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World of Gothic



01 Fall of Setarrif - Test | 02 Wie Setarrif unterging | 03 Das sagt Untitled | 04 Das sagt Amalor |



Arcania - Gothic 4: Fall of Setarrif:
Rollenspiel vermisst


Juhu, Fall of Setarrif, das Addon zum Gothic-Nachfolger Arcania ist da. Die Gothic-Fangemeinde hat darauf genauso sehnsüchtig gewartet wie schon vor einigen Jahren auf das Addon zu Gothic 3, Götterdämmerung. Nämlich gar nicht. Und das zu Recht.


Es lebt! ...irgendwie zumindest


Setarrif ist auch nicht mehr das, was es mal war.
Nach jeder Post-Piranha-Bytes-Veröffentlichung zur einst so beliebten Gothic-Serie wünschte man sich, daß dies endlich ein Ende haben möge. Nachdem Piranha Bytes mit dem technisch unausgereiften Gothic 3 zuerst ein Schlachtfeld hinterließen, das mühsam mit vielen Patches halbwegs geflickt wurde, ging Jowood mit Götterdämmerung in die Vollen, wie um zu beweisen, wie unglaublich mies ein Spiel wirklich sein kann. Und zwar nicht nur technisch sondern auch inhaltlich. Danach überzeugte Arcania zwar in technischer Hinsicht durch Bugarmut, aber verwässerte das Spielkonzept vollends zur Luftnummer. Einige Spieler suchen wahrscheinlich noch heute hinter irgendwelchen Steinen und in Goblinhöhlen nach dem Rollenspiel in Arcania. Da dachte man, mit dem Ende von Jowood hat das Trauerspiel um die hinterrücks erdolchte Gothic-Serie endlich ein Ende, doch dann öffnet sich der Sargdeckel und der untergegangene Publisher ersteht erneut auf - diesmal nennt er sich nordic games - und hält in den vermoderten Krallen ein Arcania-Addon namens Fall of Setarrif. Handelsübliche Untote erschrecken bekanntermaßen harmlose Passanten mit Blutdurst, nordic games schafft das ganz unblutig bei Gothic-Fans mit dem aus der Jowood-Insolvenzmasse trotz damaligem Rechtsstreit mit dem finanzierenden Games Fund irgendwie gerettetem Addon. Und benutzt es, um nochmal ordentlich nachzutreten. Wie das geht? Indem sich Setarrif haargenauso spielt, genauso anfühlt, genauso funktioniert - kurz: genauso ist wie schon Arcania. Genauso enttäuschend. Das muß auch gar nicht verwundern, denn das Addon Fall of Setarrif wurde parallel mit dem Hauptspiel entwickelt oder vermutlich sogar aus diesem entfernt, um für eine spätere Veröffentlichung zurückgehalten zu werden.

Wir durchqueren passend zum Vulkanthema lavadurchflossene Höhlen.


Knut ist gar nicht tot. Er lebt jetzt unter anderem Namen auf Argaan. Oder hat einfach sehr viele Zwillingsbrüder. Oh, falscher Text. Das war ja aus unserem Arcania-Test. Nunja, für den Fall-of-Setarrif-Test passts genauso. Denn es wurde ja nichts am Gameplay, an der Grafik und sonstigen Inhalten geändert. Schließlich wurde das Addon zur gleichen Zeit wie das Hauptspiel produziert. Und folgerichtig trifft man Knut - einen der ca. fünf möglichen Klonköpfe - gleich beim allerersten NPC wieder einmal an. Diesmal ist er als Paladin Wilbrecht reinkarniert, der uns in unsere Addon-Aufgabe schickt. Was nebenbei eins der Beispiele für Spieleinstiege, wie man sie nicht machen soll, ist. Thorniara sehen wir gar nicht von Innen, wir reden nicht mit dem König, der uns ja überhaupt erst auf unsere Reise schickt, rüsten uns nicht aus, besuchen keine Händler oder NPC. Zack, vors Tor geworfen und von irgendeinem austauschbaren Paladin-NPC kurz eingewiesen. Doch wo wir schon am fröhlichen Zitieren des Arcania-Testes sind, gleich noch eine Passage:
Starker Tobak ist auch das unbetretbare Setarrif, an dessen Tor man einfach abgespeist wird - auch wenn der sich dabei entspinnende kurze Dialog mit zu den witzigeren Wortwechseln gehört, die Arcania zu bieten hat. War da die Zeit nicht ausreichend, um die Stadt - immerhin der große Gegner der Myrtaner um König Rhobar III. - zu implementieren? Wäre das nicht die Gelegenheit gewesen, einen Gegenentwurf zur myrtanischen Sicht der Dinge auszubreiten? Hätte man das nicht nutzen können, um der zweiten großen Partei im Konflikt um Argaan ein Gesicht geben zu können? Sie aus dem anonymen Gegnerdasein zu reißen? Wenigstens wird man so auch vor den üblichen 20 Klon-NPC und drei weiteren Hol- und Bringequests bewahrt. Und womöglich läuft die DLC-Produktion für „Laufburschenabenteuer in Setarrif“ bei Spellbound ja schon auf Hochtouren.
Ja, die Produktion lief damals nicht nur auf Hochtouren, die war sogar schon so gut wie abgeschlossen. Und irgendwie gelten auch nach dem Spielen des Addons noch die gleichen Fragen und Vorwürfe. Ja wo bleibt denn nun die setarrifische Sicht der Dinge, wo die zahlreichen NPC mit ihren Meinungen, wo die Dialoge über die Richtigkeit setarrifischen Tuns im Krieg? Und tatsächlich besteht auch das Addon nur daraus, irgendwelche Gegenstände von irgendwo zu holen und irgendwem zu bringen.


