auf sie schossen. Die Pfeile der Bögen brannten an ihrer Spitze, also Brandpfeile, sie hätten besonders verheerenden Schaden angerichtet, hätten sie denn ihr Ziel getroffen. Doch so hatten sie Glück, der ersten Welle waren sie nur knapp entgangen. Brennende Pfeile waren auf dem steinernen Boden abgeknickt oder einfach weitergeschlittert aber nicht stecken geblieben, das war unmöglich. Aber es war schon gefährlich und eine wirkliche Lösung gab es gegen diese Übermacht nicht. Eine direkte Konfrontation konnten sie vergessen, nur auch sonstige Pläne schienen irgendwie stupide, blöd oder lebensmüde zu sein. So blieb ihnen nichts anderes übrig als hinter ihren dicken Säulen zu warten und sie hörten mit an, wie der Kommandant der Skelette, das schwarze Skelett mit den hohen Dekorationen einen weiteren Befehl durch den Raum befahl.
NACHLADEN!
Sie hörten, wie wenige Meter neben ihnen Bolzen geladen und Sehnen gespannt wurden und noch immer war keine Spur von einem Nahkämpfer zu sehen. Als ob sie immer noch an ihrer Stelle ausharrten und nichts taten, einfach nur in ihrer Bewegungsstarre lebten.
SCHIESST!
Ein zweites Mal donnerte der Schussbefehl aus dem Mund des Kommandanten und diente scheinbar als Zeichen zum Schießen für die Bogen- und Armbrustschützen. Sofort ging eine neue Schusskette aus zwölf Schüssen über sie, dieses Mal jedoch weit daneben, da sie auf die Säulen zielten, doch diese waren undurchdringlich, weil meterdick und dazu noch in unmittelbaren Abstand gebaut und vor ihrer Säule standen noch zwei weitere, ehe mal wieder ein kurzes Gebiet ohne die riesigen, runden Dinger kam.
NACHLADEN!
Es schien, als ob der Kommandant keine Probleme damit hatte, dass die vermeintlichen Opfer der Fernkämpfer erst mal in Sicherheit und unerreichbar für die Schützen waren, er gab fröhlich weiter den ewigen Befehl und schien sichtlich Spaß daran zu haben. Doch während er wieder das Anziehen von Bolzen und das Spannen von Sehen hörte, schoss ihm selber eine Idee durch das Hirn und auf einmal glitt Rociel aus der Deckung, ohne seiner Schwester etwas zu sagen oder ein Zeichen zu geben, auf eigene Faust, ohne lange Nachzudenken. Da er noch immer nicht die ledernen Stiefelscheiden in seinen Schneewolfstiefeln hatte, die er als aller erstes waschen wollte, wenn sie hier raus waren, befanden sich seine beiden Dolche in seinem Gürtel, der logischerweise um sein Becken gezogen war und genau deshalb ergriff er sie jetzt beide und zog sie gekreuzt heraus.
Kurze Zeit blickte er in die Augen des Anführers, für ein paar Sekunden sah er das blitzende Rot darin, dass aber nie so ein Feuer entwickelt konnte, wie seine Pupillen, wenn sie im Rausch waren. Doch dann handelte er, ohne zu zögern. Während der Schwarze seinen Schussbefehl aussprechen wollte, warf er die Dolche auf ihn zu, sie sollten tödlich wirken und vor dem Befehl eintreffen, denn sonst war er so gut wie tot.
Es gelang, noch während er sein einzelnes Wort aussprechen wollte und damit das Todesurteil, dass sein oberster Herr längst gesprochen hatte, auszuführen, da donnerten die Dolche beinahe zeitgleich in den Körper des schwarzen Ascheskeletts. Es war leider nicht am Kopf, leider, doch die Dolche drangen mit so einer Wucht in die Schulterblätter ein, dass das Skelett sein Gleichgewicht verlor, kopfüber nach hinten fiel und unglücklicherweise direkt mit dem Kopf gegen eine hervorstehende Stelle der schroffen Steinwand krachte. Sofort löste sich das Haupt vom restlichen Körper und ließ den ruhmreichen und erfolgreichen Kommandant ohne Chance verrecken.
Doch es blieb ihnen nicht erspart, nur einen Moment dachte er, dass es vorbei war, standen doch noch neunundvierzig oder mehr Skelette gegen ihn, die sich aber immer noch nicht rührten, selbst die Fernkämpfer schienen wieder gelähmt zu sein. Ohne einen Befehl eines Kommandanten schienen sie nicht zu kämpfen, oder war es wieder nur einer von Skelldons vielen Tricks? Rociel jedoch verharrte auf der Stelle, vergaß sich wieder in Sicherheit zu bringen, da bewegte sich doch noch eines der Skelette und zwar der zweite, schwarze Hauptmann. Während er sich zur Stelle bewegte, wo eben noch der Kommandant stand, gab er den Befehl, genauso unbarmherzig, wie auch sein bis eben noch, zweiter Vorgesetzter.
SCHIESST!
Und sie schossen. Neiiinnnn! Isabell schrie just in diesem Moment und das war auch das letzte, was er vernahm, danach wusste er nicht mehr so genau, was passiert war. Die Brandpfeile, die Armbrustbolzen, die Verfluchungen, sie alle kamen auf ihn zu. Was er in der Sekunde gedacht hatte, wusste er nicht mehr, Fakt war, dass Rociel sein Schwert hochgerissen hatte und dieses schützend vor sich hielt. Doch trotzdem hätten ihn mehrere Pfeile treffen müssen, denn die Schützen waren meisterlich und trafen alle mit minimalem Streufaktor auf den Platz, wo sein Körper stand. Aber in dem Moment, wo er sein Schwert umfasste und aus der Scheide zog, leuchtete es wieder ganz hell. Leuchten war dabei noch der falsche Ausdruck, es glühte förmlich. Die Pfeile und Bolzen lagen währenddessen in einer Art Rundkreis um seinen Körper, der die Augen geschlossen hatte, in der Erwartung zu sterben. Doch als er sie wieder öffnete da war er noch am Leben und selbst der Hauptmann staunte darüber eine ganze Weile, glaubte er doch nicht an so was, in seinem Dünn Netzwerk der Logik war so was nie passiert, hielt er für unmöglich.
Rociel hingegen sah nur ungläubig auf seine Hand und sein Schwert, als ob er sie zum ersten Mal im Leben sah. Dann drehte er sich zuerst zu Isabell, die total fertig schien, und lächelte. Ein gequältes, aber erleichtertes Lächeln kam daraufhin zurück. Doch er konnte nicht so lange bei ihr bleiben, nicht wegen den Skeletten, sondern wegen etwas anderem. Auf einmal hörte er Geräusche neben seinem Ohr, als er sich umdrehte flog neben seinem Kopf eine Fledermaus direkt auf die Skelette zu. Der Hauptmann kam auf einmal wieder zu sich und knirschte mit den Zähnen, so laut, dass sie fast raus gefallen wären. Gleichzeitig war er so wütend, dass er nun endgültig den Befehl gab, leider schaffte er es und Dolche hatte er nicht mehr…
Arrrghhhh…jetzt reicht es…alle Maßnahmen aufgehoben…hrrrrr…kämpft sie nieder…ihr…Fleischlinge…ihr werdet sterben…niemand kann es mit der Elite aufnehmen, die Nahkämpfer werden euch zerreißen…wir sterben gerne…denn wir sind schon tot…er wird uns wieder lebendig machen, wenn wir fallen…für Skelldooooooooo
Im selben Moment passierte etwas Unglaubliches, etwas so dermaßen gigantisches, dass man es zunächst gar nicht sehen konnte. Noch bevor der Hauptmann seine Rede beenden konnte, mitten im Aussprechen des verdammten Herrschernamens, ging eine Rauchwolke in ihm auf, gleichzeitig bewegten sich die Skelette in den Reihen und zogen zu Duzenden ihre Waffen, wenn sie sie nicht schon in der Hand hatten, außerdem spannten die Bogenschützen ihre Bögen und luden ihre Armbrüste erneut. Doch die Rauchwolke lichtete sich schnell und was sie da sahen, konnte nur eine Halluzination sein, aber hier unten? Er sah…Alucard. Den vampirischen Lord, der dort vor einem enthaupteten, schwarzen Knochenkörper stand und sich in den Kampf stürzte, wobei er gleich mal fünf Elitekrieger zu Fall brachte. Doch auch für die Geschwister hatte der Kampf begonnen, noch ehe das totale Chaos ausbrach, zielten die Fernkämpfer auf sie. Gerade noch im letzten Moment kam ihm die rettende Idee, eines der toten Skelette vom Anfang, als sie hierher kamen, hatte sein Schild verloren und dieses war bis hierher geschlittert. Geistesgegenwärtig ließ er die Fackel aus der Hand gleiten und hob dafür das Schild auf, hielt es an seinem Innengriff fest und konnte es gerade noch rechtzeitig vor sie halten. Der Druck der zwölf Geschosse, von denen elf das Schild trafen, war enorm, doch sie blieben alle in dem scheinbar stabilen Schild hängen.
Doch vor ihnen tobte weiterhin der gigantische Kampf, doch nun hatten sie einen Verbündeten mehr und das wäre vielleicht ihre Rettung, denn der Lord war ein exzellenter Kämpfer, wie sie es bisher bemerkt hatten. Aber noch eine weitere Entscheidung stand an, die er Isabell nur im Gehen verkündete.
Schnell, folg mir, sicher mir meinen Weg bis zu den Fernkämpfern, ich werde da hoch gehen!
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| 04.04.2004 00:24 | #93 |
| Isabell |
Was er sich dabei nur gedacht hatte. Dieser Idiot. Wie konnte er einfach aus der Deckung hervorpreschen, nur um diesen Kommandant zu erledigen. Und überhaupt, was war hier eigentlich los? Zuerst verfehlten alle Fernkämpfer ihren Bruder, der in einem hellen Licht aufzugehen schien und dann tauchte auf einmal wieder dieser Vampir auf und schien sie zu retten. Das alles war ganz schön heftig und eine Menge Stoff zum nachdenken, aber zum nachdenken hatten sie jetzt keine Zeit. Sie hatte Mühe hinter Rociel herzukommen, der ohne zu warten auf diese ominöse Treppe zulief. Das Problem war nur, dass sie dabei mitten durch die meisten Skelette mussten, die ganzen Krieger in ihren schweren Rüstungen. Wenigstens hatten die Fernkämpfer zwischenzeitlich von ihnen abgelassen und auf den dritten im Bunde gefeuert, nun war es eine Mischung, denn manchmal versuchten sie beide zu treffen, doch mittlerweile waren sie zum Glück in der Bewegung, da machte es nicht mehr ganz so viel Sinn von einem Sims aus zu feuern. Zudem ging langsam die Munition bei einigen der Skelette da oben aus, was ihnen auch nur recht sein konnte.
Während ihr Bruder sich dann endlich auf die Treppe kämpfen konnte, tat sie wie geheißen und hielt diese. Einige der Kämpfer hatten sich aus der Gruppe um den Vampir gelöst, wo es immer mehr Knochenexplosionen gab und immer mehr Köpfe durch die Gegend rollten und wo immer wieder duzende Brandpfeile und Bolzen hinflogen. Die Kämpfer waren wahrlich schwer gepanzert, ihre Rüstungen sahen sehr schwer aus und waren sicher nicht so leicht zu durchbrechen, auch wenn sie schon alt waren, doch gleichzeitig war dies ein Vorteil, denn so waren die Skelette nicht ganz so agil. Andere hatten weniger schwere Rüstungen an, nur eben um der Schnelligkeit Willens. Doch egal wie die Skelette auch aussahen, was sie anhatten und welche Waffe sie gebrauchten, sie wollte alle nur töten, den Tod bringen und zwar zu ihnen, das war ihr einziges Begehr. Sie hielt dennoch am Fuße der Treppe ihren Platz, langsam kamen die Skelette näher, es wurden mehr und mehr, die sich aus dem Pulk lösten und zu ihr hinüber strömten. Sie fuhr mit ihren Klingen umher, versuchte noch einmal alles zu geben, nicht jetzt schlapp zu machen und sicherte ihrem Bruder den Weg, oben auf dem schmalen Sims.
Dieser kämpfte sich inzwischen immer mehr voran, die ersten Bogenschützen zückten ihre kleinen Dolche, über die er nur lachen konnte, wie wehrlose Kreaturen zerteilte er ihre schutzlosen Knochenkörper. Die hintere Reihe schoss noch immer in den Pulk unten, ein wildes Schießen war das nun nur noch, ohne Plan und ohne Ziel. Auch Rociel bekam das mit, nur einmal, da musste er aufpassen, als einer der Armbrustschützen auf ihn zielte und er gerade noch das Schild hochrecken konnte, das den Bolzen stoppte. Die Fackel von ihm lag noch immer unten, ohne Herr und Halter war es doch hell genug, hauptsächlich wegen den großen Riesenfackeln vor dem prunkvollen Tor. Oben auf dem Sims fielen die letzten sogar, einige stolperten nun über den anderen und zerschellten unten, das labile Knochensystem hielt keine solchen Stürze aus.
Doch das alles nützte ihr unten nicht fiel. Am Fuße der Treppe hatten sich mittlerweile ungefähr zwölf Skelette versammelt und sie wusste, dass sie gegen diese Übermacht nichts Großes ausrichten konnte, den einzigen Vorteil den sie hatte war ihre Geschwindigkeit und ihr Höhenunterschied, denn sie stand dank der Treppenstufen höher als die Skelette, die so viel weiter schlagen mussten. Doch für einige Zweihandkämpfer war auch das kein Problem und so war Isabell riesig froh, als auf einmal ein Schatten an ihr vorbeihuschte, die letzten Stufen der Treppe herunter sprang und zwei Skeletten die Köpfe abriss. Es war Rociel, der nun in ihrem linken Blickwinkel zur Seite lief und die Skelette in die Zange nahm. Nun hatten sie wieder das Heft in die Hand genommen und sofort gab ihr das Erscheinen ihres Bruders einen weiteren Schub Kraft und Motivation weiterzukämpfen.
Ihre Klingen fuhren erneut herum, doch dieses Mal mit viel mehr Kraft und endlich zeigte auch Isabell, was sie konnte. Die schlummernden Kräfte erwachten, zu einem vollkommen ungeahnten Zeitpunkt, doch leider war es keine richtige Aktivierung der Kräfte, sondern nur das Besinnen auf echte Kunst des Körpers. Sie wehrte die Angriffe der Skelette ab, eines trug ein großes Zweihandschwert, das andere ging mit Schild und Schwert an den Start und das dritte ihr zugerichtete Skelett trug eine Eisenkeule. Während sie sich unter dem Schlag des Keulenskelettes hinwegduckte, blockte sie den Schlag des Zweihänders, fuhr jedoch blitzschnell herum und platzierte ihr Schwert in der Kehle des leicht gepanzerten Keulenskelettes, ehe sie den Angriff des Schildträgers abblockte, nur um blitzschnell das Schwert wieder aus dem sterbenden Körper herauszuziehen und zum abwehren des erneuten Zweihandangriffs zu nutzen.
Isabell wich ein paar Stufen höher, fuhr aus und wieder berührte sich hochwertiger Stahl zum Kräftemessen. Doch das sollte der letzte, gemeinsame Schlag gewesen sein, denn sofort ließ sie die Griffe nicht schweifen, sondern veränderte geschickt die Handstellung und konnte so sofort wieder angreifen. Mit heftigem Kraftaufwand rammte sie beiden Skeletten jeweils einen Krummsäbel zwischen die Rippen, doch das reichte nicht. Den Höhenvorteil nutzend, holte sie dann aus, nahm Schwung und hielt sich an den Stufen fest, um ihren Körper in der Luft zu drehen und beiden Skeletten die Stiefelspitze zu zeigen. Der Wums hatte gesessen, denn beide Skelette schlitterten nur noch nach unten und blieben dort benommen liegen. Isabell rann hinterher, so gut es ging, und zog die Waffen wieder aus den Körper, nur um sie sogleich in zwei Rücken von zwei weiteren Skeletten, die sich um Rociel scharten, zu rammen. Auch diese fielen, doch noch immer war ihre Anzahl groß, doch es war zu spät. Schon wieder waren die Skelette nicht fähig zu entscheiden, ob sie sich nach vorne oder nach hinten drehen und auch dorthin schlagen wollten, ein Skelett holte mit dem Schwert auf, doch dieses schlug Isabell von hinten aus der Hand und ihr Bruder durchbrach den wehrlosen Körper von vorne, binnen Sekunden hatten sie die zwölf Krieger besiegt, doch währenddessen tobte noch immer ein Kampf auf dem großen freien Platz.
Auch wenn sie den Vampir nicht leiden konnte, besonders wegen seiner Art über Frauen zu denken, es war selbstverständlich, dass sie in den Kampf eingriffen, es lag schließlich auch in ihrem Interesse. Sofort als sie wieder kamen, orientierten sich die ersten Knochenschädel zu ihnen, doch schon beim ersten machte sie kurzen Prozess, ließ den Schlag an ihr linkes Schwert fallen und fuhr dann mit dem zweiten Schwert wieder aus, direkt zwischen die Augen landete der Angriff und der Schädel hielt dies nicht aus.
Am Ende zogen sie den Kreis immer dichter, beinahe jedoch wäre sie ausgerutscht auf einem Knochen, so viele von den weißen Stücken lagen hier rum. Ein wahres Knochenmeer hatte sich angehäuft, das ganze war nicht mehr normal, wie viele hier rum lagen. Wie bei einem Massengrab, nur das sie hier nicht auf einem Friedhof waren, das war der entscheidende Unterschied. Doch die Reihen lichteten sich immer mehr, bald war die Leibwache mit ihren letzten fünf Männern auf dem Platz vertreten, so sehr hatten sie gewütet, so dass sie nun deutlich besser dastanden. Auch ihr letzter Gegner sollte kein annährend würdiger sein, zwar war er mit seinen beiden Axtblättern durchaus beeindruckend, doch das schützte ihn nicht vor dem Ende. Als die beiden Äxte auf sie zukamen, blockte sie noch mit beiden Schwertern in der Defensive, dann aber schlug sie dem fiel zu nahen Skelett ihr Knie in die Magengegend, da waren zwar nur Knochen, doch zum Gleichgewichtsverlust langte es trotzdem und noch im Straucheln gab Isabell dem Gegner zwei Schwerter in den Rippen mit, die sie aber wohlweislich festhielt, so dass auch dieser Feind nicht mehr auferstand.
