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World of Gothic






Auch World of Gothic hat das Addon getestet und unser Community-Mitglied foobar hat, nachdem er die Erweiterung ausführlich gespielt hat, einen umfangreichen Artikel über seine Erfahrungen mit der Götterdämmerung geschrieben.

Die Welt

Die Welt wirkt auf mich ähnlich steril wie die in Gothic 3. Hübsch anzuschauen ist sie, keine Frage. Aber ich gehöre zu denen, denen das Grafikniveau von Gothic 2 völlig ausreicht. Wichtiger ist mir eine lebendige Welt, die zum Eintauchen verleitet. Doch das finde ich in Götterdämmerung nicht. Nicht nur solche Kleinigkeiten wie beispielsweise, dass die Wasserfälle immer noch stumm sind, sondern auch dass viele NPCs nichts bis wenig zu sagen haben. Man kann kaum irgendwelche Gespräche führen, sofern kein Quest dahinter steht.
Obwohl man zugestehen muss, dass hier und da ein paar Möglichkeiten bestehen, die Leute nach dem Krieg zu fragen oder was sie von den jeweiligen Fraktionsführern halten. Das gab es früher nicht und es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Leider ist das nur in homöopathischen Dosen vorhanden, die allermeisten NPCs reagieren wieder wie gehabt mit "Lass mich in Ruhe" und ähnlichen Sätzen.

Zudem wurden vielfach grundlegende Regeln des Rollenspiels missachtet, beispielsweise dass der Held gewisse Dinge einfach "weiß", obwohl er sie gar nicht wissen kann oder darf. Einfaches Beispiel: Die Arenakämpfe. Spricht man einen Arena-Meister an, ist der erste Satz, dem man zu ihm sagen kann, folgender: "Ich will gegen einen deiner Leute kämpfen!"
Woher weiß der Held, dass er mit dem Arenameister spricht? Und dass er hier kämpfen kann? Er kennt diesen NPC doch (noch) gar nicht! Warum nicht: "Wer bist du?" - "Ich bin der Arenameister und organisiere die Kämpfe." - "Ich will gegen einen deiner Leute kämpfen!"? Natürlich darf die Unterhaltung gerne noch etwas detaillierter werden, aber das hier ist das Minimum, dass aus Plausibilitätsgründen eigentlich erforderlich wäre.

Die restliche Atmosphäre wird dann von den Bugs zerstört. Wenn beispielsweise menschliche Arenakämpfer plötzlich mit Orkstimmen reden oder die einzige Frau in ganz Silden immer genau dann ihren osteuropäischen Akzent verliert, wenn sie gerade mit dem Helden spricht, fällt es einem schwer, sich gefühlsmäßig nicht aus der Spielwelt werfen zu lassen.


Die Quests

Positiv ist, dass die Sammelwut eingeschränkt wurde. Man wird nicht mehr fünf mal damit beauftragt, je drei bis fünf Waffenbündel zu suchen. Die Quests sind durchaus nicht uninteressant und attraktiver verpackt als bei Gothic 3. Teilweise ist man schon etwas oft am Durch-die-Gegend-rennen, aber davon abgesehen, hat man sich hier schon Mühe gegeben. Leider wird durch die allgegenwärtigen Bugs (besonders bei den Dialogen) furchtbar viel Potential verschenkt.
Auch sind die Quests bei weitem nicht so sauber bzw. plausibel in eine Geschichte verpackt wie bei Gothic 1 und Gothic 2; häufig kann man nur hilflos dabei zusehen, wie der Held mit fadenscheinigen Ausreden und wenig durchdachten Argumenten dazu gebracht wird, irgendwelche Aufgaben zu erledigen. Man hat teilweise den Eindruck, die Quests mit dem Holzhammer eingeprügelt zu bekommen.
Um ein Beispiel zu bringen: Gleich zu Beginn bekommt man von Anog den Auftrag, Empfehlungsschreiben zu besorgen, sonst vertraut er einem nicht. Anog weiß, dass der Held den Orkkrieg und den Krieg der Götter beendet hat, will aber trotzdem einen Vertrauensbeweis. Allein das ist schon seltsam, doch es kommt noch besser: Die Empfehlungsschreiben sind doch im Grunde wertlos! Jeder, der Übles im Schilde führt, würde trotzdem den Leuten helfen, um eben gerade Anogs Vertrauen zu erschleichen. Das müsste jedem - inklusive Anog - doch eigentlich klar sein. Hinzu kommt, dass das "Vertrauen schaffen" dann in Aufgaben besteht wie Viehherden abschlachten oder Leute verprügeln. Man könnte natürlich argumentieren, dass Anog einfach dumm und ein schlechter Anführer ist. Früher hätte der Held dies vielleicht in einem Monolog selbst kommentiert (vgl. Baal Netbek aus Gothic 1), aber vor allem stellt sich dann die Frage, warum Anog, wenn er doch dermaßen dämlich ist, eigentlich immer noch Anführer ist. Wie festigt er trotz der Intelligenz eines Fünfjährigen seine Macht? Warum haben die anderen ihn nicht schon längt abgesägt? Darauf liefert das Spiel keine Antwort.


