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World of Gothic






mit Ralf Adam (Langjähriger Produzent und Projektleiter für viele JoWooD-Titel, unter anderem Spellforce und Die Gilde)

JoWooD-Themenwoche - Tag 6: Spellforce-Produzent Ralf Adam: "Man muss auch Nein sagen können"



Auf den Seiten des Computerspiel-Magazins PC Games erschien dieses Interview am 23.05.2011.
Da es seit langem nicht mehr online aufrufbar ist, haben wir das Interview bei World of Gothic eingegliedert, um es zu erhalten und weiterhin für jeden Interessierten abrufbar zu machen.



Ergänzend zur JoWooD-Reportage veröffentlichen wir seit Mittwoch täglich ein neues Interview mit Leuten, die es wissen müssen: Persönlichkeiten, die seit Jahrzehnten dabei sind. Insbesondere wird es auch um die Frage gehen, wie es mit Gothic, Arcania & Co. weitergeht. Freut euch auf interessante Blicke hinter die Kulissen des österreichischen Publishers, der mit Titeln wie Gothic 2, Gothic 3, Spellforce, Industriegigant und Die Gilde Spielegeschichte geschrieben hat.

PC Games: Ralf, du warst von der Gilde über den Hotelgigant bis hin zu Spellforce an vielen Projekten von JoWooD beteiligt, unter anderem als Produzent und Projektleiter. Kurzum: Was hat JoWooD aus deiner Sicht das Genick gebrochen?

Adam: Ich war in der Tat von 2001 bis 2003 bei JoWooD als Executive Producer angestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Firma 15 Projekte extern in Entwicklung, neben den internen Studios, die sie zu diesem Zeitpunkt schon gekauft hatte: Studio Ebensee, Studio Wien, Massive Development, Wings Simulations und Neon.

Meine Aufgabe bestand darin, eine Producing-Struktur aufzubauen, mit am Ende sieben Producern, unter anderem Christian Braun, Oliver Staude-Müller, Reinhard Döpfer und Sascha Pieroth, die die externen Studios und Produktionen betreut haben. Darunter waren Titel wie Silent Storm, Rally Trophy, Arx Fatalis, Wildlife Park, Cold Zero und eben auch Gilde, Hotel Gigant und Spellforce.

Ich bin zu JoWooD gekommen, als die Firma gerade an die Börse gegangen war und entsprechend viel Kapital generiert hatte. JoWooD wuchs allein durch die Studioeinkäufe innerhalb eines Jahres von 30 auf 250 Mitarbeiter, mit verschiedenen Standorten in Österreich und Deutschland. Dieses Wachstum allein stellt sicherlich für jedes Unternehmen schon ein nicht zu unterschätzendes Problem dar, da sich Strukturen und interne Prozesse bei solch enormem Personalanstieg niemals im selben Tempo aufbauen lassen.

Dadurch, dass JoWooD aber an der Börse geführt wurde, wuchs zusätzlich der Druck von außen, denn zum einen muss ein börsennotiertes Unternehmen natürlich jedes Quartal seine Zahlen veröffentlichen, zum anderen erwarten die Anleger Wachstum, sowohl was das Portfolio betrifft als auch den Umsatz.

Spieleproduktion ist jedoch immer mit gewissen Unwägbarkeiten behaftet. Und wenn bei Entwicklungen Verzögerungen auftreten, ist es für ein börsennotiertes Unternehmen schwieriger, einen Release einfach um sechs Monate zu verschieben, als für einen unabhängigen Publisher. Dies kann dann durchaus dazu führen, dass man beginnt, Spiele zu veröffentlichen, denen - vorsichtig formuliert - eine längere QA- (Quality Assurance = Qualitätssicherung, Anm. d. Red.) und Polishing-Phase sicherlich gut zu Gesicht gestanden hätte.

Wenn man sich das Produktportfolio von JoWooD zu dieser Zeit anschaut, dann wird man außerdem feststellen, dass das Unternehmen recht breit gefächert aufgestellt war: Es gab Entwicklungen für Konsole, Handheld, PC und selbst Online - und das in den unterschiedlichsten Genres.

Eine langfristig erfolgreiche Firma zeichnet sich in der Regel jedoch auch immer dadurch aus, dass sie genau weiß, was sie macht, wann sie es macht, warum sie es macht – und vor allem auch, was sie nicht macht. Manchmal muss man auch Nein sagen können.

PC Games: An welchen Moment deines Schaffens für JoWooD denkst du am liebsten zurück? Welche Zeit möchtest du nicht missen?