Als es dann endlich vorbei war, war sie froh, dass es ihr noch halbwegs gut ging. Sicher, gut war eine übertriebene Formulierung, denn sie schwitzte aus jeder Pore, hatte Angstschweiß auf der Stirn und ihre Hände fühlten sich wie altes Pergament an, nämlich zerknittert und kaputt. Auch Rociel ging es gut, denn zusammen waren sie schnell wieder vereint und lagen sich, immer noch mit den Waffen zur Hand, in den Armen. Doch die Stimmung war dennoch nicht die beste, denn sie hatten es nicht ganz geschafft. Mit einem abschlaffenden Geräusch fiel etwas weiters zu Boden und ihr Bruder hatte es sofort gemerkt.
Er löste sich aus ihrer Umarmung, hin zu dem Vampir, der dort auf dem Boden lag, in einer riesigen Blutlache umgefallen war. Isabell wusste nicht, ob sie das freuen sollte, doch es schien doch schlimm zu sein. Egal was dieses Wesen auch für schreckliche Umtriebe hatte, es war ihnen doch zu Hilfe geeilt und hatte große Teile der Nahkämpfertruppe erledigt, ohne die Hilfe wären sie vielleicht nicht so unverletzt und glimpflich davon gekommen gewesen. Nun aber steckten zwei Pfeile, die sicher vorher auch gebrannt hatten, in der Brust des Vampirs, der nur noch leicht keuchend in seiner eigenen Blutlache lag.
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| 04.04.2004 15:55 | #94 |
| Todesfürst |
Sofort war Rociel zu dem Lord geeilt und stützte vorsichtig seinen Kopf auf seine Hände, ehe er sich um die Pfeile kümmerte. Es sah nicht gut aus, denn er hatte eine Menge Blut verloren, vielleicht schon zuviel. Das schwarze Haar in seinen Händen, es fühlte sich ähnlich schön an, wie das von Isabell. Vorsichtig drehte er den ersten Pfeil links und rechts herum, bis er sich schließlich löste. Rociel wusste, dass er nicht abbrechen durfte, da sonst die Spitze im Körper stecken bliebe. Auch beim zweiten machte er die vorsichtigen Hebelbewegungen, doch er hörte ein Knacken und befürchtete schon das schlimmste, als er sich doch noch löste und heraus kam. Das war schon mal sehr gut, doch noch war nichts entschieden. Alucard hatte anfangs die Augen geschlossen, in einer Art Delirium sich befindend, musste ihm wohl schwarz vor Augen geworden sein. Doch jetzt packte er auf einmal den Arm von dem jungen Fürst und richtete seinen Körper auf, was er eigentlich gar nicht mehr schaffen konnte. Mit leiser, säuselnder Stimme sprach er dann, es war unglaublich, aber scheinbar hatte er keine Mühen dabei.
Ich…ahhhh…ich komme schon klar. Aber meine Wunden sind zu schwer, als das ich noch lange hier liegen bleiben kann. Hört mir zu…ahhhh…ich muss zurück in meinen Sarg, sonst werde ich sterben. Zuviel Blut ist verloren gegangen, ich brauche meine Ruhe. Ihr braucht mich nicht begleiten, den Weg zurück werde ich noch schaffen. Aber…uhhhh…ihr beide müsst mir helfen…ich hätte nicht gedacht, dass ihr soweit kommt, deswegen bin ich euch auch gefolgt. Aber es hat scheinbar doch geklappt, denn nun steht ihr ja vor Skelldons Tor und er ist euch schutzlos ausgeliefert…ahhhh….Wenn ich in meinen Sarg zurückkehre, wird Skelldon das nutzen und die Tür ein zweites Mal versiegeln…und ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis es noch einmal jemand schafft mich zu befreien…uhhhh…ihr müsst den Herrscher der Untoten besiegen. Schlag ihm den Kopf ab, tötet ihn, dann kann ich wieder von hier weg. Ich werde schon bald wieder fit sein, aber ihr dürft nicht scheitern…bitte…tötet Skelldon ich kann euch dabei nicht mehr…helfen…aber…wir…sehen uns wieder…
Wo eben noch der sterbende Mann lag, war plötzlich nur noch ein schwarzer Fleck, um ihn herum das rote Blut, das wirklich in Strömen aus der Brust und auch aus dem Rücken, sowie dem Mund des Lords gelaufen war. Doch jetzt sah er nur noch eine Fledermaus, die in den hinteren Gängen verschwand. Rociel wusste nun, dass es der Vampir war, der sich aufmachte zu seinem Sarg zurückzukommen. Er hatte zwar keine Ahnung wie es möglich war, dass man mit so einer Verletzung überleben konnte, wenn man nur in einem Holzbehälter lag, aber andererseits hatte es der junge Mann auch nie für möglich gehalten, dass es Wesen gab, die sich sowohl in menschlicher, als auch in animalischer Gestalt zeigen konnten. Der Lord, er war ein Geheimnis, ein riesiges Geheimnis und Rociel war sich sicher, dass es Dinge gab, die dieses Wesen noch immer verschwiegen hatte, doch andererseits sah man ihnen auch nicht an, dass sie keine echten Menschen waren und so lief alles wieder seinen gewohnten Gang.
Doch als er sich nun wieder erhob, seine Hände zu einer Faust ballte und so das ganze Blut noch weiter verteilte, da waren seine Blicke grimmig und seine Zähne kamen hervor, als ob sie gleich zubeißen wollten. Das Blut, es war von einem wahren Verbündeten gekommen. Und außerdem hatte es noch eine andere Funktion, denn es war Blut…Blut, das er so lange nicht mehr gesehen hatte, Blut, das er nicht sehen durfte. Inzwischen hatte er seinen Blutrausch besiegt, doch der rote Lebenssaft sorgte noch immer für eine Verschärfung seiner Sinne und einen Anstieg seines Kampfwillens. Fast vernarrt war er in diesen roten Saft, so sehr, dass er ihn nicht mehr sehen wollte. Nun klebte das immer dickflüssiger werdende Zeug an ihm, an seinen Händen, wie an denen eines Gefallenen, oder eines Verwundeten.
Es war wieder Ruhe eingekehrt, nachdem die letzten Flügelschläge der Fledermaus verstummt waren. Keiner hatte sich mehr getraut etwas zu sagen, alles war stumm und starr. Mit einem seiner Tücher und etwas Wasser wusch er sich das Blut von den Händen und blickte dabei mehr als eindeutig auf das große Tor, das zwischen ihnen und Skelldon lag. Vielleicht mochte er sich dahinter verstecken, doch das würde ihm nichts nützen. Seine letzten Momente hatten begonnen, die letzten Stunden begannen zu laufen. Rociel wollte das ganze nur noch beenden, er wollte dem Lord den Gefallen tun und ihm einen geruhsamen Schlaf ermöglichen, er wollte das Amulett holen und er wollte Beliars Dienern einen gehörigen Schlag ins Gesicht verpassen. Trotz der Gefahr, die hinter diesem Tore lauern mochte, es gab keinen besseren Zeitpunkt mehr, als jetzt.
Lass es uns beenden. Jetzt. Hier. In diesen Augenblicken. Lass es uns beenden. Raus, fort von hier. Weg von alldem. Hinfort mit der Dunkelheit. An das Becken der Natur. Lass es uns beenden…Schwester. Mit gereinigten Händen drehte er sich zu Isabell, gesenkte Köpfe weit und breit, sowohl bei den Lebenden, als auch bei den Toten. Zwischen Knochen stehend, in Knochen stehend, neben Knochen stehend. Der Tod um sie herum. Ein Käfig aus Knochen. Ein Gefängnis des Todes. Knackend, brechend, polternd, knirschend, wichen die Werkzeuge des Körpers seinen Stiefeln, die diese einfach zertrampelten. Wenn du bereit bist, bin ich es auch. Nichts wünsche ich mir mehr, als wieder frische Luft zu atmen. Im Vorbeigehen seine Finger für einen Moment an die Wange der lieblichen Frau gehalten, ein ehrliches Lächeln für sie gewidmet, sonst aber voller Kälte im Körper, jeder der ihn anfasste erzitterte. So sei es. Unsere Wünsche sind dieselben, unser Ziel, unser Glauben, unser Leben. Nun stehen wir hier am Rand der Hölle. Im tiefsten Reiche Beliars als Diener des einzig wahren Herrn. So viel Glück wir auch hatten, auch in dieser Stunde wird das Licht auf uns scheinen und die Tränen auf uns fallen. Die Zeit läuft gegen das Böse, denn wir sind jetzt da. Beenden wir es nun, ohne große Worte, ohne zu zögern.
Sie standen vor dem Tor, es war wirklich riesig und einige Meter hoch. Rociel sah es sich gut an, der schwarze Marmor und die unzähligen Steine, alles auf dem riesigen Abbild des Kopfes von Skelldon, den sie nun in und auswendig kannten. Wieder waren dunkle Schriftzeichen in einem Kreis geschrieben, Zeichen, wie sie nur der untoten Sprache gehören konnten. Das Tor war verschlossen, doch gab es an der Seite, hinter den zwei riesigen Fackeln, jeweils einen Schalter, den sie betätigten, synchron und in der Hoffnung, dass ihr Weg nun weiterging. Zwar hörten sie die Geräusche eines Klackens, wie auch schon beim Tor des Vampirs, das aber viel, viel kleiner war, aber nichts passierte. Doch dann spürte er wieder die dunkle Kraft auf seiner Brust und ohne ihn gerufen zu haben tauchte Rexx wieder auf. Das hieß, eigentlich war er ja nie weg, aber erst jetzt schien er wieder aktiv dabei zu sein. Ohne zu fragen las er die Inschrift auf dem Tor.
Suzubis anterus unk ZOPAR!
Und das Tor begann zu ächzen, die beiden Torflügel wanden sich zur Seite, langsam aber sicher drang ein heller Lichtschein an sie heran, er wurde immer größer und intensiver, bis das Tor sich einklinkte und erneut verstummte. Nun waren sie an der Stelle, für die sie sich so lange gequält, geschunden und abgerackert hatten. Sie hatten Zutritt zu Skelldons Thronsaal.
Ich hoffe du weißt was du tust, mein Meister, denn ich bin nicht scharf drauf hier zu vergammeln…
Auch die Worte von Rexx änderten nichts an seinem Entschluss. Das Licht vor ihnen bebte regelrecht und zog sie herein. Hand in Hand betraten sie dann den Saal, traten über die riesige Schwelle des gigantischen Tores und fanden sich in einem unheimlich prunkvollen Saal wieder. Es schimmerte von der Decke nach Gold, der Boden war aus massiven, roten Pelz, an den Wänden hatten sich Gemälde breit gemacht, die größer waren als sie zusammen, die Fackelhalter waren nicht aus ordinärem Eisen, sondern aus blitzenden Silber, die Fackeln bildeten eine Allee, die große Teile des Saales einnahm. An den Seiten waren kleine Brunnen aufgestellt, auf denen kleine Kinderstatuetten standen und aus deren Mündern Wasser kam, andererseits gab es immer wieder Abbilder von Skeletten, die in Stein geschlagen schienen. Auch größere Statuen in Rüstungen begegneten ihnen, mal aus Granit, mal aus Marmor und mal auch aus edlen Metallen. Sie warfen ihre Rucksäcke von den Schultern, wussten sie doch, dass sie im Kampf nur hinderlich wären, jetzt brauchten sie sowieso kein Wasser und keine Nahrung mehr, jetzt war das alles egal. Ihr Weg führte sie jedoch auf der Fackelallee zu einem Ziel, dem absolutem Ende.
Skelldon.
Ein hoch gelegener Thron war sein Reich, er hatte alles was er wollte, Felle, Stoffe, Edelsteine, Metallene. Der Thron war aus Knochen geschnitzt, genau wie die ganzen Kronleuchter, die auch hier mit den Köpfen von Skeletten protzten. Zwei kleinere Schädel bildeten den Abschluss der wuchtigen Armlehnen und auf der Spitze der Rückenlehne prangerte erneut sein Abbild aus Knochen geschnitzt. Der Herrscher trug eine blitzende Rüstung, wie es erzählt worden war, sie betrug mehrere Schichten und schien gar nicht so unflexibel zu sein, wie sie aussah. Sein ganzer Körper war mit den edelsten Stoffen behangen die es gab und von weiten sah es so aus, als ob sie zu einem Königshof traten, keine Spur von untoter Manie. Er hielt seinen Stab ein wenig schwenkend, schien sich das alles recht amüsiert anzuschauen, hatte er wohl doch längst einen Plan. Hinter dem hoch gelegenen Thron standen zwei eiserne Stangen, an deren Ende befanden sich zwei Kohleschüsseln mit einem Durchmesser von zehn Metern. Die Kohlen glühten und auch kleine Flammenzungen bleckten heraus, doch dies war noch ein wenig eindrucksvoller als die Fackeln vor dem Tor. Anscheinend genoss man hier einen Prunk, der selbst den König blass dargestellt hätte, geradezu blamiert wäre er in seinem Hofe gewesen. So hausten also die Schergen und Anführer Beliars Armeen. Es war doch immer wieder schön mit anzusehen…
Vor dem Throne standen vier Männer, zumindest glaubte er anhand der Statur zu sehen, dass es Männer waren. Sie waren zwar weniger prunkvoll dekoriert und gekleidet, doch trotzdem sonnten sie sich in dem Licht dieses Herrschers und hatten ebenfalls gute Kleidung an. Dabei waren sie unterschiedlicher, wie man es kaum sein konnte. Einer der vier hatte ein Gewand an, keine schwere Eisenrüstung, sondern nur ein einfaches Gewand, dieses war dafür aus schwerem Brokat und ging über den ganzen Körper. Er saß mehr als er stand, hatte ein Pergamentblatt in der Hand und eine Feder zum Schreiben in der anderen. Daneben war noch ein kleines Skelett, es trug eine stachelige Krone auf dem Haupt, die jedoch aus billigem Eisen war, nichts im Vergleich zu dem goldenen Stück des Herrschers, der immer noch gelangweilt seinen Stab hielt und damit hin- und herschwenkte. Das vorderste Skelett war riesig, gute zwei Meter alleine von ihrer Sicht aus. Es trug einen mächtigen Helm, der das Aussehen noch vergrößerte, unzählige spitze Stacheln darauf. Darunter eine schwere Eisenrüstung, die den Kerl wohl lähmen musste, aber auch optimal schützte. Er war mit einer riesigen Axt bewaffnet, die gut und gerne zwei Meter lang war. Zumindest der Schaft war mehr als eineinhalb Meter lang, das Axtblatt machte jedoch einen riesigen Eindruck. Der vierte und letzte im Bunde war eine Mischung aus diesen Skeletten, er trug einen Helm mit verlängertem Kettenansatz, eine leichte Rüstung und einen guten Einhänder, der am Griff mit prächtigen Smaragden besetzt war. Diese vier waren also Skelldons Vertraute, von denen auch der Magier berichtet hatte, sie waren wirklich da. Es war wieder eine fadenscheinige Situation, denn es war schon viel zu lange ruhig geblieben, aber noch kamen sie näher, immer näher zum Thron, zu Skelldon.
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| 04.04.2004 17:02 | #95 |
| Isabell |
Plötzlich erhob sich der breitschultrige Mann aus seinem Thron, stand auf und setzte sich wieder in einer anderen Sitzposition hin. Sie konnten die Augen nicht sehen, da dort, wo bei Menschen die Augenpupillen waren, nur eine schwarze, unendlich tiefe Wand war. Auch der Rest des Gesichtes bestand nur noch aus Knochenmark, nichts anderes mehr war dieses Skelett. Es wirkte so einfach, nur noch fünf Skelette vor ihnen, es war nun wirklich nicht schwer fünf Skelette zu besiegen, doch gleichzeitig waren da diese Besonderheiten, die es zu einem mehr als ausgeglichenen Kampf machten. Isabell bemerkte das Amulett sofort, es hing um den Hals von Skelldon, genau wie unzähliger anderer Schmuck. Beim Aufstehen hatte sie die prächtigen Beinkleider des Skelettes gesehen und den Gürtel, dessen Lasche mit einem Skelettkopf behangen war. Alles drehte sich hier anscheinend nur um Köpfe, um tote Köpfe und ihre weitere Verwendung. Isabell fand das widerlich, dieser ganze Knochenkult war nichts für sie, nein, ganz und gar nicht. Es war einfach nur abstoßend hier unten zu sein, denn auch der Geruch des Todes kam nun wieder stärker auf als je zuvor. Vielleicht machte es keinen Unterschied für den Tod, ob Skelette starben, denn sie waren ja ohnehin schon tot, doch ihre momentane Lebensessenz würde trotzdem gehen und so wusste der große Seelenfänger, dass es bald wieder etwas zu holen gab. Etwas war immer drin, wenn es zu einem tödlichen Kampf kam. Es konnte nur einen Sieger geben.