Die Story

Tja, diesen Abschnitt beginnt man am besten mit einem tiefen Seufzen.
Einerseits ist die Hauptstory von Götterdämmerung im Vergleich zu der von Gothic 3 deutlich ausgeprägter. Man arbeitet sich linear an einer Questreihe entlang, in deren Verlauf sich gewisse Dinge offenbahren. Das gefällt mir, ähnelt es vom Grundsatz her doch viel eher dem klassischen Gothic (Teil 1 und 2). Weniger berauschend finde ich dagegen den Inhalt. Viele Elemente der Geschichte kommen mir unlogisch und nicht nachvollziehbar vor. Um nicht zu viel zu spoilern, will ich nur ein "Logik-Problem" aus dem Intro aufführen: Der Held streitet sich mit Xardas und kämpft sogar gegen ihn, weil er unbedingt zurück will. Der Krieg der Menschen regt ihn auf. Nun basiert Götterdämmerung aber auf dem Adanos-Ende von Gothic 3 (wir erinnern uns: die Götter wurden von der Welt verbannt und haben keinen Einfluss mehr).
Was genau hatte der Held denn eigentlich erwartet, was passiert, wenn er ein Machtvakuum erschafft (die Götter verbannt) und dann verduftet? Es war doch klar, dass sich die politische Lage destabilisieren würde und es Machtkämpfe und Kriege gäbe, bis sich ein neues Machtgleichgewicht eingependelt hat. Wenn er das nicht gewollt hat, hätte er gar nicht erst gehen dürfen. Für mich ist dieses Verhalten des Helden nicht nachvollziehbar, so dumm kam er mir in Gothic 1 und Gothic 2 nicht vor.
Auch sein ganzes Verhalten im weiteren Spielverlauf löst bei mir Stirnrunzeln aus. Der Held hat das Adanos-Ende gewählt, also ist er weder ein "verblendeter Innos-Fanatiker" noch ein "böser Beliar-Menschenfresser". Adanos steht für das Gleichgewicht, man würde von ihm also ein ausgeglichenes, überlegtes Verhalten erwarten. Statt dessen benimmt er sich wie die Axt im Walde. Er macht sich über Schwächere lustig, bedroht, prügelt und tötet was das Zeug hält - alles ohne eine für mich nachvollziehbare Motivation. Er will Frieden schaffen und legt dabei eine sehr amerikanische Sichtweise an den Tag: Wer tot ist, ist ganz besonders friedlich.
Ich kann mir das ganze Verhalten des Helden nur so erklären, dass man für Arcania eben einen bestimmten Charakter für ihn braucht und ihn nun im Addon auf Biegen und Brechen dahin bringen möchte. Aber eine stimmige Erklärung für diese Persönlichkeitsänderung, die sich aus der Geschichte selbst heraus ergibt, kann zumindest ich nicht erkennen.