Adam: Generell war JoWooD für mich bis auf die letzten Monate eine tolle Zeit. Zum einen hatten wir insbesondere im Producing ein fantastisches Team mit extrem guten und motivierten Mitarbeitern. Wir kamen teilweise am Wochenende freiwillig in die Firma um zu Zocken, jeden Abend gab es Quake 3- und Battlefield-Runden. Wir hatten eine eigene Fußballmannschaft und der Zusammenhalt unter den Abteilungen im Deutschland-Hauptquartier in Neu-Isenburg war außergewöhnlich.

Zum anderen konnte ich während meiner Zeit bei JoWooD mit einigen der besten deutschen und europäischen Entwicklerstudios an Spielen zusammenarbeiten, auf die ich bis heute sehr stolz bin – allen voran sicherlich Spellforce: The Order of Dawn von Phenomic.

PC Games: JoWooD war nicht zuletzt durch unfertige Spiele, Bugs und Verwerfungen mit den Studios von Anfang an und immer wieder in den Schlagzeilen. Warum hat man aus deiner Sicht nicht aus anfänglichen Fehlern gelernt?

Adam: In der Anfangsphase war dies meiner Meinung nach durchaus nicht so. Wenn man zum Beispiel Gothic 2 – das von vielen Fans immer noch als bester Teil der Serie angesehen wird – mit Gothic 3 vergleicht, so kann man hier schon einen recht deutlichen Unterschied feststellen.

Aber wenn erst einmal ein Trend einsetzt, dass ein Unternehmen Spiele auf den Markt bringt, die vom Kunden als unausgereift oder unfertig wahrgenommen werden, dann wird es schwieriger, diesen wieder zu durchbrechen, je weiter sich die Spirale nach unten dreht. Publisher versuchen sich oft einzureden, dass Kunden sich einerseits gar nicht dafür interessieren, wer das Spiel publisht und zum anderen auch schnell vergessen, ob das letzte Spiel verbuggt war oder nicht. Das ist meines Erachtens aber ein Irrglaube.

PC Games: Du hast als Executive Producer auch die Browsergame-Version von Die Gilde verantwortet. Ist die Entwicklung solcher komplexer Wirtschaftssimulationen und Aufbauspiele heutzutage nur noch in Form von Online-Spielen rentabel?

Adam: Ich würde noch einen Schritt weiter gehen, da ich nicht glaube, dass das ein reines Problem von WiSims oder Aufbauspielen ist. Der Offline-Boxed-Markt hat sich in den letzten Jahren extrem gewandelt – egal, ob auf PC oder Konsole. Zu den JoWooD-Anfangszeiten konnte man mit einem Titel durchaus auch dann Geld verdienen, wenn er "nur" in den Top 20 oder 30 der Verkaufscharts landete – deshalb gab es seinerzeit auch viel mehr Nischenprodukte, die aus Publisher-Sicht trotzdem ihre wirtschaftliche Daseinsberechtigung hatten.

Wenn man sich die heutigen Charts anschaut, dann gibt es nur noch Sequels (Fortsetzungen, Anm. d. Red.) und ganz wenig Genre- oder Setting-Vielfalt, denn selbst ein Titel in den Top 5 der Verkaufscharts kann unter Umständen noch ein Verlust-Geschäft sein. Der Grund liegt in den exorbitant gestiegenen Entwicklungskosten gepaart mit dem Problem der Software-Piraterie.

Der Online-Markt, und hier insbesondere Free2Play-Browserspiele, wird deshalb für Publisher immer interessanter. Das Piraterie-Problem existiert hier nicht, weshalb die Free2Play-Idee ja auch im asiatischen Markt entstand, wo vor diesem Hintergrund der klassische Verkauf von Spielen irgendwann gegen Null tendierte. Teamgröße, Budgets und Entwicklungszeiten lassen sich zudem viel besser skalieren.

Außerdem kann der Publisher ein Spiel nach der Veröffentlichung problemlos immer weiter verbessern, vergrößern und an Kundenwünsche anpassen und so aus einem vermeintlich kleinen Spiel noch einen Riesenerfolg machen. Ein Flop im Retail-Markt (Retail = Einzelhandel, Anm. d. Red.) lässt sich dagegen mit noch so vielen Patches und Updates nicht mehr nachträglich korrigieren.

Ich weiß nicht, ob der klassische Retail-Offline-Markt komplett verschwinden wird, aber dass der Free2Play-Online-Markt weiter rasant wachsen wird, dessen bin ich mir auf jeden Fall sicher.

geschrieben von Petra Fröhlich



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