Die vier Vertrauten des großen Tyrannen wurden nun langsam wilder, der offensichtliche Schreiber, er zog zwei Dolche aus seinen versteckten Armflügeln und auch der Rest begann unruhig mit den Waffen in den Händen zu spielen. Vor allem der schwer gepanzerte Krieger trat nun nach vorne, zwei Meter vor alle anderen, ehe er stoppte und wütende Blicke zu seinem Meister warf. Anscheinend konnte er es gar nicht mehr erwarten ihnen die Köpfe abzuschlagen, seine Waffe in Blut zu tränken oder was auch immer so ein abstoßendes Wesen vorhatte. Doch der Herrscher blieb nach wie vor ruhig auf seinem Thron sitzen und schwenkte immer mal wieder mit seinem hölzernen, absolut billig aussehenden Holzstab umher. Es war das einzige Teil, das nach nichts aussah und war deswegen auch so ein Blickfänger. Doch dann schien er genug gesehen zu haben von den zwei Fleischlingen unter ihm, für die er sie sicherlich hielt. Isabell wusste nicht, ob er ahnte, dass sie keine normalen Menschen waren. Vielleicht wusste er es schon von Anfang an, vielleicht erst jetzt, oder aber er ging noch immer davon aus, dass er es mit zwei Menschen zutun hatte, mit zwei schwachen, sterblichen Menschen, die man so schön in Stücke schneiden konnte. Auf jeden Fall stand er ein zweites Mal auf und blieb aber stehen, ehe er mit eiserner Stimme seine Rede begann. Irgendwie hatte sie es geahnt, diese Skelette hatten wohl alle das Bedürfnis zu reden, anstatt sofort den Befehl zu geben.
Habt ihr es geschafft! Ihr habt meine ganze Leibwache zerstört, vernichtet, getötet. Aber nein, sie waren ja schon tot…es wird keine große Sache sein, ihre Knochen wieder zusammenzuflicken, nein. Auch die restlichen Diener, die mir wichtig waren, werden wieder auferstehen, den Schmied, erinnert ihr euch? Seine Waffen sind so gut…für das gemeine Volk. Schöne Schwerter, mit der Macht der Untoten belegt. Wird ein Mensch damit verwundet, stirbt er, auch wenn die Wunde nicht tödlich ist und seine Seele kommt zu mir. Eine schöne Sache nicht wahr? Aber ich muss sagen, ich habe es fast geahnt. Als der Spiegel nach Jahrhunderten wieder eingesetzt wurde, da spürte ich, wie eine Gefahr hierher kommt. Ich habe zwar nicht erwartet, dass ihr bis zu mir vordringen könntet, doch mein Amulett hat mich davor gewarnt. Ich weiß jetzt auch, dass ihr auch zwei dieser Amulette besitzt. Deswegen seid ihr doch nur hier, wegen meinem Amulett, nicht wegen mir oder meinen Untertanen, geschweige denn meinen Schätzen. Nein, nur wegen diesem kleinen Stück aus Innos Händen. Zu schade, dass es schon so lange in meinem Besitz ist und ich es nicht hergeben will. Aber ich bin gierig, jetzt, wo ich die Chance bekomme, will ich mir auch eure Amulette nehmen. Doch vermutlich habt ihr da was dagegen. Übrigens danke ich euch für den dummen Hinweis. Ich wäre nie darauf gekommen, dass ihr keine Menschen seid, aber nun spüre ich euer Blut. Es ist das Blut eines widerlichen Dämons. Vielleicht macht es euch ja Spaß uns Skelette zu töten, doch mir macht es noch viel mehr Spaß Dämonen zu töten, diese schmierige Rasse, die keine Existenz verdient hat. Und doch kommt ihr mit dem Antlitz von Menschen? Aber es ist egal, was ihr seid und wer ihr vorgebt zu sein. Eure Beweggründe sind das einzige, was zählt. In euren Forschungen habt ihr sicherlich festgestellt, dass auf Zopar die Untoten regieren und ich bin ihr Herrscher. Erst sieben Menschen haben es hierher geschafft und alle sind sie gestorben. Im Übrigen muss ich euch nochmals danken. Ihr habt das versiegelte Buch dieses windigen Magiers dabei. Jetzt, wo es von seiner schützenden Stelle weg ist, kann ich es endlich wieder an mich nehmen. Ich erinnere mich noch gut, wie ich ihm mein Schwert in den Rücken rammte und nicht an die Schriftstücke rankam. Ach ja und dann habt ihr auch noch Alucard befreit. Dieser fanatische Vampir, der mich töten will. Ich habe gesehen, dass er überraschenderweise wieder in seinen schützenden Sarg zurückgekehrt ist. Seltsam, wo er doch weiß, dass ich das Tor wieder versiegeln lassen werde. Aber auch dafür, werdet ihr nun bezahlen. Niemand zerstört meine Pläne und durchkreuzt sie. Genauso wenig wie damals, als sie mich hierher verbannten. Meinen Körper haben sie zerstückelt und geschändet, sie, die Menschen und die Dämonen haben ihnen einst geholfen. Mein Hass lodert noch heute, intensiver und stärker als eh und je. Ihr beide habt keine Ahnung, was es bedeutet hier unten eingesperrt zu sein und Jahrhunderte in Einsamkeit in Ketten zu liegen. Und ihr habt vor allem keine Ahnung was es bedeutet, gegen einen Untoten zu kämpfen. Die Gegner, die ihr bis jetzt besiegt habt, sie waren doch nur kleine Sklaven. Diener. Die Armee, sie lauert schon und wartet weiterhin auf Befehle von Beliar. Und er wird es auch sein, der sich über euch freuen wird. Schade, eigentlich seid ihr viel zu jung, um zu sterben, aber wie sagte man damals bei uns. Zum Sterben ist man nie zu jung. Ihr werdet euch wünschen, nie hergekommen zu sein, alle Feinde von Skelldon sind bisher in wenigen Momenten gefallen und nun genug geredet. Ihr sollt mich nicht für einen Lügner halten und meine Worte anzweifeln, euer Ende ist nun gekommen.
Meine engsten Vertrauten, meine geliebten Kinder, meine tapferen Brüder, ihr habt lange genug auf frisches Blut gewartet. Nun sei eure Wartezeit vorbei, befriedigt eure Gier, zerfetzt sie, durchbohrt ihre schwachen Körper und trinkt ihr Blut, aber lasst mir ihre Amulette, hahahaha…
Zum letzten Mal wollten sie dieses schreckliche Lachen ertragen, doch es verstummte nicht und führte sich noch lange fort. Der Herrscher, der Tyrann, der Herr über die Untoten Legionen und Herrscher von Zopar, er setzte sich wieder entspannt hin, auf den weichen Thron und sah zu. Noch bevor der Regent fertig gesprochen hatte, war der Krieger mit der Axt auf sie zugestürmt, voll im Wahn kannte er keine Grenzen mehr, anscheinend hatte die lange Zeit ohne Kampf einen schlechten Einfluss auf seien Geduld gehabt. Andererseits war er auch deutlich langsamer als sie, mit der schweren Eisenrüstung kam er nicht halb so schnell voran, trotz des mageren Gewichtes seines Körpers, der eigentlich diese Last gar nicht tragen konnte. Doch trotzdem, Zeit zum Ausruhen hatten sie deswegen nicht, denn auch die anderen drei Skelette setzten sich nun in Bewegung, der Axtschwinger kam direkt auf sie zu. Ausgerechnet dieser riesige Kerl, dachte sich die junge Frau und hielt ihre Klingen fester, was gar nicht so leicht war mit schweißigen Händen. Zuerst wollte sie mal nichts riskieren, doch irgendwann musste sie auch mal angreifen. Neben ihr erklangen die ersten Kampfgeräusche und ihr Bruder rückte in den Kreis der Kämpfenden, auf den sich gleich zwei der Skelette konzentriert hatten. Auf einmal war das riesige Skelett ganz nah, es holt zum Schlag aus und Isabell hätte versuchen können in dem Moment nach vorne zu schlagen, da momentan, die komplette Oberkörperseite deckungslos war, doch sie zögerte und blieb in ihrer Haltung.
Die Axt fuhr donnernd herunter und ihre beiden Schwerter bildeten erneut ein schützendes Kreuz vor ihrem Körper, doch die Wucht des Einschlags war so groß, dass sie den Halt der Füße verlor, nach hinten fiel und im Fallen auch noch eines der Schwerter. Nur noch ein Schwert und leicht benommen blieb sie liegen, während das schwer gepanzerte Skelett zum zweiten Schlag ausholte. Vom Thron her schrie Skelldon begeistert: Ja, da ist die erste schon weg und tatsächlich sah es so aus, als ob das Skelett nun Schluss machen würde und Sekunden nach dem Schlag fuhr das Axtblatt erneut vom Rücken herunter, mit voller Wucht auf ihren Körper zu, den sie nun mit nur noch einem Schwert zu verteidigen versuchte, was einer Katastrophe gleich kam. Die Axt fiel schon auf die Brust zu und sie schloss die Augen, als auf einmal ein klingen ertönte und sie blitzschnell die Augen wieder öffnete. Oh nein, so schnell werden wir nicht sterben. Ihr Bruder hatte ein verknittertes Gesicht und biss auf die Zähne, während er sein Schwert festhielt, dass wenige Zentimeter über ihrem Körper schwebte und auf dem die Axt des Skelettes zitterte. Ganz schnell rollte sie sich aus der Kampfzone und das war auch dringend notwendig, denn Rociel hatte sich nur ein paar Sekunden von den inzwischen drei Angreifern befreien können, nun hatte er vier auf dem Hals, doch das war viel zu viel. Er hatte ihr das Leben gerettet, aber was war es schon wert, wenn sie trotzdem sterben würden? Sofort attackierte sie den Axt schwingenden Feind erneut, auch nur mit einem Schwert und schlug ihren Krummsäbel in die Rüstung, mit voller Wucht zog sie das Schwert heraus und nahm das zweite wieder auf. Doch anstatt angeschlagen zusammenzubrechen, fuhr es nur herum, wobei die Axtklinge nur knapp über ihrem Kopf wirbelte.
Sie hatte aus ihren Fehlern gelernt, das hieß, sie ließ sich nicht mehr auf eine direkte Konfrontation mit der wirbelnden Axtklinge ein. Nun nutzte sie endlich ihre Schnelligkeit und wich den Schlägen einfach aus, während sie sich immer wieder um den Pulk mit ihrem Bruder in der Mitte kümmerten. Auf einmal waren sie mitten drin und schon wieder schwenkte das Skelett das Axtblatt, um genügend Wucht für den Schlag zu besitzen. Da kam ihr eine Idee, vor ihr befanden sich die Skelette, die ihren Bruder bedrängten, sie hatte sich auch schon den passenden Gegner ausgesucht, das kleine Skelett, das weniger schwer gepanzert war. Nimm das kleine, stoß es weg! Wie aus dem nichts kam ihr Schlag, beide Beine des kleinen Skelettes schlug sie ab, in ihrem Nacken das langsame, überstarke Skelett. Danach beobachtete sie die Schläge der anderen beiden und fuhr direkt im richtigen Moment nach vorne, blockte mit beiden Klingen die Schläge ab, so dass ihr Bruder einen Moment freie Hand hatte, dieser hatte verstanden und rammte dem kleinen Skelett sein Schwert in die Brust, durch die fehlenden Beine taumelte es nun nach hinten und genau dort tauchte jetzt das Skelett mit der Axt auf, Isabell war stehen geblieben, merkte aber, dass es jetzt Zeit war, hechtete sich nach vorne, genau im richtigen Moment, als die Axt zu Boden ging und an der Stelle einschlug, wo sie noch eben stand. Mit voller Wucht krachte die Axt in den ziemlich wehrlosen Körper des kleinen Skelettes und zerfetzte diesen.
Nein!, schrie es vom Thron, eine unerwartete Neigung, die der so selbstsichere Tyrann nicht eingeplant hatte. Gleichzeitig jedoch ging der Kampf weiter, denn die beiden anderen Skelette waren nur für Sekunden abgelenkt und schlugen schon wieder zu, als sie noch an ihnen vorbeisegelte. Gleichzeitig begann der schwer gepanzerte Krieger schon wieder seine Jagd, ohne Emotionen kämpfte er sofort weiter und sie tat das einzig richtige, sie lenkte dieses Monster ab, in dem sie es versuchte von Rociel fernzuhalten. Einer musste sich ja schließlich darum kümmern, man konnte es nicht stoppen, wenn man sich auf eine direkte Konfrontation mit der Axt einließ. Isabell hoffte inständig, dass ihr Bruder bald zu Hilfe eilen konnte.
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| 04.04.2004 20:33 | #96 |
| Todesfürst |
Verdammt, war das knapp, dachte er noch immer, was sich Isabell da nur für einen Schnitzer geleistet hatte, er wusste es nicht. Wenigstens hatten sie dank ihrer genialen Idee diesen außer Kontrolle geratenen Axtschwinger als Waffe für ihre Zwecke einzusetzen schon ein Skelett weniger, doch das Kleine war auch das Schwächste von allen und stellte keine große Gefahr für ihn da, dennoch war es gut, denn so hatte er schon eine bedeutende Erleichterung in seinem Kampf. Rociel betete nur, dass Isabell durchhielt und sich um dieses riesige Skelett kümmerte, solange bis er einen Weg gefunden hatte, gegen seine zwei Noch-Gegner zu bestehen. Es war dieser Schreiberling, der seine Feder gegen die zwei Dolche getauscht hatte und der mittelmäßig gepanzerte Krieger mit dem guten Einhandschwert. Sie arbeiteten perfekt zusammen, als ob sie schon Jahrhunderte zusammen kämpften und das war wohl sogar der Fall. Während der Schreiberling verdammt schnell war und immer wieder einen seiner zwei Dolche nach vorne in Richtung Schulter stieß, blockte der Zweite seine Angriffe und kam oft genug selber mit gefährlichen Schlägen seinem Körper nahe. Das Problem war auch, dass er nur eine Waffe besaß und seine Gegenüber drei insgesamt. Doch der Fürst wäre nicht er, wenn er nicht schon selbst einen Plan gehabt hätte. Die Bewegungen der beiden waren wirklich sehr gut eingespielt, doch genau das war ihr Problem, viel zu wenig Bewegung herrschte in dem Kampf, ihre Füße schien wie eingefroren, auf dem Boden festgewachsen. Das nutzte er und machte sich zu einem kleinen Lauf bereit. Wie aus dem nichts fuhr er nach hinten und rannte fort, die Skelette sofort hinterher. Er war zuerst auf der Flucht, sah auch seine Schwester, die ebenfalls vor ihren Gegnern flieh, doch bei ihr war es eine echte Flucht, bei ihm nur eine angetäuschte.
Die Skelette nämlich hielten nicht sehr viel davon, waren längst nicht so fanatisch wie dieses Monster weiter vorne, doch auch sie trieb nur der Drang zu töten voran, was sie nicht übersahen war die Tatsache, dass er geradewegs Richtung Tor rannte, direkt die schöne Fackelallee entlang. Auf dem schönen Teppich waren seine Schritte absolut lautlos, obwohl sie weite Entfernungen liefen. Zwar hatten die Skelette kein Problem damit seinem Tempo zu folgen, aber ihre Fixierung auf ihn war ein Problem. Als er sie da hatte, wo er sie haben wollte, wartete er, bis sie näher da waren, dann schlug er mit zwei Schlägen die silbernen Fackelständer auseinander und ließ sie geradewegs in das Feuerbad eintauchen. Doch er wusste, dass dies nicht das Ende sein würde und rannte geradewegs weiter. Skelldon hatte ihn noch im Blick, aber Isabell musste jetzt ein paar Minuten ohne ihn auskommen, aber er wusste, dass sie das schaffen würde. Der Fürst huschte durch das Tor, durch das er eben noch gekommen war, und blieb sofort an der ersten Wand stehen, an die er sich presste. Sein aufgewühlter Körper atmete ein und aus, sein Brustkorb wurde kleiner und größer und sein Keuchen versuchte er so gut es ging zu unterdrücken, denn er hatte einen Plan, der aber nur aufging, wenn die Skelette ihn nicht wahrnahmen. Zehn, zwanzig Meter hatte er vielleicht Vorsprung gehabt, dank des Fackelvorfalls. Nur vier Sekunden nach seiner Ankunft hörte er jedoch schon die Schritte kommen, schaurig klapperten die Knochen. Seine Hand umfasste den Griff härter, auch die zweite Hand beteiligte sich daran. In beiden Händen ruhend, vermerkte er eine kurzzeitige Ruhe, in der sich nichts tat, dann aber setzten sich die Skelette wieder in Bewegung und er hoffte, dass sie die Verfolgung nicht aufgaben und durch das Tor traten.
Und tatsächlich, sie kamen näher, er sah den Schattenwurf des ersten Skelettes und fuhr in dem Moment herum, ohne Chance traf seine wuchtige Klinge den Hals des ersten Skelettes, das Skelett, mit der leichten Panzerung und dem edlen Schwert. Sofort war auch dieses geschlagen, kein Wunder, wenn man den Kopf abschlug musste man irgendwie, irgendwo tot sein, das war nun mal Fakt. Ein Schrei war auch hier der Begleiter des Ablebens vom untoten Dasein. Doch leider konnte er nicht auch sofort den zweiten Verfolger vernichten, denn dieser war zurückgezuckt und so dem zweiten Schlag entgangen. Nichts desto trotz, sein Plan war schon jetzt aufgegangen. Er sah das Skelett mit den beiden Dolchen, wie es wieder auf ihn zukam und er hatte erneut eine Idee. Jetzt, wo er schon so weit weg war, machte es auch nichts mehr. Direkt neben dem Tor, keine fünfzehn Meter entfernt, lagen die Überreste des toten Kommanten, der so unglücklich gefallen war, weil in seiner Rüstung seine beiden Dolche steckten. Zu dem lief er jetzt und nun war er wieder der Gejagte, obwohl er sein Schwert hatte und dieses einen klaren Reichweitenvorteil besaß, ließ er es neben den schwarzen Knochen aus der Hand gleiten, ganz bewusst ließ er sein Schwert los und zog mit beiden Händen die Dolche aus dem Körper. Nun war es ein gleiches Duell, sie waren ungefähr gleich groß und hatten beide zwei Dolche in der Hand, die sich in der Frage der Qualität kaum unterschieden. Jetzt kam es drauf an. Nicht, wer der bessere Schwertkämpfer war, sondern wer am besten mit den Dolchen umgehen konnte.