Mehr vom Gleichen

Ein inhaltlich äußerst dünnes Spielchen für 15 Euro (ursprünglich 20) als vollwertiges Addon zu bewerben und zu verkaufen, wo andere Publisher schon für ehrliche DLC, die mehr boten, als üble Abzocker beschimpft wurden, ist auch bestenfalls mutig zu nennen. Oder ist es einfach die abgedrehte Verrücktheit, die schon die Vorgängerfirma Jowood in ihren immer wieder realitätsfernen Aussagen zu einem Spaßgaranten für Freunde der feinen Ironie machte? Das ist alles ein wenig irreal. Vielleicht sollte man es auch positiv sehen und wenn man schon über den
Die Anzahl der Nebenquests könnten sogar die Männer vom Sägewerk mühelos an einer Hand abzählen.
Inhalt des Addons berechtigterweise schimpft, dann wenigstens die extrem kurze Spielzeit als Pluspunkt ansehen. Es ist ein wenig wie beim Zahnarzt: Hoffentlich ist es gleich vorbei. Und siehe da, der Schmerz dauerte tatsächlich nicht lange. Und die Zahnarztrechnung ist meist auch noch höher als der Preis des Addons. Wie auch immer. Nordic games macht da weiter, wo Jowood aufhörte. Aber was soll man auch erwarten? Die selben Leute treffen die selben Entscheidungen und verticken die von ihnen selbst verzapften Altlasten ihrer eigenen Vorgängerfirma unter neuem Namen. Wer auch immer an der Entscheidung beteiligt war, Arcania und nun eben auch das sich nahtlos in den vorhergehenden Stumpfsinn einfügende Addon so zu produzieren, wie es eben geworden ist, war denkbar ungeeignet für diese Aufgabe. Diese ganze Arcania-Geschichte ist als Rollenspiel gescheitert. Die Story wird auch im Addon mies und spannungsarm erzählt, die Präsentation läßt weiterhin zu wünschen übrig, das Kampfsystem ist wie gehabt stupide und langweilig. Hinzu kommt, daß keinerlei Itemsammelei notwendig ist, obwohl es haufenweise Zeug gibt - das ist aber alles unötig, denn mit der Startausrüstung schnetzelts sich auch ganz einfach und effektiv. Somit fällt einerseits das Vorantreiben der Handlung durch eine Story weg.

Harpyien (hier mit Schallangriff) gehören zu den überzeugend gestalteten neuen Gegnern.
Andererseits macht die Monsterhatz selbst dann keinen Sinn, wenn man das Addon als so eine Art Diablo für Arme spielt, indem man auf die Items besiegter Gegner hofft. Das Spiel ist also weder Rollenspiel noch Hack & Slay. Angesichts dieser eklatanten Schwächen ist wohl selbst Spellbound zu der Einsicht gekommen, ihr Machwerk strengstens linear aufzubauen, so daß der dermaßen eingeengte Spieler dazu gezwungen wird, immer in eine Richtung zu laufen, denn aus der anderen kommt er ja gerade. Wenn er denn nur irgendwie weiterspielen will. Immer schön von Monstergrüppchen zu Monstergrüppchen, geleitet von den Wänden des Levelschlauchs wie eine Billardkugel von der Bande. Unglaubwürdig ist auch die Platzierung einiger Händler, die auf unbekanntem Weg zwischen zwei aufeinander folgende Monstergruppen gelandet sind. Natürlich stehen sie da, damit der Spieler seine angesammelte Beute zu Geld machen kann. Einen logischen Bezug zur Spielwelt haben sie indes nicht. Rollenspiele stehen und fallen mit der Glaubwürdigkeit der in ihnen dargestellten Welt. All das ist hier jedoch längst egal.

Die Neuerungen sind schnell aufgezählt und betreffen letztendlich auch nur das Inventar der Welt und einige neue Monsterarten. Der Spieler findet also zum Beispiel neue Waffen (die er aufgrund seiner guten Startausrüstung nur selten wirklich braucht) in den herumstehenden Truhen und darf gegen einige neue Gegnertypen antreten. Zum Beispiel Harpyien, die sich, nachdem sie besiegt sind, effektvoll in schwarzen Rauch auflösen. Oder dämonische Pilze, die in Höhlen wachsen und in der Nähe des Helden in einer giftigen Gaswolke explodieren. An der Gestaltung und den Animationen der Gegner gibt es auch im Addon nicht viel zu bemängeln, das ist einer der Bereiche, in denen Spellbound Gutes geleistet hat. (Wenn wir einmal von den weiterhin hölzernen Gesichtsanimationen absehen.) Neu auch die Sturmkrähen, eine Truppe Amazonenkriegerinnen von einer Nachbarinsel, die im Vorübergehen am Strand geplättet werden. Möglicherweise sollte deren Auftauchen auf einst geplante zukünftige Inhalte von DLC oder weiteren Mini-Addons überleiten: Arcania: Die Amazonenkönigin zum Beispiel. Das nächste Addon mit drei Stunden Buttonmashing in einem neuen Schlauchlevel. Vielleicht aber auch nicht. Oft wirkten schon in Arcania Gegnerhorden völlig konzeptlos an irgendwelchen Stellen platziert. Ohne tieferen Sinn. Gedacht nur als Metzelfutter und Itemspender.



geschrieben von Don-Esteban



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