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World of Gothic



01. Murdra | 02. Das Messer | 03. Rauch im Gebirge | 04. Gerüchte vom Kontinent | 05. Groms Hand | 06. Der hölzerne Wirt | 07. Der Fremde | 08. Der schwarze Krieger | 09. Ped | 10. Nummer drei | 11. Holz auf Stein | 12. Blutnattern | 13. Die Freiwilligen I | 14. Die Freiwilligen II | 15. Zum später zahlen | 16. Tot ist tot | 17. Schuld |




von Hans-Jörg Knabel




Flagge der Silbersee-Burg

»Dient jetzt dem König in der Schlucht von Thorniara«, knurrte Murdra, während sie grimmig mit dem Lappen über die Tischplatte wischte.
Diego brachte seinen Met in Sicherheit. »Lester?« fragte er zweifelnd und nahm auch den Säbel vom Tisch. »Bist du sicher, dass wir vom gleichen Mann sprechen? Der Lester, den ich meine, hat eine Glatze und Tätowierungen im Gesicht.«
Murdra nickte unwirsch mit dem Kopf. »Ist nicht der einzige, der jetzt dem König dient«, zischte sie und ließ ein Ende ihres Lappens aufs Eichenholz knallen. »Haben auch die Fischer mitgenommen, die elenden Hunde, und die Holzfäller!« Sie warf sich den Lappen über die Schulter. Wutkalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. »Die ganze verdammte Stammkundschaft haben sie mitgehen lassen! Mir bleiben nur Rauter und die Gildenkämpfer, die nicht da waren, an dem Tag, und Reisende. Aber wer reist schon, bei dem Krieg, dem verfluchten?«
Diego legte den Säbel zurück auf den Tisch. »Wann war das?«
»Vor zwei Tagen um die Mittagszeit.«
»Eigenartig«, murmelte Diego und nippte geistesabwesend an seinem Met. »In Stewark war keine Rede davon, dass sie jetzt auch einfache Leute einziehen.«
»Waren auch keine Soldaten von Stewark dabei«, knurrte Murdra. »Nur welche vom Silbersee.«


Gawaan

»Gawaans Männer«, sagte Diego nachdenklich und nahm noch einen Schluck vom Met.
Murdra nickte. »Haben was von freiwillig erzählt, aber keinem der Männer eine Wahl gelassen.«
»Hm.« Diego betrachtete Murdra mit scharfsinnigen Augen. »Vielleicht will sich Gawaan an Renwick rächen, weil sich die Stewarker auf ihrem Felsen verschanzen, statt ihm in der Schlucht von Thorniara beizustehen.«
»Kann er doch nicht machen!« keifte Murdra.
Diego lächelte nur. »Er ist Ethorns Bruder und befehligt die königlichen Truppen im Westen der Insel. Wer will’s ihm verbieten?«
Murdra schwieg. Der König hätt ’s ganz sicher verboten, wenn er nicht belagert und abgeschnitten wär‘, dachte sie. Ist schließlich ein achtbarer Mann, der seine Leibärzte geschickt hat, um Belgor zu retten.
Diego leerte den Becher. »Welchen Weg haben sie genommen?«
»Durchs Sumpfland«, antwortete Murdra. »Willst auch dem König dienen, was?«
Diego grinste. »Nein«, sagte er lachend. »Aber vielleicht kann ich sie einholen.«
»Kannst du vergessen«, erwiderte Murdra und nahm den leeren Becher an sich. »Keiner braucht zwei Tage bis zur Schlucht von Thorniara. Die sind längst dort und am Kämpfen.«
Diego erhob sich und fischte ein paar Goldmünzen aus seinem Beutel. »Wer weiß?« sagte er, während er die Münzen in den Becher fallen ließ. »Vielleicht haben sie im Sumpfland Halt gemacht, um noch mehr Männer in den Dienst des Königs zu zwingen.«
Murdra lugte argwöhnisch über den Becherrand und zählte das Gold. »Die Magier?« mutmaßte sie.
Diego schüttelte den Kopf. »Es leben noch andere Menschen im Sumpf«, sagte er. »Wenn sie so etwas wie hier im Baum versuchen, sengt ihnen Milten die Rüstungen vom Leib und treibt sie mit seinem Feuer zurück in den Sumpf.«
Weiß, was Trinkgeld ist, der Pirat, dachte sie und knurrte zufrieden. »Wer ist dieser Milten?«
Diego war schon auf dem Weg zur Tür. »Ein Freund«, erklärte er beiläufig. »Einer der drei Großmeister von Tooshoo.«
Aha, ein Großmeister! Murdra machte große Augen. Muss wichtig sein, der Pirat, dachte sie, sonst hätt‘ er nicht solche Freunde.