Rociel war mit dem Dolch groß geworden, es war seine erste Waffe gewesen und selbst heute noch konnte er mit diesen Waffen einiges mehr als mit dem Schwert. Er beherrschte jeden Trick den man mit den kleinen Waffen beherrschen konnte und wenn es eine Waffenart gab, mit der er perfekt zu Recht kam, dann war das nicht das Schwert, sondern der Dolch. Genau aus diesem Grund hatte er diesen Schritt auch gewagt. Sofort hatte er seine erste Probe zu bestehen, denn das Skelett schnellte mit einem der Dolche auf seinen Hals zu, doch er wich diesem Schlag aus und drehte seinen Kopf nach links, während er konterte und mit beiden Waffen auf den Kopf zielte. Doch das Skelett war nicht schlecht, mit gekreuzten Dolchen bildete es eine Mauer, an der er stecken blieb. Doch das Skelett zögerte zulange, er täuschte einen weiteren Schlag an, das Skelett hielt wieder den Kreuzblock vor sich, ohne zu sehen, wie der Griff aus den Händen fiel und sofort wieder aufgefangen wurde. Mit dem zweiten Dolch im Hintergrund, fuhr seine rechte Hand von unten links nach oben rechts, in einer wundervollen Kurve riss es die Knochen weg und das Skelett verlor die eigenen Waffen aus der Hand. Auf dem Boden kriechend, versuchte der Schreiberling noch in Richtung Skelldon zu fliehen, doch Rociel sah nur zu, dass es einigermaßen weit weg war, damit die Entfernung stimmte, dann tauschte er die beiden Dolche aus und gewöhnte sich kurz an den Griff, der sich ein wenig unheimlich anfühlte, vermutlich, weil bis eben noch die Fingerkuppen des Schreiberlings darum waren. Doch dann, kurz bevor dieser das Tor passiert hatte, glitten ihm die beiden Dolche nacheinander aus den Händen und bohrten sich zielsicher in den Hinterkopf, der nun endgültig zusammenbrach. Schnell und hektisch packte er die eigenen Wunderwaffen zwischen den Gürtel und hetzte zum Schwert, dass noch im gebückten Laufen aufgenommen wurde, ehe er zum Tor weiterlief. Dort trampelten seine Stiefel den Körper des Skelettes nieder, so dass er ja nicht noch mal aufstand, ehe sie so schnell sie konnten in den Saal zurückliefen. Früher als erwartet, noch im Ende der Fackelallee, traf er auf Isabell und lief fast unter den Axthieb des letzten im Bunde von Skelldons Vertrauten, den er keines Blickes auf seinem Thron würdigte. Scheinbar war dieser Axtkämpfer der einzige, der richtig kämpfen konnte, doch auch das war kein Privileg für Unsterblichkeit. Denn nun waren sie zu zweit. Rociel?! Die Augen seiner Schwester strahlten, als er wiederkam und auch er war zufrieden mit dem bisherigen Kampf. Zwar war dieser Lauf, nach all den Strapazen davor, in voller Rüstung, anstrengend, doch Schmerzen mochte er immer noch nicht verspüren. Der Trank wirkte vorzüglich und das musste er gegen dieses Monstrum auch. Er hatte ja gespürt, was für eine Wucht so ein Schlag hatte und auch er wollte nicht mit der Axt ein zweites Mal kollidieren, doch wenn es sein musste, würde er auch das machen. Erstaunlicherweise hatte er schon nach Sekunden, in denen er schon wieder auf der Flucht war, erneut einen Plan. Eigentlich war dieser nicht unbedingt clever und er war darauf auch nur gekommen, weil er an jene Situation gedacht hatte, wo die Axt auf sein Schwert gedonnert war, doch der Plan an sich war genial, auch wenn er noch viel riskanter wurde wenn man wusste, dass sie ihn noch nicht geprobt hatten, das hieß, geprobt hatten sie es schon, nur noch nie mit Gegnern. Ein solches Kaliber war da vielleicht verkehrt, aber es war nicht Skelldon und für weitere Fluchtspielchen hatten sie keine Zeit, sie wussten schließlich nicht, wann der Herr dieser Hallen selbst eingriff, sie mussten dieses Monstrum so schnell es ging fällen und da nahm er dieses Risiko in Kauf. Während sie noch wegliefen, erklärte er den Plan seiner Schwester, da sie hier nicht mit Pfiffen arbeiten konnten, es war viel zu heikel.
R: Hör zu Schwester…ich habe einen Plan…
I: Na dann…lass hören…
Neben ihn schlug erneut die Axt in den Boden, nur einen Meter verfehlte sie Rociels Bein.
R: Ich lenke das Skelett ab…du tauchst in meinen Rücken…
I: Und dann?
R: Ich werde das Risiko eingehen… und einen Block gegen die Axt… versuchen. Dabei werde ich wieder in die Hocke gehen.
I: Was?
Wieder donnerte die Axt in den Boden und riss weite Teile von diesem schönen Teppich auf.
R: Erinner dich an unser Training…im Wald…dein Absprung…außerdem ist so das Ziel für die Axt kleiner…
I: Du willst diese irre Aktion jetzt proben?
R: Wir haben keine Wahl, das Skelett muss weg…du nimmst Anlauf, springst an mir ab…und dann musst du ihn treffen.
I: Und was…wenn du ihn nicht halten kannst?
R: Ich…
Ein weiteres Mal mussten sie die Richtung wechseln, da sie ansonsten getroffen worden wären…
R: …schaff das schon. Also los.
I: Ich weiß nicht…
R: Schwester…
I: In Ordnung…aber wehe du schaffst es nicht…
Rociel stoppte, während seine Schwester weiterlief. Er blieb stehen und wartete auf das Skelett, das wieder näher kam. Es wirkte wie der Tod persönlich, in der prächtigen Rüstung und dem wahnsinnigen Helm wirkte es fast imposanter als sein Herrscher und die Axt war nichts anderes als ein Werkzeug. Doch Rociel wich nicht von der Stelle, er blieb dort wo er war. Inzwischen hatte auch Isabell Halt gemacht, das alles immer noch unter den gierigen Augen von Skelldon, der inzwischen außer sich vor Wut war, da drei seiner liebsten Kameraden gefallen waren und er das gespürt bzw. gesehen hatte, das einzige was ihn noch an einem Eingreifen hinderte war die Tatsache, dass die beiden Dämonen in Menschengestalt anscheinend keinen Weg gegen den vierten im Bunde fanden, doch das sollte sich nun als fataler Irrtum erweisen.
Das Skelett holte aus, hatte den ganzen Schwung in diesen Schlag gelegt, nichts ahnend und blind vor Gier holte es aus, vor dem scheinbar reglosen Ziel. Doch der Fürst wich im richtigen Moment, kurz vor Einschlag nach unten, machte einen Knicks, fiel mit dem einen Knie zu Boden und hielt den anderen Fuß wacker dort, wo er hingehörte. Auf den Boden. Der Zusammenprall war heftig, sein Schwert hielt er mit beiden Händen hart umklammert fest, wie eine gerade Linie lag es vor ihm. Im ersten Moment drohte es ihm so zu gehen, wie auch Isabell, doch die unglaubliche Druckwelle ließ nach einer Sekunde nach, wurde aber nicht schwächer. Seinen Kopf hatte er auf das linke Knie gelegt, sein Standbein war ja auf dem Boden. Seine Stirn lag nun nur noch auf dem harten Stück Knochen und Knorpel, in Verbindung mit der Haut, den ganzen Sehnen, Blutbahnen und natürlich seiner Hose und drohte von dort abzurutschen. Schweißausbrüche waren nichts Neues, aber nun fielen mehrere dicke Tropfen von seinen Haaren, die sich unter dem Schweiß fast ganz schwarz gefärbt hatten, und seiner Stirn zu Boden. Währenddessen murmelte er sein Gebet, dass ihm die Kraft gab, um diese Qual zu überleben.
Meine Kraft ist mein Glauben – seine Zunge fuhr aus dem Mund und lief über die Hose, in dem Moment nahm der Druck der Axt zu.
Mein Glauben ist Innos – Seine Muskeln drohten zu reißen, seine Sehnen, seine Bänder, sein ganzer Körper konnte nicht mehr, das ganze Gefüge geriet außer Kontrolle, der schwache Körper, der keine groß ausgebauten Muskeln besaß, konnte es eigentlich nicht halten und doch hielt er durch, wie immer, denn sein Ehrgeiz erlaubte es nicht aufzugeben.
Innos ist alles - In dem Moment musste er schreien vor Schmerzen, biss mit den Zähnen in die Hose und weitere Schweißtropfen fielen ab, ungebrochen blieb sein Widerstand gegenüber dem mächtigen Skelett und in dem Moment spürte er durch all seine Blutbahnen, wie Isabell näher kam.
Ohne sich umzudrehen, oder irgendeine Gefühlsregung zu zeigen, harrte er aus, auch, als seine Schwester seinen Rücken als Absprungschanze nutzte. Ohne schon zu knien wäre er jetzt zusammengebrochen, denn der Druck dieses Sprunges war aufgrund der Tatsache, dass sein Körper ohnehin keine Kraft mehr besaß, kaum mehr auszuhalten, doch auch dies schrie er nur in seine Hose, biss sich regelrecht darin fest, ließ der Druck der Axt doch nicht noch, da das Skelett nicht mehr losließ.
Doch ohne es zusehen, hatte Isabell einen perfekten Sprung erwischt, mit dem Anlauf sprang sie über das Skelett hinüber, mit den Waffen in beiden Händen und auch sie gab nun alles und legte all ihre Kraft in die beiden Waffen hinein, wodurch auch ihre Hände rot glühten. Trotz der Eisenrüstung schlitzten die beiden Krummsäbel den Rücken des Skelettes auf und bissen sich darin fest. Jetzt endlich wurde der Druck der Axt geringer, doch noch hielt er an, trotz den Krummsäbeln im Rücken schien das Skelett zu ahnen, dass Rociel nicht mehr konnte und jede Sekunde sein Schwert aus der Hand fiel und er ihn dann hatte, doch zum Glück beließ es Isabell nicht bei den zwei Schlägen. Mit beiden Beinen kam sie wieder auf, erkannte die Lage aber sofort, ihre Schwerter hatten sich in den Körper gebohrt, hingen aber noch zu sehr heraus. Sie nahm ein weiteres Mal Anlauf, umpackte die Griffe und stieß sie mit voller Kraft durch den Körper.
Die spitzen der Schwerter traten im selben Moment auf der anderen Seite, als auf der Brustseite des Skelettes heraus und auf einmal ließ dieses die Axt aus den Händen gleiten. Als Rociel keinen Gegendruck mehr spürte fuhr er sofort mit dem Kopf hoch und konnte dem Axtblatt gerade noch ausweichen, gleichzeitig jedoch hechtete er mit letzter Kraft nach vorne und schlug erneut beidhändig seine Klinge in die Kehle des Skelettes. Noch immer stand dieses, doch nun sollte es endgültig besiegt sein. Seine Schwester zog die Schwerter mit viel Kraft wieder heraus und das Skelett fiel um. Es wirkte gar nicht besiegt, aber es war wirklich tot. Sie hatten es noch unzähligen Versuchen geschafft.
Der junge Mann fiel aber ebenso zu Boden, zu heftig war dieser Druck gewesen, die Kraftanstrengung, der Kampf. Seine Augen schmerzten, der Schweiß rann fast ohne Pause in sie, das Gesicht dampfte und er spürte seine Hand nicht mehr. Sowohl die rechte, als auch die linke schienen taub zu sein.
Doch zu allem Übel war das ja nicht Skelldon gewesen und dieser war nun außer sich vor Wut. Irgendwie verständlich, aber trotzdem ein riesiges Problem für sie. Auch Isabell ging es nicht besser, die er nicht mal ansah, obwohl er geistig bei ihr war, da er keine Kraft mehr zum Sprechen hatte und auch nicht zum Umdrehen. Während er auf dem Boden lag, kam das Skelett mit einem Satz aus fünf Metern Höhe von seinem Thron herunter, den Stab hatte er auf einer der Armlehnen liegen gelassen, dafür trug er jetzt ein schmuckes Zweihandschwert, dass nach seinem Blitzen zu urteilen nur aus edlen Metallen und Steinen bestand, aber der erste Endruck täuschte. Scheinbar passte es ihm ganz und gar nicht, dass alle seine vier Vertrauten tot waren, aber wenn er sie wirklich wieder zum Leben erwecken konnte, dann war das ja ein unwichtiger Belang. Doch jetzt wurde er zum ersten Mal zu einem Kampf gezwungen und während er auf sie zukam, lag Rociel immer noch am Boden. Seine Hände, sie blieben taub, er fühlte sich so elendig dreckig, sein ganzer Körper spielte verrückt, mal war ihm heiß, mal war ihm kalt, mal schmerzte der Rücken, mal der Bauch, ein drittes Mal der Kopf. Er versuchte sich aufzurichten, da er genau auf Skelldon blickte, das hieß, wenn man das schlingernde Etwas vor seinen Augen Skelldon nennen konnte, doch es grenzte an ein Ding der Unmöglichkeit.
Plötzlich roch er eine Flüssigkeit, die er nur zu gut kannte. Er versuchte angestrengt auf seine Hände zu starren, die so taub erschienen. Aus einzelnen Hautporen drang Blut heraus. Er hatte den Griff zu angestrengt gehalten, seine Fingernägel, die eigentlich recht kurz waren, hatten sich in das Fleisch gebohrt. Blut… Er neigte seinen Kopf zu den Händen und roch noch einmal daran. Blut… Skelldon kam immer näher, direkt auf ihn zu. Sein Körper bebte, die Erde erzitterte und die Flammen hauchten unheilvoll, obwohl es hier unten keinen Windzug gab. Steh auf, los doch! Er hörte Isabells Stimme, so vertraut war sie in seinem Ohr, doch es kümmerte ihn nicht, er sah nur auf die rötlicher werdenden Hände. Blut… Das mächtige Schwert von Skelldon raste auf ihn zu, genau wie die Klingen seiner Schwester auf das Schwert zukamen, doch ihn kümmerte das nicht. Erst als sein Gehirn verstanden hatte, was er da die ganze Zeit vor sich hinbrabbelte, reagierte es. Sein Griff ging nach dem Schwert, er regte es hoch und auf einmal trafen sich alle vier Schwerter in der Mitte ihrer Wege und jeder Angriff verpuffte im Nichts. Der Kampf hatte begonnen und Rociel fühlte sich auf einmal so viel besser…
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| 04.04.2004 21:44 | #97 |
| Isabell |
Er stand wieder, wie gut, wie wichtig das doch war. Hauptsache er stand wieder, alles andere war nicht so schlimm, er würde das schon schaffen, das wusste sie doch sowieso. Isabell ging es nicht mehr so gut, wie noch zuvor, der Sprung hatte auch sehr viel Kraft gekostet und das minutenlange Fliehen war auch nicht gerade leicht gewesen. Doch sie hatten trotz der schwierigeren Kämpfe alles besiegt, bislang hatte jeder Untote am Ende den Kürzeren ziehen müssen, noch immer konnten sie nicht besiegt werden. Sie hatten sich ihren Weg bis zu Skelldon gebahnt. Nun musste der Herrscher selbst ran, er musste wahrscheinlich zum ersten Mal seit langem wieder aktiv an einen Kampf gehen, hatte absolut niemanden mehr, der führ ihn die Drecksarbeit erledigen konnte. Doch Skelldon war noch ausgeruht, hatte bisher keinen Finger krumm gemacht und außerdem wäre Skelldon nicht Skelldon gewesen, wenn er nicht einiges drauf hatte. Wie hieß es doch in diesem ominösen Buch? Er war ein ruhiger, besonnener Kämpfer, der nicht wie ein Berserker wild um sich schlug, sondern in Ruhe auf seine Chancen wartete und geschickt und geschwind mit seinem mächtigen Zweihänder umging. Hoffentlich traf dies alles nicht mehr zu, oder er sollte einen schlechten Tag haben, egal was, alles war gut, wenn sie nur davon profitieren konnten. Sie waren zwei gegen einen, das war ihr großer, ihr größter Vorteil, den mussten sie auch nutzen. Ausgeruht hätten sie vielleicht auch alleine bestehen können, zumindest Rociel, da war sie sich sicher, aber in der momentanen Verfassung war dies unmöglich. Es ging hier nur noch um Leben oder Tod, derjenige, der zuerst fiel, hatte das Spiel verloren. Wären sie bei einem Glücksspiel musste man sagen, dass nun die Trümpfe auf dem Tisch lagen. Niemand konnte mehr etwas in der Hinterhand haben, es war ein offener Schlagabtausch ohne Regeln. Nur noch leb oder stirb. Töte oder werde getötet. Aber das war für sie schon die ganze Zeit Regel, nur für Skelldon musste es neu sein. Wahrscheinlich hatte ihn nie jemand so sehr gefordert. Wie denn auch, er war schließlich der König und Befehlshaber einer ganzen Armee. Er war ein Gott für sie. Skelldon, den Namen, den sie hier unten das erste Mal gehört hatten. Ein Name, der für unsägliches Leid stand und von dem sie trotzdem nie etwas gehört hatten, niemals in Drakia, in Khorinis, in Gorthar. Skelldon, zu dem man nur kam, wenn man durch einen magischen Spiegel trat, der so gut versteckt und bewacht war, dass es wie ein Wunder schien, dass sie überhaupt hier sein konnten. In einer Anlage, mit so vielen Hindernissen und Irrgängen, mit einer solchen Wachmannschaft und den tausenden Dienern im Hintergrund. Nun war es Zeit, dem ein Ende zu bereiten.