Technik

Technisch hat Trine einige Verbesserungen an der Engine vorgenommen. Die nervigen Abstürze (besonders die beim Speichern) wurden zumindest auf meinem System spürbar reduziert. Hier und da crasht es dann aber doch noch mal, aber bisher ist es wenigstens nie beim Speichern passiert. Es ist nun auch Antialiasing möglich, was der Erscheinung der Welt deutlich zugute kommt. Komischerweise sind die Fokusnamen immer noch pixelig, die werden scheinbar vom Antialiasing ausgeklammert. Störend fällt auf, dass man im Spiel kein VSync aktivieren kann.
Die Haare des Helden und einiger individueller NPCs wurden ein bisschen struwweliger. Das trifft wohl auf ein geteiltes Echo in der Spielergemeinde, ich persönlich finde es nicht schlecht. Dadurch wirken sie nicht mehr so Playmobil-mäßig. Ansonsten hat sich nicht viel getan.


Kampfsystem

Nicht viel zu sagen. Genau wie bei Gothic 3, nur dass jeder Schlag Ausdauer kostet und wenn die Ausdauer alle ist, ist man wehrlos. Ob das eine Verbesserung ist, mag jeder für sich selbst entscheiden. Ich finde es weniger prickelnd.
Stehende Wildschweine sind mit Magie immer noch schwer zu treffen (weil die "selbstsuchenden Feuerbälle" zwischen ihren Füßen auf dem Boden einschlagen), der Stun-Effekt ist immer noch da und die Skills des Helden haben (mit Ausnahme der oben erwähnten Ausdauer) immer noch wenig spürbare Auswirkungen auf den Kampf.


Bugs

Naja, wer mal in die Foren guckt, sieht ja im Grunde schon, dass man bei dem Spiel einiges an Bugresistenz aufbringen muss. Götterdämmerung hat es geschafft, selbst mich (der ich normalerweise nicht so empfindlich bin, wenn's mal irgendwo hakt) an meine Grenzen in Punkto Bugtoleranz zu bringen. Irgendwo auch eine Leistung.


Fazit

Ich als Spieler will vor allem ein interessantes Spiel mit einer guten, spannenden Geschichte, die sich als roter Faden durch das ganze Spiel zieht, interessante Charaktere mit glaubhaften Persönlichkeiten und komplexen sozialen Beziehungen. Natürlich braucht ein gutes Spiel noch mehr als das, aber es ist Punkt 1 in meiner persönlichen Prioritätenliste.
Hier merkt man, dass versucht wurde, Götterdämmerung gegenüber Gothic 3 zu verbessern. Dieser an sich richtige und lobenswerte Ansatz wird jedoch von einem eher schwachen "Drehbuch" und insgesamt einer Produktion in B-Movie-Qualität sowie einem Haufen Bugs konterkariert. Man hatte an vielen Stellen richtige Ideen, sie dann aber nicht richtig und konsequent umgesetzt und dadurch eine Menge Potential einfach verschenkt. Dies scheint mir eine Konstante von Jowood-Spielen der letzten Jahre zu sein...

Wer braucht nun das Gothic-3-Addon? Hartgesottene Fanboys werden sich sicherlich nicht davon abhalten lassen, alles zu kaufen, was "Gothic" im Titel trägt. Denjenigen, die einfach nur ihre Gothic-Sammlung abrunden wollen und die inhaltliche Lücke zwischen Gothic 3 und Gothic 4 (Arcania) auffüllen möchten, würde ich persönlich empfehlen, zu warten, bis der Preis wenigstens auf unter 10-15 Euro gefallen ist. Ansonsten sollte sich jeder einmal überlegen, dass er mit dem Kauf des Spiels Jowoods offenbar suboptimale Politik bezüglich Spieleentwicklung unterstützt. Jeder Euro, den sie mit Spielen wie Götterdämmerung verdienen, ist ein Euro mehr in der Waagschale, auf der steht: "Weiter so!"




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