Lesters Streitkolben

Diego zwinkerte ihr aufmunternd zu, dann zog er die Tür auf und trat über die Schwelle. »Lester?« hörte Murdra ihn gleich darauf zum zweiten Mal an diesem Tag fragen. Sie spähte neugierig aus dem Fenster und sah Diegos tätowierten Freund auf dem Hof.
»Du klingst erstaunt«, bemerkte Lester.
»Ich dachte, du dienst jetzt dem König in der Schlucht von Thorniara«, schmunzelte Diego und klopfte Lester auf die Schulter.
»Oh, das wäre nichts für mich«, erwiderte Lester. »Dafür hätte ich auch gar keine Zeit.« Er ging an Diego vorbei und kam zu Murdra in den Schankraum herein.
Irgendwas stimmt nicht, dachte Murdra und musterte Lester mit zusammengekniffenen Augen, dann erkannte sie, was es war: Geronnenes Blut klebte ihm an der Stirn, und auch seine Kleidung wies Flecken auf, die Murdra an Blut denken ließen.
Diego schien das Blut ebenfalls bemerkt zu haben. Er folgte seinem Freund in den Schankraum und sah ihn aufmerksam von Kopf bis Fuß an. »Wie bist du ihnen entkommen?« fragte er bald darauf.
Lester lächelte. »Ich habe mit ihnen geredet.«
Diego schaute ihm skeptisch ins tätowierte Gesicht. »Tatsächlich?« fragte er.
»Ja«, sagte Lester mit sanfter Stimme.
Murdra glaubte ihm kein Wort, zumal sie den Streitkolben, der an seinem Gürtel hin, genau sehen konnte. Als Lester das letzte Mal in ihrer Taverne gewesen war, war der Streitkolben blitzblank gewesen. Benutzt ihn nie, hat er gesagt. Jetzt haftete Blut am eisernen Kopf des Streitkolbens.
»Der Offizier sah nicht so aus, als würd‘ er mit sich reden lassen«, tönte Murdra.


Rüstung der Silbersee-Krieger

»Ich habe auch nicht mit dem Offizier gesprochen«, erwiderte Lester, »sondern mit dreien seiner Soldaten.«
»Und der Offizier hatte nichts einzuwenden?« fragte Diego.
»Nun, mein Freund, er war nicht dabei«, erklärte Lester. »Ich hatte mir das Bein verstaucht und wir waren etwas zurückgefallen, hinter einer Biegung, und …«
Hat kein Bisschen gehumpelt, als er über den Hof gegangen ist, dachte Murdra, aber sie schwieg.
»Na ja«, fuhr Lester fort, »da habe ich eben mit ihnen geredet, von Mann zu Mann.«
»Muss ein hitziges Gespräch gewesen sein«, sagte Diego, dessen Lippen ein amüsiertes Lächeln umspielte.
»Wie kommst du darauf?«
Diego deutete mit der Hand auf Lesters Stirn. »Du hast geblutet.«
Lester griff sich an die Stirn und zerrieb Blutkrümel zwischen den Fingern. »Oh«, sagte er. »Das ist nicht von mir.«
»Du musst es wissen.« Diego setzte sich an den Tisch, an dem er zuvor schon gesessen hatte, und grinste seinen Freund an.
Lester gesellte sich zu ihm und wechselte behände das Thema. »Wo ist Gorn?« fragte er.
Das Grinsen in Diegos Gesicht wurde breiter. Er lehnte sich im Stuhl zurück. »In Stewark«, sagte er.
»Was treibt er dort?« fragte Lester.
Diego antwortete nicht, stattdessen wandte er sich Murdra zu, deren Augen vor Neugier funkelten. »Zwei Met wären gut, und ich glaube, mein Freund hier könnte etwas von deinem Eintopf gebrauchen.«
Murdra knurrte mürrisch, dann stapfte sie leise vor sich hin grollend in die Küche. Während sie den Met und den Eintopf richtete, sprachen die beiden Männer weiter, aber was sie genau sagten, konnte Murdra nicht hören, dafür saßen sie zu weit von der Anrichte entfernt. Nur einzelne Worte drangen an Murdras Ohren und nährten ihre Neugier. »Leibwächter« konnte sie hören und »Renwick« und »Verrat«, und einmal glaubte sie, Diego sagen zu hören, er vertraue niemandem, schon gar nicht einem Baron. Als sie fertig war und an den Tisch zurückkehrte, hatten die beiden Freunde das Thema gewechselt.
»Ich segle nach Setarrif«, erzählte Diego und nahm Murdra einen Metbecher ab. »Mal sehen, ob ich Hagen und Lee in die Suppe spucken kann. Und du?«
Murdra stellte den zweiten Becher und den dampfenden Eintopf vor Lester auf den Tisch. »Ich kehre ins Sumpfland zurück«, antwortete Lester. »Vielleicht kann ich Milten etwas unter die Arme greifen. Und natürlich versuche ich, in dieselbe Suppe zu spucken wie du, mein Freund; nur aus einer anderen Richtung und auf andere Weise.« Er zwinkerte Murdra freundlich zu. »Etwas Brot zum Eintopf wäre noch gut«, sagte er.
Murdra nickte verdrießlich mit dem Kopf und stapfte zurück in die Küche. Noch bevor sie das Brot geschnitten hatte, wurde es laut auf dem Hof.
»Darauf wird erst mal richtig gesoffen, richtig?« hörte sie Rauter rufen. Ein mehrstimmiges, begeistertes Grölen folgte seinem Ruf.
Jetzt ist’s Essig mit dem Lauschen, erkannte Murdra, dann strömten die Gildenkämpfer in den Schankraum und riefen nach Met. Murdra nahm sich den Lappen von der Schulter und pfefferte ihn auf die Anrichte. »Erst das Brot, dann der Met«, seufzte sie leise. Immerhin war ein Teil ihrer Stammkundschaft wieder in die Gespaltene Jungfrau eingekehrt.

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