Doch es würde alles andere als leicht werden und auch ihr Tod schien nicht unmöglich. Auch für sie hatte der Tod schon angerichtet, aber sie wollten nicht sterben, sie wollten leben, weiterleben und den Frühling genießen, die Natur erleben und ihre Aufgabe weiterführen. Sterben war für sie kein Thema und sie war sich sicher, dass auch ihr Bruder nicht sterben wollte, ja selbst Skelldon versuchte mit allen Mitteln seinen Tod zu verhindern, auch wenn es komisch war, wenn ein Toter nicht mehr sterben wollte. Beim ihm musste es wohl anders heißen, die Auslöschung seiner gesamten Existenz war in Gefahr, doch den Tod musste er nicht mehr fürchten, dieser war nunmehr hinter seiner Seele her, die auch er noch besitzen musste.
Die Klingen fuhren wieder auseinander, ordneten sich neu. Sie gingen bewusst ihre Taktik, in zwei verschiedene Seiten, sie wollten ihn einkesseln, ihm keine Gelegenheit geben nach hinten und nach vorne zu schlagen. Doch das Skelett war nicht dumm, es ging gescheite Laufwege und wich so dieser Einkesselung immer wieder aus, gleichzeitig wirbelte sein Schwert schnell um die eigene Achse. Es war kein Vergleich mit der Waffenführung seiner Diener, denn Skelldon führte den Zweihänder wie einen leichten Einhänder, hatte trotz seiner imposanten Rüstung keine Probleme die Geschwindigkeit zu gehen. An seinem Hals da hing das Amulett, der Gegenstand, wegen dem sie überhaupt erst hierher gekommen waren und diesen irren Kampf bestritten. Es glühte nun und schien dem Skelett tatsächlich zu helfen, mit was auch immer. Jedenfalls landeten sie keinen Treffer in der Anfangsphase des Kampfes, überhaupt war es am Anfang gar kein Kampf, sondern viel mehr ein taktisches Ränkespielchen. Niemand traute sich wirklich aus der Deckung, was bei ihr hauptsächlich an der eingeschränkten Kraft lag. Sie wollte nur im Notfall angreifen, mit halber Kraft einen Angriff zu wagen, war Wahnsinn. Sie hatte schon alle Kräfte mobilisiert, die sie hatte und weitere, heilende Tränke gab es nicht mehr. Es ging einfach nicht mehr weiter und das müde Gehirn war schon schwer genug konzentriert zu halten, schließlich mussten sie sich auf jede Bewegung einstellen, auf jeden Vorstoß gewappnet sein. Ihr Körper sah nun überhaupt nicht mehr prächtig aus, jeder Glanz war von ihm gegangen, die schweißerfüllten Haare, die stinkende Haut, sie hatte jetzt große Ähnlichkeit mit dem gemeinen Volk aus dem Hafen von Gorthar. Sie eine arme, dreckige Dirne und ihr Bruder ein stinkender Dieb aus der Gosse, so waren sie unschön aber richtig betitelt.
Plötzlich aber schien der Kampf eine gewisse Wendung zu nehmen, so länger sie dieses Wartespielchen trieben, desto besser ging es ihren Knochen wieder. Besonders sie, aber auch die Muskeln erholten sich, jede ruhige Sekunde war ein Gewinn und es gab am Anfang viele ruhige Sekunden, manchmal auch Minuten. Manchmal standen sie auch komplett still, aber anscheinend traute sich Skelldon auch nicht aus seiner Deckung heraus. Langsam schien ihr Körper noch einmal angefeuert zu werden, wie bei einem Kamin, in den man die letzten Balken des Holzhauses warf, nur um noch einmal Wärme zu haben. Sie fühlte sich stärker und das war auch dringend nötig, denn wie schon gesagt, der Kampf nahm eine gewisse Wende, die zu einem schrecklichen Kampf führte, alles begann damit, dass ihr Bruder aus der Deckung herauspreschte und Skelldon mit einem wahren Donnerschlag aus Schlagsalven begrüßte. Einmal, zweimal, dreimal, viermal, ununterbrochen folgte einem Linksschlag ein Rechtsschlag und wieder umgekehrt, sie folgte diesem Tross und war bereit einzugreifen. Immer weiter drängte er das Skelett nach hinten, immer weiter wich dieser zurück, bis sie an eine Wand stoßen. Doch Skelldon wäre nicht Skelldon, wenn er blöd gewesen wäre, als er an die Wand stieß und sah, wie ihr Bruder noch einmal zuschlagen wollte wich er geduckt zur Seite und griff seinerseits an, doch sofort war sie da und blockte den Schlag mit gekreuzten Klingen. Doch nicht genug, sie führten das Spielchen sofort weiter, nur dieses Mal griffen sie zusammen an, das Skelett hatte einige Male großes Glück, denn fast wäre einer der drei Klingen mal bis auf die Knochen durchgekommen. Stattdessen konnte sie nur eine Platte seiner Rüstung erwischen, dafür aber zweimal. Nur was zählte es schon, dass sie Skelldons Rüstung beschädigt hatte, wenn er selber nach wie vor am Leben war.
Auf einmal konterte das Skelett, machte einen unerwarteten Schritt zur Seite und fuhr dann wiederum nach vorne. Genau zwischen ihnen landete die Klinge, doch noch ehe sie reagieren konnten war er schon wieder nach hinten geeilt. Fast im selben Moment spürte sie einen heftigen Schmerz am Bein und knickte um, der Grund war simpel, denn Skelldon hatte ihr direkt einen Tritt dagegen besorgt und das mit schweren Eisenstiefeln. Sie war für Momente ohne Deckung, doch wie selbstverständlich wich ihr Bruder vor sie und beschäftigte Skelldon weiter, damit sie sofort wieder aufstehen und weiter kämpften konnte. Und das machten sie jetzt auch und wie. Sie versuchten alles aufzubieten, was dieses kühl rechnende, untote Wesen vernichten konnte. In ihrem Lauf wurde der Ton der Klingen jetzt härter und der Druck der Schläge zog deutlich an. Isabell fuhr zur Seite und schlug auf Skelldons Brust, doch ehe das Schwert sie traf, war der Körper schon wieder ganz woanders. Wie ein Schatten wechselte Skelldon nun die Position und holte immer wieder zu mächtigen Wirbelhieben aus, die wahrscheinlich nicht mal so genau gezielt waren, doch sie auf Abstand hielten. Sie versuchte es erneut, dieses Mal von unten, doch schon wieder war er weg.
Auf einmal lief das Skelett in Windeseile Richtung Thron, ohne auf sie zu achten, als ob er fliehen wollte, doch das wollte er ganz bestimmt nicht, das wäre ja lächerlich gewesen. Und tatsächlich, Skelldon erlaubte sich in seiner unermesslichen Sicherheit noch diesen Hohn, selbst jetzt noch. Vor seinem Throne stehend, lachte er nur laut auf, wobei das Lachen jetzt noch ein wenig makaberer Klang als zuvor und sprach:
Hahaha, ihr seid ja gar nicht mal so schlecht, aber leider habt ihr gar nicht gemerkt, dass ich nur mit euch gespielt habe. Es war ganz lehrreich eure abgeschwächten Körper zu beobachten, aber nun werde ich einmal richtig kämpfen!
Sprach's und wurde sofort wieder mit seinen Verfolgern konfrontiert. Isabell ließen diese Worte kalt, sollte er doch richtig kämpfen, sie war bereit dazu. Sie wollte seinen Kopf sobald es ging vom Rest des Körpers schlagen und auf diese Chance lauerten sie.
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| 05.04.2004 00:15 | #98 |
| Todesfürst |
Rociel grinste innerlich in sich hinein, seine nassen Haare klebten nun schon deutlich über der Stirn und ließen so seine Augen ein wenig verbergen, ehe er sie wieder hochnahm. Skelldon meinte, er hatte nur mit ihnen gespielt, nun, dann sollte er nun die Rechnung für diese Worte ertragen. Noch war der ganze Kampf ausgeglichen gewesen und es sah nicht so aus, als ob Skelldon ein überragender Kämpfer war, doch dank dieser Ruhephase konnte auch sein Körper sich erholen und war nun für den letzten Schlag bereit und er hoffte, dass dies auch bei Isabell so war, aber eigentlich wusste er, dass es so war, denn er spürte es ganz deutlich, wie auch sein Blut stärker wurde, durch ihre Kraftzunahme. Irgendwas war da zumindest und es war ganz sicher keine seiner Bauchkrämpfe, die er einfach nicht loswerden wollte.
Skelldon indes war sofort wieder von ihnen umlagert und grinste nur, offen und wenig geheim, so dass es jeder sehen konnte. Plötzlich, wie aus dem Nichts, holte er aus, doch kein einfacher Schwingschlag mehr von rechts nach links, er wirbelte mit seinem Schwert geradezu durch die Luft, fing es nach drehenden Kapriolen wieder auf und stach unaufhörlich in die Menge hinein. Damit hatte er nicht gerechnet! Mit einer solchen Eleganz hatte das Skelett ihn verblüfft, er war auf eine Überraschung gefasst gewesen, doch nicht auf so etwas. Anfangs noch hielten sie ihre Klingen dagegen, kämpften engagiert weiter und blockten den einen oder anderen Schlag, doch es wurde immer sinnloser, denn Skelldon hörte einfach nicht auf. Ohne Pause machte er weiter, immer weiter, immer kräftiger wurden seine Schläge, einer traf Todesodem, das Schwert erzitterte trotz festem Griff und es war ein Wunder, dass es nicht aus den Händen gefallen war. Dabei tanzte Skelldon einen fröhlichen Tanz, stand mal auf einem Bein, ehe er mit gekreuzten Füßen wieder auf den Boden zurückfand und mittendrin der Sprünge noch zwei weitere Schläge getan hatte. Mal kämpfte er nun mit nur einer Hand am Schwert, doch am gefährlichsten war es, wenn er mit beiden Händen den Griff umschloss und zuschlug.
Vollkommen übertölpelt, wie zwei Lehrlinge in der Ausbildung zum Schwertkampf wurden sie nun regelrecht vorgeführt und Skelldon hatte mit seinem Spott Recht behalten, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis er das Spiel beenden konnte. Absolut minderwertige Gegner standen dort vor ihm, ohne wirkliche Gegenwehr mussten sie nun immer weiter nach hinten weichen, doch als sie sich hinter den Thron gekämpft haben, kam ihm mehr der Zufall zu Hilfe als er dachte. Die Eisenstange, eine der zwei, die die riesigen Kohlescheiben hielten, sie war ganz dünn und kaum fünf Zentimeter dick, noch zweifelte er an seinem Vorhaben, aber er spürte, wie Skelldon sie jederzeit besiegen konnte, wie er sie…töten konnte. Deswegen musste er handeln und er handelte auch. Unerwartet machte Rociel einen Schlag nach vorne, doch er ging nicht auf das Skelett, sondern auf die Eisenstange, die sofort brach, er hatte sie einfach durchschlagen. Die Kohlenschüssel begann zu wanken und sie hatten noch ein weiteres Mal mehr Glück als verdient war, denn die schweren Stücke Kohle, die allesamt glühten und zusätzlich noch die gesamte Asche, die Flammenzungen und das Feuer, alles was in dieser Schüssel lag kam auf sie zu. Schnell huschten die Geschwister in Deckung, direkt hinter den Thron und eine wahre Welle aus glühenden Kohlen entzündete den ganzen Teppich an der Stelle und verunstaltete weite Teile des Saals. Die glühenden Kohlen flogen durch die Luft, kullerten entlang und hinterließen schwere Brandspuren, doch die meisten waren allesamt auf Skelldon gefallen, für ihn war diese Aktion vollkommen unvorhergesehen, er hatte überhaupt nicht daran gedacht und deswegen auch nicht reagiert. Doch sie hörten schon sein Fluchen und machten, dass sie aus der Gefahrenzone wegkamen, erst mal wieder vor den großen Thron, auf eine Fläche, die regelmäßig und groß genug war. Doch nicht lange blieben sie alleine, sie nutzen die Zeit um noch einmal durchzuatmen und Rociel musste sich erst mal davon erholen, was der Herrscher über Zopar da eben geboten hatte.
Ahhh, meine schöne Rüstung, das werdet ihr büßen, büßen werdet ihr. Ich werde eure Körper noch langsamer zerteilen, als ich es ohnehin schon vorhatte. Verdammt noch mal…
Der verbrannte Körper tauchte um dieselbe Ecke, von der sie auch gekommen waren, kleinere Kohlenstücke befanden sich noch immer auf seinem Körper, doch von der Rüstung waren einige Teile komplett weg, es gab nun an der Schulter einige lose Stellen, wo sie seine Knochen sahen konnten, doch größtenteils sah er noch wie immer aus und in der Halle war es deutlich dunkler geworden, besonders in der Nähe des Throns. Skelldon schwang sein Schwert noch immer, so als ob nichts passiert wäre, im Gegenteil, Rociel musste eingestehen, dass seine Aktion nichts gebracht hatte und der Feind nur noch angestachelter war. Zwar machte man so auch mehr Fehler, aber das galt es abzuwarten. Jedenfalls tauchte der Tyrann aus den Flammen wieder auf und war stärker als je zuvor. Isabell hatte das Pech, dass er sich zuerst auf sie konzentrierte, er sprang in die Lüfte, wirbelte mit dem Schwert herum, ließ ihre Abwehrversuche lächerlich erscheinen und landete wieder auf dem Boden, gleichzeitig riss er seinen Fuß hoch und ließ ihn in den Magen seiner Schwester donnern, die daraufhin zusammenbrach.
War das noch nicht genug, interessierte es ihn gar nicht, sie jetzt umzubringen, hätte er das auch nicht geschafft, denn Rociel war sofort bei ihr um sich schützen vor sie zustellen, doch Skelldon beachtete nur ihn und wollte sofort wieder angreifen. Er wich bewusst ein paar Schritte nach hinten, um ihn wegzulocken, aber das schien auf Desinteresse zu stoßen. Der verhasste Feind wirbelte erneut mit seinem Schwert umher, das Zweihandschwert hatte schon lange keine Ähnlichkeit mehr mit den normalen, trägen Zweihändern die er kannte. Ein perfekter Kämpfer. Sein Schwert hielt wacker gegen alle Angriffe, aber auf einmal war da dieser Stein…dieser verdammte Stein…er stolperte, fiel nach hinten und Skelldon schien auf einmal großes Interesse daran zu haben, sein Werk zu vollenden, zielte auf einen Bauch, der ungeschützt fiel, doch dieses Mal konnte er auf seine Schwester zählen. Ja, sie hatte es rechtzeitig geschafft und verhinderte nun im letzten Moment das Unfassbare. Nun aber hatte sie das Problem Skelldon am Hals, sofort griff er wieder an und schien sie spielend zu beherrschen. Mit einem einfachen Schlag riss er die beiden Schwerter aus Isabells Händen, die aber auch geschwächt waren und nun stand sie ohne Gegenwehr da. Auch bei ihr schien er jetzt Interesse zu haben, sie zu töten, doch das ließ Rociel nicht zu. Aus seinem Gürtel flogen zwei blitzschnelle Geschosse auf den Hals des Skelettes zu und blieben dort knackend stecken, als ob sie irgendwelche Knorpelteile weggerissen hätten, doch trotz zwei Dolchen, die in seinem Unterkopf, irgendwo am Hals steckten, konnte Skelldon immer noch lachen. Wenigstens ließ er wieder von seiner Schwester ab und jagte nun zum zweiten Gegner, welcher er ja bekanntlich war, zog im Vorbeigehen einfach die beiden Dolche aus ihren Zielen und warf sie zu Boden.
Das Schwert fasste gierig nach, es wollte sich nun endlich in Fleisch bohren, es stimmte, Skelldon war ein taktischer Kämpfer der durchaus auch mal das Weite suchte oder nur beobachtete, doch nun war er der gefürchtete Berserker, den man ihm immer absprechen wollte. Seine Wut war so groß, sein Leben in Gefahr und sein Schwert in den Händen, das Amulett um seinen Hals auf seiner Seite, das ihm zusätzliche Kräfte verlieh. Er rastete vollkommen aus, seine Schläge waren nicht mehr einsehbar, irgendwann mussten sich ihre Klingen noch einmal berührt haben, doch dann spürte Rociel es. Den brennenden Schmerz.
Er spürte, wie sein Körper erneut taumelte und meterweit nach hinten lief, bis er schließlich in Schräglage geriet und umfiel. Wie gebannt blickte er auf die Bluttropfen, die vor ihm in die Luft zu schweben schienen, dabei waren sie doch bloß von seinem Körper gefallen und würden bald den Boden tränken.
Er spürte den Schmerz an seiner Wange und er sah noch vor seinem Aufkommen das Blut. Skelldon hatte seine Wange gestreift, dort hatte sein spitzes und scharfes Schwert nur durch Glück nicht weiter innen getroffen, doch ein kleines Hautplättchen mitgerissen und eine kleine Wunde geöffnet. Es war wohl die kleinste Verletzung, die passieren konnte, wenn man gegen den Herrscher der untoten Armeen von Zopar im Kampfe antrat, doch diese Wunde, sie sorgte nun für den vollkommenen Wahnsinn in seinen Augen. Wie er mit der Hand über die Wunde ging und mit blutigem Zeige- und Mittelfinger zurückkam. Wie Skelldon auf ihn zustürmte und Isabell versuchte hinter ihm herzukommen. Irgendetwas schrie sie ihm zu, doch sein Gehör mochte keine Töne vernehmen, nur ein lautes Pochen war zu hören. Bumm…Bumm…Bumm… machte es immer. Seine Hand jedoch, sie war mit Blut gefärbt. Der Saft, der auch gelblich schimmern konnte, der Saft, in dem er sich spiegeln konnte. Blut!
Seine braunen Augen gingen zu, als seine Lider wieder geöffnet wurden, waren sie rot. Es war das brennende Feuer, das sie leitete, Rociel hatte nun endgültig die Grenze überwunden und die Kontrolle über seinen Körper verloren. Nun war er nicht mehr der nette Junge von nebenan, der einigermaßen kämpfende Krieger, der ehrgeizige Jäger, nun war er das Dämonenkind Rociel, ein wütender Chaosseraphim, ohne Gnade vor seinem Gegner.
Skelldon…du wirst sterben…jetzt…
Sein Schwert nahm er wieder auf und hielt es gegen den Zweihänder, der senkrecht auf seine Brust zukam und sie durchbohren wollte, nun aber wurde sie abgewehrt, vollkommen überraschend war es noch nicht vorbei. Was zum… Die Worte des Skelldon wirkten jetzt schon hilflos und sie sollten noch viel hilfloser klingen, wenn er erst mal mit ihm fertig war. Sein ganzer Körper, bis eben noch eine Ruine der Schmerzen und der Schwäche, strotzte geradezu vor Kraft, in den Augen von Rociel war keine Gnade mehr zu erwarten, sie flammten sich im Feuer der Hölle und wurden doch für den Himmel geführt. Es war eine absolute Kampfesform und Skelldon hatte wahrlich noch Glück, dass er kein Blut mehr besaß, denn wenn Rociel noch in seinen alten, besiegten Blutrausch verfallen wäre, dann wäre er unkontrollierbar gewesen, wäre in seine vollkommene dämonische Form geschlüpft. So aber reichte es immer noch um Skelldon mit einzelnen Schlägen die Stirn zu bieten. Das Skelett strengte sich noch einmal an und schien den Ernst der Lage begriffen zu haben, schien er doch in die toten Augen des Fürsten sehen zu können. Skelldon bot nun sein ganzes Können auf, sein Schwert war so schnell, dass man es normalerweise nicht mehr wahrgenommen hätte, dass man es eher zwischen den Rippen gehabt hätte, bevor man es wieder sah. Ja, damit hatte er es immer allen gezeigt, Skelldon, der Prächtige, Skelldon, der Unbesiegbare, er, der nur durch Verrat hierher kam, der nie besiegt wurde egal wer ihm auch gegenüberstand. Egal ob mächtiger Magier oder starker Kämpfer, egal ob Mythos oder Legende, er hatte noch jeden besiegt und zwar nicht nur in den Palasthallen, auch in anderen Welten, in denen seine Armee unter der Regentschaft ihres Herrschers wütete. Doch nun sah er sich nahe dem Tod und musste noch einmal alles herausholen, doch das reichte nicht. Nicht für Rociel-Sama.
Auch Isabell wollen wir hier nicht vergessen, die sich noch einmal in den Kampf einmischte und Skelldon zusätzlich forderte, andauernd nur knapp ihn verfehlte und immer mehr Löcher in seine einst so schöne Rüstung machte, doch das war nicht effektiv, sorgte aber immer mehr für Bedrängnis, der einst so spottende Großwesir hatte das Lachen aufgegeben, legte allen Hohn und Spott ab, doch es war zu spät.
Du wirst sterben… hatte er gesagt und er stand zu seinem Wort. Rociels Augen waren nicht die einzigen die glühten, je länger er sich nun konzentrierte, desto heftiger begannen auch seine Amulette zu beben. Angefeuert vom ewig aktiven Amulett des Skelldon begannen sich auch sie zu regen und ihre Kräfte einfließen zu lassen, die Amulette zogen sich geradezu an. Der junge Mann jedoch hatte nur noch Skelldon im Visier und holte ein letztes Mal aus, er überkreuze die Klingen seiner Schwester und fuhr mit der Spitze seines Schwertes gegen die Breitseite der Klinge des Zweihänders. Danach umpackte er das Schwert mit beiden Händen und holte endgültig aus, zusammen mit Isabell drangen drei Schwerter auf ihn zu und er verlor alles. Sein Schwert war gebrochen, zerteilt von der glühenden Klinge Rociels. Isabell hatte ihre Krummsäbel im unteren Bauchbereich eingebracht und dieses Mal war es mehr als nur ein Rüstungstreffer. Mit einem lässigen Schlag schlug er dem Tyrannen auch noch das abgebrochene Stück seines Schwertes aus der Hand und hielt dem Untoten seine Klinge an den Hals.
Ihr verdammten Bastarde. Verdammt, was zur Hölle seid ihr? Nur Beliar kann so grausam sein, grausamer als ich es bin.
Seine Lippen verzogen sich leicht, als er noch einmal ganz nahe an die sterbenden Augen von Skelldon herantrat. Er sollte sie sehen, die glühenden Augen von ihm, die schon wieder etwas von ihrer Intensität verloren hatten. Was wir sind? Das weißt du doch Skelldon. Wir sind die Jäger der Amulette. Wir sind Sünder unter den Menschen, ausgestoßene Schönlinge eines arroganten Volkes. Durch unsere Adern fließt das Blut von Dämonen und Menschen. Abartige Geschöpfe, die Beliar fürchten würde und von Innos geliebt werden. Doch er ist der einzige der uns liebt, alle anderen hassen uns, verabscheuen uns, fürchten uns. Wir sind die Sünde Gottes.
Mit diesen Worten zog er das Schwert nach vorne, presste es durch den Halswirbel des Königs und nickte seiner Schwester zu. Sie tat den Rest, denn sie hatten es versprochen. Mit einem Schlag gegen den Kopf wurde dieser vom Körper gelöst und rollte in eine dunkle Ecke des Thronsaals. Langsam beruhigten sich seine Augen wieder, doch sein Körper musste nun den Tribut zahlen. Er nahm sein Schwert und stützte sich darauf. Isabell stieß den gelähmten Körper um, der zu Boden fiel. Dann aber setzte er sich, seine Füße waren nun diejenigen, die taub waren, sich nicht mehr anwesend fühlten. Vorsichtig lehnend auf dem Schwert, bis er auf dem Boden war, dann löste er seine Rüstung, öffnete die Schnallen und zog sie langsam aus. Vorsichtig legte er sie neben sich, sah noch das Glühen in den Augen von Rexx und blieb dann auf dem Rücken liegen, den Kopf zur Seite gelehnt.
Du hast es tatsächlich geschafft Meister, du hast den unbesiegbaren Skelldon besiegt. Meinen Respekt, das war wirklich mächtig. Wie hast du das bloß gemacht? Ach na ja, ich weiß es schon…irgendwie… Er lächelte in sich hinein, war froh, dass dieser blöde Schädel endlich still war, obwohl er ihn langsam ins Herz geschlossen hatte. Ja, ich hab es geschafft, aber niemals ohne Isabell. Sie hat mir auch das Leben gerettet, hat genauso gekämpft, hat nie aufgeben. Niemand hat diesen Sieg alleine errungen. Wären wir alleine gewesen, wären wir beide gestorben, egal wie ausgeruht. Skelldon hat nur mit uns gespielt, hätte er seine Macht früher gezeigt und ein wenig mehr Glück bei dem einen Schlag gehabt, wir wären gestorben. Hätten wir nicht den ganzen Weg über, bei allen Wegen zusammengehalten und zusammengekämpft, wir wären gestorben. Diesen Kampf haben WIR gewonnen.
In seinen Gedanken spielte sich eine ganze Menge ab, doch egal was, es war vorbei. Sie hatten erst einmal Ruhe. Doch er fühlte sich so schwach, er konnte nicht mal ohnmächtig werden oder schlafen, viel zu anstrengend. So blieb er nur da liegen und sah auf den Sockel einer Statue, deren Aussehen er nicht sehen konnte. Rociel…er war scheintot und trotzdem waren sie am Leben und Skelldon war tot. Skelldon war tot…tot….tot…..tot….TOT!
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| 05.04.2004 13:49 | #99 |
| Isabell |
Die junge Frau hatte dem Skelett den Kopf abgeschlagen, nachdem sie vorher den Feind entwaffnet und verletzt hatten. Wenn es ein Mensch gewesen wäre…aber so, ein Skelett. Dieses Skelett war anders, nicht mit normalen Skeletten zu vergleichen. Es war nicht nur viel stärker als alle anderen und besaß eindeutig ein Gehirn, etwas, was ihn denken ließ, es hatte auch durchaus einen mysteriösen Anstrich, eine Aura, die jeden darin fesselte und ihn langsam auffraß. Wie ein großer Schatten, der sich auf ihre Herzen legen wollte, sie verschlingen wollte und dann langsam aber sicher vernichten. Wer weiß, was Skelldon mit ihnen vorgehabt hatte, welche Pläne er ausgetüftelt hatte. Vielleicht eine Folter, vielleicht auch eine Wiedererweckung ihrer toten Körper? Isabell wollte eigentlich darüber nicht mehr nachdenken, nicht mehr jetzt, aber es war immer noch alles so nah und wirklich. Die Realität war immer noch zu spüren, sie befanden sich noch immer inmitten dieses Albtraumes. Sie hatte mit ihren schmerzenden Augen den Saal durchfahren, noch einmal alles angesehen, ob es nicht doch noch etwas gab, was sie übersehen hatten. Dabei spürte sie das endgültige Ende in ihrem Körper, wie sich auch die letzte Pore weitete und der letzte Muskel zuckte. In ihrem Magen drehte sich alles und ihr wurde speiübel, aber selbst dafür hatte sie nichts mehr übrig, es war alles aufgebraucht. Ihr Mund war trockener als es jede Wüste, jedes Ödland sein konnte, voller Staubpartikel und ohne Wasser.
Auf einmal spürte sie auch die zittrigen Knie, hielten auch sie den Druck nicht mehr aus und fielen hin. Zum Glück lag noch Teppich hier unten, sonst hätte es wohl einige Schürfwunden gegeben, oder zumindest eine aufgerissene Hose, aber so ging alles gut, mal ganz davon abgesehen, dass sie nicht mehr aufrecht stehen konnte. Mit den Händen kroch sie dann auf allen Vieren, wie ein Tier, zu ihrem Bruder, der nicht weit entfernt lag. Ein abschweifender Blick ging zu seiner Rüstung, besonders allerdings zu Rexx, dessen Augen rot glühten und der scheinbar zu atmen schien. Dieser Schädel, der genauso aussah wie diese, die sie bis eben bekämpft hatten. Es war seltsam, dass ausgerechnet er nun da war und in ihr Blickfeld geriet. Ihre Wimpern waren genauso verklebt wie der Rest ihres Körpers und so bedurfte es zweimaliges Augenschließen, bis sie wieder bei Rociel angekommen war. Es war alles so langsam, die Zeit schien an ihnen vorbeizulaufen und sie um Jahrtausende altern zu lassen, doch Zeit war sowieso unwichtig. Für sie war Zeit nicht mehr wichtig, nicht mehr…jetzt. Sie konnte ihren Bruder sehen, aber er sah sie nicht, scheinbar ging es ihm noch schlechter als ihr selbst. Er atmete sehr schnell, allerdings sehr ruhig, ohne zu keuchen, aber trotzdem bebte sein Brustkorb auf und ab.
Als sie ihn endlich erreicht hatte, versuchte sie sein Gesicht zu sehen, doch es lag hinter seiner Schulter verborgen. Sie gab es auf, es krampfhaft zu versuchen und lächelte. Sie hatten es geschafft, es gab keinen Grund mehr irgendetwas schnell erreichen zu wollen. Sie mussten nichts erreichen, wenn sie nicht wollten. Es war jetzt vorbei, kein Stress mehr, keine Hektik.Vorsichtig und ein wenig ratlos legte sie ihren Kopf auf die Brust ihres Bruders, sie wollte bei ihm sein, nah an seinem Herzen und spüren, was auch er spürte. Irgendetwas war da, was sich durch ihre Adern bewegte. Sie hatte schon gespürt, wie ihr Blut in Wallung geraten war, kurz nachdem sie ihn gewarnt hatte, als Skelldon zu einem seiner riesigen Läufe ausholte. Irgendetwas war da passiert und genau so was passierte jetzt auch, aber irgendwie anders. Es war eine Ausschüttung von Glücksgefühlen, obwohl ihre Körper physisch an ihrem Ende angelangt waren. Das einzige was passierte war die Ausschüttung von Glück. Keines, dass sie hatten, obwohl das sicher auch eine Rolle spielte, aber es war viel mehr ein zufriedenes Gefühl, dass durch den Körper ging. Etwas erreicht zu haben, ein Ziel geschafft. Dabei war es mehr als ein Ziel, es war ein Krieg, den sie gewonnen hatten und doch war es nur eine einzige Schlacht, die Schlacht eines großen Krieges, der noch gar nicht tobte, dessen Flammen noch nicht mal loderten, der aber gigantische Ausmaße erreichen würde.
Doch im Moment waren Gedanken an die Zukunft tabu. Es zählte nur das Hier und Jetzt, die Gegenwart. Sie hörte den aufgeregten Herzschlag, mitten auf seiner Brust, wie es immer noch laut pochte, wie es nicht aufhören wollte, nicht langsamer wurde. So lagen sie da, ihr Haar hing weit über seinem Körper und obwohl es so dreckig und hässlich war, spürte sie seine Finger dazwischen. Sie sah nun auch nichts mehr von ihm, nur noch der Fackelgang, der ebenfalls übel aussah war in ihrem Blickfeld, obwohl sie so nahe waren, wieder vereint, Körper an Körper, konnten ihre Augen nicht sehen. Aber was nützten schon Augen, denn sie sahen öfter mit dem Herzen, als das andere Menschen taten. Menschen…sie hatte es immer noch nicht aufgegeben daran zu glauben, an Menschen…
Die Erholung lief nur schleppend voran, mal konnte sie schmerzfrei daliegen, dann meldete sich wieder irgendein Bereich ihres Körpers und sendete über die Nerven unzählige Schmerzimpulse, die sie aber gar nicht mehr zucken ließ. Auch ihr Herz- und Pulsschlag war enorm hoch gewesen, doch nach zehn Minuten regungslosen Liegens und regelmäßigem atmen, wurde auch er drastisch niedriger, genau wie bei Rociel, der langsam aber sicher wieder normal schlug. Ihre Knochen und ihr Gewebe erholte sich scheinbar schneller als erwartet, eine Lähmung blieb zum Glück aus, doch geschunden waren sie trotzdem, immer noch nicht voll fähig sich zu bewegen. Aber eines hatten die Schmerzen verschont, eines war den Anstrengungen entkommen. Ihre Stimmbänder. Sie konnten noch reden, trotz des staubtrockenen Mundes.
I: Wir haben es geschafft.
R: Ja…
I: Haben unser Ziel erfüllt.
R: Aye…
I: Hast du Schmerzen?
R: Ja…
I: Ich auch…
R: Wir müssen…hier weg.
I: Wieso?
R: Es ist…unsicher…hier…..unten.
I: Was ist mit deiner Stimme?
R: Wasser…brauche… Wasser
I: Warte hier, ich hole dir etwas…
Isabell versuchte sich schnell wieder aufzurichten, doch das war keine so gute Idee, denn für einen Moment war ihr Körper wieder schmerzfrei, aber nach dem Aufrichten zuckte ein Schmerzimpuls durch ihr Rückgrat. Das hatte erst mal ganz schöne Schmerzen verursacht, aber anscheinend war ihrem Körper das egal, denn er machte trotzdem weiter. Sie fühlte sich wie nach einer jahrelangen Folterung, so verdammt kaputt schien da alles im Inneren zu sein, aber es würde bestimmt bald besser werden. Wenigstens brauchte sie nicht mehr kriechen, sie stand zuallererst einmal nur auf und versuchte sich auf zwei Beinen zu halten. Das klappte schon ganz gut und von diesem "Erfolg" angespornt, machte sie ganz vorsichtig einen Schritt nach dem anderen, bis sie sich sicher war, wieder normal laufen zu können. Sie wusste noch ungefähr, wo ihre Rucksäcke lagen, irgendwo am Eingang des Tores, da hatten sie sie abgelegt und das war auch ihr großes Glück, denn mit dem immer noch recht schweren Gepäck, hätten sie es wohl kaum geschafft nur ein einziges Skelett zu bezwingen. Als sie dann endlich die beiden guten Stücke fand, war sie erleichtert und nahm sofort aus Rociels Beutel einen großen Wasserkrug heraus, während sie sich davor bückte. Sie spürte, dass der Rucksack ungewöhnlich nass war und das hatte auch einen guten Grund. Fast alle Krüge waren zerdeppert, kaputt gegangen, der Grund war auch daneben, ein paar Knochen eines Skelettes, einer der Vier…sie hielt in ihrer Hand einen von zwei noch intakten Krügen, aber das würde ausreichen, mehr brauchten sie auch nicht.
Erst mal trank sie selber einen großen Schluck, trank sich so den Staub vom Mund, benetzte ihre taube Zunge wieder mit frischem, lebendem Wasser und sofort wurde ihr Mund wieder aktiver und sorgte auch für Speichelausschüttung. Auch ihr Rachen war staubtrocken gewesen, doch auch dieses Problem löste sich nun auf. Sie füllte noch schnell genügend Wasser in den Krug, den sie am Gürtel mit sich führte, dann nahm sie den Rest mit, zusätzlich noch den Rucksack von ihr selber. Dort waren immer noch einige Pfund Lebensmittel drin, ein wenig Essen würde ihnen gut tun. Es war schon etwas schwieriger mit den Gewichten zu gehen, aber sie kam immer besser damit zurecht und ihre Muskeln waren gar nicht mehr so träge wie zuvor. Das Wasser wirkte anscheinend Wunder.
Als sie wieder bei ihrem Bruder war, sorgte sie dafür, dass er schnell an sein Wasser kam, sie half ihm den Oberkörper aufzurichten und hielt vorsichtig seinen Hinterkopf, während er das Wasser trank. Ahhhh, das tut gut. Wasser…ich glaube, es geht langsam wieder. Das zu hören war natürlich Balsam in ihren Ohren und langsam aber sicher machte er sich dran wieder aufzustehen. Sie half ihm noch so gut es ging, solange, bis er wieder sicheren Halt unter den zwei Füßen hatte, dann aber ließ sie ihn los und durchwühlte den Rucksack nach etwas Essbarem. Ein wenig trockenes Brot hatten sie noch, die Wurst sah schon ziemlich schlecht aus und auch der Käse machte keinen guten Eindruck. So begnügte sie sich mit dem Stück Brot und aß es in Kombination mit dem Wasser, dass die harte Kruste aufweichte.
R: Tut mir leid.
I: Was denn?
R: Alles.
I: Hm. Schon in Ordnung, es brauch dir nicht Leid tun.
R: Nein?
I: Nein!
R: Das ist schön…
Ah, man tut das wieder gut. Einfach nur dastehen und abwarten, irgendwo hinschauen und atmen. Keine Kämpfe mehr und keine Angst vor irgendwelchen Fallen. Für einen Moment dachte ich, ich müsste sterben. Aber nicht im Kampf, nein, nein, ich meine in dem Moment, wo ich meinen Körper nicht mehr gespürt habe. Da war ich komplett taub und habe schwarz vor Augen gesehen. Ein unbeschreibliches Gefühl, kein Schmerz, sondern nur noch Wärme. Es war so schön warm, als ob ich in einer heißen Quelle sitzen würde. Aber dann, dann habe ich doch gesagt, dass ich nicht sterben will und auf einmal hatte ich wieder diese Schmerzen, die durch mich zuckten. Ich spüre das immer noch. Es fühlt sich auch noch alles so weich und aufgeschwollen an. Aber das wird sich sicher legen. I: Was meintest du denn vorhin, dass wir weg müssen?
R: Ja, wir müssen sofort aufbrechen. In ein paar Minuten, spätestens in einer halben Stunde.
I: So schnell, aber du…
R: Mir geht es gut und ich habe noch einen kleinen Trumpf in der Hinterhand. Ich habe immer noch etwas da, nie sollte man alle Karten auf den Tisch legen.I: Du sprichst in Rätseln Bruder.
R: Ja ich weiß, ich bin noch ein wenig verwirrt. Aber ich besitze noch eine Flasche von dem Geschwindigkeitstrank. Eigentlich sollte er ja dazu dienen, dass wir nicht diese riesige, verfluchte Treppe hoch müssen, aber nun werden wir ihn jetzt trinken. Ich denke, er wird unsere Beine auch in dem Zustand noch schneller machen.
I: Und warum?
R: Nun, wir sind hier auf Zopar, einer Schale der Hölle, nicht wahr?I: Ja…wenn es denn wahr ist.
R: Das wird es sein. Nun, diese Welt hier untersteht Beliar und da draußen vor den Toren warten tausende Untote und sie alle haben den gleichen Befehl wie zuvor, töten. Außerdem wurde der Fall von Skelldon sicher schon bemerkt, irgendwer wird seinen Platz einnehmen. Wir müssen hier raus und zwar schnellstens. Erst wenn wir wieder in unserer Welt sind, ist es vorbei. Wenn wir zögern könnte alles umsonst gewesen sein.
I: Du hast mich überzeugt Bruderherz, dann werden wir in ein paar Minuten aufbrechen.
R: Ja, ein paar Minuten haben wir sicher noch. Ich möchte mir das alles noch einmal anschauen, ein paar Erinnerungen hegen und pflegen, außerdem muss ich noch etwas machen.
I: Hast du denn schon wieder gar keinen Hunger?
R: Doch…
I: Hier, nimm wenigstens einen Apfel.
R: Danke Isabell.
Sie warf ihm den Apfel zu und gemeinsam lächelten sie sich dann kurz an, oder galt das Lächeln eher dem Apfel? Wie auch immer, sie nahm sich jetzt auch einen, von denen hatten sie ja noch eine ganze Menge…ein wenig wollte sie noch essen, ein bisschen noch auf dem Boden sitzen bleiben, aber es stimmte schon, sie mussten hier weg und das so schnell wie möglich. Je eher sie den Frühling begrüßen konnte, desto besser. Außerdem waren diese kalten, luftlosen Hallen ein Gräuel für sie. Sie hatten lange genug die Dunkelheit und die Fackellichter gesehen, es war wahrlich genug…
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| 05.04.2004 18:23 | #100 |
| Todesfürst |
Schwarz. Alles war schwarz. Ja…wirklich…Rociel spürte noch immer den Schmerz an seiner Wange, noch immer das aufgerissene Hautplättchen, das Fleisch das herausblitzte. Als er jetzt wieder stand, nahm er ein wenig Wasser und befeuchtete sein Gesicht, dann nahm er eines der sauberen Tücher und wischte sich damit das Wasser und hoffentlich auch sämtliche Blutspuren aus dem Antlitz. Es ging ihm immer noch nicht so optimal, seine Schulter war wohl leicht angeschlagen und vor allem die Region der Oberarme tat weh. Er sah an seinen Fingern noch immer die Risse, die Furchen und die neuen Falten, das alles würde sich erst mit der Zeit wieder dort herauslösen. Aber das war jetzt nicht mehr so wichtig, es ging ihm wieder den Umständen entsprechend gut, es war genug passiert, dass es soweit kam.
Mit einigermaßen gesunden Beinen trat er auf, immer wieder, auf und ab. Wenigstens die Gelenke schienen alle gut mitzuspielen, ein kleiner Trost, mehr nicht. Er ging in Richtung des Tores, das sich einfach nicht schließen wollte, wer weiß was dazu wieder nötig war, jedenfalls war es gut, dass es aufblieb. Er ging durch die Fackelallee, die jetzt ganz schön beschädigt war und nicht mehr halb so ordentlich daher kam, bis er wieder durch das Tor trat. Dort hob er seine Fackel auf, die einsam und alleine auf dem Boden, in einer dunklen Ecke lag und noch immer das Licht spendete. Ein letztes Mal nahm er sie auf, den langen, hölzernen, trockenen Schaft und führte sie wieder mit sich. Dann sah er noch einmal über das ganze Gebiet, das prächtige, schwarze Marmortor, die beiden riesigen Fackeln…
Sein Blick schweifte zu der Treppe, vor und auf dieser lagen Knochen. Er sah auf den Sims, von dem die Fernkämpfer, die Bogen- und Armbrustschützen ihre tödlichen Geschosse abgefeuert hatten. Auch von dort oben mussten die beiden ziellosen Pfeile abgefeuert wurden sein, die den Lord, den Vampir Alucard getroffen hatten. Seine Gedanken schweiften zu diesem ab, er fragte sich, wie es ihm wohl nun ging, ob er das Ganze überleben konnte. Sie jedenfalls hatten ihm auch dieses Mal seine Bitte erfüllt und Skelldon nicht nur sprichwörtlich den Kopf abgeschlagen. Er würde keinen Bann auf irgendein Tor aussprechen, doch ob es ein anderer tat, darauf nahm er keinen Einfluss mehr.
Es war egal, ob bald wieder ein neues Skelett mit neuer Gefolgschaft und ähnlicher Macht den Platz der Untoten einnehmen würde, den Platz, den Skelldon hinterließ, doch für ein paar Momente waren diese Wesen, die dem Gott Beliar dienten entscheidend geschwächt. Aber wie auch immer, wenn sie tatsächlich hierher kommen würden, dann wären die Geschwister längst wieder weg, würden sich wieder dort befinden, wo sie auch hingehörten, zumindest jetzt noch.
Rociel ging wieder durch das Tor, mit der Fackel in der einen Hand, sah sich noch einmal alles in Ruhe an. Als er durch das Tor gekommen war, nahm er seinen Rucksack auf, er war nass und voller Scherben, diese kippte er einfach auf dem Boden des Saales aus und leerte das gesamte Lederstück, bis es vollkommen leer war. Noch einmal ging er über die Schwelle, hatte er doch dort eines der vier Skelette getötet, die zu Skelldons Vertrauten gehörten. Eines dieser Skelette besaß dieses schöne Einhandschwert, das wollte er mitnehmen. Es würde nie in seinen Händen zum Kampf eingesetzt werden, er hatte damit andere Pläne, wollte es nämlich verkaufen. Es würde sicher eine Menge Gold bei einem guten Händler bringen und genau so einen konnte man in Gorthar finden. Schon wieder erwischte er sich dabei, wie er an so was subtiles wie Gold dachte, aber anscheinend war seine Ader danach noch nicht ganz erloschen. Er sah zu den Gemälden, die jetzt alle dunkler wirkten. Ein wenig war es auch dunkler, denn sie hatten ja ein paar Fackeln und Lichtquellen umgestoßen, aber er war der Meinung, dass diese Dunkelheit auch an etwas anderem lag. Der Tod hatte sich nun endgültig die Seelen von den Fünfen geholt haben, von Skelldon und den anderen Männern. Vielleicht war ihnen sogar ein Leben in Innos Reichen beschert, vielleicht nahm auch Adanos sie auf, aber eigentlich konnten sie nur dort landen, wo man sich nicht hinwünschte, aber vielleicht war es als Skelett, als Untoter egal, vielleicht empfand man dabei nichts mehr, vielleicht verschwand man auch im absoluten Nichts.
Die ganzen Kunstschätze hier unten, sie waren überaus wertvoll, doch er ließ sie nun links liegen und ging zurück zu Isabell. Auf dem Weg zu ihr aß er den Apfel zu Ende und warf das Gerippe in eine dunkle Seite, wo es direkt im Kopf von Skelldon landete. So spielte das Schicksal, auch für Skelldon. Gleichzeitig ging er Richtung Thron, an Isabell vorbei und nur auf seine beiden Dolche zu. Er steckte sie wieder zwischen den Gürtel, war er doch auf keinen Fall bereit sie hier zulassen oder zu vergessen. Doch sobald sie in Gorthar waren, wollte er sich wieder die Stiefellaschen anfertigen lassen. Dann ging er weiter, zu der Stelle, wo sein Körper so lange so regungslos lag, sein Schwert hatte er aus der Hand fallen lassen, auch dieses Stück konnte er unmöglich zurücklassen. Er nahm es mit geduldiger Miene auf, wischte mit einem sauberen Tuch darüber und ließ die glänzende Klinge im Licht der Fackel sonnen, ehe er die Waffe, mit der er in den letzten Stunden fast ununterbrochen herumgelaufen war, wieder in ihr verdientes Zuhause fallen. Nur noch die Fackel befand sich nun in seinen Händen und Isabell stand bereit zum Abmarsch. Eines tat er noch, natürlich, was sonst, er konnte es unmöglich vergessen.
Rociel ging auf den Körper von Skelldon zu, der leblos dalag, die schöne Rüstung, der Halswirbel schaute heraus. Es sah schon heftig aus, aber dank der Tatsache, dass kein Blut floss, war es auch für seine Nerven ertragbar. Er nahm tatsächlich noch einmal sein Schwert, wollte er doch den Körper des Toten nicht berühren und ließ die Kette des Amulettes um die Klinge fahren. Dann erhob er sein Schwert wieder und die Kette fiel nach unten, direkt in seine Hand. Wieder – und hoffentlich nun endgültig – steckte er sein Schwert zurück in die prächtige Warglederscheide und nahm sich der Kette an. Ein kleiner Verschluss umgab sie und diesen öffnete er nun. Das Amulett blieb in seiner Hand, doch die goldene Kette flog auf den Boden. Danach ging er zu seiner Schwester, die nur wenige Meter neben Rociel stand und das alles beobachtet hatte.
Hier…es ist dein Amulett. Ich möchte, dass du es trägst. Der junge Mann wusste um die Macht dieses kleinen, unscheinbaren Stückes menschlicher Schmiedkunst, doch er wusste auch, wie wichtig es war, dass sie gegenseitig stark waren. Es nutzte niemandem etwas, wenn er dieses Amulett getragen hätte, die Balance der Kräfte wäre vollkommen durcheinander gekommen, sie war dazu bestimmt das Amulett zu tragen, denn es war sein Entschluss. Aber… - Kein Aber, du hast es dir genauso verdient wie ich. Schau am besten in Gorthar nach einer stabilen Kette, welches Stück es ist, werden wir wohl erst bei Meister Tolban erfahren. Und jetzt komm, lass uns diese stinkenden Hallen verlassen.
Er drückte Isabell das schöne Schmuckstück in die Hand und gab ihr trotz des Gestanks einen Kuss, danach ging er Richtung Tor, vorbei an den Fackeln, ein letztes Mal nun endlich. Er sah noch einmal zurück, zurück auf den riesigen Thron, dann aber durchschritt er das Tor und wartete auf sie. Er verstand schon, dass sie das alles ein wenig überraschte, aber er mochte keine halben Sachen, es stand ihr zu und damit war die Sache erledigt. Nach einer Minute des Wartens kam sie dann auch durch das riesige Tor geschritten, hatte an alles gedacht, was er noch mal zur Sicherheit kontrollierte. Dann fasste er sich an den Gürtel, dort wo sein Allesbeutel hing und dort wo auch die Ampulle mit dem Trank sein musste. Er fasste danach, doch nichts Sinnvolles wollte sich in seine Finger begeben. Ein wenig nervöser wurde er, fasste energischer in dem kleinen Beutelchen nach und betete innerlich, dass er sich nicht geirrt hatte, doch dann rutschte die Ampulle aus der Ecke heraus, wo sie sich festgesaugt hatte und fiel direkt in seine Hände. Er atmete tief ein und aus, schloss die Augen und zog das gute Stück heraus.
Lass uns mal schauen, wie viel es reicht, ich würde sagen, jeder trinkt nur ein Viertel, damit wir noch genug übrig haben, sollte es erst mal nicht reichen. Also dann, hier. Er reichte seiner Schwester die Ampulle, die bis an den Rand mit einer gelblichen Flüssigkeit gefüllt war und wartete, bis sie fertig getrunken, bzw, die Tropfen auf ihre Zunge fallen gelassen hatte. Danach wiederholte er dasselbe Spiel bei sich, die Prozedur klappte gut, so dass er die Ampulle am Ende wieder mit Inhalt zurückstecken konnte. Er spürte schon im Stehen, wie seine Beine und sein restlicher Körper wärmer wurden, wie sich die Flüssigkeit in der Blutbahn verteilte und sah noch einmal bedenklich zu seiner Schwester. Sag mal, geht es dir wirklich gut, du bist so ruhig, hab ich doch irgendwas gemacht, was mir Leid tun müsste? Sie blickte nur mit komischem Gesichtsausdruck herüber, versuchte dann aber zu lächeln. Nein, nur die Sache mit dem Amulett geht mir nicht aus dem Kopf, aber ist nicht so wichtig. Rociel hob die Augenbrauen und schnaufte kurz. Darüber lass uns später reden. Wir müssen jetzt los, der Trank hält nicht ewig. Sie nickte und das war gut so, denn endlich konnten sie los. Sie bogen direkt in die Ruhmeshalle ein, der ganze Prunk und die ganze, verschwenderische Schönheit blickte ihnen entgegen, doch sie beachteten die Umgebung nicht mehr, wie denn auch, viel zu schnell zogen sie an ihr vorbei. Dank des Trankes fühlten sich die Beine wie frisch geboren an, von Schmerzen war keine Spur mehr und er konnte optimal laufen. Es schien alles so leicht zu sein und sie waren zwei Federn, die vom Wind getragen wurden, jedenfalls hatten sie die lange Ruhmeshalle schon sehr bald hinter sich gelassen. Zehn Meter in einer Sekunde, das war ihr Tempo, das sie an den Tag legten, doch so war er nun mal, dieser Trank, doch wie lange würde seine wunderbare Wirkung noch anhalten, sie wussten es nicht.
Aber Rociel wusste, wie es weiterging, direkt durch die noch immer geöffnete Eisentür ging es hindurch. Ja, hier waren die ganzen auferstandenen Toten aus ihren Nischen gekommen, der Weg war klar, führte durch eine zerstörte Holztür, die sie einfach eingerissen hatten. Auch der nächste Weg war nicht mehr schwer zu erkennen, wieder führte er durch eine Holztür, sie kannten es nur zu gut. Der Verbindungsgang, gesplittert waren hier die beiden Türen, die Untoten hatten ganz schön gewütete, doch so erkannten sie wenigstens viel leichter, wohin sie eigentlich mussten. Auch den Verbindungsgang ließen sie hinter sich, beim Raum in dem die ganzen Untoten lagen, hielt er sich die Nase zu, denn noch immer brannten einzelne Fleischstücke und die Luft war verpestet mit diesem Geruch von versengtem Fleisch. Aber jetzt war es auch egal und mitten durch diesen Wahnsinn hindurch führte sie ein weiterer Gang, den er schnell erkannte.
Es war alles so, als ob sie eben noch hier gewesen wären, nichts hatte sich verändert, gar nichts. Sie waren jetzt in dem Raum, wo drei Skelette die drei möglichen Gänge bewacht hatten und sie hatten sie alle getötet, Rociel wusste noch, dass der richtige Gang parallel zu diesem war, aus dem sie kamen, doch man konnte den richtigen Gang auch daran erkennen, dass er der einzige war, vor dem keine Knochen lagen. Auch durch diesen Gang huschten sie in Windeseile und traten auf der anderen Seite wieder heraus, dort, wo die zwei Skelette in der Mitte auf sie gelauert hatten und auch sie mussten dran glauben. Weiter ging es ohne Pause, durch den kleinen Gang hindurch, traten sie doch schon eine ganze Weile auf edlem Teppichstoff, der aber längst nicht die Qualität vom Stoff in Skelldons Ruhmeshalle und seinem Thronsaal erlangte. In seinen Augen spiegelten sich Kronleuchter, Leuchter mit Schädeln als Lichtquelle und überhaupt wurden sie neben dem kleinen Licht der Fackel nun auch mit schwarzen Kristallen bestrahlt, das alles hatten sie schon mal gesehen. Als sie die Halle verließen, blieb Isabell kurz stehen und meinte nur: Hey, kannst du dich erinnern, hier ist die Abzweigung zu dem Raum, wo wir das Buch und die Karte gefunden haben. Rociel nickte ihr zustimmend zu, blieben sie doch kurz stehen, um den weiteren Weg zu überlegen. Ah ich weiß wieder, wir werden gleich zu der Halle des Schmiedes kommen, das riesige Ding, wo uns die zwei Skelettreihen überfallen haben und wo wir uns von Alucard getrennt haben.
Der Weg ging weiter, zuerst durch den Gang, wo sie überhaupt nicht ihre irre Geschwindigkeit ausnutzen konnten, da es zwei Türen zu öffnen galt. Dann aber standen sie oben und hielten kurz inne, ganz oben auf der Treppe, war die Halle wirklich unglaublich und auch das Schmiedefeuer sahen sie, das immer noch nicht ausgegangen war. Doch dann ging es schon wieder weiter und endlich konnten sie die Wirkung des Trankes richtig nutzen. Sie flogen wie schon angedeutet über die Treppen, über den breiten Gang in der Mitte. Ihre schweren Stiefel zermalten die Knochen der Skelette und zerdepperten die Körper, die noch einigermaßen ganz waren und in ihrer Laufbahn lagen, noch mehr und auch die zweite Treppe, die sie wieder hoch mussten, sie wurde geschwind binnen Sekunden erklommen. Doch als die schon wieder durch den Weg sausten, durch die dunklen Gänge, die nun weniger hell waren als noch die Halle zum Beispiel, da wurden sie auf einmal jäh gestoppt. Acht Steinbögen standen vor ihnen und der junge Mann wollte zusammenfallen wie ein kaputtes Kartenhaus, aber daran hatte er gar nicht mehr gedacht. Verdammt, nein, nein, nein. Aber wir haben ja noch die Karte. – Schnell, beeil dich. Beeilen war gut, er wusste selber, dass die Wirkung des Trankes nicht ewig hielt. Nervös kramte er in dem Buch, indem sich auch die Karte befand. Schnell hatte er sie auseinandergefaltet, dieses Mal ganz. Es dauerte eine ganze Minute, bis sie die Karte gemeinsam studiert und verstanden hatten, dann aber merkten sie, dass der Magier auch alles vor dem Gang markiert hatte, bis zu dem Spiegel. Wie wichtig das doch war, als sie ein kleines schwarzes Kreuz fanden, das genau den vierten Gang von links bezeichnete und auf einmal kam ihm auch die Erinnerung wieder, dass sie durch diesen gekommen waren. Weiter führte sie der Weg, über eine der ersten drei Treppen, bis sie wieder in dem Gang standen und die Wahl zwischen acht Gängen hatten, doch auch hier war auf der Karte ein schwarzes Kreuz gemacht. Er musste diesem Magier irgendwann mal danken, irgendwie, denn ohne seine Karte wären sie schon mehrmals aufgeschmissen gewesen, nun aber führte sie sie direkt zum Spiegel, denn auch das dritte Mal raten war kein Problem – dank des schwarzen Kreuzes.
Sie kamen da raus, wo er es geplant erwartet hatte, in dem Gang, mit dem großen Felsquader und den vier möglichen Gängen. Einer führte zur Wasserquelle, die sie nun nicht mehr brauchten, einer führte zu Alucards Sarg, aber diesen Weg konnten sie nicht mehr gehen und der dritte Weg, er würde zu einer Treppe führen, einer Treppe, die sie einst gegangen waren und zu der sie nun auch liefen und die Stufen hochflogen. Es waren die letzten Stufen, als es Rociel auf einmal im Knie zwickte und zwackte, er blieb am Ende der Treppe stehen und spürte, wie die Wärme aus den Beinen entwich und wie er langsamer wurde. Der Schmerz kehrte mit einem heftigen Schlag zurück, es schien als ob alle Nerven in seinem Körper einen Impuls aussendeten. Der Trank hatte in dem Moment nachgelassen, als sie von der Treppe wieder heraustraten, die Tür öffneten und nun dastanden. Mist! Ich muss meinen zweiten Teil trinken, die Wirkung hat nachgelassen. Er nahm die Ampulle und trank noch einmal die Hälfte des übrig Gebliebenen, verschloss sie wieder und reichte sie nun seiner Schwester, ihr stand der Rest zu. Er spürte sofort wieder die umgekehrte Gefühlswelt, voller Wärme und ohne Schmerzen. Er wollte gar nicht wissen, was der erfahrene Alchemist da in seinen Trank gekippt hatte, doch es mussten ziemlich gute Mittelchen sein.
Gleichzeitig erkannte der Fürst nun auch, wo sie eigentlich waren, es war der Gang, der zur Folterkammer führte, doch ebenso zu dieser Treppe und zu einem Gang, dem Nordgang, den Isabell und er einst unter Ausschluss eines Münzwurfes gewählt hatten. Er war ihr Glücksgang gewesen. Ihn durchquerten sie jetzt in die andere Richtung und tatsächlich waren da diese verdammten sechzehn Gänge, die er einfach nicht wahrhaben wollte. Daneben standen zwei Treppen, beide fielen ab, doch sie wussten, was es damit auf sich hatte. Die eine Treppe war der richtige Weg, die andere war nur das Ziel eines Waffenarsenals, denn so naiv waren sie auch gewesen. Warte mal, ich glaube, bei mir lässt die Wirkung auch nach. Er sah zu ihr, wie sie sich den Trank nahm und herunterschluckte, währenddessen nahm er die Karte um sich noch einmal davon zu überzeugen, welche die richtige Treppe war, obwohl es eigentlich nicht so wichtig war, da sie die verlorene Zeit schnell wieder aufgeholt hätten. Schnell tauchten sie in die Finsternis der Treppe hinab, huschten an dem Gang mit den hölzernen Bänken vorbei und kamen zu einer großen, zerschlagenen Tür, vor der ein paar Knochen lagen und ein schwarzes Skelett mitten unter den normalen Skeletten war. Er erinnerte sich, es war das erste Zusammentreffen mit den ersten Truppen Skelldons, so weit waren sie also schon, es kam ihm so kurz vor, doch die riesige Wirkung des Trankes merkte man im normalen Gehen gar nicht, außerdem waren sie ja im ganzen Lauf noch auf keinen einzigen Widersacher gestoßen, das hatte ja soviel Zeit gekostet und raten mussten sie auch nicht mehr, da sie die Wege dank der gesegneten Karte ja jetzt wussten.
Sofort sah er auf die große Zeichnung an der Wand, über die er solange gegrübelt hatte, dann ging es den Gang nach rechts, wo die Tür weit aufgerissen war, wo sie den Schlüssel erst unter der Schüssel gefunden hatten und nun die Treppen herunter liefen. Stufe um Stufe nahmen sie, das Ziel näherte sich, er konnte es riechen. Jetzt nur noch die Treppen runter., sagte er im Laufen, während schon wieder die ersten Gänge neben sie ankamen, doch er wusste, dass sie jede Treppe nehmen mussten, immer weiter runter. Ein weiterer Verbindungsgang zog sich an ihnen wie eine zähe Kaumasse. Er hatte so sehr gelitten, genau wie Isabell es tat. Doch nun sollte endlich Schluss sein, er sehnte sich so sehr nach einem Ende und die Füße, noch trugen sie ihn, doch die Menge des Trankes hatte nicht gereicht, schon bald würden seine Füße wieder in Krämpfen zusammenbrechen, würde er noch einen Schritt gehen, schließlich waren sie gerannt, der Trank hatte zwei Funktionen, einerseits sorgte er für einen schnelleren Lauf, doch andererseits unterdrückte er auch den Schmerz in den Füßen, doch dieser war jetzt enorm. Eigentlich wanden sie sich schon in Krämpfen, doch noch wurde es unterdrückt.
Ja, das ist sie, Rociel schau doch, das ist SIE!
Mit weit aufgerissenen Augen sah er rum, sie waren um eine Ecke gebogen und eine riesige Treppe lag vor ihnen, ja, sie war es wirklich. Die letzte, die endgültige Treppe. Sie rannten, wussten sie doch, dass jede Sekunde zählte, doch jetzt war es egal, ihr Ziel, es kam näher. Sie rannten die Stufen herunter, vorbei an den verdammten Zweiundsiebzig Gefängniszellen, sechsunddreißig auf jeder Seite. Sie rannten die scharfe Biegung herum und dann hatten sie es fast geschafft. Ein Meer aus Flammen begrüßte sie, zwei Meter eine Fackel, hunderte mussten es sein, ja, sie kannten dies alles, doch jetzt war es noch einmal überwältigend. Der Trank ließ nach und sie liefen nur noch drei Meter pro Sekunde, doch das reichte um nach einer Minute den riesigen, geradeaus laufenden Gang zu bewältigen.
Dann wurden ihre Schritte langsamer, sie stoppten. Jetzt war es egal, dass sie nichts mehr hatten, keinen Trank um die Schmerzen zu unterdrücken, nichts mehr. Sie standen vor dem magischen Spiegel, der noch immer aktiv war und zu leben schien. Er schimmerte richtig und eine Stimme sprach zu ihnen.
Ihr habt es also geschafft! Ihr habt Skelldon besiegt! Die ersten Sterblichen, die von Assiah kamen. Geht durch mich hindurch und ihr werdet wieder dort herauskommen, wo ihr auch hergekommen seid. Viel Glück.
Rociel nickte der ominösen Stimme zu, dann sah er, noch immer wild keuchend, zu Isabell, der es kein bisschen besser erging.
R: Bist du bereit?
I: Nichts habe ich mir sehnlicher gewünscht, als das.
R: Also dann, gib mir deine Hand, wir gehen wieder gemeinsam hindurch.I: Ja, machen wir.
Ihre Hände berührten sich und so marschierten sie auf die wabernde Oberfläche des Spiegels zu…und schritten hindurch.
In dem Moment ließen Rociel und Isabell die dritte Schale der Hölle, Zopar, hinter sich und kehrten ihr den Rücken zu. Skelldon war besiegt und alles was blieb war ein toter Palast. Doch er würde schon wieder zu neuem Leben erwachen. Beliar ließ sich nicht verhöhnen und er schenkte so einem neuen Skelett die Macht, ließ es Zopar wiederaufbauen und die untoten Truppen von neuen sammeln. Doch dies sollte noch lange dauern und kein Anführer der Untoten würde je so stark wie Skelldon werden, er, der das Amulett besaß, er, der die Kraft besaß, er, der fanatisch das Leben hasste und die Gesetze der Untoten neu schrieb,
Skelldon, der finstere, Skelldon, der unsterbliche Feldherr, Patriarch und Tyrann, er, würde niemals mehr leben, Adanos selbst hatte sich seine Seele geschnappt, als der Körper des Untoten gefallen war, Beliar würde sich nie wieder seiner Kraft bedienen können, alles was von dem einzigen Glanz der Untoten blieb, war Staub und Knochen, Knochen, die nie wieder leben würden.
Nach stundenlanger Fahrt durch Raum und Zeit kehrten sie eine gefühlte Sekunde nach Eintritt in das Tor wieder auf der anderen Seite heraus. Hinter ihnen verschwand der blaue Wirbel und der Spiegel sah genauso matt und schmutzig aus, wie noch damals, als sie in gefunden hatten, zum ersten Mal seit Jahrhunderten. Die Schmerzen, sie waren wieder da, doch die Reise hatte sie abgeschwächt. Überhaupt, was mit seinem und dem Körper von Isabell passierte, in der ganzen letzten Zeit, er wusste es nicht, doch nun waren sie wieder da.
Wir sind wieder da, wir sind zurück in Gorthar, wir haben es geschafft! Gemeinsam und zusammen, gesund und munter, nur ein wenig fertig. Ein paar Tage Ruhe brauchten sie nun, aber zuerst mussten sie wieder hier raus, raus an die frische Luft. Die Geschwister lagen sich eng umschlossen in den Armen, küssten sich, streichelten sich, liebten sich, jetzt war es egal, egal ob sie nach Tod, Verwesung und Elend rochen, egal ob sie wie Bettler aussahen. Egal…es war alles egal, so egal…
Erst nach unzähligen Minuten hörten sie auf und sahen hoch. Sie waren in dem Raum, in dem sie den Spiegel gefunden hatten. Neben ihnen standen die Särge und der Geruch von verfaultem Fleisch lag noch immer in der Luft. Plötzlich kam seiner Schwester ein grauenvoller Gedanke.
Oh nein…weißt du, was mir gerade einfällt? Wir müssen noch durch die ganze Kanalisation, das dauert Tage? Und…ach du verdammter Mist…die Stelle, wo wir runtergeklettert sind, wie sollen wir da nur drüber? Oh nein…das ist nicht gerecht… Sein Kopf fiel voller Verzweiflung nach hinten, die Hände stoppten den Aufprall auf Stein, während er stöhnte. Das hatte er ganz vergessen. Doch mitten in seiner Verzweiflung sah er die Leiter, wie sie schwarz und still in einer Ecke stand und vor sich hin rostete. Und auf einmal zog sich die Stimme des Schwarzen durch seinen Kopf, der sterben musste, weil er zuviel redete, dieser Scheinhändler, was hatte er doch gleich gesagt?
… Die Leiter hier, sie führt direkt in die unteren Keller des Schlosses
Das hatte er gesagt, er wusste es ganz genau. Isabell! Ich weiß, wie wir weiterkommen. Seine enttäuschte Schwester schaute wieder mit ihren wunderschönen, strahlenden Augen und er wollte sie nicht enttäuschen. Ja? Du weißt einen Weg? Was denn? Er deutete mit dem linken Zeigefinger auf die Leiter. Die Leiter, die uns in den unteren Keller des Schlosses von Gorthar führen wird. Ein paar Momente herrschte Ruhe, doch dann wurde sie wieder durch Stimmen durchbrochen. Wenn das dein Ernst sein soll, dann…tun wir es doch einfach, hihi. Das Lachen kam unerwartet, doch auch er lachte nun. In Ordnung, tun wir es! Sie packten ihre Siebensachen, was nicht schwer war, da sie alles hatten, was sie brauchten, dann stieg Isabell auf die Leiter, er kletterte im Abstand von fünf Metern hinterher. Es erinnerte ihn an die Leiter, die zu der Bibliothek führte, denn auch dieses Stück ging sehr lange. Besonders ohne den Trank schien es ätzend lange zu sein, doch wenigstens mussten sie hier nicht auftreten. Nicht die Beine groß bewegen. Und so, nach einer halben Stunde…
Hier ist die Leiter zu Ende. Hier ist eine Luke, soll ich sie mal öffnen? Rociel rollte mit den Augen und rief dann lachend: Natürlich, was denn sonst. Über ihm öffnete sich eine hölzerne Luke ächzend und Isabell huschte hoch, dann kam er weiter hoch und nahm die Hand seiner Schwester. Sie hatten es geschafft. Polternd fiel die Luke zurück, damit es ja niemand merkte. Aber wo waren sie hier?
Ein kluger Mann hätte gesagt: Im Keller des Schlosses zu Gorthar.
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| 05.04.2004 19:32 | #101 |
| Isabell |
P: Sie haben es geschafft?
T: Ja, sie haben es geschafft
P: Es war anzunehmen…
T: Aber keine Selbstverständlichkeit. Ihre Leistung war großartig.P: Großartig? Tarugie, du weißt genau, wer die beiden sind? In ihnen schlummert eine solche Macht, früher hätten sie darüber gelacht.
T: Muss ich dich wieder daran erinnern, Pator, dass früher, früher war und heute nun mal heute ist.
P: Das spielt keine Rolle. Jedenfalls müssen wir langsam aber sicher damit rechnen, dass sie eine Gefahr werden.
T: Nicht bei Drei, ab Fünf vielleicht.
P: Ab Fünf? Ab Fünf könnte einer von ihnen diese Stadt, wie heißt sie doch gleich? Khorinis, genau Khorinis innerhalb von ein paar Stunden dem Erdboden gleichmachen. Das ist nicht mehr akzeptabel.
T: So was wird sowieso nie geschehen.
P: Was sagt der Vater eigentlich?
T: Gar nichts sagt er, der Minister meint nur, er würde zurzeit schweigen und sich auf den Krieg vorbereiten.
P: Das ist gut. Ich werde mich inzwischen darum kümmern, dass Tolban neue Instruktionen erhält.
T: Mach das Pator…ach warte mal.
P: Was denn noch?
T: Pass auf dich auf, mir scheint, in letzter Zeit stimmt hier oben etwas nicht.
P: Hm? Darüber reden wir noch, aber jetzt muss ich los.
Und so nimmt der Lauf der Geschichte einen weiteren Gang, das Buch der Bücher wird auf der nächsten Seite aufgeschlagen, nur von was wird es demnächst erzählen? Die Bestimmung tritt ein, so wie vorhergesehen, nichts hat sich geändert. Das Schicksal jedoch kennt niemand, denn auch die Zukunft kann man verändern.
Mit dem Sieg über den untoten Herrscher Skelldon, haben die Geschwister das dritte ihrer sieben Amulette geholt, doch war es nicht mehr wie ein kleiner Schlag. Das Beliar darin verwickelt wurde war reiner Zufall, denn der nächste könnte schon Adanos selbst sein. Die Amulette machten keinen Unterschied, zwischen Gut und Böse, sie dienten ihren Trägern treu.
Dieses Amulett, das dritte im Bunde der SIEBEN, es leitet den endgültigen Krieg erst ein. Mit dem Amulett beginnen die verschiedensten Parteien erst sich zu mobilisieren, eine Neuordnung kommt immer näher und die Himmelsgestirne rücken enger zusammen. Die drei großen Götter spüren es, die Zahl Drei bedeutete immer Unheil. Die Macht der sterblichen Dämonenkinder wächst mit jedem Tag an, ihre menschlichen Seiten verlieren an Bestand und auch die Dämonen fürchten um ihren Blutanteil. Immer stärker prägt sich ein dritter Teil in ihnen aus, ein geheimes Element…
Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Chaoskriege beginnen, eine Zeit des Friedens…
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